
Ein Skandal erschüttert die religiös-politische Öffentlichkeit: Das Soziale-Medien-Konto des Patriarchen wurde offenbar Ziel eines gezielten Cyberangriffs. Die Tat wirft brisante Fragen auf – auch nach möglichen politischen Hintergründen.
Ein digitaler Angriff erschüttert derzeit das Lateinische Patriarchat von Jerusalem. Wie am Sonntag offiziell bekannt wurde, haben unbekannte Täter ein gefälschtes E‑Mail-Konto im Namen von Kardinal Pierbattista Pizzaballa eingerichtet – offenbar in Verbindung mit weiteren Versuchen, auch seine Social-Media-Präsenz zu kompromittieren.
In einer auf den offiziellen Kanälen des Patriarchats verbreiteten Warnung heißt es:
„Diese E‑Mail wird von einem Hacker verwendet, der sich als Kardinal Pierbattista Pizzaballa ausgibt. […] Bitte antworten Sie nicht, öffnen Sie keine Links und geben Sie keine persönlichen Informationen weiter.“
Betroffen ist konkret die Adresse cardinal.pizzaballa@gmail.com, die nicht dem Kardinal gehört. Die Herkunft des Angriffs ist derzeit unklar – doch in kirchlichen und diplomatischen Kreisen wächst der Verdacht, daß es sich um eine gezielte Aktion handeln könnte, möglicherweise mit politischer Motivation.
Stimme des Gewissens unter Beschuß
Kardinal Pizzaballa ist im Nahost-Konflikt aufgrund der ihm zukommenden Aufmerksamkeit zu einer internationalen Ausnahmegestalt geworden – bekannt für seine unerschrockene Haltung, Unrecht zu benennen, unabhängig davon, von welcher Seite es begangen wird. In einem zunehmend polarisierten Nahen Osten hat er sich durch seine mahnenden und besonnenen Worte ebenso Respekt wie Widerstand erworben – auch innerhalb der katholischen Kirche.
Insider vermuten hinter dem Angriff mehr als nur gewöhnlichen Cyberbetrug. „Es geht hier nicht nur um einen Identitätsdiebstahl“, so ein Sicherheitsexperte mit Kontakt zum Patriarchat. Es gehe „um die Glaubwürdigkeit eines Menschen, der für viele zum moralischen Kompass geworden ist – und um die Frage, wer davon profitieren könnte, seine Stimme zu manipulieren“.
Noch ist unklar, wofür das gehackte Konto oder mögliche weitere kompromittierte digitale Zugänge genutzt werden könnten. Doch die Warnung des Patriarchats ist eindeutig: Wachsamkeit ist geboten. Die gezielte Verbreitung von Desinformation, möglicherweise im Namen des Kardinals selbst, könnte sowohl Gläubige als auch die internationale Öffentlichkeit täuschen – mit nicht absehbaren Folgen.
Verdacht auf staatlich gelenkte Kampagne?
Im Hintergrund wächst die Sorge, daß staatliche oder halbstaatliche Akteure in den Angriff verwickelt sein könnten – insbesondere angesichts der sensiblen Rolle des Patriarchats im geopolitischen Spannungsfeld des Heiligen Landes. Der Zeitpunkt – mitten in einer Phase intensiver internationaler Diskussionen über die Lage im Heiligen Land, von der eine Seite Israel, von der anderen Seite Palästina genannt – scheint kaum zufällig.
Drei Tage, nachdem er sich mit den Christen von Taibeh solidarisiert hatte, griff die israelische Armee die einzige katholische Pfarrkirche in Gaza an. Nicht alle glauben an Zufälle.
Die Nachforschungen laufen. Doch schon jetzt ist klar: Der Angriff auf Kardinal Pizzaballa ist nicht nur ein digitales Vergehen – es ist ein Angriff auf eine Stimme, die in einem dunklen Moment der Geschichte Orientierung bietet.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Lateinisches Patriarchat von Jerusalem