Umerziehungsdekrete für „Katholiken zweiter Klasse“

Die Auswirkungen von Traditionis custodes für die Alte Messe in Frankreich


Mahnwache vor dem Pariser Bischofssitz
Mahnwache vor dem Pariser Bischofssitz

Von einer Katholikin

Anzei­ge

Paris, Le Hav­re, Straß­burg, Nan­tes, Gre­no­ble. Die Bischö­fe zei­gen sich „krea­tiv“. Die Liste der Dekre­te zur Umset­zung von Tra­di­tio­nis cus­to­des wächst. Der Wider­stand auch. Frank­reichs tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne Gläu­bi­ge blei­ben sicht­bar. Sie beten, sie schrei­ben, sie fra­gen und demonstrieren.

Dabei ste­hen die Diö­ze­se Paris und der restrik­ti­ve Umgang ihres Erz­bi­schofs Aupe­tit mit der alten Mes­se nach wie vor im Zen­trum. Doch nicht nur dort sehen sich Gläu­bi­ge der Tra­di­ti­on durch ihren Bischof unter Druck gesetzt.

Paris: Gläubige werden als „Katholiken zweiter Klasse“ behandelt

In Paris ist die Zahl der Rosen­kranz­be­ter wei­ter gestie­gen. Auch vor dem Sitz des Erz­bi­schofs orga­ni­sie­ren sich schon seit eini­gen Wochen Beter. Man hat zwar erreicht, daß es wie­der eine Mitt­wochs­mes­se für Stu­den­ten und die Jugend geben wird, aller­dings nicht mehr in Saint-Fran­çois-Xavier, son­dern in einer unschein­ba­ren Kapel­le, die auch ohne Coro­nabe­schrän­kun­gen fast zu klein wäre. Hon­ni soit qui mal y pen­se. Ein Schuft… In einem Brief an Erz­bi­schof Aupe­tit spra­chen jun­ge Gläu­bi­ge aus, was sie füh­len: als Katho­li­ken zwei­ter Klas­se behan­delt zu werden.

Noch im Okto­ber hat­te der Erz­bi­schof ent­ge­gen allen Fak­ten behaup­tet, „kei­ne Mes­sen gestri­chen“ zu haben. „Kann man wei­ter­hin die [alten] Mes­sen in Kir­chen fei­ern, wo man bei­de For­men hat?“ „Kein Pro­blem“, habe der Papst ihm beim Ad-limi­na-Besuch einer Grup­pe fran­zö­si­scher Bischö­fe im Sep­tem­ber geant­wor­tet. Und so habe Aupe­tit wei­ter­hin „Mes­sen zuge­las­sen in Kir­chen, wo es bei­de For­men gab.“ Nur noch fünf an der Zahl. Man sol­le sich dar­an gewöh­nen, sag­te er zu Gläu­bi­gen. Punkt.

Es geht um ein Zurück­drän­gen der alten Mes­se und um abso­lu­te Kon­trol­le durch das aus­schließ­li­che Ange­wie­sen­sein der Gläu­bi­gen auf die Diö­ze­se und ihre Prie­ster. Auch das bekla­gen die jun­gen Men­schen in ihrem Brief und ver­ste­hen nicht, daß man ihnen ihre Prie­ster und Seel­sor­ger von der Petrus­bru­der­schaft genom­men hat, die nicht mehr in den Kir­chen zele­brie­ren dür­fen. Die Stu­den­ten­mes­se, die sie fast 13 Jah­re lang betreu­ten, zele­brie­ren nun Diö­ze­san­prie­ster. In der biri­tu­el­len Gemein­de Saint-Eugè­ne-Sain­te-Céci­le, wo inzwi­schen ein neu­er Diö­ze­san­prie­ster den vor­ma­li­gen Pfar­rer abge­löst hat, der beim Erz­bi­schof in Ungna­de gefal­len war, darf kein Abbé der Petrus­bru­der­schaft mehr zele­brie­ren und auch nicht mehr das Sakra­ment der Beich­te spenden.

Der­wei­len ver­schanzt sich der Erz­bi­schof wei­ter und ver­wei­gert hart­näckig das Gespräch, um das ihn die Gläu­bi­gen bit­ten. Auch die zahl­rei­chen Kon­takt­ver­su­che und Brie­fe blei­ben unbe­ant­wor­tet, wie Juven­tus Tra­di­tio­nis berichtete.

Dekret für die Diözese Straßburg: Keine „illegalen“ Zelebrationen

Auch in Straß­burg erließ Erz­bi­schof Luc Ravel ein Schrei­ben zur Umset­zung von Tra­di­tio­nis cus­to­des. Das auf den 3. Sep­tem­ber datier­te Dekret wur­de Ende Sep­tem­ber auf der Sei­te der tra­di­tio­nel­len Per­so­nal­pfar­rei La Croix glo­rieu­se (Mes­sen in Straß­burg und Col­mar) bekanntgemacht. 

Laut Diö­ze­san­bul­le­tin vom Novem­ber sind sie­ben Prie­ster auto­ri­siert, die Mes­se nach dem Mis­sa­le von 1962 zu zele­brie­ren, vier von ihnen diö­ze­san­weit, zwei sind an einen Ort und eine bestimm­te Zeit gebun­den (der eine für eine Pri­vat­mes­se an sei­nem frei­en Tag) und ein wei­te­rer darf gar nur für Ver­tre­tun­gen ein­ge­setzt wer­den. „Jede ande­re Zele­bra­ti­on durch einen ande­ren Prie­ster gilt als ille­gal.“ Die über­lie­fer­te Lit­ur­gie wird kriminalisiert.

Das Dekret von Nantes

In Nan­tes hat die Ver­ei­ni­gung Foi et Tra­di­ti­on (Glau­be und Tra­di­ti­on) eine Peti­ti­on zur Auf­he­bung der Ein­schrän­kun­gen der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie an den Bischof geschrie­ben und sie zur Unter­zeich­nung ver­öf­fent­licht. Ab dem ersten Advents­sonn­tag wird man außer­dem jeden Sonn­tag vor der Kathe­dra­le öffent­lich den Rosen­kranz beten, wie es die Gläu­bi­gen in Paris schon tun.

Bischof Per­ce­rou hat­te Ende Sep­tem­ber ein vor­läu­fi­ges Dekret erlas­sen, zwei Meß­or­te unter­bun­den und Tau­fen und Hoch­zei­ten mit Auf­la­gen ver­se­hen. Und aus sei­ner feind­li­chen Ein­stel­lung gegen­über Gemein­schaf­ten der Tra­di­ti­on mach­te er in einem Gespräch mit Lai­en­ver­tre­tern kei­nen Hehl. Danach ver­wei­ger­te er jeden Dia­log, bis er am 13. Novem­ber Foi et Tra­di­ti­on in einem Brief ant­wor­te­te, den die Ver­ei­ni­gung am 25. Novem­ber publik machte.

Dar­in zeigt er kein Ver­ständ­nis für Kla­gen über sei­ne ein­fach nur kor­rek­te Umset­zung des päpst­li­chen Motu pro­prio und ver­sieht erneut die Papst­treue der tra­di­ti­ons­ori­en­tier­ten Gläu­bi­gen mit einem Fra­ge­zei­chen. Ent­ge­gen der Fak­ten­la­ge behaup­tet er, nichts an den bis­he­ri­gen Rege­lun­gen in sei­ner Diö­ze­se geän­dert zu haben.

„Umerziehung“ in Grenoble

Das Dekret von Bischof Guy de Kerimel von Grenoble-Vienne.
Das Dekret von Bischof Guy de Kéri­mel von Gre­no­ble-Vien­ne vom 12. November.

Guy de Kéri­mel, Bischof von Gre­no­ble, unter­schrieb am 12. Novem­ber ein weni­ge Tage spä­ter ver­öf­fent­lich­tes Dekret mit end­gül­ti­gen Regeln zur Umset­zung von Tra­di­tio­nis cus­to­des ab 1. Sep­tem­ber 2022. „Zum Wohl der Gläu­bi­gen und der Ein­heit der Kir­che“, ver­steht sich. In einem „Begleit­brief an die Gläu­bi­gen der Diö­ze­se“ insi­stiert er auf Fran­zis­kus‘ Beto­nung der neu­en Mes­se als ein­zi­gem Aus­druck der „lex oran­di“ der katho­li­schen Kir­che, zu der es alle zu füh­ren gilt.

Am 19. Novem­ber folg­te ein Brief an die bei­den Gemein­den, in denen die alte Mes­se behei­ma­tet ist. Das Schrei­ben hat es in sich. Er gibt zwar Ver­ständ­nis und pasto­ra­le Hin­wen­dung vor, aber letzt­lich behan­delt er die Gläu­bi­gen von oben her­ab als im Glau­ben gefähr­det und defi­zi­tär. Er wis­se ja, daß sie die neue Mes­se nicht ablehn­ten, doch das genü­ge nicht. Sie müß­ten nun „einen zusätz­li­chen Schritt im Glau­ben machen“, um nicht abzu­rut­schen. Die Lie­be zum „vetus ordo“ tut er als „per­sön­li­che Sen­si­bi­li­tät“ der Gläu­bi­gen ab, die sie nicht hin­dern dür­fe, „den Glau­ben und die Gemein­schaft mit der Kir­che“ und „die Bin­dung an Chri­stus in der Kir­che“ an die erste Stel­le zu set­zen. Nun hat sich die­ser „Hir­te“ für die Zukunft etwas Per­fi­des aus­ge­dacht, um die Umer­zie­hung der Gläu­bi­gen zur neu­en Mes­se zu erzwingen:

Ein Meß­ort soll erhal­ten blei­ben. Ab Sep­tem­ber 2022 muß dort aller­dings an jedem ersten Sonn­tag die Mes­se nach dem Mis­sa­le Pauls VI. gefei­ert wer­den. Die gibt es dann auf Latein. Doch das schein­ba­re Ent­ge­gen­kom­men ist leicht zu durch­schau­en. Er dürf­te wis­sen, daß ein latei­ni­sches Sprach­kleid aus einer neu­en Mes­se kei­ne alte macht. Umso schlim­mer ist die offen­sicht­li­che Inten­ti­on, die Gläu­bi­gen damit nöti­gen zu wol­len, zu bewei­sen, daß sie die neue Mes­se wirk­lich nicht ablehnen.

Aus­schließ­lich Prie­ster, die auch im Novus ordo zele­brie­ren, dür­fen die alte Mes­se in der Diö­ze­se fei­ern. Nur auf beson­de­ren Antrag der Gläu­bi­gen kön­nen gege­be­nen­falls die Sakra­men­te (bis auf Fir­mung und Erwach­se­nen­tau­fe ab 15 Jah­ren) nach den lit­ur­gi­schen Büchern von 1962 gespen­det wer­den. Das blü­hen­de Apo­sto­lat der Prie­ster­bru­der­schaft Sankt Petrus dürf­te sich unter die­sen Bedin­gun­gen dann irgend­wann von selbst erledigen.

Die Abschaffung der alten Messe ist Ziel des Papstes

Wel­che Aus­wir­kun­gen ins­be­son­de­re die jüng­sten dra­sti­schen Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen des römi­schen Kar­di­nal­vi­kars des Pap­stes auch in Frank­reich noch haben wer­den, wird sich zei­gen. Gewiß ist, daß Bischö­fe, die mit restrik­ti­ven Dekre­ten im Sin­ne von Tra­di­tio­nis cus­to­des in Erschei­nung tra­ten und noch tre­ten wer­den, die Bot­schaft ver­ste­hen: Was dem Bischof von Rom recht ist, wird dem Papst nur bil­lig sein.

Papst Fran­zis­kus muß eigent­lich nur zuse­hen, wie nach und nach will­fäh­ri­ge Bischö­fe sei­ne Vor­ga­ben zur Zer­stö­rung der alten Mes­se in die Tat umset­zen. Soll­te das aller­dings welt­weit doch nicht so ganz nach Plan und zu lang­sam ver­lau­fen, genü­gen ihm die Bestim­mun­gen aus dem römi­schen Vika­ri­at viel­leicht bald nicht mehr.

Den selt­sa­men (Zweck?)-Optimismus eines Kar­di­nal Sarah, der unlängst in einem Inter­view mit Le Figa­ro mein­te, des Pap­stes Ziel sei es „kei­nes­wegs, die alte Lit­ur­gie abzu­schaf­fen“, soll­te man jeden­falls nicht teilen.

Bild: Ripo­ste catholique/diocese-grenoble-vienne.fr (Screen­shot)

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