Anonyme und anomale Segnungen. Fiducia supplicans und ein Postskriptum

Non licet! Es ist nicht erlaubt!


Vor einem Jahr ver­öf­fent­lich­te der habi­li­tier­te Dog­ma­ti­ker und ehe­ma­li­ge Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, Pater Ser­a­fi­no Maria Lan­zet­ta, eine nie­der­schmet­tern­de Kri­tik an der Erklä­rung Fidu­cia sup­pli­cans des Glau­bens­dik­aste­ri­ums, mit der eine Seg­nung von Homo-Paa­ren und ande­ren irre­gu­lä­ren Paa­ren ein­ge­führt wur­de, obwohl dies im offe­nen Wider­spruch zur Leh­re der Kir­che und dem Wil­len Got­tes steht. Seit­her ist ein Jahr ver­gan­gen. Da Papst Fran­zis­kus Kri­tik an der von ihm ein­ge­führ­ten Homo-Seg­nung in einem neu­en auto­bio­gra­phi­schen Buch als „Heu­che­lei“ bezeich­ne­te, besteht mehr als Grund genug, die Kri­tik vom Pater Lan­zet­ta erneut zu ver­öf­fent­li­chen, ergänzt durch einen Nach­trag, den der Autor damals aus aktu­el­lem Anlaß, aber nach unse­rer Ver­öf­fent­li­chung, fol­gen hat­te lassen.

Anonyme und anomale Segnungen

Von P. Ser­a­fi­no M. Lanzetta*

Mit der Erklä­rung Fidu­cia sup­pli­cans (FS) vom 18. Dezem­ber 2023 hat das Dik­aste­ri­um für die Glau­bens­leh­re mit einer gewis­sen Eile ange­sichts der fri­schen Syn­od­en­er­geb­nis­se Papst Fran­zis­kus ex audi­en­tia gebe­ten, neue Seg­nun­gen zu geneh­mi­gen, die ad hoc „für Paa­re in irre­gu­lä­ren Situa­tio­nen“ und „gleich­ge­schlecht­li­che Paa­re“ geschaf­fen wur­den. Die Beto­nung liegt in bei­den Fäl­len auf dem „Paar“. Um sie auf prin­zi­pi­el­ler Ebe­ne zu geneh­mi­gen und damit ihre mora­li­schen Hand­lun­gen zu recht­fer­ti­gen, wird ver­sucht, den lit­ur­gi­schen Aspekt des Segens von sei­ner vor­he­ri­gen, „theo­lo­gi­schen“, aber nicht ritu­el­len Pha­se zu tren­nen. Mit wel­chem Ergebnis?

Bene-dicere, aber ohne es zu sagen

Zunächst soll­te über die Unter­schei­dung zwi­schen lit­ur­gi­schem und andäch­ti­gem Segen nach­ge­dacht wer­den. Indem man letz­te­re ihres lit­ur­gi­schen Sta­tus beraubt, scheint man eine Mög­lich­keit zu bie­ten, die oben genann­ten Paa­re trotz­dem seg­nen zu kön­nen. Und zwar mit einer ech­ten Spitz­fin­dig­keit. Die­ser neue Segen darf nicht „eine lit­ur­gi­sche oder halblit­ur­gi­sche Hand­lung sein, die einem Sakra­ment gleich­kommt“ (FS 36). Aber bleibt es ein Sakra­men­ta­le, um ein Segen und nicht eine talis­ma­ni­sche Anru­fung zu sein? Fidu­cia sup­pli­cans unter­schei­det zwi­schen lit­ur­gi­schen Seg­nun­gen, die mit einem Sakra­ment ver­bun­den sind, und sakra­men­ta­len Seg­nun­gen, die außer­halb der Sakra­men­te als gegen­wär­ti­ge Gna­den gespen­det wer­den. All dies wür­de immer noch „eine streng lit­ur­gi­sche Sicht­wei­se“ betref­fen, in der „der Segen vor­aus­setzt, daß das, was geseg­net wird, mit dem Wil­len Got­tes über­ein­stimmt, der in der Leh­re der Kir­che zum Aus­druck kommt“ (FS 9). Neben die­sem „streng lit­ur­gi­schen“ Kon­text gäbe es jedoch noch einen drit­ten, „fle­xi­bel lit­ur­gi­schen“ Bereich. Zu die­sen Seg­nun­gen kämen näm­lich jetzt noch die spon­ta­nen, andäch­ti­gen oder pasto­ra­len Seg­nun­gen hin­zu, die zwar einer­seits vom kirch­li­chen Ritu­al unab­hän­gig sind, um fle­xi­bler und unter den ver­schie­den­sten Umstän­den, auch im Wider­spruch zum Wil­len Got­tes, ein­ge­setzt wer­den zu kön­nen, aber den­noch die lit­ur­gisch-theo­lo­gi­sche Kon­no­ta­ti­on der Sakra­men­ta­li­en auf­wei­sen. In der Tat heißt es in FS 31:

„Die­se For­men des Segens sind Aus­druck der Bit­te an Gott, jene Hil­fen zu gewäh­ren, die aus den Anre­gun­gen sei­nes Gei­stes her­vor­ge­hen – die die klas­si­sche Theo­lo­gie „hel­fen­de Gna­den“ nennt –, damit die mensch­li­chen Bezie­hun­gen in der Treue zur Bot­schaft des Evan­ge­li­ums rei­fen und wach­sen, sich von ihren Unvoll­kom­men­hei­ten und Schwä­chen befrei­en und sich in der immer grö­ße­ren Dimen­si­on der gött­li­chen Lie­be aus­drücken können.“

Auf zwei­deu­ti­ge Wei­se wer­den die­se neu­en Seg­nun­gen de fac­to mit den Sakra­men­ta­li­en gleich­ge­setzt, ohne sie jedoch als sol­che zu defi­nie­ren, was den Anschein erweckt, als habe man eine neu­tra­le Unter­ka­te­go­rie geschaf­fen, nur um eine Seg­nung des­sen zu recht­fer­ti­gen, was nicht geseg­net wer­den kann, weil es objek­tiv im Wider­spruch zu Gott und sei­ner Schöp­fung steht. Wir haben es mit Seg­nun­gen zu tun, die anony­me Sakra­men­ta­li­en sind, wie Rah­ners „anony­me Chri­sten“, d. h. die­je­ni­gen, die Chri­sten sind, ohne zu wis­sen, daß sie es sind, weil das Christ­sein im Grun­de nicht zur Gna­de, son­dern zur Natur gehört, die auf der Ebe­ne des Wis­sens mit der Gna­de eins ist. Der Über­gang von der a‑thematischen oder tran­szen­den­ta­len Seg­nung zur the­ma­ti­schen oder kate­go­ri­schen Seg­nung wird mit der Zeit kom­men, wenn es dank des nor­ma­len Gebrauchs die­ser Seg­nun­gen in die Köp­fe und Her­zen der Chri­sten ein­ge­drun­gen sein wird, daß man auch die Sün­de seg­nen kann. In der Zwi­schen­zeit ent­steht ein grund­le­gen­der Nomi­na­lis­mus, ein vor­herr­schen­des Merk­mal die­ser Zeit: „Segen“ ist ein blo­ßer fla­tus vocis, das heißt, ein Wort, das nicht sagt, was es bedeu­tet, son­dern mit der glei­chen schein­ba­ren Bedeu­tung eine ande­re Rea­li­tät aus­drückt, näm­lich die Legi­ti­mie­rung von irre­gu­lä­ren und gleich­ge­schlecht­li­chen Paa­ren. Der Nomi­na­lis­mus ist die Unter­wer­fung der Begrif­fe unter die Macht.

Gnade als Recht für alle

Kann man die Gefahr der Natu­ra­li­sie­rung der Gna­de einer­seits und ihrer Redu­zie­rung auf ein Recht für alle ande­rer­seits über­se­hen? Zwei Sei­ten der glei­chen Medail­le. Die Seg­nung irre­gu­lä­rer und homo­se­xu­el­ler Paa­re, die eine Art sui gene­ris der heu­ti­gen Gna­de wäre, ist die Recht­fer­ti­gung der Sün­de und ihre Deckung durch das Gebot der Gna­de für alle und in allen Situa­tio­nen. In Wahr­heit ist die gegen­wär­ti­ge Gna­de als eine vor­über­ge­hen­de Bewe­gung kein anony­mer über­na­tür­li­cher Drang, den Gott anbie­tet, damit man in der Sün­de bleibt. Es wäre eine Blas­phe­mie, so zu den­ken. Sie ist immer ein Anstoß zum Guten und zur hei­lig­ma­chen­den Gna­de, damit der Mensch sich durch die Bekeh­rung Gott öff­net und das Geschenk des neu­en Lebens annimmt, das Gewand der Gna­de, das über­na­tür­li­chen Glau­ben, Hoff­nung und Lie­be schenkt. Die­se Seg­nun­gen hin­ge­gen sind nicht nur unfä­hig zu seg­nen, weil die Gna­de, die auf die Bezie­hung des Paa­res her­ab­ge­ru­fen wird, der objek­ti­ven Situa­ti­on der Sün­de ent­ge­gen­ge­setzt ist, son­dern haben auch die unver­meid­li­che Wir­kung, die Paa­re in ihrem Zustand der Unord­nung gegen­über Gott zu bestätigen.

Um dies zu ver­mei­den, hat man ver­sucht, das Prin­zip die­ser Seg­nun­gen zu recht­fer­ti­gen, indem man zwi­schen den geseg­ne­ten Per­so­nen und dem Paar als sol­chem oder viel­mehr der Ver­bin­dung, die zwar im Wider­spruch zum Gebot Got­tes steht, aber nicht der eigent­li­che Gegen­stand der Seg­nung ist, unter­schei­det. Man spielt mit den Wor­ten. Ent­we­der mani­fe­stiert sich das Paar durch die Ver­bin­dung und Bezie­hung oder es exi­stiert nicht. Es ist jedoch die­sel­be Erklä­rung Fidu­cia sup­pli­cans, die in Nr. 31 von Seg­nun­gen „mensch­li­cher Bezie­hun­gen“ spricht, d. h. von Bezie­hun­gen wider die Natur. Sie sagt es nicht, so wie sie auch nie von der Sün­de spricht, auch nicht von der Sodo­mie, aber genau dar­um geht es, und anonym ver­sucht sie, sie zu seg­nen. Auch von einer Bekeh­rung ist nicht die Rede, geschwei­ge denn von einer Beich­te, um – wenn über­haupt – von der Sün­de frei­ge­spro­chen zu wer­den. Der Sinn des Doku­ments ist mehr als klar. Wir haben es mit Seg­nun­gen zu tun, die sol­che sein wol­len, ohne den Anschein zu erwecken, es zu sein. Aber das macht nicht ein­mal die Bewe­gun­gen zur För­de­rung und Aner­ken­nung der Homo­se­xua­li­tät glück­lich, von denen eine, die chi­le­ni­sche, Fidu­cia sup­pli­cans als „eine neue und inak­zep­ta­ble Form der Exklu­si­on“ und „eine Form der Apart­heid“ bezeich­ne­te.

Das intrinsische Übel existiert nicht mehr

Was ist das Pro­blem, das dem Gan­zen zugrun­de liegt? Mit ange­neh­mer Über­ra­schung erklä­ren meh­re­re Epi­sko­pa­te, vor allem an den Rän­dern, ihre kla­re Ableh­nung von Fidu­cia sup­pli­cans. Der Schwer­punkt liegt in der Regel auf der Unfä­hig­keit, gleich­ge­schlecht­li­che Paa­re zu seg­nen, wobei die irre­gu­lä­ren Paa­re, d. h. wie­der­ver­hei­ra­te­te Geschie­de­ne, die zwar in einer hete­ro­se­xu­el­len Bezie­hung leben, aber Got­tes Wil­len, der im Sakra­ment der Ehe zum Aus­druck kommt, miß­ach­ten, meist ver­ges­sen wer­den. Es han­delt sich näm­lich um das­sel­be mora­li­sche Pro­blem, das die bei­den Kate­go­rien von Paa­ren, die man heu­te seg­nen will, ver­eint, wobei die Sün­de der Sodo­mie eine beson­de­re Schwe­re hat. Die Offen­heit für die­se Seg­nun­gen bzw. die end­gül­ti­ge Aner­ken­nung der objek­ti­ven und intrin­si­schen Sün­de bei irre­gu­lä­ren und gleich­ge­schlecht­li­chen Paa­ren hat ihren Anfang in Amo­ris lae­ti­tia (19. März 2016). Mit die­sem Apo­sto­li­schen Schrei­ben von Papst Fran­zis­kus wur­de der Anstoß dazu gege­ben. Mit ihr wur­de das Wort intrin­se­ce malum, d. h. die an sich unzüch­ti­gen Sün­den, die in sich unge­ord­net sind, wie Ehe­bruch und Sodo­mie, abge­schafft. Wir alle erin­nern uns an die ste­ri­le her­me­neu­ti­sche Kon­tro­ver­se um die berühm­te Fuß­no­te Nr. 356, die den Sakra­men­ten­emp­fang für irre­gu­lä­re Paa­re („irre­gu­lär“ damals immer in Anfüh­rungs­zei­chen gesetzt, um die Über­win­dung zu mar­kie­ren, jetzt aber ohne) lei­se öff­ne­te. Der Sakra­men­ten­emp­fang für die­se Paa­re wur­de inzwi­schen, wenn auch nach einer wun­der­sa­men Unter­schei­dung, durch ein offi­zi­el­les Reskript des Pap­stes bestä­tigt, das in den Acta Apo­sto­li­cae Sedis 108 (2016) 1071–1074 ent­hal­ten ist. Mit Fidu­cia sup­pli­cans schließt der Dis­kurs expli­zit auch gleich­ge­schlecht­li­che Paa­re ein. Die­se neue Fuß­no­te wird mor­gen in ein umfang­rei­che­res und argu­men­tier­te­res Doku­ment einfließen.

Die Bischö­fe haben zum Auf­tre­ten von Amo­ris lae­ti­tia geschwie­gen, und mit ihnen auch eini­ge Kar­di­nä­le, die sich nun als Löwen auf­spie­len, aber es ist die­ses Doku­ment, das respekt­voll kri­ti­siert und im Sin­ne von Veri­ta­tis sple­ndor (79–83) drin­gend kor­ri­giert wer­den muß.1 Dar­in ist der Para­dig­men­wech­sel zu fin­den. Selt­sa­mer­wei­se sagt Fidu­cia sup­pli­cans von sich selbst, es hand­le sich um eine „theo­lo­gi­sche Refle­xi­on, die sich auf die pasto­ra­le Visi­on von Papst Fran­zis­kus stützt“, die „eine ech­te Ent­wick­lung in bezug auf das, was im Lehr­amt und in den offi­zi­el­len Tex­ten der Kir­che über die Seg­nun­gen gesagt wur­de“, impli­ziert. Es gibt sicher­lich eine Ent­wick­lung, aber in der Art eines selbst­re­fe­ren­ti­el­len Krei­ses: von Amo­ris lae­ti­tia bis heu­te, von den irre­gu­lä­ren Paa­ren zu den homo­se­xu­el­len Paa­ren, nach viel Arbeit in ver­schie­de­nen Syn­oden, die die­ser letz­ten gro­ßen und end­lo­sen Syn­ode vor­aus­gin­gen. Das heißt, von Fernán­dez zu Fernán­dez.2

Die synodalste Synode und die Pastoral, die alles aufsaugt

Zwei abschlie­ßen­de Über­le­gun­gen zur gewähl­ten Metho­de. Mit Fidu­cia sup­pli­cans wird der instru­men­tel­le Ein­satz der Syn­ode über die Syn­ode mehr denn je bestä­tigt. Die Syn­ode ist eine Metho­de, die dar­auf abzielt, die hier­ar­chi­sche Ver­fas­sung der Kir­che und ihre Leh­re auf pasto­ra­le Wei­se zu ver­än­dern. Zu den Leh­ren, die den Orga­ni­sa­to­ren am mei­sten am Her­zen lie­gen, gehört die Ände­rung der Leh­re über die Homo­se­xua­li­tät. Dar­an hat man schon jah­re­lang gear­bei­tet. Mit ver­schie­de­nen Syn­oden, der Fami­li­en­syn­ode, der Ama­zo­nassynode, dann der Jugend­syn­ode, aber immer ohne Erfolg. Also wur­de eine Syn­ode kon­zi­piert, die den Wan­del als sol­chen in das Kon­zept der Syn­oda­li­tät ein­be­zie­hen soll­te. Es war sicher­lich über­ra­schend, daß das Akro­nym LGBTQ+ nicht ein­mal im zusam­men­fas­sen­den Bericht der ersten Ses­si­on, der am 28. Okto­ber 2023 ver­öf­fent­licht wur­de, zu fin­den war. Man hät­te mei­nen kön­nen, daß dies eine Nie­der­la­ge für die Orga­ni­sa­ti­ons­ma­schi­ne wäre. Aber nein. Es war Fidu­cia sup­pli­cans schon in der Pipe­line, mit einem star­ken Öff­nungs­si­gnal vom Papst selbst vor Beginn der Syn­ode, in einer Ant­wort an die fünf Kar­di­nä­le, die ihm fünf neue Dubia [Zwei­fel] vor­ge­legt hat­ten. Der Papst erklär­te, offen zu sein für die Seg­nung gleich­ge­schlecht­li­cher Paa­re, solan­ge sie nicht mit der Ehe oder einem Sakra­ment ver­wech­selt wird. Ohne die zwei­te römi­sche Pha­se der Syn­ode im näch­sten Jahr abzu­war­ten, hat das von Kar­di­nal Fernán­dez gelei­te­te Glau­bens­dik­aste­ri­um in einer sehr unsyn­oda­len Wei­se Fidu­cia sup­pli­cans veröffentlicht.

Wenn sich einer­seits auf syn­oda­le Wei­se die gan­ze lehr­mä­ßi­ge Zwei­deu­tig­keit und pasto­ra­le Ver­ein­fa­chung des Glau­bens zeigt, die an einen Par­oxys­mus grenzt, eine Art „Do-it-yourself“-Segen, so offen­bart Fidu­cia sup­pli­cans ande­rer­seits auch ein nicht unbe­deu­ten­des Pro­blem, das für die ver­gan­ge­nen sech­zig Jah­re typisch ist. Eine zwei­te metho­do­lo­gi­sche Über­le­gung drängt sich auf. Fidu­cia sup­pli­cans ist das erfolg­reich­ste Bei­spiel für eine pasto­ra­le Bemü­hung, die nicht nur die Leh­re auf­greift und ver­än­dert, son­dern sich selbst als Leh­re auf­drängt. Wir ste­hen vor der Leh­re der Pra­xis, d. h. einer Pra­xis, die zur Leh­re wird und sich selbst den Gläu­bi­gen und Kle­ri­kern im Namen einer von der Wahr­heit getrenn­ten Auto­ri­tät auf­zwingt. So wie Leh­re und pasto­ra­le Pra­xis immer zusam­men­ge­hö­ren und letz­te­re onto­lo­gisch von erste­rer abhän­gig ist, so sind auch Wahr­heit und Auto­ri­tät von­ein­an­der abhän­gig. Die ein­zi­ge Auto­ri­tät ist die der Wahr­heit und der unun­ter­bro­che­nen Wei­ter­ga­be des Glau­bens und der Moral: von Chri­stus über die Apo­stel bis zu uns. Statt­des­sen haben wir seit Johan­nes XXIII. bis heu­te wider Wil­len gelernt, daß das Glau­bens­gut das eine sei und die Art und Wei­se der Ver­kün­di­gung der Wahr­hei­ten, die es aus­ma­chen, etwas ande­res und sich ändern kön­ne durch neue pasto­ra­le Metho­den, die den Cha­rak­ter des Lehr­am­tes bes­ser zum Aus­druck brin­gen. Bei Fidu­cia sup­pli­cans zeigt sich auf offen­sicht­li­che Wei­se und als unglück­li­che Schluß­fol­ge­rung die gan­ze Heim­tücke die­ser Unter­schei­dung. Die Metho­de ist nicht nur selbst zur Dok­trin gewor­den, son­dern ist noch viel wei­ter gegan­gen und hat neue Dok­tri­nen her­vor­ge­bracht. Zu all dem sagen wir ein­fach: Non licet! Es ist nicht erlaubt!

Addendum: eine „Klarstellung“ des Dikasteriums für die Glaubenslehre

Am 4. Janu­ar 2024 ver­öf­fent­lich­te das Dik­aste­ri­um für die Glau­bens­leh­re eine Pres­se­mit­tei­lung als Ant­wort auf die wach­sen­de und uner­war­te­te Reak­ti­on meh­re­rer Bischofs­kon­fe­ren­zen oder ein­zel­ner Bischö­fe und Kar­di­nä­le auf Fidu­cia sup­pli­cans. Die Haupt­sor­ge von Kar­di­nal Fernán­dez ist, daß die bischöf­li­che Ableh­nung von Fidu­cia sup­pli­cans als lehr­mä­ßi­ge Oppo­si­ti­on gegen sein Dik­aste­ri­um und letzt­lich gegen den Hei­li­gen Vater erschei­nen könn­te, des­sen allei­ni­ge und abso­lu­te Auto­ri­tät von Anfang bis Ende gel­tend gemacht wird. Man erkennt auch, daß Rom den Ver­dacht einer indi­rek­ten Anschul­di­gung der Häre­sie wahr­nimmt. Man könn­te das latei­ni­sche Sprich­wort zitie­ren: Excu­sa­tio non petita, accu­sa­tio mani­fe­sta (Eine unauf­ge­for­der­te Ent­schul­di­gung mani­fe­stiert die Anschul­di­gung), wenn es in der Pres­se­mit­tei­lung heißt:

„Offen­sicht­lich gibt es kei­nen Raum, sich lehr­mä­ßig von die­ser Erklä­rung zu distan­zie­ren oder sie als häre­tisch, der kirch­li­chen Tra­di­ti­on zuwi­der­lau­fend oder blas­phe­misch zu betrachten.“

Wenn für all dies kein Platz ist, war­um dann die Erklä­rung? Was noch über­ra­schen­der ist, ist, daß trotz des Ver­spre­chens, daß es zu Fidu­cia sup­pli­cans kei­ne wei­te­ren Inter­ven­tio­nen des Dik­aste­ri­ums geben wer­de, um Details über die neu­en Seg­nun­gen zu lie­fern – die Beto­nung liegt auf Spon­ta­nei­tät –, ist das jüng­ste Doku­ment ganz dar­auf kon­zen­triert und lie­fert sogar ein Bei­spiel für eine Seg­nung und sogar ihre Dau­er (sic!). Lei­der bleibt das Haupt­pro­blem von Fidu­cia sup­pli­cans bestehen. Wie­der ein­mal wird, wenn auch auf pasto­ra­le Wei­se, ver­sucht, das Grund­prin­zip der [neu­en] Leh­re zu bekräf­ti­gen: irre­gu­lä­re und gleich­ge­schlecht­li­che Paa­re kön­nen geseg­net wer­den, obwohl dies gemäß der katho­li­schen Moral­leh­re ein­fach nicht mög­lich ist.

*Pater Ser­a­fi­no M. Lan­zet­ta übt sei­nen prie­ster­li­chen Dienst in der Diö­ze­se Ports­mouth (Eng­land) aus, 2013 habi­li­tier­te er sich in Dog­ma­tik, er ist Dozent für Dog­ma­tik an der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät von Luga­no und Redak­ti­ons­lei­ter der theo­lo­gi­schen Zeit­schrift Fides Catho­li­ca. Eine aktu­el­le Liste sei­ner Ver­öf­fent­li­chun­gen fin­det sich auf der Web­site der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät Luga­no. Pater Lan­zet­ta gehör­te den tra­di­ti­ons­freund­li­chen Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta an. Nach­dem die­se unter kom­mis­sa­ri­sche Auf­sicht gestellt wor­den waren, grün­de­te er in Eng­land die neue Gemein­schaft Fami­lia Mariae Imma­cu­la­tae et Sanc­ti Fran­cis­ci, die das­sel­be Cha­ris­ma pflegt. Die neue Gemein­schaft ver­fügt über zwei Nie­der­las­sun­gen, eine in Eng­land und eine in Schottland.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana


1 Gemeint ist die Enzy­kli­ka Veri­ta­tis sple­ndor von Papst Johan­nes Paul II. von 1993.

2 Gemeint ist Vic­tor Manu­el „Tucho“ Fernán­dez, der lang­jäh­ri­ge Ghost­wri­ter und eng­ste Bera­ter von Jor­ge Mario Berg­o­glio als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires und eben­so von Fran­zis­kus, seit des­sen Wahl zum Papst. Tucho Fernán­dez gilt als maß­geb­li­cher Autor von Amo­ris lae­ti­tia, damals noch im Hin­ter­grund, wäh­rend er Fidu­cia sup­pli­cans, inzwi­schen zum Prä­fek­ten des Glau­bens­dik­aste­ri­ums beför­dert, direkt ver­ant­wor­ten konnte.

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