Msgr. João Scognamiglio Clá Dias, Priester und Gründer der Herolde des Evangeliums, ist an Allerheiligen im Alter von 85 Jahren in Franco da Rocha im brasilianischen Staat São Paulo an den Folgen eines Schlaganfalls verstorben. Dies gab die Internetseite der Herolde des Evangeliums bekannt. Obwohl fast drei Jahre jünger als Papst Franziskus, überlebt ihn dieser. Mit dem regierenden Kirchenoberhaupt verband Msgr. João Scognamiglio nicht nur das fast gleiche Alter, sondern auch die italienische Abstammung. Die Ahnherren von Don Scognamiglio kamen allerdings aus dem süditalienischen Kampanien nach Brasilien. Ansonsten verband die beiden Kirchenmänner aber nur sehr wenig.
Don Scognamiglio entstammte in seiner Formung und Ausrichtung der Schule des katholischen brasilianischen Denkers Plinio Corrêa de Oliveira, der als „Kreuzritter des 20. Jahrhunderts“ bekannt wurde – einer katholischen Welt also, die Franziskus fremd ist.
João Scognamiglio Clá Dias, Jahrgang 1939, war in seiner Gymnasialzeit in São Paulo der Marianischen Kongregation beigetreten und 1956 Angehöriger des Dritten Ordens der Karmeliten der strengen Observanz geworden. Er studierte Rechtswissenschaften und leistete seinen Militärdienst bei den Fallschirmjägern. Anschließend wandte er sich dem Studium der Philosophie, der Theologie und des Kirchenrechtes zu, behielt jedoch die militärische Strenge bei, die er mit katholischer Nüchternheit und persönlicher Entsagung paarte. An der Universität wurde er zu einem Wortführer der katholischen Studentenschaft, die sich den linken Studentenprotesten von 1968 entgegenstellte.
Die von Plinio Corrêa de Oliveira gegründete Gesellschaft zur Verteidigung von Tradition, Familie und Privateigentum (TFP) wurde zum prägenden Element für den jungen Scognamiglio. Aus Corrêas Erbe gingen neben der TFP weitere Organisationen und Initiativen hervor. Scognamiglio hatte mit einigen Gefährten bereits in den 70er Jahren den Wunsch zu einem gemeinschaftlichen geistlichen Leben verspürt. Keiner seiner Gefährten hielt durch, nur er. Andere schlossen sich ihm jedoch an und so entstanden daraus die 1999 offiziell gegründeten Arautos do Evangelho, die marianischen Herolde des Evangeliums, die 2002 von Johannes Paul II. anerkannt wurden. Zum Charisma der Vereinigung gehört eine besondere Verbundenheit mit Unserer Lieben Frau von Fatima und ihrer Botschaft. In ihrer Organisation ist die internationale Vereinigung päpstlichen Rechts ideell mittelalterlichen Kreuzritterorden nachempfunden.
Die Disziplin und die inneren Gepflogenheiten der Herolde mögen vielleicht nicht allen zusagen, doch der außergewöhnlich starke Zulauf, den die Gemeinschaft verzeichnete, kann als Beweis gesehen werden, daß diese Gründung einem drängenden Bedürfnis unserer Zeit entsprach. Das gilt besonders in Lateinamerika, wo evangelikale Gruppen aus den USA unglaubliche Kerben in den Stamm der Kirche schlagen, ohne daß diese gewillt sein, eigene Mitschuld daran anzuerkennen und zu analysieren, um Abhilfe zu schaffen. Die Herolde des Evangeliums wurden zu einem solchen Gegenmittel.
So wie sich die Laienvereinigung weiterentwickelte, galt dies auch für Scognamiglio selbst, der im fortgeschrittenen Alter die Berufung zum Priestertum verspürte und 2005 als erster seiner Gemeinschaft, deren Generaloberer er war, zum Priester geweiht wurde.
2017, 18 Jahre nach ihrer Gründung, zählte die Gemeinschaft bereits 120 Priester, 20 Diakone und zahlreiche Seminaristen; die beiden Zweige der Gottgeweihten Männer und Frauen beliefen sich auf mehr als 4.000, während es weltweit gut 40.000 Herolde des Evangeliums gab.
Die konservative Ausrichtung und die strenge Disziplin der Vereinigung weckten in progressiven Kirchenkreisen jedoch ebenso schnell Mißtrauen und Abneigung. Unter Johannes Paul II. und besonders Benedikt XVI. hielt jedoch der Heilige Stuhl seine schützende Hand über den Herolden, so wie das auch für die Franziskaner der Immakulata galt. Benedikt XVI. zeigte seine besondere Wertschätzung, indem er Don Scognamiglio zum Ehrenkanoniker an der römischen Marienbasilika Santa Maria Maggiore ernannte.
Doch mit der Wahl von Papst Franziskus änderte sich alles. Die Franziskaner der Immakulata kamen sofort unter die Räder, indem Franziskus deren Ordensgründer unter Hausarrest stellte, die Ordensleitung absetzte und den Orden einem Apostolischen Kommissar unterstellte.
Der Feind sitzt immer in den eigenen Reihen. So wie ein Franziskaner der Immakulata mit der Ordenskongregation zusammenwirkte, um den päpstlichen Handstreich gegen den Orden vorzubereiten, so wurde aus dem innersten Kreis der Herolde des Evangeliums 2017 ein geheim aufgezeichnetes Video weitergereicht, das Don Scognamiglio als „Feind von Papst Franziskus“ kompromittierte. Bei einem Leitungstreffen der Herolde wurden in Anwesenheit von Msgr. Scognamiglio die Aufzeichnungen eines Exorzisten verlesen. Bei dem Exorzismus sagte der Dämon aus, daß das Böse „heute an höchster Stelle im Vatikan Einfluß habe“. Die Reaktion von Msgr. Scognamiglio in Gestik und Mimik verrieten, daß ihn eine solche Enthüllung unter diesem Pontifikat nicht verwunderte. Das an den Herolden mißgünstig gesinnte Kreise durchgereichte Video wurde feindselig ausgelegt. Msgr. Scognamiglio wurde vorgeworfen, Papst Franziskus und sein Pontifikat abzulehnen. Schnell machten Gerüchte die Runde, die Ordenskongregation bereite mit Zustimmung von Santa Marta einen Schlag gegen die Herolde des Evangeliums vor, vergleichbar dem, der die Franziskaner der Immakulata getroffen hatte.
Um die Herolde vor einem solchen Schicksal zu retten, gab Msgr. Scognamiglio nach dem Bekanntwerden des „Enthüllungsvideos“ im Juni 2017 seinen Rücktritt bekannt und legte die Leitung der Herolde in jüngere Hände. Doch Santa Marta konnte damit nicht besänftigt werden. Zu gelegen kam die „Majestätsbeleidigung“, um endlich gegen die „indietristischen“ Herolde des Evangeliums, diese „zu fromme“ Vereinigung mit „zu vielen“ Berufungen, vorgehen zu können.
Rom schickte noch 2017 Apostolische Visitatoren, denen dann 2019 der Kommissar folgte. Verschärft hatte die Anti-Herolde-Stimmung in Santa Marta, daß im Herbst 2018 der Konservative Jair Bolsonaro die Präsidentschaftswahlen in Brasilien gewann. Papst Franziskus hatte persönlich zugunsten des Linkskandidaten in den Wahlkampf eingegriffen und jeden Ausgang der Wahl, der keinen Sieg der Linken bedeutete, a priori als „Putsch mit weißen Handschuhen“ diskreditiert. In bestimmten Kirchenkreisen wurde den Herolden eine Mitschuld am Wahlausgang gegeben, weil sie Bolsonaro unterstützt hätten.
Einige Monate nach Bolsonaros Amtsantritt stellte Franziskus die Herolde unter kommissarischer Kontrolle. Zum Kommissar ernannte er Kardinal Raymundo Damasceno Assis, den emeritierten Erzbischof von Aparecido in Brasilien. Zu dessen Assistenten wurden Dom José Aparecido Gonçalves de Almeida, den Franziskus zum Weihbischof von Brasilia berufen hatte, und Sr. Irmã Marian Ambrosio, Generaloberin der Schwestern der Göttlichen Vorsehung, bestellt. Msgr. Gonçalves de Almeida wurde 2023 von Franziskus zum Bischof von Itumbiara befördert. Der bekannte spanische Kolumnist Francisco Fernandez de la Cigoña schrieb damals:
„Ohne große Zweifel können wir voraussagen, daß der Kommissar und seine Assistenten schon den richtigen Bericht abliefern werden über die nächste Institution, die dem Vatikan zu traditionell ist. Wir sprechen von einem angekündigten Tod.“
Noch deutlicher wurde InfoVaticana:
„Die Maßnahme erfolgt in einem Regime des Obskurantismus und sogar des Terrors, das weitaus typischer für eine eiserne Diktatur ist als für die Kirche der Liebe und der Barmherzigkeit – und alles eingebettet in eine offensichtliche Heuchelei.“
Während die Franziskaner der Immakulata bis heute grundlos verfolgt werden, hatte Rom aus ihrem Fall gelernt und gegen die Herolde einen Katalog der Vorwürfe vorbereitet. Ihnen wurden „Mängel im Leitungsstil“ vorgeworfen. Konkreter wurde man nicht. Die Anspielung gegen Msgr. Scognamiglio war jedoch unüberhörbar.
Der Vatikanist Marco Tosatti hatte bereits 2017 geschrieben:
„Unter Franziskus ist schon verdächtig, wer mit Plinio Corrêa de Oliveira Kontakt hatte.“
Vor sieben Jahren wurde Scognamiglios Gründung ins römische Visier genommen, seit fünf Jahren stehen die Herolde unter kommissarischer Verwaltung und es wird versucht, sie zahnlos zu machen, zu „nivellieren“, wie manche Beobachter das bergoglianische Vorgehen nennen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Arautos do Evangelho/TFP/Intercept (Screenshots)
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