
Von Roberto de Mattei*
Die Synode, die am 27. Oktober im Vatikan zu Ende ging, wirkte wie ein Versuch von Papst Franziskus, das Feuer zu löschen, das die deutschen Bischöfe mit ihrem im Januar 2020 gestarteten „Synodalen Weg“ entfacht hatten. Das ehrgeizige Ziel, das sich die progressiven Bischöfe, nicht nur die deutschen, gesetzt hatten, war es, 2024 einen entscheidenden Schritt vorwärts zu machen, indem sie die Diakonenweihe von Frauen, die Heirat von Priestern unter bestimmten Bedingungen, die Umsetzung der LGBT-Agenda und die Übertragung der Lehrautorität an die Bischofskonferenzen erreichen. Nichts von alledem findet sich in dem am 26. Oktober angenommenen Schlußdokument. Ein Dokument, das alle verärgerte und den Vatikanisten Andrea Gagliarducci zu der Aussage veranlaßte, daß es „weder Gewinner noch Verlierer gibt“ (ACI Stampa, 26. Oktober 2024).
Aber wird das Synodendokument das Feuer wirklich löschen oder eher schüren? Papst Franziskus verzichtet auf ein nachsynodales Schreiben und sagte, er wolle „das Schlußdokument dem heiligen, gläubigen Volk Gottes übergeben“. „In dem Dokument“, fügte er hinzu, “gibt es bereits sehr konkrete Hinweise, die ein Leitfaden für die Mission der Kirchen in verschiedenen Kontinenten, in verschiedenen Kontexten sein können. (…) (…) Die synodale Kirche für die Mission braucht jetzt gemeinsame Worte, die von Taten begleitet werden. Und das ist der Weg“.
Die Synode ist also abgeschlossen, aber der synodale Prozeß geht weiter. Es ist logisch, daß sich der ultra-progressive Flügel der Kirche mit der Aufgabe betraut fühlt, die verbalen Öffnungen der Synode in Taten umzusetzen, auch weil Franziskus es den Bischöfen überläßt, das Dokument frei zu interpretieren. Bereits zwei amerikanische Kardinäle, Bischof Robert McElroy von San Diego und Erzbischof Blaise Cupich von Chicago, haben, wie Michael Haynes in LifeSiteNews am 28. Oktober berichtete, angekündigt, daß sie „die Struktur der Kirche in den Vereinigten Staaten im Sinne der Synodalität reformieren“ wollen, aber was Synodalität ist, hat bisher niemand verstanden. Das Schlußdokument bekräftigt, daß „die Synodalität eine konstitutive Dimension der Kirche ist“ (Nr. 28), bekräftigt aber auch, daß „die Entscheidungskompetenz des Bischofs von Rom unveräußerlich ist“ (Nr. 92) und daß „der Bischof von Rom, das Prinzip und Fundament der Einheit der Kirche (vgl. LG 23), der Garant der Synodalität ist“ (Nr. 131).
Professor Alberto Melloni1, einer der profundesten Kenner der progressiven Welt, zu der er gehört, verhehlt nicht seine Enttäuschung darüber, daß die Synode kein Vaticanum III war. „Die Doppelsynode des Bergoglianismus hätte der Wendepunkt in der Lehre sein können und müssen“, den das Zweite Vaticanum der Kirche aufgedrückt hat, und stattdessen ist sie „ohne Trauma und ohne Früchte untergegangen“. Für Melloni „könnte sich eine vertikale, dramatische Krise auftun, mit Klängen aus dem 16. Jahrhundert und unvorhersehbaren tragischen Folgen“ (Corriere della Sera, 23. Oktober 2024).
Melloni erklärt nicht, wie dieses dramatische Szenario aussehen könnte. Es ist nicht klar, ob die „vertikale Krise“, auf die er anspielt, das Verhältnis zwischen der obersten Kirchenleitung und der Basis betrifft oder ob er sich eher auf einen Bruch innerhalb des Episkopats bezieht. Der revolutionäre Prozeß verlangsamt sich auf jeden Fall, bleibt aber nicht stehen. Neben dem Feuer, das das Schlußdokument der Synode vergeblich zu löschen versucht, gibt es jedoch noch ein anderes Feuer: das der göttlichen Liebe, das sein Symbol im Heiligsten Herzen Jesu hat, dem „Ofen der glühenden Liebe“. Und genau der Herz-Jesu-Verehrung hat Papst Franziskus seine vierte Enzyklika Dilexit nos gewidmet, die am 24. Oktober, drei Tage vor Abschluß der Synodenversammlung, veröffentlicht wurde.
Die katholische Herz-Jesu-Theologie wurde von Leo XIII. mit seiner Enzyklika Annum Sacrum vom 25. Mai 1889, von Pius XI. mit seiner Enzyklika Miserentissimus redemptor vom 8. Mai 1928 und von Pius XII. mit seiner Enzyklika Haurietis Aquas vom 15. Mai 1956 großartig dargelegt. Papst Franziskus bezieht sich ausdrücklich auf das Lehramt dieser Päpste: „Einige meiner Vorgänger haben sich auf das Herz Christi bezogen und uns mit sehr unterschiedlichen Ausdrücken eingeladen, uns mit ihm zu vereinen. Ende des 19. Jahrhunderts lud Leo XIII. dazu ein, sich Ihm zu weihen, und verband in seinem Vorschlag sowohl die Einladung zur Vereinigung mit Christus als auch die Bewunderung für die Herrlichkeit Seiner unendlichen Liebe. Etwa dreißig Jahre später stellte Pius XI. diese Andacht als ein Kompendium der christlichen Glaubenserfahrung vor. Darüber hinaus bekräftigte Pius XII., daß die Herz-Jesu-Verehrung in hervorragender Weise, als erhabene Synthese, unsere Verehrung Jesu Christi zum Ausdruck bringt“ (Nr. 79).
Franziskus wiederholt mit Pius XII., daß „die Verehrung des Herzens Christi für unser christliches Leben wesentlich ist (…), sodaß wir erneut bekräftigen können, daß das Heiligste Herz eine Synthese des Evangeliums ist“ (Nr. 83) und baut auf dem theologischen Konzept der Wiedergutmachung für die Sünden der Welt von Pius XI. auf (Nr. 153–156), „da die Sünden und Verbrechen der Menschen, egal zu welcher Zeit sie begangen wurden, die Ursache dafür waren, daß der Sohn Gottes dem Tod überlassen wurde“ (Nr. 155). Es folgen lange Zitate großer Heiliger wie des heiligen Franz von Sales (Nr. 114–118), der heiligen Margareta Maria Alacoque (Nr. 119–124), des heiligen Claude de la Colombière (Nr. 125–128), des heiligen Charles de Foucauld (Nr. 130–132) und der heiligen Thérèse vom Kinde Jesu (Nr. 133–142). Franziskus schließt: „Aus der Seitenwunde Christi fließt weiterhin jener Strom, der nie versiegt, der nicht vergeht, der sich immer neu denen darbietet, die lieben wollen. Nur seine Liebe wird eine neue Menschheit ermöglichen“ (Nr. 219).
Das Schlußdokument der Synode und die Enzyklika Dilexit nos scheinen von zwei verschiedenen Planeten zu stammen, aber Widersprüche waren und sind das Markenzeichen dieses Pontifikats. Es wäre vergeblich, nach dem Guten im Synodendokument oder dem Schlechten in der päpstlichen Enzyklika zu suchen. Wie sollen sich Katholiken angesichts zweier so gegensätzlicher Dokumente verhalten? Der gesunde Menschenverstand legt folgendes nahe:
- Ignorieren Sie das Schlußdokument der Synode, das im übrigen keinen normativen Wert hat. Die Lektüre dieses Textes kann die Gedanken der Gläubigen nur verwirren, die schon orientierungslos genug sind
- Reagieren Sie positiv auf den Ruf zum Heiligsten Herzen Jesu, durch die Übungen, die Franziskus empfiehlt. „Der Vorschlag, die eucharistische Kommunion am ersten Freitag eines jeden Monats zu empfangen“ würde „auch heute viel Gutes bewirken, und zwar aus einem anderen Grund: weil wir inmitten des Wirbels der heutigen Welt und unserer Besessenheit von Freizeit, Konsum und Vergnügung, Smartphones und Social Media vergessen, unser Leben mit der Kraft der Eucharistie zu nähren“ (Nr. 84). „Ebenso muss sich niemand verpflichtet fühlen, donnerstags eine Stunde Anbetung zu halten. Aber wie kann man das nicht empfehlen? Wenn jemand diese Praxis mit Eifer zusammen mit vielen Brüdern und Schwestern übt und in der Eucharistie die ganze Liebe des Herzens Christi findet, ’so verehrt er anbetend zusammen mit der Kirche das Zeichen und gleichsam die Spur der göttlichen Liebe, die so weit gegangen ist, dass sie auch mit dem Herzen des fleischgewordenen Wortes die […] Menschheit liebte‘“ (Nr. 85).
Erinnern wir uns daran, daß die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu untrennbar mit der Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariens verbunden ist, die die Gottesmutter selbst in Fatima empfohlen hat. In diesem Jahr jährt sich zum 70. Mal die Enzyklika Ad Coeli Reginam vom 11. Oktober 1954, in der Pius XII. die Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariens auf die gesamte Kirche ausdehnte und anordnete, die Weihe der Menschheit an das Unbefleckte Herz Mariens jedes Jahr zu erneuern.
Am 10. Dezember 1925 zeigte die Muttergottes Schwester Lucia ihr dornengekröntes Herz, ohne daß irgendjemand etwas zur Wiedergutmachung ihrer Sünden getan hätte, und bat darum, durch die Andacht an den ersten Samstagen des Monats getröstet zu werden. Die „Andacht des Trostes“ ist einer der Eckpfeiler der Enzyklika von Papst Franziskus, der dazu aufruft, „diese Form der Spiritualität, die sich um das Herz Christi herum entwickelt hat, wiederzuentdecken: den inneren Wunsch, ihm Trost zu spenden“ (Nr. 152).
Jenen, die diese Verehrung an den ersten Freitagen und Samstagen des Monats praktizieren, sichert die Gottesmutter die Gnade des endgültigen Durchhaltens zu. Eine sehr wertvolle Gnade in den Zeiten der Verwirrung, die wir durchleben.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017, und Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte, 2. erw. Ausgabe, Bobingen 2011.
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Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
1 Leiter der progressiven sogenannten „Schule von Bologna“.