
Widersprach Papst Leo XIV. Amoris laetitia, dem umstrittenen nachsynodalen Schreiben seines Vorgängers Franziskus?
Gestern zelebrierte der neue Papst auf dem Petersplatz die Heilige Messe für die Familien, Kinder, Großeltern und alten Menschen, die zum Heiligen Jahr nach Rom gepilgert sind. In der Predigt von Leo XIV. findet sich folgende Passage:
„Deshalb sage ich mit einem Herzen voller Dankbarkeit und Hoffnung zu euch Eheleuten: Die Ehe ist kein Ideal, sondern der Maßstab für die wahre Liebe zwischen Mann und Frau: eine Liebe, die ungeteilt, treu und fruchtbar ist (vgl. Paul VI., Enzyklika Humanae vitae, 9). Diese Liebe läßt euch ein Fleisch werden und befähigt euch, nach dem Bild Gottes Leben zu schenken.“
Das neue Kirchenoberhaupt beruft sich dabei nicht nur auf die Enzyklika Humanae vitae von 1968, die der Sexuellen Revolution und dem heutigen woken Zeitgeist ein großer Dorn im Auge ist. Das gilt nicht nur für kirchenferne Kreise, sondern auch für viele Kleriker, die Humanae vitae aus Überzeugung verachten oder, da zeitgeistwidrig, zumindest als „Belastung“ betrachten. Leo XIV. widersprach auch jenem umstrittenen Dokument Amoris laetitia, das Franziskus nach der Doppelsynode über die Familie veröffentlichte und in dem er im achten Kapitel die Ehe- und Morallehre der Kirche auf den Kopf stellte.
Franziskus behauptet in Amoris laetitia, daß die sakramentale Ehe, wie sie die Kirche seit zweitausend Jahren als unauflösbares Eheband lehrt, ein unerreichbares Ideal sei. Ähnlich hatte es bereits im Vorfeld der ersten Familiensynode 2014 der damalige vatikanische Familienminister und Franziskus-Vertraute Erzbischof Vincenzo Paglia gesagt, der nun, ob altersbedingt oder von Leo XIV. entlassen, von seinen Aufgaben an der Römischen Kurie entbunden wurde. Paglia äußerte damals sinngemäß die Behauptung, die katholische Kirche habe die Katholiken mit ihrer Morallehre jahrhundertelang gequält, wobei nicht ganz klar wurde, ob er dies exklusiv auf die wiederverheirateteten Geschiedenen bezog oder implizit auch Homosexuelle meinte.
Dessen ungeachtet klang die gestrige Aussage aus dem Mund des regierenden Papstes Leo XIV. deutlich anders als das, was sein Amtsvorgänger in das päpstliche Lehramt einfließen hatte lassen.
Die Ermutigung, die Leo XIV. aussprach, zeigt eine Richtungsänderung an, genügt allerdings nicht, um den von Franziskus angerichteten Schaden zu korrigieren. Amoris laetitia ist Teil des Lehramtes und hat mehr Gewicht als die gestrige Predigt.
Positiv zu nennen ist, daß auf Papstkonten bei X (vormals Twitter) dieser Abschnitt der päpstlichen Predigt hervorgehoben wurde. Auch dies zeigt an, daß Leo XIV. es offenbar ernst meint.
Er wird noch viele und deutlichere Schritte setzen müssen, um die Katholiken, die Kirche und die Menschheit insgesamt vom lastenden Erbe seines Vorgängers zu befreien.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)
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