
Erstmals wurde ein Bericht vorgelegt, der Gewalttaten gegen Christen in Jerusalem dokumentiert. Ist der Zeitpunkt für eine solche Initiative gerade günstig? Darüber mag man geteilter Meinung sein. Tatsache ist jedoch, daß das Phänomen antichristlicher Übergriffe im Jahr 2023 seinen bisherigen Höhepunkt erreichte.
Im Heiligen Land spricht derzeit kaum jemand über den Frieden. Das Kriegsklima, wenn auch physisch auf den Gazastreifen geschränkt, ist allgegenwärtig. Ein Phänomen im Phänomen ist die zunehmende Gewalt gegen Christen, das auf die Zeit vor dem Hamas-Angriff im Oktober 2023 zurückgeht. Im Juni 2023 wurde erstmals mit der aufsehenerregenden Tagung: „Warum spucken (manche) Juden auf Nichtjuden?“ auf das Thema aufmerksam gemacht.
Diese Angriffe gegen christliche Einrichtungen und Christen wurden inzwischen vom Rossing Center, einer jüdischen Nichtregierungsorganisation, dokumentiert. Das Rossing Center ist im Bereich interreligiöser Dialog und Friedenskonsolidierung tätig. Obwohl die israelischen Behörden bis hinauf zu ihren höchsten Repräsentanten sofortige Maßnahmen gegen die Übergriffe versprachen, zeichnet Rossing Center ein anderes Bild: Die staatlichen Institutionen zeigten sich bisher nicht in der Lage oder nicht willens, dieser Gewalt ein Ende zu setzen.
In dem am vergangenen Mittwoch der Öffentlichkeit präsentierten Bericht sind insgesamt 90 Angriffe dokumentiert: elf verbale und sieben physische Gewalttaten, 32 Angriffe gegen Kirchen und kirchliche Einrichtungen, eine Friedhofsschändung und 30 Spuckattacken gegen Priester, Ordensleute und christliche Pilger.
Die 90 Fälle seien, so die Autoren, „nur die Spitze des Eisbergs eines viel größeren Phänomens“.
Die meisten Angriffe wurden von jungen erwachsenen ultraorthodoxen Juden begangen. Dazu zählen auch nicht weiter dokumentierte Fälle, wo Priester oder Ordensleute aufgefordert wurden, Kreuze von öffentlichen Plätzen zu entfernen. Bei den Angreifern und ihrem Milieu, so die Autoren, handle es sich um eine Minderheit innerhalb der orthodoxen Juden. Selbst deren offizielle Führung wies antichristliche Plakate zurück, die vor dem Pessachfest in der Jerusalemer Altstadt aufgetaucht waren.
Die Autoren sehen in der Radikalisierung innerhalb Israels den Hauptgrund, durch den „die Gleichberechtigung aller Minderheiten im Land untergraben“ werde.
Im August 2023 besuchte Staatspräsident Isaac Herzog, als Geste des guten Willens, und um sich schützend vor die christliche Minderheit im Heiligen Land zu stellen, das Stella-Maris-Kloster auf dem Berg Karmel. Er bemerkte damals, daß die Angriffe gegen die christlichen Gemeinschaften im Heiligen Land „ein sehr ernstes Phänomen“ seien. Die christlichen Bürger des Landes „fühlen sich an ihren Gebetsstätten, auf ihren Friedhöfen und auf der Straße angegriffen. Das ist in jeder Hinsicht völlig inakzeptabel.“ Hana Bendcowsky, die Leiterin des Bereichs jüdisch-christliche Beziehungen des Rossing Centers, führt bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der Dokumentation die feindselige Haltung eines kleinen, aber wachsenden Teils der israelischen Gesellschaft auf die Unkenntnis über das Christentum im Land zurück.
Das Rossing Center übermittelte den israelischen Behörden eine Reihe von Empfehlungen, um dem Phänomen entgegenzuwirken. Die Idee zu dem Bericht entstand aus der Notwendigkeit, so das Rossing Center, die „bisher unvollständigen und bruchstückhaften Daten zu diesem Phänomen zusammenzutragen“. Der Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts, der mit sich überschneidenden religiösen und nationalen Identitäten verbunden ist, erschwere natürlich in der israelischen Gesellschaft, aber auch bei Polizei und Behörden, das Verständnis, die Vorfälle „als Angriffe ausschließlich gegen die christliche Identität“ zu erkennen. Deshalb, so das Rossing Center, sei eine verstärkte Schulung über die christliche Präsenz notwendig.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: rossingcenter.org (Screenshot)
Das orthodoxe Judentum ist uns standhaften Christen gar nicht mal so unähnlich. Beide Gruppierungen erleben sich in der gegenwärtigen Welt als Ausgestoßene. Wir halten uns an die Schriften und fühlen uns in der Welt sehr unverstanden. Mehr als das. Wir werden beide aktiv angefeindet.
Dieses Erleben auf Seiten der Orthodoxen wird im gegenwärtigen Krieg sogar noch verstärkt. Alle außer den orthodoxen Juden nehmen am Krieg teil. Sie sind zumindest bisher vom Kriegsdienst befreit. Überlegungen, diese Befreiung aufzuheben, verstärken den Druck auf die jungen Männer.
Dann gibt es Hintergründe, die auch wieder den Christen ähnlich sind. Die Rabbiner lassen den jungen Männern kindliche Freiräume in der religiösen Ausbildung. Entsprechend des Jesus-Wortes: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder“. Nachdem im Januar die Polizei das 770-Gebäude in New York gestürmt hatte, sagte der inoffizielle Führer von Chabad Lubavitch, Manis Friedman, man solle das ganze Theater vor Ort nicht überbewerten. Diese jungen Männer seien wie Kinder, sie hätten eine gewisse Überschwänglichkeit.
Schließlich sind die Juden Gottes einzig auserwähltes Volk. Das muß alle Gefühle, ausgestoßen und ungewollt zu sein, ausgleichen oder überwiegen. Und dann kommt in dieser Endzeit das große Erwachen im Christentum. Vermeintlich ungeschulte Christen sind plötzlich in der Lage, in religiösen Diskussionen den hochgebildeten Juden die Stirn zu bieten. Es gibt auch messianische (an Jesus glaubende) Juden, die ihre eigenen Brüder zur Rede stellen. Auf Youtube gibt es einige Videos zu messianischen Juden, die das auf der Straße tun. Es scheint, Gott würde die Christen vor den Juden bevorzugen.
Entsprechend sind die Beleidigungsakte und der Vandalismus gegen Christen im heiligen Land harmlos. Es ist der Ausdruck des sich ungeliebt Fühlens. Ungeliebt von Gott. Mit Haß hat so etwas weniger zu tun.
Zum jetzigen Zeitpunkt können die Widersprüche zwischen dem Alten Bund und dem Neuen Bund noch nicht aufgelöst werden. Der Ansatz müßte eher sein: Ihr geht Euren Weg. Wir gehen unseren Weg. Beide Wege sind von Gott beabsichtigt. Beide Wege sind richtig.
Mt 5,11: „Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.“ Das Himmelreich schickt Verstärkung, Offb 19,11