
Am gestrigen Passionssonntag zeigte sich Papst Franziskus erstmals wieder seit seiner Einlieferung ins Krankenhaus Mitte Februar und seiner anschließenden Rückkehr nach Santa Marta der Öffentlichkeit. Dies geschah überraschend und ohne Vorankündigung. Am Samstag war noch angekündigt worden, daß er nicht am Angelusgebet auf dem Petersplatz teilnehmen werde. Im Petersdom kam es zudem zu einer Begegnung, die von den vatikanischen Medien publiziert wurde.
Franziskus wurde im Rollstuhl auf den Petersplatz geschoben. Er wünschte allen einen schönen Sonntag und dankte. Wörtlich sagte das Kirchenoberhaupt: „Einen schönen Sonntag allen. Ich danke Ihnen sehr.“ Mehr konnte er nicht sagen. Das Sprechen fällt ihm schwer und ist offenbar sehr anstrengend für ihn.
Die Entscheidung war kurzfristig gefallen, um am Tag der Kranken im Rahmen des Heiligen Jahres durch seine Anwesenheit, der er selbst durch Krankheit gezeichnet ist, Trost zu spenden, wie es hieß, aber sicher auch, um seine Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen, die in den vergangenen Wochen von verschiedener Seite angezweifelt worden war.
Ob Franziskus am Ostersonntag in zwei Wochen den Segen Urbi et Orbi sprechen oder zumindest dabei anwesend sein wird können, steht noch nicht fest. Wie Katholisches.info aufzeigte, wurde zuletzt 1769 der Segen nicht vom Papst gespendet, weil damals eine mehrmonatige Sedisvakanz herrschte.
Die Messe im Rahmen des Heiligen Jahres für die auf dem Platz versammelten Kranken hatte Kurienerzbischof Rino Fisichella, Pro-Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung, gefeiert und dabei die Predigt im Namen des Papstes verlesen.
Im Anschluß daran veröffentlichte das vatikanische Presseamt eine „Mitteilung an die Journalisten“, in der weitere Einzelheiten über das überraschende Erscheinen von Franziskus genannt werden, die zu dem Zeitpunkt natürlich durch die Fakten bereits bekannt waren:
„Heute morgen nahm Papst Franziskus an der Heilig-Jahr-Wallfahrt der Kranken und der Welt des Gesundheitswesens teil. Bevor er die auf dem Platz anwesenden Pilger und Gläubigen begrüßte, denen er seinen Dank aussprach, empfing er im Petersdom das Sakrament der Versöhnung, sammelte sich im Gebet und schritt durch die Heilige Pforte.“
38 Tage hatte Franziskus in der Gemelli-Klinik verbracht und die vergangenen zwei Wochen zurückgezogen und ohne öffentliche Handlungen in Santa Marta. Als Grund werden Atemprobleme genannt. Auch gestern wurde er im Rollstuhl geschoben, den er schon einige Jahre wegen seiner Mobilitätsprobleme verwendet, auch durch die Heilige Pforte, und wurde über Nasenkanülen mit Sauerstoff versorgt.

Die Ärzte haben ihm äußerste Vorsicht und Ruhe empfohlen. Franziskus kann kaum sprechen und verzichtete auch auf einen intensiveren Kontakt mit den auf dem Petersplatz versammelten Gläubigen. In der „Mitteilung an die Journalisten“ hieß es weiter:
„Liebe kranke Brüder und Schwestern, in diesem Moment meines Lebens teile ich viel mit euch: die Erfahrung, krank zu sein, sich schwach zu fühlen, in vielen Dingen auf andere angewiesen zu sein, Unterstützung zu brauchen. Es ist nicht immer leicht, aber es ist eine Schule, in der wir jeden Tag lernen, zu lieben und uns lieben zu lassen“. Und auch, daß „Krankheit eine der schwierigsten und härtesten Prüfungen des Lebens ist“, aber „das Krankenhauszimmer und das Krankenbett Orte sein können, an denen die Stimme des Herrn zu hören ist“.
In diesem Sinne zitierte er seinen Vorgänger Benedikt XVI., der am 31. Dezember 2022 im Alter von 95 Jahren verstorben ist und in seiner Enzyklika Spe Salvi von 2007 erklärte, daß „die Größe der Menschheit im wesentlichen durch ihr Verhältnis zum Leiden bestimmt wird“ und daß eine Gesellschaft, die die Leidenden nicht akzeptiert, „grausam und unmenschlich ist“.

„Es stimmt, daß das gemeinsame Ertragen von Leiden uns menschlicher macht und daß das Teilen von Schmerz ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Heiligkeit ist“, sagte er. Aus diesem Grund forderte er die Gesellschaft auf, „die Schwachen nicht abzustempeln“, wie er anprangerte, „denn leider sehen wir heute manchmal eine gewisse Mentalität, die dazu neigt“.
„Lassen Sie uns den Schmerz nicht aus unserer Umgebung entfernen. Machen wir ihn vielmehr zu einer Gelegenheit, gemeinsam zu wachsen“, forderte er.
Die Schwäche war Franziskus bei seinem Auftritt sichtlich anzumerken, besonders als er am Mikrophon zu sprechen versuchte.
In der Ansprache zum Angelus, die von einer Frau im Namen von Franziskus verlesen wurde, äußerte der Papst auch den Wunsch, daß „die notwendigen Mittel in die Pflege und Forschung investiert werden, damit die Gesundheitssysteme integrativ sind und sich um die Schwächsten und Ärmsten kümmern“.
Die Begegnung im Petersdom mit einer Ordensfrau
Im Petersdom, durch welchen der Papst im Rollstuhl geschoben wurde, erlaubte man einer 94jährigen Ordensfrau aus Neapel, sich dem Papst zu nähern und ihn zu grüßen. Es handelte sich dabei um Sr. Francesca Battiloro. Wie die Ordensfrau sagte, die zum Heiligen Jahr nach Rom gebracht wurde, habe sie Gott gebeten: „Ich möchte den Papst treffen“. Im Petersdom kam ihr dann der Papst entgegen, der durch die Basilika geschoben wurde. „Es scheint, daß der Herr, wenn ich ihn um etwas bitte, er es mir immer gewährt“, so die erfreute Ordensfrau, die im Alter von 17 Jahren ihre Ordensgelübde abgelegt und ihr ganzes Leben seither im Kloster verbracht hatte.
Vor kurzem hatte der Osservatore Romano auf der Titelseite über die Ordensfrau berichtet, weil sie wegen eines Darmdurchbruchs fast gestorben wäre. Gestern hatte sie Neapel verlassen, um nach Rom zu reisen, begleitet von Familienangehörigen und Freunden. Der Papst und sie begegneten einander im Rollstuhl. Getauft auf den Namen Rosaria, nahm sie im Orden den Namen Francesca an nach dem heiligen Ordensgründer Franz von Sales. Ihn habe sie angerufen und er sei ihr im Traum erschienen, als sie dann in extremis geheilt wurde. Gestern durchschritt auch sie die Heilige Pforte im Petersdom und betete dann am Grab des Apostelfürsten Petrus.
Die Ordensfrau ergriff die Hand des Papstes und ließ sie aus Rührung nicht mehr los, während der Papst mit ihr scherzte. Franziskus fragte sie nämlich: „Sind Sie eine der Nonnen von Neapel?“ Er spielte damit auf eine Episode vor zehn Jahren an, als er 2015 die partenopeische Stadt besuchte und dort von einer Gruppe Ordensfrauen so liebevoll umschwärmt wurde, daß es Franziskus zuviel wurde und er Hilfe suchte, weshalb Kardinal Sepe, der damalige Erzbischof von Neapel, immer lauter zur Ordnung rief: „Schwestern…, Schwestern…, Schwestern!“
Sr. Francesca Battiloro gehörte damals allerdings nicht zu jener Gruppe von Ordensfrauen, die den Papst in der Kathedrale von Neapel umringt hatten.
Johannes Paul II. war sie mehrfach begegnet im römischen Kloster der Galla Pacidia, an das sie als Krankenschwester „ausgeliehen“ war. Allerdings hatte sie vor gestern noch keine Gelegenheit, persönlich mit einem Papst zu sprechen. Zufrieden sagte nach der gestrigen Begegnung:
„Ich bin glücklich, wer hätte das gedacht! Ich habe ihm die Hand geküsst und er schien auch glücklich zu sein… Es ist wirklich eine Zeit, in der Gott auf mich hört, auch in den kleinen Dingen.“
Sie habe nun nur noch eine Bitte an den Herrn, so die neapolitanische Schwester: „Möge Er mich in einem Akt reiner Liebe sterben lassen. Das ist es, was ich mir wünsche. Die endgültige Begegnung mit Ihm. Ich möchte mit Ihm gehen, ich habe so lange gelebt.“
Dem Papst sagte sie: „Heiligkeit, ich bete sehr intensiv, ich habe Jesus mein Leben geopfert, damit Sie geheilt werden, ich aber gehe…“. Wie hat Franziskus reagiert, wurde die Ordensschwester gefragt: „Er lächelte“.
Sie kehre nun „glücklich nach Hause zurück“, so Sr. Francesca, denn sie habe sich „diese Begegnung so sehr gewünscht“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanNews/Vatican.va (Screenshots)