![Erster Bericht über antichristliche Gewalt in Israel vorgelegt Erster Bericht über antichristliche Gewalt in Israel vorgelegt](https://katholisches.info/tawato/uploads/2024/06/Angriffe-gegen-Christen-in-Jerusalem-Heiliges-Land-1030x438.jpg)
Erstmals wurde ein Bericht vorgelegt, der Gewalttaten gegen Christen in Jerusalem dokumentiert. Ist der Zeitpunkt für eine solche Initiative gerade günstig? Darüber mag man geteilter Meinung sein. Tatsache ist jedoch, daß das Phänomen antichristlicher Übergriffe im Jahr 2023 seinen bisherigen Höhepunkt erreichte.
Im Heiligen Land spricht derzeit kaum jemand über den Frieden. Das Kriegsklima, wenn auch physisch auf den Gazastreifen geschränkt, ist allgegenwärtig. Ein Phänomen im Phänomen ist die zunehmende Gewalt gegen Christen, das auf die Zeit vor dem Hamas-Angriff im Oktober 2023 zurückgeht. Im Juni 2023 wurde erstmals mit der aufsehenerregenden Tagung: „Warum spucken (manche) Juden auf Nichtjuden?“ auf das Thema aufmerksam gemacht.
Diese Angriffe gegen christliche Einrichtungen und Christen wurden inzwischen vom Rossing Center, einer jüdischen Nichtregierungsorganisation, dokumentiert. Das Rossing Center ist im Bereich interreligiöser Dialog und Friedenskonsolidierung tätig. Obwohl die israelischen Behörden bis hinauf zu ihren höchsten Repräsentanten sofortige Maßnahmen gegen die Übergriffe versprachen, zeichnet Rossing Center ein anderes Bild: Die staatlichen Institutionen zeigten sich bisher nicht in der Lage oder nicht willens, dieser Gewalt ein Ende zu setzen.
In dem am vergangenen Mittwoch der Öffentlichkeit präsentierten Bericht sind insgesamt 90 Angriffe dokumentiert: elf verbale und sieben physische Gewalttaten, 32 Angriffe gegen Kirchen und kirchliche Einrichtungen, eine Friedhofsschändung und 30 Spuckattacken gegen Priester, Ordensleute und christliche Pilger.
Die 90 Fälle seien, so die Autoren, „nur die Spitze des Eisbergs eines viel größeren Phänomens“.
Die meisten Angriffe wurden von jungen erwachsenen ultraorthodoxen Juden begangen. Dazu zählen auch nicht weiter dokumentierte Fälle, wo Priester oder Ordensleute aufgefordert wurden, Kreuze von öffentlichen Plätzen zu entfernen. Bei den Angreifern und ihrem Milieu, so die Autoren, handle es sich um eine Minderheit innerhalb der orthodoxen Juden. Selbst deren offizielle Führung wies antichristliche Plakate zurück, die vor dem Pessachfest in der Jerusalemer Altstadt aufgetaucht waren.
Die Autoren sehen in der Radikalisierung innerhalb Israels den Hauptgrund, durch den „die Gleichberechtigung aller Minderheiten im Land untergraben“ werde.
Im August 2023 besuchte Staatspräsident Isaac Herzog, als Geste des guten Willens, und um sich schützend vor die christliche Minderheit im Heiligen Land zu stellen, das Stella-Maris-Kloster auf dem Berg Karmel. Er bemerkte damals, daß die Angriffe gegen die christlichen Gemeinschaften im Heiligen Land „ein sehr ernstes Phänomen“ seien. Die christlichen Bürger des Landes „fühlen sich an ihren Gebetsstätten, auf ihren Friedhöfen und auf der Straße angegriffen. Das ist in jeder Hinsicht völlig inakzeptabel.“ Hana Bendcowsky, die Leiterin des Bereichs jüdisch-christliche Beziehungen des Rossing Centers, führt bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der Dokumentation die feindselige Haltung eines kleinen, aber wachsenden Teils der israelischen Gesellschaft auf die Unkenntnis über das Christentum im Land zurück.
Das Rossing Center übermittelte den israelischen Behörden eine Reihe von Empfehlungen, um dem Phänomen entgegenzuwirken. Die Idee zu dem Bericht entstand aus der Notwendigkeit, so das Rossing Center, die „bisher unvollständigen und bruchstückhaften Daten zu diesem Phänomen zusammenzutragen“. Der Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts, der mit sich überschneidenden religiösen und nationalen Identitäten verbunden ist, erschwere natürlich in der israelischen Gesellschaft, aber auch bei Polizei und Behörden, das Verständnis, die Vorfälle „als Angriffe ausschließlich gegen die christliche Identität“ zu erkennen. Deshalb, so das Rossing Center, sei eine verstärkte Schulung über die christliche Präsenz notwendig.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: rossingcenter.org (Screenshot)