„Sind Sie eine der Nonnen von Neapel?“

Papst kann kaum sprechen


Im Petersdom kam es zur Begegnung zwischen einer 94jährigen Ordensfrau und Papst Franziskus
Im Petersdom kam es zur Begegnung zwischen einer 94jährigen Ordensfrau und Papst Franziskus

Am gest­ri­gen Pas­si­ons­sonn­tag zeig­te sich Papst Fran­zis­kus erst­mals wie­der seit sei­ner Ein­lie­fe­rung ins Kran­ken­haus Mit­te Febru­ar und sei­ner anschlie­ßen­den Rück­kehr nach San­ta Mar­ta der Öffent­lich­keit. Dies geschah über­ra­schend und ohne Vor­ankün­di­gung. Am Sams­tag war noch ange­kün­digt wor­den, daß er nicht am Ange­lus­ge­bet auf dem Peters­platz teil­neh­men wer­de. Im Peters­dom kam es zudem zu einer Begeg­nung, die von den vati­ka­ni­schen Medi­en publi­ziert wurde.

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Fran­zis­kus wur­de im Roll­stuhl auf den Peters­platz gescho­ben. Er wünsch­te allen einen schö­nen Sonn­tag und dank­te. Wört­lich sag­te das Kir­chen­ober­haupt: „Einen schö­nen Sonn­tag allen. Ich dan­ke Ihnen sehr.“ Mehr konn­te er nicht sagen. Das Spre­chen fällt ihm schwer und ist offen­bar sehr anstren­gend für ihn.

Die Ent­schei­dung war kurz­fri­stig gefal­len, um am Tag der Kran­ken im Rah­men des Hei­li­gen Jah­res durch sei­ne Anwe­sen­heit, der er selbst durch Krank­heit gezeich­net ist, Trost zu spen­den, wie es hieß, aber sicher auch, um sei­ne Hand­lungs­fä­hig­keit unter Beweis zu stel­len, die in den ver­gan­ge­nen Wochen von ver­schie­de­ner Sei­te ange­zwei­felt wor­den war. 

Ob Fran­zis­kus am Oster­sonn­tag in zwei Wochen den Segen Urbi et Orbi spre­chen oder zumin­dest dabei anwe­send sein wird kön­nen, steht noch nicht fest. Wie Katho​li​sches​.info auf­zeig­te, wur­de zuletzt 1769 der Segen nicht vom Papst gespen­det, weil damals eine mehr­mo­na­ti­ge Sedis­va­kanz herrschte.

Die Mes­se im Rah­men des Hei­li­gen Jah­res für die auf dem Platz ver­sam­mel­ten Kran­ken hat­te Kuri­en­erz­bi­schof Rino Fisi­chel­la, Pro-Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für die Evan­ge­li­sie­rung, gefei­ert und dabei die Pre­digt im Namen des Pap­stes verlesen.

Im Anschluß dar­an ver­öf­fent­lich­te das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt eine „Mit­tei­lung an die Jour­na­li­sten“, in der wei­te­re Ein­zel­hei­ten über das über­ra­schen­de Erschei­nen von Fran­zis­kus genannt wer­den, die zu dem Zeit­punkt natür­lich durch die Fak­ten bereits bekannt waren:

„Heu­te mor­gen nahm Papst Fran­zis­kus an der Hei­lig-Jahr-Wall­fahrt der Kran­ken und der Welt des Gesund­heits­we­sens teil. Bevor er die auf dem Platz anwe­sen­den Pil­ger und Gläu­bi­gen begrüß­te, denen er sei­nen Dank aus­sprach, emp­fing er im Peters­dom das Sakra­ment der Ver­söh­nung, sam­mel­te sich im Gebet und schritt durch die Hei­li­ge Pforte.“

38 Tage hat­te Fran­zis­kus in der Gemel­li-Kli­nik ver­bracht und die ver­gan­ge­nen zwei Wochen zurück­ge­zo­gen und ohne öffent­li­che Hand­lun­gen in San­ta Mar­ta. Als Grund wer­den Atem­pro­ble­me genannt. Auch gestern wur­de er im Roll­stuhl gescho­ben, den er schon eini­ge Jah­re wegen sei­ner Mobi­li­täts­pro­ble­me ver­wen­det, auch durch die Hei­li­ge Pfor­te, und wur­de über Nasen­ka­nü­len mit Sau­er­stoff versorgt.

Fran­zis­kus kann kaum spre­chen. Im Vor­über­ge­hen konn­te ihm eine Ordens­frau die Hand geben

Die Ärz­te haben ihm äußer­ste Vor­sicht und Ruhe emp­foh­len. Fran­zis­kus kann kaum spre­chen und ver­zich­te­te auch auf einen inten­si­ve­ren Kon­takt mit den auf dem Peters­platz ver­sam­mel­ten Gläu­bi­gen. In der „Mit­tei­lung an die Jour­na­li­sten“ hieß es weiter:

„Lie­be kran­ke Brü­der und Schwe­stern, in die­sem Moment mei­nes Lebens tei­le ich viel mit euch: die Erfah­rung, krank zu sein, sich schwach zu füh­len, in vie­len Din­gen auf ande­re ange­wie­sen zu sein, Unter­stüt­zung zu brau­chen. Es ist nicht immer leicht, aber es ist eine Schu­le, in der wir jeden Tag ler­nen, zu lie­ben und uns lie­ben zu las­sen“. Und auch, daß „Krank­heit eine der schwie­rig­sten und här­te­sten Prü­fun­gen des Lebens ist“, aber „das Kran­ken­haus­zim­mer und das Kran­ken­bett Orte sein kön­nen, an denen die Stim­me des Herrn zu hören ist“.

In die­sem Sin­ne zitier­te er sei­nen Vor­gän­ger Bene­dikt XVI., der am 31. Dezem­ber 2022 im Alter von 95 Jah­ren ver­stor­ben ist und in sei­ner Enzy­kli­ka Spe Sal­vi von 2007 erklär­te, daß „die Grö­ße der Mensch­heit im wesent­li­chen durch ihr Ver­hält­nis zum Lei­den bestimmt wird“ und daß eine Gesell­schaft, die die Lei­den­den nicht akzep­tiert, „grau­sam und unmensch­lich ist“.

Ent­ge­gen der Ankün­di­gung vom Vor­tag zeig­te sich Fran­zis­kus gestern auf dem Petersplatz

„Es stimmt, daß das gemein­sa­me Ertra­gen von Lei­den uns mensch­li­cher macht und daß das Tei­len von Schmerz ein wich­ti­ger Schritt auf dem Weg zur Hei­lig­keit ist“, sag­te er. Aus die­sem Grund for­der­te er die Gesell­schaft auf, „die Schwa­chen nicht abzu­stem­peln“, wie er anpran­ger­te, „denn lei­der sehen wir heu­te manch­mal eine gewis­se Men­ta­li­tät, die dazu neigt“.

„Las­sen Sie uns den Schmerz nicht aus unse­rer Umge­bung ent­fer­nen. Machen wir ihn viel­mehr zu einer Gele­gen­heit, gemein­sam zu wach­sen“, for­der­te er.

Die Schwä­che war Fran­zis­kus bei sei­nem Auf­tritt sicht­lich anzu­mer­ken, beson­ders als er am Mikro­phon zu spre­chen versuchte.

In der Anspra­che zum Ange­lus, die von einer Frau im Namen von Fran­zis­kus ver­le­sen wur­de, äußer­te der Papst auch den Wunsch, daß „die not­wen­di­gen Mit­tel in die Pfle­ge und For­schung inve­stiert wer­den, damit die Gesund­heits­sy­ste­me inte­gra­tiv sind und sich um die Schwäch­sten und Ärm­sten kümmern“.

Die Begegnung im Petersdom mit einer Ordensfrau

Im Peters­dom, durch wel­chen der Papst im Roll­stuhl gescho­ben wur­de, erlaub­te man einer 94jährigen Ordens­frau aus Nea­pel, sich dem Papst zu nähern und ihn zu grü­ßen. Es han­del­te sich dabei um Sr. Fran­ce­s­ca Bat­til­oro. Wie die Ordens­frau sag­te, die zum Hei­li­gen Jahr nach Rom gebracht wur­de, habe sie Gott gebe­ten: „Ich möch­te den Papst tref­fen“. Im Peters­dom kam ihr dann der Papst ent­ge­gen, der durch die Basi­li­ka gescho­ben wur­de. „Es scheint, daß der Herr, wenn ich ihn um etwas bit­te, er es mir immer gewährt“, so die erfreu­te Ordens­frau, die im Alter von 17 Jah­ren ihre Ordens­ge­lüb­de abge­legt und ihr gan­zes Leben seit­her im Klo­ster ver­bracht hatte. 

Vor kur­zem hat­te der Osser­va­to­re Roma­no auf der Titel­sei­te über die Ordens­frau berich­tet, weil sie wegen eines Darm­durch­bruchs fast gestor­ben wäre. Gestern hat­te sie Nea­pel ver­las­sen, um nach Rom zu rei­sen, beglei­tet von Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen und Freun­den. Der Papst und sie begeg­ne­ten ein­an­der im Roll­stuhl. Getauft auf den Namen Rosa­ria, nahm sie im Orden den Namen Fran­ce­s­ca an nach dem hei­li­gen Ordens­grün­der Franz von Sales. Ihn habe sie ange­ru­fen und er sei ihr im Traum erschie­nen, als sie dann in extre­mis geheilt wur­de. Gestern durch­schritt auch sie die Hei­li­ge Pfor­te im Peters­dom und bete­te dann am Grab des Apo­stel­für­sten Petrus.

Die Ordens­frau ergriff die Hand des Pap­stes und ließ sie aus Rüh­rung nicht mehr los, wäh­rend der Papst mit ihr scherz­te. Fran­zis­kus frag­te sie näm­lich: „Sind Sie eine der Non­nen von Nea­pel?“ Er spiel­te damit auf eine Epi­so­de vor zehn Jah­ren an, als er 2015 die par­ten­opei­sche Stadt besuch­te und dort von einer Grup­pe Ordens­frau­en so lie­be­voll umschwärmt wur­de, daß es Fran­zis­kus zuviel wur­de und er Hil­fe such­te, wes­halb Kar­di­nal Sepe, der dama­li­ge Erz­bi­schof von Nea­pel, immer lau­ter zur Ord­nung rief: „Schwe­stern…, Schwe­stern…, Schwestern!“

Sr. Fran­ce­s­ca Bat­til­oro gehör­te damals aller­dings nicht zu jener Grup­pe von Ordens­frau­en, die den Papst in der Kathe­dra­le von Nea­pel umringt hatten. 

Johan­nes Paul II. war sie mehr­fach begeg­net im römi­schen Klo­ster der Gal­la Paci­dia, an das sie als Kran­ken­schwe­ster „aus­ge­lie­hen“ war. Aller­dings hat­te sie vor gestern noch kei­ne Gele­gen­heit, per­sön­lich mit einem Papst zu spre­chen. Zufrie­den sag­te nach der gest­ri­gen Begegnung:

„Ich bin glück­lich, wer hät­te das gedacht! Ich habe ihm die Hand geküsst und er schien auch glück­lich zu sein… Es ist wirk­lich eine Zeit, in der Gott auf mich hört, auch in den klei­nen Dingen.“

Sie habe nun nur noch eine Bit­te an den Herrn, so die nea­po­li­ta­ni­sche Schwe­ster: „Möge Er mich in einem Akt rei­ner Lie­be ster­ben las­sen. Das ist es, was ich mir wün­sche. Die end­gül­ti­ge Begeg­nung mit Ihm. Ich möch­te mit Ihm gehen, ich habe so lan­ge gelebt.“

Dem Papst sag­te sie: „Hei­lig­keit, ich bete sehr inten­siv, ich habe Jesus mein Leben geop­fert, damit Sie geheilt wer­den, ich aber gehe…“. Wie hat Fran­zis­kus reagiert, wur­de die Ordens­schwe­ster gefragt: „Er lächelte“.

Sie keh­re nun „glück­lich nach Hau­se zurück“, so Sr. Fran­ce­s­ca, denn sie habe sich „die­se Begeg­nung so sehr gewünscht“.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: VaticanNews/Vatican.va (Screen­shots)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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