Herolde des Evangeliums: Jahrelanger Repression ausgesetzt – ohne Anklage und Urteil

Wo bleiben Transparenz und Rechte?


Die Basilika Unserer Lieben Frau von Fatima am Hauptsitz der Herolde des Evangeliums in Brasilien
Die Basilika Unserer Lieben Frau von Fatima am Hauptsitz der Herolde des Evangeliums in Brasilien

Der jah­re­lan­ge Kampf gegen die Arau­tos do Evan­gel­ho (Herol­de des Evan­ge­li­ums) offen­bart eine beun­ru­hi­gen­de Sei­te kirch­li­cher Macht­me­cha­nis­men. Was unter Johan­nes Paul II. als dyna­mi­sches pasto­ra­les Pro­jekt ent­stand, wur­de unter Papst Fran­zis­kus in eine bei­spiel­lo­se Kri­se getrie­ben. Die in Bra­si­li­en ent­stan­de­ne, aber bald inter­na­tio­nal blü­hen­de Gemein­schaft – aktiv heu­te in rund 80 Län­dern – sieht sich seit 2019 einer rigo­ro­sen päpst­li­chen Inter­ven­ti­on aus­ge­setzt, ohne daß je ein stich­hal­ti­ger Vor­wurf zivil- oder kir­chen­recht­lich bestä­tigt wurde.

Ein beispielloser Eingriff ohne transparente Begründung

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Die Wur­zel des Kon­flikts liegt in einer apo­sto­li­schen Visi­ta­ti­on, die 2017 begann, gefolgt von einer admi­ni­stra­ti­ven Zwangs­maß­nah­me: Im Herbst 2019 instal­lier­te Papst Fran­zis­kus einen päpst­li­chen Kom­mis­sar, unter­stell­te der Gemein­schaft einem außer­ge­wöhn­li­chen Regime, ver­bot Prie­ster- und Dia­ko­nen­wei­hen und unter­sag­te fak­tisch die Auf­nah­me neu­er Mitglieder. 

Was seit­her beun­ru­higt: Eine offi­zi­el­le, nach­prüf­ba­re Recht­fer­ti­gung die­ser dra­sti­schen Maß­nah­men blieb bis heu­te aus. Weder die Öffent­lich­keit noch die Herol­de selbst erhiel­ten jemals nach­voll­zieh­ba­re Dar­le­gun­gen, wel­che kon­kre­ten Män­gel – struk­tu­rell, mora­lisch oder finan­zi­ell – den Ein­griff legitimierten.

In das Visier von San­ta Mar­ta gerie­ten die Herol­de, als 2017 ein inter­nes Video der Öffent­lich­keit zuge­spielt wur­de, das dem Grün­der und Gene­ral­obe­ren der Gemein­schaft als Kri­tik an Papst Fran­zis­kus aus­ge­legt wur­de. Noch vor der Bekannt­ga­be einer Visi­ta­ti­on erfolg­te der Rück­tritt des Gene­ral­obe­ren Msgr. João Sco­g­na­miglio Clá Dias, um von sei­ner Gemein­schaft das Schick­al der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta abzu­wen­den. Gelun­gen ist ihm das nicht. Die berg­o­glia­ni­schen Kom­mis­sa­re wur­den den­noch entsandt.

Anschuldigungen ohne Substanz?

Trotz zahl­rei­cher kur­sie­ren­der Vor­wür­fe – unter ande­rem von Miß­brauch, Unge­hor­sam oder frag­wür­di­gen „Exor­zis­men“ – zeig­ten sich im kirch­li­chen wie im zivi­len Ver­fah­ren kei­ne bela­sten­den Tat­sa­chen: Laut Berich­ten wur­den über 30 Ver­fah­ren ein­ge­stellt oder ende­ten mit Freisprüchen.

Die mas­si­ven Beschul­di­gun­gen wie­der­um basie­ren häu­fig auf ver­zerr­ten oder medi­al auf­ge­bausch­ten Dar­stel­lun­gen, die der kurz­fri­sti­gen Stim­mungs­ma­che die­nen, aber einer Über­prü­fung nicht stand­hal­ten. Bei­spie­le dafür sind:

  • Die häu­fig kol­por­tier­te Wei­ge­rung (Unge­hor­sam), Min­der­jäh­ri­ge aus Herol­de‑Hei­men zu ent­las­sen
    – wie es Rom gefor­dert hat­te –, ent­pupp­te sich als das Gegen­teil: In vie­len Fäl­len waren es die Eltern selbst, die ent­schie­den, ihre Kin­der nicht abzu­ho­len – weil sie von der Spi­ri­tua­li­tät der Gemein­schaft über­zeugt waren und in der Maß­nah­me eine unge­rech­te Inter­ven­ti­on zur Schwä­chung der Gemein­schaft sagen.
  • Behaup­te­te „irre­gu­lä­re Exor­zis­men“ wur­den von ört­li­chen Bischö­fen als nor­ma­le Befrei­ungs­ge­be­te ein­ge­ord­net – ein in cha­ris­ma­ti­schen, geist­li­chen Gemein­schaf­ten durch­aus gän­gi­ger Brauch.

Justiz ohne Anklage: Ein innerkirchliches Paradoxon

In einem fai­ren kirch­li­chen Ver­fah­ren wären die Rech­te der Ange­klag­ten zen­tral – dazu gehört als Min­dest­stan­dard das Recht, die kon­kre­ten Ankla­ge­grün­de zu ken­nen und dar­auf ange­mes­sen reagie­ren zu kön­nen. Doch nach Aus­sa­gen der Herol­de wur­den ihnen die Grün­de für die Visi­ta­ti­on und die dar­auf fol­gen­den Maß­nah­men nicht mit­ge­teilt. Die­ses Schwei­gen wirft ein ern­stes Licht auf die kirch­in­ter­nen Mecha­nis­men: Es erin­nert eher an kaf­ka­es­ke Pro­zes­se denn an norm­ge­rech­te kano­ni­sche Verfahren.

Msgr. João Sco­g­na­miglio Clá Dias war ein Schü­ler des bra­si­lia­ni­schen katho­li­schen Den­kers Pli­nio Cor­rêa de Oli­vei­ra. Die Kir­che in Bra­si­li­en ist stark befrei­ungs­theo­lo­gisch aus­ge­rich­tet. Pli­nio Cor­rêa de Oli­vei­ra war ein ent­schie­de­ner Geg­ner der mar­xi­sti­schen Befrei­ungs­theo­lo­gie. Das allein mach­te Msgr. João Sco­g­na­miglio Clá Dias in den Augen eini­ger bra­si­lia­ni­scher Bischö­fe bereits in hohem Maße „ver­däch­tig“. Mit der Wahl von Papst Fran­zis­kus mach­te sich Rom die­sen Vor­be­halt zu eigen.

Die Entscheidung vor Leo XIV.: Chance oder Fortsetzung des Stillstands?

Mit Blick auf den Pon­ti­fi­kats­wech­sel kur­siert eine drän­gen­de Fra­ge: Wird Papst Leo XIV. den Fall der Herol­de des Evan­ge­li­ums end­lich trans­pa­rent und gerecht abschlie­ßen? Er steht vor einer grund­le­gen­den Wahl: Ent­we­der die Gerech­tig­keit wie­der­her­stel­len oder die lang­jäh­ri­ge Mar­gi­na­li­sie­rung fortschreiben.

Ein sol­cher Schritt wäre nicht nur ein Signal für die Arau­tos selbst.

Ihrem Grün­der, Msgr. João Sco­g­na­miglio Clá Dias, war es nicht ver­gönnt, die Auf­he­bung der Sank­tio­nen gegen sei­ne Gemein­schaft zu erle­ben. Er ver­starb Anfang Novem­ber 2024 im Alter von 85 Jah­ren in Fran­co da Rocha im bra­si­lia­ni­schen Staat São Pau­lo an den Fol­gen eines Schlaganfalls.

Eini­ge Momen­te der Begräb­nis­fei­er­lich­kei­ten für Msgr. João Sco­g­na­miglio Clá Dias, Grün­der und bis 2017 Gene­ral­obe­rer der Herol­de des Evan­ge­li­ums. Die Bei­set­zung erfolg­te im Mut­ter­haus der Herol­de im bra­si­lia­ni­schen Staat São Paulo.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Herol­de des Evangeliums/​MiL

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