Die Journalistin Cinzia Notaro führte ein ausführliches Interview mit dem Priester Don Curzio Nitoglia, das von Stilum Curiae veröffentlicht wurde. Das Interview behandelt Spannungen und Strömungen im Judentum rund um die Frage des Wiederaufbaus des Jerusalemer Tempels. Don Nitoglia betont die Wichtigkeit, von der Existenz eigenwilliger Tempel-Gruppen im Judentum zu wissen, um die gegenwärtigen weltpolitischen Entwicklungen zu verstehen, über die der Mainstream kaum berichtet. Diese Gruppen folgen einer millenaristischen, rabbinischen und kabbalistischen Apokalyptik. Sie wollen mit Nachdruck den Tempel wiederaufbauen, um die Ankunft des jüdischen „Messias“ – nicht zu verwechseln mit Jesus Christus – herbeizuführen.
Dazu seien diese Gruppen auf die Besetzung des Tempelberges aus, was einen unausweichlichen Konflikt mit dem Islam bedeuten würde. Diese jüdischen Gruppen werden von protestantisch-evangelikalen zionistischen Gruppen im Westen, insbesondere in den USA, unterstützt, die dadurch ihrerseits die zweite Wiederkunft von Jesus Christus beschleunigen wollen. Ein hochexplosives Spiel, so Don Nitoglia, da diese Gruppen in Israel und in den USA, und nicht nur dort, politischen Einfluß suchen. Sie seien in ihrer extremistischen Vernebelung bereit, so der Priester, für ihre falsche Interpretation der Heilsgeschichte die Welt in einen großen Krieg zu stürzen.
Don Curzio Nitoglia ist ein Schüler des Philosophen Augusto Del Noce und von Erzbischof Marcel Lefebvre, der ihn 1984 zum Priester weihte. Er ist Hauskaplan eines Frauenklosters in Velletri, das der Piusbruderschaft nahesteht. Zudem ist er geistlicher Assistent der Ritterschaft Mariens.
Hier das vollständige Interview, das wir in deutscher Übersetzung dokumentieren.
Der Jerusalemer Tempel – seine Zerstörung und sein Wiederaufbau
Cinzia Notaro: Ist die Zerstörung des Tempels von Jerusalem eine Figur des gegenwärtigen verborgenen Weltkriegs?
Don Nitoglia: Der gegenwärtige Versuch, den Tempel wiederaufzubauen, ist in der Öffentlichkeit bekannt. Die Tempelanhänger wollen den dritten Tempel mitten auf dem Tempelberg errichten.
Cinzia Notaro: Wer sind diese Tempelanhänger?
Don Nitoglia: Sie gehören zu einer extremen jüdischen Sekte, die aus der Irgun1 und der Betar2 hervorgegangen ist und deren Ziel der Wiederaufbau des Tempels an der Stelle ist, wo das Sanctum Sanctorum war, um die Ankunft des Messias zu beschleunigen.
Cinzia Notaro: Wird für die orthodoxen Juden der Tempel bei der Ankunft des Messias vom Himmel herabsteigen?
Don Nitoglia: Sicherlich, und wer immer (wie der Zionismus des 18. Jahrhunderts) behauptet, ihn mit menschlichen Mitteln wiederaufzubauen, würde Gottes Plänen Gewalt antun. Zur Zeit unterrichten zwei Talmudschulen an der Klagemauer zweihundert Schüler in den Feinheiten des Tempeldienstes. Andere Gruppen bemühen sich um die Aufspürung der jüdischen Priesterlinien, die als einzige die Opfergaben darbringen können.
Cinzia Notaro: Sind Vorbereitungen im Gange, um die Opfer des Alten Bundes zu erneuern?
Don Nitoglia: Ja, als ob das Ereignis unmittelbar bevorstünde. Angeführt werden sie vom Oberrabbinat. Bei den Tempelanhängern handelt es sich nicht nur um ein paar vereinzelte Extremisten. Man hört bereits von einer genetischen Identifizierung der Priester des Alten Bundes, die als einzige den Ritus vollziehen können.3 Im April wurde von den Ultraorthodoxen in Jerusalem eine rothaarige Kuh rituell geopfert, um die Ankunft des Messias zu beschleunigen.
Cinzia Notaro: Für die Katholiken fällt das zweite Kommen des Messias mit dem Ende der Welt zusammen…
Don Nitoglia: Der jüdische Messianismus will beides beschleunigen, und deshalb provozieren die jüdisch-amerikanischen Atlantiker Rußland immer wieder, bis hin zur Auslösung eines weltweiten Atomkriegs, der die Welt zerstören würde.
Cinzia Notaro: Gibt es auch politische, wirtschaftliche, ideologische Gründe dafür?
Don Nitoglia: Ja, aber der vorherrschende Grund, auch wenn er versteckt und untergründig ist, ist theologisch. Wenn man das, was geschieht, nicht im Lichte der Theologie liest, kann man nicht verstehen, wie man so kühn sein kann, ohne an reinen Wahnsinn zu grenzen.
Cinzia Notaro: Welchen Plan setzt Netanjahu in die Tat um?
Don Nitoglia: Er hat den gesamten Gazastreifen, der 35 Kilometer lang und sieben bis neun Kilometer breit ist, zerstört, indem er ihn acht Monate lang Tag und Nacht bombardierte und dabei das nicht-atomare Äquivalent zum Atombombenabwurf auf Hiroshima abwerfen ließ. Der Allmachtswahn, der den Sanhedriten im Jahr 66 n. Chr. und dem falschen „Messias“ Simon Bar Kochba im Jahr 132 den Verstand vernebelte und sie dazu veranlaßte, Rom herauszufordern, weil sie glaubten, siegen zu können, da sie sich sicher waren, daß „Gott mit ihnen war“, scheint nun auch den Verstand von Netanjahu vernebelt zu haben, der sich einerseits mit einem massiven innenpolitischen Konflikt innerhalb des Staates Israel konfrontiert sieht und sich dennoch darüber hinaus in einen Krieg verstrickt hat, den Bomben allein nicht gewinnen können.
Cinzia Notaro: Und warum?
Don Nitoglia: Das palästinensische Volk ist seit über 75 Jahren daran gewöhnt, sich gegen diese Völkermorde zu wehren, und ist nicht so verweichlicht wie jener Teil der israelischen Jugend, der sich den Rave-Partys verschrieben hat. Und auch, weil Palästina jetzt nicht mehr allein ist, wie es seit 1948 meist der Fall war, sondern den Iran, den Libanon, die Huthis und Rußland auf seiner Seite hat.
Cinzia Notaro: Wird der Staat Israel ausgelöscht werden?
Don Nitoglia: Zum Verständnis: Die Zeloten provozierten Rom im Jahr 66 nach Christus. Gegen Mitte Mai 66 wurde der Antonia-Turm in der Nähe des Jerusalemer Tempels von den Zeloten und von Bewohnern Judäas angegriffen, die die dort stationierte römische Garnison töteten. General Vespasian übernahm im Oktober desselben Jahres das Kommando über den Krieg gegen die Juden, wurde aber am 1. Juli 69 zum Kaiser ernannt. Den Kommandoposten in Jerusalem überließ er seinem Sohn Titus. Flavius Josephus beschreibt das detailliert in seiner „Geschichte des jüdischen Krieges“. Ebenfalls im Jahr 66 nahmen die Zeloten4 und die Sikarier5 die Festung Masada ein und töteten die dortige römische Garnison. Im Jahr 69 war Simon Bar Giora in Masada mit vierzigtausend bewaffneten Männern sehr mächtig geworden.
Cinzia Notaro: Das Pharisäertum war zum Zelotentum entartet?
Don Nitoglia: Dieses Zelotentum war im Banditentum der Sikarier organisiert. Titus kam im Frühjahr 70 in Jerusalem an, gab den Befehl zum Bau von Wällen und begann den Angriff auf die dritte oder äußere Stadtmauer von Jerusalem, die nach fünfzig Tagen heftiger Kämpfe fiel. Danach war die zweite Mauer an der Reihe, die nach fünf Tagen fiel, sodaß die Römer in die Unterstadt vordrangen. Nach vier Tagen aber mußten sich die Römer, von den Juden angegriffen, zurückziehen. Daraufhin ließ Titus einen Wall aufwerfen und zugleich einen Graben um die Stadt ziehen (wie Jesus es vorausgesagt hatte, Lk 19,43), der etwa sechs Kilometer lang war. Die römischen Soldaten benötigten für diesen Bau nur drei Tage. Yakov M. Rabkin, Professor für Geschichte an der Universität Montreal, hat dazu ein interessantes Buch mit dem Titel „A Threat from Within: A Century of Jewish Opposition to Zionism“ [deutsche Ausgabe: „Im Namen der Thora: Die jüdische Opposition gegen den Zionismus“] geschrieben.
Cinzia Notaro: Können Sie aus historischer Sicht einige Hinweise auf den jüdischen Widerstand gegen den Zionismus geben?
Don Nitoglia: Wenn man bedenkt, was in diesen Tagen in Palästina geschieht und daß die Gefahr besteht, daß der israelische Krieg auf den Libanon, den Iran und sogar Rußland übergreift, wer könnte bestreiten, daß Prof. Rabkin Recht hat? In der Tat zeigt er uns, wie ernst die Lage für die Juden in Israel ist, und dies gilt heute umso mehr, als der zionistische Staat [in dem fast die Hälfte aller Juden lebt], versucht, seine politische und militärische Hegemonie auch auf den Libanon und Syrien, aber auch auf den Iran und Rußland auszudehnen. Wenn man – auch im Lichte der jüdischen Tradition selbst – die Gefahr der Konzentration von Millionen von Juden an einem Ort bedenkt, so lassen uns die heutigen tragischen Ereignisse feststellen, daß die schlimmsten Vorhersagen wahr zu werden scheinen, denn der Staat Israel ist wirklich zum „Juden unter den Nationen“ und zum „gefährlichsten Land für einen Juden“ geworden.
Cinzia Notaro: Warum ist der Staat Israel in Gefahr und mit ihm die ganze Welt?
Don Nitoglia: Nach Ansicht vieler Haredim [ultraorthodoxer Juden], so Rabkin, sind „die Shoah und der Staat Israel keineswegs gegensätzliche Ereignisse (Zerstörung und Wiederaufbau), sondern vielmehr ein kontinuierlicher Prozeß: der endgültige Ausbruch der Kräfte des Bösen […]“. Die jüdische Tradition betrachtet jede Konzentration von Juden an einem Ort als riskant.
Cinzia Notaro: Was können wir über die tragische historische Situation, in der wir uns befinden, in bezug auf diese Beobachtungen der Haredim sagen?
Don Nitoglia: In 7. Kapitel seines Buches vertieft Rabkin dieses Thema: „Der Staat Israel ist in Gefahr […]. Was als Zufluchtsort, ja als der Zufluchtsort schlechthin dargestellt wurde, ist zum gefährlichsten Ort für Juden geworden. Immer mehr Israelis fühlen sich in einer ‚blutigen Falle‘ gefangen […]. Und es gibt eine wachsende Zahl von Menschen, die am Überleben eines Staates Israel zweifeln, der im Nahen Osten, in dieser ‚Gefahrenzone‘, gegründet wurde […]. Rabbinische antizionistische Theoretiker behaupten […], daß die Shoah nur der Beginn eines langen Zerstörungprozesses ist, den die Existenz des Staates Israel nur noch verschlimmert […]. Die Konzentration von Millionen Juden an einem so gefährlichen Ort grenzt an selbstmörderischen Wahnsinn. Die Makkabäerzeit hat die Juden auf eine falsche Interpretation des Messias ausgerichtet, die in der apokryphen und rabbinischen Literatur bestätigt wird […]. Der Gegensatz zwischen der von Christus herbeigeführten Offenbarung und der vorherrschenden jüdischen Interpretation hätte nicht schärfer sein können; er war fatal für Israel, das außerhalb des ewigen Heils blieb“ […].
Cinzia Notaro: Was wäre, wenn die Israeliten die mythologischen Ideen der apokryphen Apokalyptik übernommen und auf ihr Volk angewendet hätten?
Don Nitoglia: Die kosmische Umwälzung hätte, so ihre Vorstellung, die Heiden ins Verderben gestürzt, während sie Israel das höchste irdische Glück beschert hätte, siehe F. Spadafora: Enciclopedia Cattolica, Vatikanstadt, 1952, Band VIII, Sp 847/848, Eintrag „Messias“. Die von Rabkin genannte ungesunde Vorstellung hat aber dazu geführt, daß Israel heute die ganze Welt herausfordert, mit dem Risiko, den gesamten Globus in Brand zu setzen. Nun ist der wahre Messias, Jesus Christus, vor allem der geistige König aller Menschen und nicht einer einzigen Nation, und deshalb kann er nicht umhin, von den „falschen Propheten“ oder „Sehern“ der jüdischen Apokalyptik gehaßt, bekämpft und getötet zu werden, die seit 170 v. Chr. begonnen hatten, den Glauben des wahren Israels in einem millenaristischen, weltlichen, globalistischen und universalen Herrschaftssinn zu korrumpieren. Das ist das Drama Israels: Es folgte einer falschen Vorstellung von einem kosmischen, kämpferischen und weltlichen Messias (der ein Mensch oder sogar ein Kollektiv ist: Israel selbst, „Herr dieser Welt“) und lehnt den wahren Messias, den Retter aller Menschen, dessen Reich universell, endgültig, spirituell und vor allem jenseitig ist, ab, obwohl dessen Reich bereits in dieser Welt beginnt, wenn auch unvollkommen. Sein Tod am Kreuz ist das eine vollkommene und makellose Opfer, die Oblatio munda (Mal 1,11).
Cinzia Notaro: Wer ist der Messias für die Propheten des Alten Testaments?
Don Nitoglia: Er ist eine Person. Für die Seher der apokryphen Apokalyptik wie auch für den heutigen Zionismus ist es ein Kollektiv, nämlich das Volk Israel, das nationalen Wohlstand und Vorherrschaft über alle anderen Nationen erlangen wird. Darüber hinaus war ein toter und auferstandener Messias, ein Messianismus, der sich in Jesus Christus erfüllt hatte, der neue Glaube, den die Apostel der ganzen Welt predigen mußten, beginnend mit den Juden. Für diese war aber ein auf ihren Wunsch hin ans Kreuz geschlagener Messias ein ‚Ärgernis‘, für die Heiden eine ‚Torheit‘ (1 Kor 1,23) […]. „Der Widerstand, auf den eine solche Verkündigung beim größten Teil des jüdischen Volkes stieß, hat seine erste Wurzel in der untergründigen Auffassung, die sich vom Messianismus gebildet hatte […], während die römische Welt den von den Juden abgelehnten Messias akzeptierte […]. Die erste Folge des Kommens des Messias würde nach dem Zionismus in der Rückkehr der Juden bestehen, die zahlenmäßig in Palästina zunehmen würden, und im Wiederaufbau Jerusalems und des Tempels“ (A. Vaccari: Enciclopedia Italiana, Rom, Treccani, 2. Ausg., 1951, Bd. XXII, S. 957, Eintrag „Messianismus“).
Cinzia Notaro: Wann entstand diese „Apokalyptik“?
Don Nitoglia: In der nachmakkabäischen Zeit, als der heidnische Hellenismus in Israel triumphiert und Israel unterdrückt und der Tempel geschändet wird (168–164 v. Chr.). Nach dem Erfolg von Antiochus Epiphanes (175–164 v. Chr.), der Eroberung Judäas durch Rom unter Pompeius (64 v. Chr.) und der Zerstörung des Tempels unter Titus (70 n. Chr.) und Judäas unter Hadrian (135 n. Chr.) wird die Hoffnung auf die nationale Wiedergeburt der Juden unter der Führung der von Jesus angekündigten „falschen Propheten“ immer stärker.
Dem Judentum zufolge wird eine der Hauptaufgaben des „Messias“ der Wiederaufbau des dritten Tempels in Jerusalem (Bet HaMikdasch) sein, der gemäß der Prophezeiung von Hesekiel (37,26–28) für immer bleiben wird.
Cinzia Notaro: Stimmt es, daß Rebbe Menachem Schneerson Bibi Netanjahu vorausgesagt hat (auch hier), daß er den Staat Israel in die Hände des Messias übergeben werde, der bald kommen wird?
Don Nitoglia: Die apokryphe Apokalyptik bedient sich, um den jüdischen nationalistischen Revanchismus zu stärken, der kanonischen Propheten des Alten Testaments und reichert sie mit phantasievollen Vorhersagen an, die den Triumph Israels über die Heiden oder Nichtjuden, die Gojim, beschreiben: „Israel wird befreit und gerächt werden und, geführt von Jahwe und seinem Messias, in Frieden und Überfluß gesättigt sein; die zwölf Stämme werden zurückkehren, um über die gezähmten und zertretenen Heiden zu herrschen.“
Cinzia Notaro: Msgr. Antonino Romeo erklärt in seinen Schriften, daß die Apokalyptik ideologisch, politisch und eschatologisch ist. Welches Ziel will man damit verfolgen?
Don Nitoglia: Es ist, so schreibt Romeo, „die Rache an den Heiden und die glorreiche Wiederherstellung Israels […]. Das Reich Gottes hat im allgemeinen einen nationalistisch-irdischen Aspekt: Israels vernichtende Rache, die für immer mit Wohlstand und Herrschaft erfüllt ist“. Das Reich Israels „wird von dieser Welt sein […] und wird Eden hierher zurückbringen. In einer solchen jüdischen Konzeption zählt die menschliche Person nur wenig: Israel wird zu einer absoluten und transzendenten Realität, die Erlösung ist eher kollektiv als individuell, ja eher kosmisch als anthropologisch […]. Der Messias wird als König und kämpferischer Held dargestellt […]. Niemals wird der Messias als geistiger Erlöser oder als Sühne für die Sünden der Welt gesehen.“
Cinzia Notaro: Kurzum, das Ziel ist die „Verherrlichung“ Israels?
Don Nitoglia: Das oberste Thema scheint die Verherrlichung Israels zu sein. „Der ‚Glaube‘ ist die ungeduldige Erwartung der ersehnten Rache an den Heiden. Das Streben nach Vereinigung mit Gott, die Liebe zu Gott und zum Nächsten liegen völlig außerhalb des Rahmens dieser apokalyptischen Schriften, die die Leidenschaft für Rache und Weltherrschaft schüren […]. Gegenüber den Heiden sind die Apokalyptiker unerbittlich: Jedes Mitleid mit ihnen würde als Glaubensschwäche durchgehen […]. Die ‚Seher‘ der Apokalyptiker wüten, mit wilder Wollust, mit unstillbarem Haß. Die ‚Apokalypsen‘ nehmen einen entscheidenden Platz in der wütenden Propaganda gegen die Heiden ein; sie sind Mittel des Krieges […]; im Gegensatz zum Evangelium (Mt 6,34) hat die apokalyptische Religion nur eine Sorge: die Zukunft […], denn die Reiche der Heiden werden sich gegenseitig vernichten, bis die universale Herrschaft an Israel übergeht, so die Vorstellung.“
Cinzia Notaro: Bestätigen die erschütternden Bilder aus Gaza, was wir aus der jüdischen Apokalyptik lernen?
Don Nitoglia: Gewiß, denn wie könnte man nicht die gleichen Gefühle in dem sehen, was die Armee derzeit in Palästina gegen Palästinenser tut, die nichts mit der Hamas zu tun haben? Wie kann man darin nicht „den jüdischen Partikularismus sehen, den das Evangelium verurteilt. Der ehrgeizigste Nationalismus erhebt dort seine Ansprüche. Die Heiden werden mehr denn je verachtet und gehaßt: Die Kluft zwischen Israel und ihnen wird zu einem Abgrund. Darüber hinaus“, präzisiert Msgr. Romeo, „hat die Apokalyptik, indem sie einen Messias vorstellte, der Israel die politische Unabhängigkeit zurückgibt und ihm die universale Herrschaft verleiht, den nationalistischen Partikularismus verstärkt und Israel zur Rebellion gegen Christus und gegen Rom und damit in die Katastrophe getrieben“, eine Katastrophe, in die Israel die ganze Welt treibt und Rußland in eine Lage bringt, auf ständige Provokationen der NATO und der USA zu reagieren.
Cinzia Notaro: Welche theologische Bedeutung haben die Zerstörung des Tempels in Jerusalem (70 n. Chr.) und der Versuch des Wiederaufbaus des Tempels (362 und seit 1967)?
Don Nitoglia: Eine immense theologische Bedeutung. Das Ende der jüdischen Religion, die dem Messias untreu war und den Tempel, das Priestertum und das Opfer verloren hat, ist der Beweis für die Göttlichkeit Jesu Christi, der all dies um 30 n. Chr. vorausgesagt hatte. Der Wahrheitsgehalt des Christentums, das den Alten Bund vervollkommnete, ist auch historisch und archäologisch bewiesen. Ebenso die Verwerfung des Volkes, das Gott getötet hat. Trotz allem spricht man seit den 1960er Jahren (Vaticanum II) verbissen vom Judenchristentum, vom jüdisch-christlichen Dialog, vom Judentum als dem „älteren und auserwählten Sohn“. Aber auch wenn die Menschen heute schweigen, wie Jesus es vorausgesagt hat, schreien die Steine der Klagemauer, ein klägliches Überbleibsel der Umfriedungsmauer des Tempels (und nicht des Tempels selbst, wie fälschlicherweise oft behauptet wird) (Lk 19,40), und sie schreien es immer und unablässig.
Cinzia Notaro: Würde der Wiederaufbau des Herodianischen Tempels die Prophezeiung des Galiläers Jesus von Nazareth widerlegen (Mt 24,2 ff) und die des Hohepriesters der Hellenen Julian [Apostata] bestätigen, daß er den Gott der Galiläer auf seinem eigenen Boden besiegen würde?
Don Nitoglia: Die Natur selbst besiegte und widerlegte Kaiser Julian, indem sie die wiedererrichteten Teile des Tempels im Erdboden verschluckte und im Feuer verzehrte. Nach dieser Niederlage machte Julian gute Miene zum bösen Spiel, und in einer Schrift aus dem Jahr 363 (vgl. J. Bidez, a. a. O., 89 b) spielt er auf das Scheitern des Vorhabens an, zieht aber hartnäckig Schlußfolgerungen zugunsten des heidnischen Kultes, indem er die Propheten des Alten Testaments verunglimpft, die gegen den polytheistischen Götzendienst gewettert hatten, aber ihren wiederaufgebauten Tempel nicht sehen konnten, der gewiß edler war als der der Galiläer, aber den heidnischen Göttern weit unterlegen sei.
Cinzia Notaro: War der Tempel von Jerusalem der einzige legitime alttestamentliche Tempel auf Erden?
Don Nitoglia: Ja, und nur darin konnte das von Gott angenommene Tempelopfer wirklich dargebracht werden, das ein Bild für den Holocaust Jesu Christi war, der die Schatten des Alten Testaments ab dem Karfreitag ablöste als „der im Fleisch erschienene Christus, der die menschliche Natur aus dem Volk annahm, das ihn ans Kreuz schlagen sollte“ (Pius XI.: Mit brennender Sorge, 14. März 1937) und der Vorhang des Sancta Sanctorum des Tempels in zwei Teile zerrissen wurde (Mt 27,51; Mk 15,38; Lk 23,45), Und doch waren die Juden vom Propheten gewarnt worden: „Nolite dicere: Templum Domini, Templum Domini, Templum Domini est. Vertraut nicht auf die trügerischen Worte: Der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn ist hier!“ (Jeremia 7,4). Aber wenn man glaubt, Gottes Auserwählte zu sein und einen „göttlichen Auftrag“ zu haben, hört man nicht auf die Vernunft und tut die unvernünftigsten Dinge.
Cinzia Notaro: Von wem wurde der erste Tempel entworfen?
Don Nitoglia: Von König David, aber er wurde von seinem Sohn Salomo etwa 1000 Jahre vor Christus gebaut und 586 v. Chr. von den Babyloniern zerstört. Kyros (der Perserkönig, der die Juden aus der babylonischen Gefangenschaft befreite, die 70 Jahre dauerte, ließ ihn wiederaufbauen. Schließlich wurde er auf Befehl von Herodes dem Großen von 19 v. Chr. bis wenige Jahre vor seiner Zerstörung im Jahr 70 prachtvoll restauriert und erweitert. Seither haben die Juden keinen Tempel, kein Opfer und kein Priestertum mehr. Deshalb versuchen sie, mit zunehmender Intensität, verzweifelt, ersteren wiederaufzubauen, um die beiden anderen wiederzuerlangen.
Cinzia Notaro: Donald Trump hat am 14. Mai 2018 beschlossen, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Welche Konsequenzen hat diese Entscheidung?
Don Nitoglia: Jerusalem wird vom ehemaligen US-Präsidenten nicht mehr als eine Stadt mit internationalem Sonderstatus6 gesehen, sondern als Hauptstadt des Staates Israel und der Israelis allein, wodurch die Palästinenser, Christen und Moslems, ausgeschlossen werden, die „ein Volk ohne Staat“ sind, als das sich die Zionisten beklagten, und auch ohne das wenige Land, nur 22 Prozent von Palästina, das ihnen noch gehört.
Cinzia Notaro: Warum hat das Mikdash Education Center kürzlich eine Medaille mit den Gesichtern von Trump und Kyros dem Großen, dem alten König von Persien (558–529 v. Chr.), prägen lassen?
Don Nitoglia: Es ist darauf hinzuweisen, daß Kyros der Große im Jahr 539 die Rückkehr der Juden in ihre Heimat ermöglichte, nachdem Nebukadnezar II., der babylonische König (605–562 v. Chr.), Jerusalem im Jahr 587/586 erobert, den ersten Tempel zerstört und seine Bewohner nach Babylon verschleppt hatte. Die Inschrift auf der Medaille – auf hebräisch, arabisch und englisch – feiert Trump als den, „der gemäß den Bestrebungen des in Israel wiedererrichteten Neuen Sanhedrins den Wiederaufbau des jüdischen Tempels herbeiführen wird“, und zwar auf der sogenannten Plattform des Tempelbergs im Herzen Jerusalems, wo die Moscheen stehen.
Cinzia Notaro: Wofür steht das Mikdash-Bildungszentrum?
Don Nitoglia: Es ist eine von vielen rabbinischen Gruppen, die das Projekt des Wiederaufbaus des im Jahr 70 n. Chr. von den Römern zerstörten Tempels befürworten. Die merkwürdige Verbindung zwischen Trump und Kyros dem Großen läßt sich genau mit dieser Analogie erklären: So wie Kyros den zweiten Tempel aufbauen ließ (Esra, 1,2–3), nachdem der erste, der Salomonische Tempel, von den Babyloniern zerstört worden war (586 v. Chr.), so hofft man, daß der ehemalige amerikanische Präsident und nunmehrige Präsidentschaftskandidat, der für seine Pro-Israel-Sympathien bekannt ist, endlich den Traum vom Wiederaufbau des Tempels verwirklichen würde.
Cinzia Notaro: War der „Spaziergang“ von Ariel Sharon auf dem Tempelberg am 28. September 2000 eine symbolische Geste?
Don Nitoglia: Er erhob damit Ansprüche und bekräftigte die Notwendigkeit, den Wiederaufbau des Tempels so schnell wie möglich zu erreichen, zusammen mit dem Anspruch auf jeden Quadratzentimeter von Eretz Israel, das laut der Vorstellung vieler Zionisten größer als der heutige Staat Israel ist, sowie der Notwendigkeit, die Gojim, die Nicht-Juden, aus dem Land zu vertreiben, das ein ethnischer Staat nur für Juden sein soll. Der aktuelle Krieg zwischen Israel und der Hamas ist die Fortsetzung jenes „Spaziergangs“, aber es wird nun für Israel viel schwieriger.
Cinzia Notaro: Auf Scharons „Spaziergang“ folgte am 23. Juli 2000 der „Nachtmarsch“ von Hunderten israelischer Siedler ?
Don Nitoglia: Sie drangen in die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg ein und feierten jüdische liturgische Riten, die nur von Priestern, die von Aaron abstammen und von anderen Priestern gewählt wurden, zelebriert werden dürfen, an dem Ort, an dem der Tempel stand und an dem nur die alttestamentlichen Opfer für Gott dargebracht werden durften. Sie taten das mit dem Risiko, den Boden des Allerheiligsten zu betreten, der nur einmal im Jahr vom Hohepriester betreten werden durfte. Sie taten das alles als Zeichen der Bereitschaft Israels, den Tempel wiederaufzubauen, nachdem die Moscheen beseitigt sein würden. Die Medien der säkularen und westlichen/atlantischen Welt haben die theologische Bedeutung dieser Ereignisse nicht verstanden oder wollten sie nicht verstehen. Die Palästinenser hingegen erkannten sie sehr wohl und antworteten mit der „Zweiten Intifada“.
Cinzia Notaro: Wann wurde Israel als „Staat/Nation des jüdischen Volkes“ definiert?
Don Nitoglia: Am 19. Juli 2018 stufte die Knesset, das jüdische Parlament, die arabische Sprache, die in Israel von etwa zwei Millionen Menschen gesprochen wird, von einer „Amtssprache“ zu einer bloßen „Sprache von Interesse“ herab, und schon am 13. Februar 2002 marschierte eine halbe Million Israelis in einer von den Tempelanhängern organisierten Demonstration zum Tempelberg und schwor, ganz Jerusalem zu übernehmen. Am 28. April 2017 rügte die Unesco die „anhaltenden Provokationen, die islamische Kulthandlungen an den Stätten der beiden Moscheen erschweren“. Gleichzeitig gibt es in Israel seit Jahren Vereinigungen, die sich konkret für den „bevorstehenden“ Wiederaufbau des Tempels einsetzen. Eine der aktivsten und mächtigsten ist die Jeschiwa Ateret Cohanim, eine Rabbinerschule, die zukünftige Tempelpriester ausbildet.
Cinzia Notaro: Wie wichtig ist die Rolle der jüdisch-amerikanischen Lobby?
Don Nitoglia: Diese Lobby wird fälschlicherweise als „christlich-zionistisch“ bezeichnet, sollte aber richtiger „protestantisch-zionistisch“ genannt werden, denn sie setzt sich aus etwa 20 bis 40 Millionen amerikanischen evangelikalen Protestanten zusammen, die sich fast ausschließlich auf die Geschichte Israels des Alten Testaments beziehen, mit fast keinem Bezug zu Jesus Christus und dem Neuen Testament. Sie glauben, daß es notwendig ist, alle Juden nach Palästina zurückzubringen, damit sie den dritten Tempel wiederaufbauen können, um dadurch das zweite Kommen Jesu zu beschleunigen.
Cinzia Notaro: Haben die Kirchenväter diesen Wandel vorausgesehen?
Don Nitoglia: Einigen Kirchenvätern zufolge, so dem heiligen Irenäus von Lyon, dem heiligen Hippolytus Romanus, dem heiligen Kyrill von Jerusalem und dem heiligen Johannes von Damaskus, wird der Tempel von Jerusalem während der Herrschaft des Antichristen, vor der Parusie, der Wiederkunft Jesu Christi, höchstwahrscheinlich wiederaufgebaut werden, aber nur teilweise. Dann jedoch wird der Antichrist auch das rabbinische Judentum verfolgen, der Tempel wird zerstört werden und omnis Israel salvabitur, wird sich Israel en masse zu Christus bekehren (Röm 11,26).
Cinzia Notaro: Wann wurden die ersten christlichen Kirchen gebaut?
Don Nitoglia: Die ersten Kirchen in Jerusalem wurden mit der Bekehrung Kaiser Konstantins zum Christentum im Jahr 312 auf dem Tempelberg gebaut, dort, wo der erste Tempel ab 1000 v. Chr. und der zweite Tempel ab 516 v. Chr. stand. Dort auf dem Berg Moriah, wo der Überlieferung nach Adam erschaffen wurde und starb, wo Abraham 1900 v. Chr. Isaak opfern wollte und wo Hadrian 132 nach Christus den Tempel des Jupiter Capitolinus errichtete und von wo aus Mohammed in den Himmel aufgefahren sein soll. Die Grabeskirche Christi wurde in der Nähe von Golgatha, dem Ort der Kreuzigung unseres Herrn Jesus Christus, errichtet und am 13. September 335 geweiht. Mit der islamischen Herrschaft (635) wurden die christlichen Kirchen zwar nicht zerstört, aber es durften keine neuen mehr gebaut werden. Unweit der Grabeskirche und auf der Plattform des Tempelbergs wurden Mitte des 7. Jahrhunderts die Omar-Moschee und 691/692 der Felsendom errichtet. Es war der Islam, der die Erhaltung der jüdischen Präsenz in Jerusalem billigte.
Cinzia Notaro: Ist es wirklich notwendig, die Geschichte zu lesen, um das Geschehen zu interpretieren und zu verstehen?
Don Nitoglia: Mehr denn je. Es ist von grundlegender Bedeutung zu verstehen, wie die Welt in den beiden Kriegen, die den Nahen Osten und Osteuropa entflammen, verzweifelt auf eine nukleare Katastrophe zusteuert, sowohl in der Ukraine als auch in Palästina, und zu verstehen, welche Rolle der Wille dabei spielt, den Jerusalemer Tempel wiederaufzubauen, um das Kommen des „Messias“ zu beschleunigen, auf den das talmudische Judentum immer noch wartet, der aber für die apostolische und patristische Tradition der Antichrist ist.
Einleitung/Übersetzung/Fußnoten: Giuseppe Nardi
Bild: thirdtemple.org/Stilum curiae/The Temple Institute/Youtube/Temple Mount Faithful (Screenshots)
1 Die Irgun war eine bewaffnete paramilitärische zionistische Untergrundorganisation, die von 1931 bis 1948 im britischen Mandatsgebiet Palästina Terroranschläge verübte, um die Errichtung eines zionistischen Staates zu erzwingen. Ihr Gründer und Anführer war der aus Odessa gebürtige russische jüdische Zionist Wladimir Schabotinski (1880–1940), der sich dem politischen Zionismus verschrieben hatte und auf Empfehlung von Chaim Weizmann 1921 in die Leitung der Zionistischen Weltorganisation berufen worden war. Der Zionismus war ein Produkt aschkenasischer Juden, die die damals in Europa virulente Idee des Nationalismus übernahmen, während die sephardischen Juden im Nahen Osten und Nordafrika, auch in Palästina, dem Zionismus desinteressiert und gleichgültig gegenüberstanden. 1925 gründete Schabotinski mit dem Bund der Zionistischen Revisionisten eine radikale Strömung innerhalb des Zionismus. Die Zionistischen Revisionisten lehnten in bezug auf die jüdische Landnahme und die Gründung eines Judenstaates in Palästina jeglichen Kompromiß mit der einheimischen arabischen Bevölkerung (Anfang des 20. Jahrhunderts etwa 70 Prozent Moslems und 30 Prozent Christen) ab. Dafür hatte er bereits 1923 das Wort von der „Eisernen Mauer aus jüdischen Bajonetten“ geprägt, die zwischen Juden und Arabern errichtet werden solle. Den anderen zionistischen Strömungen warf er Nachgiebigkeit und Schwachheit vor. Schabotinski forderte die Errichtung eines Judenstaates „zu beiden Seiten“ des Jordans (Eretz Israel). Er starb 1940 während eines Sommerlagers der Organisation Betar in den USA.
2 Schabotinski war auch der Gründer der zionistischen Jugendorganisation Betar, deren Gründungskongreß 1923 in Riga in Lettland stattfand. Betar war offiziell zwar ein Akronym, bezog sich jedoch auf die letzte Festung, die von den jüdischen Aufständischen im Bar-Kochba-Aufstand gegen die Römer gehalten wurde. Betar gründete im damals faschistischen Italien ein Ausbildungszentrum. Die Ausbildungsteilnehmer, die sich auf den bewaffneten Einsatz zur Eroberung Palästinas vorbereiteten, marschierten 1936 bei der faschistischen Militärparade in Rom mit, mit denen die italienische Eroberung Abessiniens (Äthiopiens) gefeiert wurde. Bei dieser Eroberung war es zu schwerwiegenden, rassistisch motivierten Kriegsverbrechen gekommen (Grausamkeiten gegen Gefangene, willkürliche Tötungen, Einsatz von Giftgas). Die späteren israelischen Ministerpräsidenten Menachem Begin und Jitzchak Schamir waren Mitglieder von Betar. Aus Irgun und Betar ging 1948 die israelische Partei Cherut hervor, aus der 1977 wiederum der Likud hervorging. Hannah Arendt und Albert Einstein verglichen 1948 in einem offenen Brief Schabotinskis Revisionistischen Zionismus mit „nationalsozialistischen und faschistischen Parteien“.
3 Das sei der eigentliche Zweck einer groß angelegten DNA-Erfassung, die medial beworben durch private Institute, teils angesiedelt in der Schweiz, seit Jahren angeboten und in einer Datenbank gespeichert wird.
4 Die Zeloten waren eine 6 n. Chr. von den Pharisäern Judas dem Galiläer und Rabbi Zadok gegründete paramilitärische jüdische Bewegung mit dem Ziel, die römische Herrschaft in Palästina zu beseitigen. Das griechische Wort Zeloten bedeutet „Eiferer“. 66 n. Chr. gingen sie zum bewaffneten Aufstand gegen die Römer über.
5 Die Sikarier waren eine jüdisch-messianische Terrororganisation, die als Sikarier (Messerstecher) bekannt wurden, weil ihre bevorzugte Waffe die Sica, ein Kurzschwert, war. Sie bekämpften nicht nur die Römer, sondern mit ebensolcher Härte und Grausamkeit auch jene Juden, die sich ihrer Meinung nach mit den Römern verständigen wollten.
6 Der UNO-Teilungsplan für Palästina von 1947, mit dem ein jüdischer und ein arabischer Staat errichtet werden sollte, sieht für Jerusalem den Status eines selbstverwalteten Corpus separatum vor, der weder Teil des einen noch des anderen Staates ist, sondern ein UNO-Mandatsgebiet sein sollte. Das Gebiet sollte entmilitarisiert sein. Seine Sicherheit sollte von einem internationalen Polizeikorps garantiert werden. Durch Zollunion und Handelsfreiheit sollte die Stadt für die Bewohner der beiden Staaten frei zugänglich sein. Ebenso sollten Juden, Christen und Moslems gleichen und freien Zugang zu ihren heiligen Stätten haben. Der Heilige Stuhl unterstützt diese Jerusalem-Lösung. Erst unter Papst Franziskus wurden Ansätze hörbar, die Zwei-Staaten-Lösung und den Sonderstatus zu überwinden und einen einheitlichen Staat zu errichten. Ein solcher wird zwar von Gruppen beider Seiten unterstützt, allerdings unter völlig konträren Prämissen.