(Rom) Die römisch-katholischen Bischöfe der Ukraine bitten Papst Franziskus, die öffentliche Weihe der Ukraine und Rußlands an das Unbefleckte Herz Mariens durchzuführen, „wie es von der heiligen Jungfrau in Fatima verlangt wurde“.
In dem seit einer Woche andauernden Ukrainekrieg erinnern die römisch-katholischen Bischöfe der Ukraine an einen Wunsch, der auf die Marienerscheinungen in Fatima im Jahr 1917 zurückgeht. Die Gottesmutter äußerte am 13. Juli 1917 gegenüber den drei Hirtenkindern Lucia, Jacinta und Francisco die Bitte, Rußland ihrem Unbefleckten Herzen zu weihen. In der dritten Lebenserinnerung schreibt Sr. Lucia dos Santos über die Aussage der Gottesmutter:
„Wenn Meine Bitten erhört werden, wird sich Rußland bekehren und es wird Friede herrschen. Wenn nicht, dann wird es seine Irrtümer über die ganze Welt verbreiten und Kriege und Verfolgungen der Kirche verursachen. Die Guten werden gemartert werden und der Hl. Vater wird viel zu leiden haben, verschiedene Nationen werden vernichtet werden.“
Die Marienerscheinung fand wenige Monate vor Ausbruch der bolschewistischen Oktoberrevolution in Rußland statt. Die „Irrtümer“, die gemeint sind, wurden daher stets auf den Kommunismus bezogen, wie die weiteren weltweiten Ereignisse bestätigten.
Bis heute ist die Frage strittig, ob die von der Gottesmutter erbetene Weihe Rußlands tatsächlich durchgeführt wurde oder nicht. Der Vatikan erklärte, daß die Bitte erfüllt sei, sogar mehrfach. Kardinal Tarcisio Bertone SDB, von 1995 bis 2002 Sekretär der Glaubenskongregation und von 2006 bis 2014 Kardinalstaatssekretär, spöttelte sogar über jene, die eine erfolgte Weihe im Sinne der Marienerscheinung in Abrede stellen, indem er sie als „Fatimisten“ und „Fatimiten“ bezeichnete. In Rom lautet die Antwort:
„Johannes Paul II. hat das schon am 25. März 1984 getan.“
Dennoch scheinen die ukrainischen Bischöfe nicht davon überzeugt zu sein. In einem gestern, am Aschermittwoch, veröffentlichten Brief an Papst Franziskus schreiben sie:
„Heiliger Vater:
In diesen Stunden unermeßlichen Schmerzes und schrecklicher Prüfung für unser Volk sind wir, die Bischöfe der Bischofskonferenz der Ukraine, Sprecher der häufigen und aufrichtigen Bitte, die von unseren Priestern und Personen des geweihten Lebens vom gesamten christlichen Volk an uns herangetragen wird, daß Seine Heiligkeit unser Vaterland und Rußland weihe.
Deshalb bitten wir Ihre Heiligkeit demütig, den Akt der Weihe der Ukraine und Rußlands an das Unbefleckte Herz Mariens öffentlich durchzuführen, wie es von der Heiligen Jungfrau in Fatima verlangt wurde.
Möge die Gottesmutter, Königin des Friedens, unser Gebet annehmen: Regina pacis, ora pro nobis!“
Wird der Heilige Stuhl von seinem bisherigen Verständnis in der Sache abrücken? Zudem stellt sich die Frage, ob eine Weihe Rußlands „und der Ukraine“ im Sinne der Marienbitte wäre, die ausdrücklich und nur von Rußland sprach. Die Ukraine entstand als Staat erst 1918 durch den Vertrag von Brest-Litowsk auf Forderung des Deutschen Reiches und Österreich-Ungarns.
Das Schreiben zeigt jedoch, daß die Riege der „Fatimisten“, wie Kardinal Bertone meinte, größer ist als offiziell eingestanden.
Die römisch-katholische Kirche ist die kleinste Kirche der Ukraine. Ihr gehören rund drei Prozent der Bevölkerung an. Daneben gibt es zwei mit Rom unierte Kirchen, die ukrainische griechisch-katholische und die ruthenische griechisch-katholische Kirche, denen rund zwölf Prozent der Bevölkerung angehören. Mehr als die Hälfte der ukrainischen Bevölkerung ist orthodox.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: kmc.media (Screenshot)