Der zweite Sekretär und weitere Personalentscheidungen

Papst Leo XIV. und die Römische Kurie


Papst Leo XIV. mit seinem neuen zweiten Sekretär Don Marco Billeri
Papst Leo XIV. mit seinem neuen zweiten Sekretär Don Marco Billeri

Papst Leo XIV. gab die Ernen­nung eines zwei­ten per­sön­li­chen Sekre­tärs bekannt – eben­so ein Datum, an dem der hei­li­ge John Hen­ry New­man zum Kir­chen­leh­rer erho­ben wird.

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Zunächst zur letz­te­ren Ankün­di­gung: Bereits im ver­gan­ge­nen Juli war bekannt­ge­ge­ben wor­den, daß John Hen­ry New­man (1801–1890) – der 2010 selig- und 2019 hei­lig­ge­spro­chen wur­de – als 38. Hei­li­ger in den Kreis der Kir­chen­leh­rer auf­ge­nom­men werde.

Zusam­men mit der hei­li­gen Thé­rè­se von Lisieux (1873–1897) wird er damit der zwei­te Kir­chen­leh­rer des 19. Jahr­hun­derts sein – und zugleich mit der fran­zö­si­schen Kar­me­li­tin der jüng­ste Kir­chen­leh­rer der Geschich­te. Die älte­sten sind der hei­li­ge Ire­nä­us von Lyon (135–202) und der hei­li­ge Atha­na­si­us der Gro­ße (298–373).

Im Juli war jedoch kein kon­kre­tes Datum für die Ver­lei­hung die­ses Ehren­ti­tels genannt wor­den – es hieß ledig­lich, daß dies „bald“ gesche­hen wer­de. Gestern aber gab Papst Leo XIV. beim Ange­lus auf dem Peters­platz fol­gen­de Erklä­rung ab:

„Ich freue mich, ankün­di­gen zu dür­fen, daß ich am kom­men­den 1. Novem­ber, im Rah­men des Hei­li­gen Jah­res der Bil­dungs­welt, dem hei­li­gen John Hen­ry New­man den Titel eines Kir­chen­leh­rers ver­lei­hen wer­de. Er hat ent­schei­dend zur Erneue­rung der Theo­lo­gie und zum Ver­ständ­nis der christ­li­chen Leh­re in ihrer Ent­wick­lung beigetragen.“

Leo XIV. ernennt einen zweiten persönlichen Sekretär

Der neue Papst beginnt, sei­nen enge­ren Mit­ar­bei­ter­stab zu for­mie­ren. Am ver­gan­ge­nen Frei­tag gab er die Ernen­nung von Msgr. Filip­po Ian­no­ne OCarm zum neu­en Prä­fek­ten des Bischofs­dik­aste­ri­ums bekannt, am Sams­tag folg­te die Ernen­nung eines zwei­ten per­sön­li­chen Sekretärs.

Der Über­gang von einem Papst zum ande­ren voll­zieht sich der Gewohn­heit nach, so daß der erste Sekre­tär mit der Wahl eines neu­en Pap­stes auschei­det, wäh­rend der zwei­te Sekre­tär noch eini­ge Zeit im Amt bleibt, um den Über­gang zu beglei­ten. So mach­te es auch Leo XIV.

Zu sei­nem ersten per­sön­li­chen Sekre­tär ernann­te er den Perua­ner Don Edgar Rimay­cu­na Inga, einen lang­jäh­ri­ger Beglei­ter des nun­meh­ri­gen Pap­stes. An des­sen Sei­te blieb der argen­ti­ni­sche Prie­ster Dani­el Pel­liz­zon, den Fran­zis­kus erst 2023 als zwei­ten Sekre­tär zu sich nach Rom rief.

Kei­ne fünf Mona­te nach sei­ner Wahl ersetz­te Leo XIV. nun auch Pel­liz­zon. Die Wahl des zwei­ten Sekre­tär fiel auf den 41jährigen Don Mar­co Bil­le­ri, Prie­ster der Diö­ze­se San Mini­a­to in der Tos­ka­na. Don Bil­le­ri hat­te zunächst ein Stu­di­um der Infor­ma­tik absol­viert, bevor er sei­ne Beru­fung ver­spür­te, in das Prie­ster­se­mi­nar ein­trat und 2016 zum Prie­ster geweiht wurde.

Eini­ge Vati­ka­ni­sten sehen in der Wahl eines „Tech­ni­kers“ einen Hin­weis auf den inhalt­li­chen Schwer­punkt, den Leo XIV. set­zen möch­te: die Her­aus­for­de­run­gen der Digi­ta­li­sie­rung und der Künst­li­chen Intel­li­genz. Doch hier wer­den die Ebe­nen mit­un­ter ver­mischt. Zwar ist tech­ni­sche Fach­kom­pe­tenz im Vati­kan von Nut­zen, doch die Aus­wahl eines per­sön­li­chen Sekre­tärs erfolgt in der Regel nach ande­ren Kri­te­ri­en. Wich­ti­ger als sei­ne Infor­ma­tik­kennt­nis­se ist, daß Don Bil­le­ri in Kir­chen­recht pro­mo­viert wur­de. Er war Rich­ter am Kir­chen­ge­richt der Tos­ka­na, Ehe­band­ver­tei­di­ger in den Diö­ze­sen San Mini­a­to und Vol­ter­ra, bischöf­li­cher Zere­mo­nien­mei­ster und Sekre­tär des diö­ze­sa­nen Prie­ster­rats und in den ver­gan­ge­nen Jah­ren auch Kaplan in einer Pfarrei.

Don Bil­le­ri traf im Som­mer mit Papst Leo XIV. in Castel Gan­dol­fo zusam­men und begann dann sofort, sich mit sei­nen künf­ti­gen Auf­ga­ben­fel­dern ver­traut zu machen.

Die Ernen­nun­gen sowohl von Msgr. Ian­no­ne als auch von Don Bil­le­ri sorg­ten in berg­o­glia­nisch gepräg­ten Krei­sen des Vati­kans für eini­ges Auf­se­hen, da man dort mit kei­nem der bei­den Namen gerech­net hatte.

Bevorstehende Veränderungen in der Kurie

Wei­te­re Neu­be­set­zun­gen an der Römi­schen Kurie ste­hen bevor. Papst Leo XIV. hat jedoch vor­erst kei­nen Spiel­raum, neue Kar­di­nä­le zu ernen­nen – es sei denn, er folgt dem Son­der­weg, den Fran­zis­kus ein­ge­schla­gen hat­te. Papst Berg­o­glio ver­gab mög­lichst vie­le Kar­di­nals­hü­te, deut­lich über die vor­ge­se­he­ne Zahl hin­aus, um damit eine Umge­stal­tung des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums zu errei­chen. Ziel war es, der Kir­che einen neu­en Kurs zu geben und die­sen auch über sei­nen Tod hin­aus abzusichern.

Der­zeit zählt der Kreis der Papst­wäh­ler – also der Kar­di­nä­le unter 80 Jah­ren – noch immer 128 Mit­glie­der, acht mehr als das gel­ten­de Kir­chen­recht vor­sieht. Soll­te Kar­di­nal Becciu im der­zeit lau­fen­den Beru­fungs­ver­fah­ren vor Gericht ent­la­stet wer­den, könn­ten es sogar 129 Wäh­ler sein. Doch las­sen wir den sar­di­schen Pur­pur­trä­ger vor­erst außen vor.

Wenn Leo XIV. mit der will­kür­li­chen Pra­xis sei­nes Vor­gän­gers bre­chen und sich an Recht und Ord­nung hal­ten will, könn­te er frü­he­stens im Mai 2026 einen ersten neu­en Kar­di­nal im Rah­men der zuläs­si­gen Höchst­zahl von 120 ernen­nen. Da Kar­di­nals­er­he­bun­gen übli­cher­wei­se grup­pen­wei­se erfol­gen, wäre mit einem außer­or­dent­li­chen Kon­si­sto­ri­um zur Kre­ierung neu­er Kar­di­nä­le frü­he­stens im Früh­jahr 2027 zu rech­nen – zu einem Zeit­punkt, an dem Leo XIV. bereits fast zwei Jah­re im Amt wäre.

Die­ses klei­ne Rechen­bei­spiel zeigt, wie sehr Fran­zis­kus durch eigen­mäch­ti­ge Maß­nah­men sei­nen Nach­fol­ger bindet.

Amtsträger über der Altersgrenze

Für die Ämter an der Römi­schen Kurie gilt im Unter­schied zur Papst­wähl­bar­keit die Alters­gren­ze von 75 Jah­ren. Meh­re­re hoch­ran­gi­ge Amts­trä­ger haben die­se Gren­ze bereits überschritten:

  • Kar­di­nal Arthur Roche, Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung sowie erklär­ter Geg­ner des über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus, erreich­te im ver­gan­ge­nen März sein 75. Lebensjahr.
  • Kar­di­nal Kurt Koch, Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums zur För­de­rung der Ein­heit der Chri­sten, wur­de eben­falls im März 75.
  • Kar­di­nal Mar­cel­lo Semer­a­ro, Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für die Hei­lig­spre­chun­gen, steht bereits im 78. Lebensjahr.
  • Kar­di­nal Kevin Joseph Far­rell, Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für die Lai­en, die Fami­lie und das Leben sowie Päpst­li­cher Käm­me­rer, hat kürz­lich das 78. Lebens­jahr vollendet.
  • Kar­di­nal Micha­el Czer­ny, Jesu­it wie Fran­zis­kus und Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für die ganz­heit­li­che Ent­wick­lung des Men­schen – einer Ein­rich­tung, deren kon­kre­ter Auf­trag auch fast zehn Jah­re nach ihrer Errich­tung schlei­er­haft bleibt –, steht sogar kurz vor dem 80. Lebensjahr.

Der Papst ist an kei­ne Vor­ga­ben gebun­den; er kann jeden der Genann­ten nach eige­nem Ermes­sen im Amt belassen.

Über das Alter hin­aus stellt sich auch grund­sätz­lich die Fra­ge, ob Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin und Glau­bens­prä­fekt Víc­tor Manu­el Kar­di­nal Fernán­dez im Amt bestä­tigt wer­den. Übli­cher­wei­se wählt ein Papst einen Staats­se­kre­tär sei­nes Ver­trau­ens. Kar­di­nal „Tucho“ Fernán­dez, der Lieb­lings­pro­te­gé von Fran­zis­kus, gilt vie­len in der Kir­che als ein rotes Tuch – nicht nur den Traditionalisten.

Weitere offene Fragen

Zudem hal­ten sich hart­näcki­ge Gerüch­te, daß Kar­di­nal Mau­ro Gam­bet­ti OFMConv, Erz­prie­ster des Peters­doms, vor der Ablö­sung ste­hen könnte.

Ein wei­te­res unge­lö­stes The­ma ist das unge­wöhn­li­che Kon­strukt das von Fran­zis­kus am Ordens­dik­aste­ri­um hin­ter­las­sen wur­de: Er hat­te die Ordens­frau Simo­na Bram­bil­la als erste Frau der Kir­chen­ge­schich­te zur Prä­fek­tin eines Dik­aste­ri­ums ernannt. Einen Kar­di­nal – Ángel Fernán­dez Arti­me – stell­te er ihr ledig­lich als Pro-Prä­fek­ten zur Sei­te. Juri­sten sind der Ansicht, Fran­zis­kus habe damit gegen sei­ne eige­ne Apo­sto­li­sche Kon­sti­tu­ti­on zur Ord­nung der Römi­schen Kurie verstoßen.

Ins­ge­samt man­gelt es dem neu­en Papst nicht an Bau­stel­len – und die­se betref­fen nicht nur Per­so­nal­fra­gen in der Kurie.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can­Me­dia (Screen­shot)

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