Das Fronleichnamsfest mit Papst Leo XIV. – mit Korrekturen am Kurs seines Vorgängers

"Selig sind die Geladenen, die zu Zeugen dieser Liebe werden!"


Papst Leo XIV. trug das Allerheiligste bei der Fronleichnamsprozession vom Lateran nach Santa Maria Maggiore
Papst Leo XIV. trug das Allerheiligste bei der Fronleichnamsprozession vom Lateran nach Santa Maria Maggiore

Zum Fron­leich­nams­fest setz­te Papst Leo XIV. neue Akzen­te – und damit mehr als nur einen hal­ben Schritt vor­wärts im Ver­gleich zu sei­nem Vor­gän­ger. Fron­leich­nam zählt neben dem Hoch­fest der Unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis und der Grün­don­ners­tags­lit­ur­gie zu jenen drei Anläs­sen, an denen der Papst in beson­de­rer Wei­se mit der Stadt Rom und sei­ner Diö­ze­se ver­bun­den ist. Die­se beson­de­re Bin­dung hat Leo XIV. nun sicht­bar gestärkt.

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Papst Fran­zis­kus hat­te zwar wie­der­holt betont, Bischof von Rom zu sein – eine Rol­le, die er sogar über die des Pap­stes stell­te –, doch aus­ge­rech­net an den drei zen­tra­len Ter­mi­nen römi­scher Bis­tums­tra­di­ti­on ließ er ein auf­fal­lend gerin­ges Inter­es­se erken­nen. Wäh­rend er den Grün­don­ners­tag syste­ma­tisch unsicht­bar mach­te, mar­gi­na­li­sier­te er auch Fron­leich­nam Schritt für Schritt – bis es schließ­lich ganz aus dem päpst­li­chen Kalen­der verschwand.

Die tra­di­ti­ons­rei­che Pro­zes­si­on von der Late­ran­ba­si­li­ka nach San­ta Maria Mag­gio­re, Herz­stück des römi­schen Fron­leich­nams­fe­stes, wur­de von Fran­zis­kus nicht nur ver­legt, son­dern der päpst­li­chen Teil­nah­me beraubt. Statt am lit­ur­gisch vor­ge­se­he­nen Don­ners­tag wur­de sie zudem auf den dar­auf­fol­gen­den Sonn­tag ver­scho­ben – mit dem Argu­ment, daß Fron­leich­nam in Ita­li­en seit den 1970er Jah­ren kein gesetz­li­cher Fei­er­tag mehr ist. Doch sei­ne Vor­gän­ger – selbst unter ver­än­der­ten gesell­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen – hiel­ten bewußt am tra­di­tio­nel­len Ter­min fest, um den uni­ver­sal­kirch­li­chen Anspruch zu unter­strei­chen und sich nicht dem Kalen­der eines ein­zel­nen Natio­nal­staa­tes unterzuordnen.

Leo XIV. mach­te die­sen Ein­griff nicht rück­gän­gig und zele­brier­te die Mes­se wie zuletzt üblich am Sonn­tag. Im Vati­kan heißt es jedoch, daß ab dem kom­men­den Jahr Ände­run­gen denk­bar sei­en. Eine Rück­ver­le­gung auf den Don­ners­tag wird nicht aus­ge­schlos­sen. Viel bedeut­sa­mer für die Gläu­bi­gen war aber ein ande­res Signal: Papst Leo nahm per­sön­lich an der Pro­zes­si­on teil – und trug das Aller­hei­lig­ste voran.

Vor der Late­ran­ba­si­li­ka zele­brier­te Papst Leo XIV. das Hoch­fest, um dann die Fron­leich­nams­pro­zes­si­on zur Salus Popu­li Roma­ni anzuführen

Ein sicht­ba­res Zei­chen der Rück­bin­dung an eine lit­ur­gi­sche und theo­lo­gi­sche Pra­xis, die das Dog­ma der Real­prä­senz Chri­sti im eucha­ri­sti­schen Sakra­ment ein­mal im Jahr auf die Stra­ßen Roms hin­aus­trägt. Wo Fran­zis­kus sich zurück­zog, setz­te Leo ein Zei­chen der Prä­senz – im wört­li­chen wie im geist­li­chen Sinn.

Wäh­rend Bene­dikt XVI. das Aller­hei­lig­ste noch auf einem Fahr­zeug beglei­te­te, ließ sich Leo XIV. – anders als einst sei­ne Vor­gän­ger – weder fah­ren noch tra­gen, son­dern schritt den gesam­ten Weg zu Fuß. In frü­he­ren Zei­ten wur­de der Papst auf der spe­zi­ell adap­tier­ten Sedia Gest­a­to­ria getra­gen, kniend vor der Mon­stranz. Die­se Form der Ver­eh­rung wich moder­nen Mit­teln – und zuletzt unter Fran­zis­kus: der Abwesenheit.

Mit Leo XIV. ist die Pro­zes­si­on mit dem Papst zurück – und mit ihr ein Zei­chen der Nähe des Kir­chen­ober­haup­tes zu sei­ner Diö­ze­se Rom. Die Freu­de in der Stadt war ent­spre­chend groß.

Hier nun der voll­stän­di­ge Wort­laut der Pre­digt, die Papst Leo XIV. vor der Late­ran­ba­si­li­ka hielt:

HOCHFEST DES LEIBES UND BLUTES CHRISTI 
HEILIGE MESSE, PROZESSION UND EUCHARISTISCHER SEGEN 

PREDIGT VON PAPST LEO XIV.

Piaz­za San Gio­van­ni in Late­r­ano
Sonn­tag, 22. Juni 2025

Lie­be Brü­der und Schwe­stern, es ist schön, bei Jesus zu sein. Das soeben ver­kün­de­te Evan­ge­li­um bezeugt dies, indem es berich­tet, dass die Volks­men­ge stun­den­lang bei ihm blieb, wäh­rend er vom Reich Got­tes sprach und die Kran­ken heil­te (vgl. Lk 9,11). Das Mit­ge­fühl Jesu mit den Lei­den­den ist Aus­druck der lie­be­vol­len Nähe Got­tes, der in die Welt kommt, um uns zu ret­ten. Wenn Gott herrscht, dann ist der Mensch von allem Bösen befreit. Doch auch für die­je­ni­gen, die die fro­he Bot­schaft Jesu hören, kommt die Stun­de der Prü­fung. An jenem ver­las­se­nen Ort, an dem die Men­schen dem Mei­ster zuge­hört haben, wird es Abend, und es gibt nichts zu essen (vgl. V. 12). Der Hun­ger der Men­schen und der Son­nen­un­ter­gang sind Zei­chen für die End­lich­keit, die auf der Welt, auf jedem Geschöpf liegt: Der Tag endet, wie auch das Leben der Men­schen. In die­sem Moment, in der Zeit der Not und der Schat­ten, bleibt Jesus in unse­rer Mitte.

Gera­de wenn die Son­ne unter­geht und der Hun­ger zunimmt, wenn die Apo­stel selbst dar­um bit­ten, das Volk fort­zu­schicken, über­rascht uns Chri­stus mit sei­ner Barm­her­zig­keit. Er hat Mit­leid mit den hung­ri­gen Men­schen und for­dert sei­ne Jün­ger auf, sich um sie zu küm­mern: Der Hun­ger ist kei­ne Not, die nichts mit dem Ver­kün­den des Rei­ches Got­tes und mit dem Bezeu­gen des Heils zu tun hät­te. Im Gegen­teil, die­ser Hun­ger betrifft unse­re Bezie­hung zu Gott. Fünf Bro­te und zwei Fische schei­nen jedoch kei­nes­wegs aus­zu­rei­chen, um das Volk zu sät­ti­gen: Die Berech­nun­gen der Jün­ger, die schein­bar ver­nünf­tig sind, ver­ra­ten ihren Klein­glau­ben. Denn in Wirk­lich­keit gibt es bei Jesus alles, was wir brau­chen, um unse­rem Leben Kraft und Sinn zu geben.

Auf den Ruf des Hun­gers ant­wor­tet er näm­lich mit dem Zei­chen des Tei­lens: Er erhebt die Augen, sagt Lob und Dank, bricht das Brot und reicht allen Anwe­sen­den zu essen (vgl. V. 16). Die Gesten des Herrn begrün­den kein kom­pli­zier­tes magi­sches Ritu­al, son­dern zeu­gen in Schlicht­heit von der Dank­bar­keit gegen­über dem Vater, vom kind­li­chen Gebet Chri­sti und von der geschwi­ster­li­chen Gemein­schaft, die der Hei­li­ge Geist ermög­licht. Um Bro­te und Fische zu ver­meh­ren, teilt Jesus die vor­han­de­nen: Und genau so rei­chen sie für alle, ja, sie sind im Über­fluss vor­han­den. Nach­dem sie geges­sen hat­ten – und sich satt geges­sen hat­ten – sam­mel­ten sie zwölf Kör­be voll ein (vgl. V. 17).

Dies ist die Logik, die das hun­gern­de Volk ret­tet: Jesus wirkt nach dem Vor­bild Got­tes und lehrt, das­sel­be zu tun. An die Stel­le der im Evan­ge­li­um erwähn­ten Volks­men­ge tre­ten heu­te gan­ze Völ­ker, die mehr noch durch die Gier der ande­ren als durch ihren eige­nen Hun­ger gede­mü­tigt wer­den. Ange­sichts des Elends so vie­ler ist der Über­fluss bei eini­gen weni­gen ein Zei­chen für gleich­gül­ti­gen Hoch­mut, der Schmerz und Unge­rech­tig­keit ver­ur­sacht. Statt zu tei­len, ver­schwen­det sol­che Üppig­keit die Früch­te der Erde und der mensch­li­chen Arbeit. Gera­de in die­sem Hei­li­gen Jahr bleibt das Bei­spiel des Herrn für uns ein dring­li­ches Kri­te­ri­um für unser Han­deln und für unse­ren Dienst: Das Brot zu tei­len, um die Hoff­nung zu ver­meh­ren, bedeu­tet, das Kom­men des Rei­ches Got­tes zu verkünden.

Indem er das Volk vor dem Hun­ger ret­tet, kün­digt Jesus näm­lich an, dass er alle vor dem Tod ret­ten wird. Dies ist das Geheim­nis des Glau­bens, das wir im Sakra­ment der Eucha­ri­stie fei­ern. So wie der Hun­ger ein Zei­chen unse­rer radi­ka­len Bedürf­tig­keit im Leben ist, so ist das Bre­chen des Bro­tes ein Zei­chen der gött­li­chen Gabe der Erlösung.

Lie­be Gläu­bi­ge, Chri­stus ist die Ant­wort Got­tes auf den Hun­ger der Men­schen, denn sein Leib ist das Brot des ewi­gen Lebens: Neh­met und esset alle davon! Die Auf­for­de­rung Jesu ent­spricht unse­rer täg­li­chen Erfah­rung: Um zu leben, müs­sen wir uns vom Leben ernäh­ren, indem wir es Pflan­zen und Tie­ren neh­men. Doch etwas Totes zu essen, erin­nert uns dar­an, dass auch wir ster­ben wer­den, egal wie viel wir essen. Wenn wir uns hin­ge­gen von Jesus, dem leben­di­gen und wah­ren Brot, ernäh­ren, dann leben wir durch ihn. Der Gekreu­zig­te und Auf­er­stan­de­ne schenkt sich uns, indem er sich ganz und gar hin­gibt, und wir ent­decken auf die­se Wei­se, dass wir dazu geschaf­fen sind, uns von Gott zu ernäh­ren. Unse­re hung­ri­ge Natur trägt das Merk­mal einer Bedürf­tig­keit in sich, die durch die Gna­de der Eucha­ri­stie gestillt wird. Wie der hei­li­ge Augu­sti­nus schreibt, ist Chri­stus in der Tat »panis qui refi­cit, et non defi­cit; panis qui sumi potest, con­su­mi non potest« (Ser­mo 130, 2): ein Brot, das stärkt und sich nicht auf­brau­chen kann; ein Brot, das nährt und sich nicht erschöp­fen kann. Denn die Eucha­ri­stie ist die wirk­li­che, tat­säch­li­che und sub­stan­ti­el­le Gegen­wart des Erlö­sers (vgl. Kate­chis­mus der Katho­li­schen Kir­che, 1413), der das Brot in sich selbst ver­wan­delt, um uns in ihn zu ver­wan­deln. Leben­dig und lebens­spen­dend, macht der Leib des Herrn uns, das heißt die Kir­che selbst, zum Leib des Herrn.

Des­halb lehrt das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil mit den Wor­ten des Apo­stels Pau­lus (vgl. 1 Kor 10,17): »Durch das Sakra­ment des eucha­ri­sti­schen Bro­tes [wird] die Ein­heit der Gläu­bi­gen, die einen Leib in Chri­stus bil­den, dar­ge­stellt und ver­wirk­licht. Alle Men­schen wer­den zu die­ser Ein­heit mit Chri­stus geru­fen, der das Licht der Welt ist: Von ihm kom­men wir, durch ihn leben wir, zu ihm stre­ben wir hin« (Dog­ma­ti­sche Kon­sti­tu­ti­on Lumen Gen­ti­um, 3). Die Pro­zes­si­on, die wir bald begin­nen wer­den, ist ein Zei­chen für die­sen Weg. Gemein­sam, Hir­ten und Her­de, näh­ren wir uns vom Aller­hei­lig­sten Sakra­ment, beten es an und tra­gen es durch die Stra­ßen. Auf die­se Wei­se zei­gen wir es den Augen, den Gewis­sen, den Her­zen der Men­schen. Den Her­zen derer, die glau­ben, damit sie fester glau­ben; den Her­zen derer, die nicht glau­ben, damit sie sich fra­gen, wel­chen Hun­ger wir in unser See­le haben und wel­ches Brot ihn stil­len kann.

Gestärkt durch die Nah­rung, die Gott uns schenkt, brin­gen wir Jesus zu den Her­zen aller, denn Jesus bezieht alle in das Werk der Erlö­sung mit ein und lädt jeden ein, an sei­nem Tisch teil­zu­ha­ben. Selig sind die Gela­de­nen, die zu Zeu­gen die­ser Lie­be werden!

Text/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shots)

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