Die folgenden Überlegungen von Prof. Roberto de Mattei betreffen Italien, doch gilt das Gesagte auch für andere Staaten. Es wiederholen sich Grundmuster an Zielsetzungen und Akteuren, bis hinein ein einen pädo-homosexuellen Sumpf:
Warum die Linke Sexualerziehung in den Schulen will
Von Roberto de Mattei*
Seit vielen Jahren gehört die Einführung der sogenannten Sexualerziehung an Schulen zu den meistangestrebten Zielen der linken Parteien. Die Sexualerziehung bildete zusammen mit Scheidung, Abtreibung und Euthanasie jenes Bündel „zivilgesellschaftlicher Errungenschaften“, das Kommunisten, Sozialisten und Radikale in den 1970er Jahren forderten, um die Gesellschaft von Grund auf zu erschüttern.
Diese Forderungen haben eine lange Vorgeschichte. Ohne bis zur Französischen Revolution zurückzugehen, genügt es, daran zu erinnern, daß die kommunistische Revolution des 20. Jahrhunderts, insbesondere in ihrer ersten Phase unter Lenin und Trotzki, sich die Umgestaltung nicht nur der sozialen und wirtschaftlichen Ordnung, sondern auch des Menschenbildes, der Familie und der Erziehung zum Ziel setzte.
Während der kurzen, aber turbulenten Phase der Ungarischen Räterepublik (März–Mai 1919) leitete György Lukács, marxistischer Philosoph und Volkskommissar für Unterricht und Kultur, einen der kühnsten Versuche ein, eine europäische Nation kulturell nach den Grundsätzen des Bolschewismus umzuformen. In diesen beiden Monaten – untersucht von Historikern wie Werner Jung (Georg Lukács, Metzler, 2017) und Michael Löwy (Georg Lukacs. From Romanticism to Bolshevism, Verso Books, 1979) – widmete sich Lukács einer radikalen Neugestaltung der Schulprogramme. Zu den bedeutendsten Maßnahmen gehörte die Abschaffung des katholischen Religionsunterrichts, der über Jahrhunderte das moralische Bewußtsein ungarischer Familien und Jugendlicher geprägt hatte. An seine Stelle setzte man die marxistische Soziologie, die Lukács als theoretische Grundlage für die Schaffung eines „neuen Menschentyps“ ansah, befreit von der christlichen Tradition und den natürlichen Institutionen – zuallererst der Familie. Zugleich führte Lukács ein Programm schulischer Sexualerziehung ein, das als Bruch mit der religiösen Moral konzipiert war. Ziel war nicht nur, Informationen über den menschlichen Körper zu vermitteln, sondern jene „repressive Moral der bürgerlichen Gesellschaft“, wie Lukács sie nannte – die christlichen Prinzipien von Reinheit, Schamhaftigkeit und der Verbindung von Sexualität und familiärer Verantwortung – zu dekonstruieren.
Diese Maßnahmen, obwohl nur von kurzer Dauer aufgrund des schnellen Zusammenbruchs der Ungarischen Räterepublik, schufen dennoch einen historischen Präzedenzfall: Erstmals versuchte eine revolutionäre Regierung in Europa, Sexualität und Moral ausgehend von der Schule zu reformieren und das Lehramt von Familie und Kirche durch eine ideologisch geprägte Erziehung zu ersetzen. Die Ideen von Lukács blieben nicht isoliert. Sie fanden Widerhall im kommunistischen Rußland, wo in den folgenden Jahren verschiedene pädagogische Experimente – etwa der psychoanalytische Kindergarten von Vera Schmidt in Moskau – demselben Ziel dienten: das Kind von den traditionellen „moralischen Fesseln“ zu befreien und eine frühe Entfaltung der Triebe, auch der sexuellen, im Hinblick auf eine zukünftige sozialistische Gesellschaft zu fördern.
1929 luden sowjetische Funktionäre einen Schüler Freuds ein, den österreichischen Psychoanalytiker Wilhelm Reich, der eine Vortragsreihe hielt, aus der in Moskau der Essay Dialektischer Materialismus und Psychoanalyse hervorging – ein Grundtext des sogenannten Freudo-Marxismus. In diesem Werk und seinen späteren Schriften präsentiert Reich die Familie als die repressivste aller sozialen Institutionen und behauptet, der Kern menschlicher Glückseligkeit liege in der sexuellen Befriedigung. Sexualerziehung bildet einen integralen Bestandteil seines Projekts der revolutionären Umgestaltung der Gesellschaft. Die Ideen Reichs und anderer freudo-marxistischer Theoretiker wie Herbert Marcuse triumphierten in der Revolution von 1968 und gingen in das politische Erbe der internationalen Linken ein.
Die Kirche und die rechte Vernunft zeigen hingegen, daß die Weitergabe des Lebens innerhalb der Familie durch die Erziehung dessen erfolgt, der Frucht eines göttlichen und menschlichen Liebesaktes ist: ein Mensch mit Leib und Seele. Benedikt XVI. hat betont, daß die Erziehung zu den sogenannten „nicht verhandelbaren Werten“ gehört, neben dem Leben und der Familie, mit denen sie untrennbar verbunden ist. Das Recht der Eltern, ihre eigenen Kinder zu erziehen, besteht zeitlich vor dem Recht der Zivilgesellschaft und darf vom Staat nicht usurpiert werden – insbesondere nicht dort, wo religiöse und moralische Bildung durch Sexualerziehung ersetzt werden soll, die auf einem der christlichen Anthropologie entgegengesetzten Menschenbild beruht. Sexualerziehung ist immer verfehlt, wenn sie sich als schulische, das heißt öffentliche Aufgabe ausgibt; sie kann nur persönlich und privat sein und muss daher natürlicherweise den Familien anvertraut bleiben, andernfalls droht sie zu einer Form kultureller und moralischer Verderbnis zu werden.
Der Gesetzentwurf Nr. 2423, „Bestimmungen zum informierten Einverständnis im Schulbereich“, am 23. Mai 2025 von Giuseppe Valditara, dem italienischen Minister für Bildung und Leistungsfähigkeit, eingebracht, sah ein Verbot der Sexualerziehung in Kindergärten und Grundschulen vor. Am 15. Oktober jedoch hatte die Kulturkommission der italienischen Abgeordnetenkammer einen Änderungsantrag der Lega angenommen, der das Verbot auch auf die Mittelschulen [Unterstufe] ausdehnte. Sexualerziehung wäre damit nur in den Oberschulen [Oberstufe] erlaubt gewesen – und auch dort ausschließlich mit Zustimmung der Eltern (oder der volljährigen Schüler).
In den Mittelschulen wären nur grundlegende Themen wie Fortpflanzung und sexuell übertragbare Krankheiten zugelassen gewesen. Es handelte sich also um eine gute Änderung, die naturgemäß einen Aufschrei auf Seiten der Linken hervorrief. Der restriktive Text wurde zwar in der Kommission verabschiedet, doch am 10. November, zu Beginn der Plenardebatte, machte die Lega eine Kehrtwende: Die Abgeordnete Giorgia Latini reichte einen neuen Änderungsantrag ein, der die in der Kommission beschlossene Modifikation rückgängig machte und den ursprünglichen Text wiederherstellte – das Verbot der Sexualerziehung also auf Kindergarten und Grundschule beschränkt, nicht mehr auch auf die Mittelschule. Dieser Rückzug der Mehrheitskräfte, besonders der Lega, überrascht.
Die Linke ist konsequent, wenn sie eine obligatorische Sexualerziehung an allen Schulen und für alle Jahrgangsstufen fordert. Nicht konsequent ist hingegen, wer behauptet, der Linken entgegenzutreten, ihr dann aber in einem so sensiblen und verletzlichen Bereich wie der Erziehung unserer Kinder nachgibt oder sich ihr anschließt.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017, und Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte, 2. erw. Ausgabe, Bobingen 2011.
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Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana

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