Feiern Papst Franziskus und Patriarch Bartholomäus gemeinsam in der Türkei 1700 Jahre Konzil von Nicäa?

Das Problem: Die Umwandlung von Kirchen in Moscheen


Die seit 2014 untersuchte Basilika im Iznik-See, sie könnte der Versammlungsort des ersten ökumenischen Konzils von Nicäa gewesen sein
Die seit 2014 untersuchte Basilika im Iznik-See, sie könnte der Versammlungsort des ersten ökumenischen Konzils von Nicäa gewesen sein

Papst Fran­zis­kus plant im näch­sten Jahr einen Besuch in der Tür­kei. Anlaß ist der 1700. Jah­res­tag des Kon­zils von Nicäa. Das gab der Öku­me­ni­sche Patri­arch von Kon­stan­ti­no­pel Bar­tho­lo­mä­us I. gestern bei sei­nem Besuch in Lis­sa­bon bekannt, wie Radio Ren­as­cen­ça, der Hör­funk­sen­der der katho­li­schen Bischö­fe Por­tu­gals, berichtete.

Anzei­ge

„Sei­ne Hei­lig­keit Papst Fran­zis­kus möch­te die­sen wich­ti­gen Jah­res­tag gemein­sam fei­ern und plant, in unser Land zu kom­men, um das Patri­ar­chat von Kon­stan­ti­no­pel zu besu­chen, und dann wer­den wir gemein­sam nach Nicäa, nach Iznik, zu einer wich­ti­gen histo­ri­schen Fei­er die­ses Jah­res­ta­ges wei­ter­rei­sen“, sag­te der ortho­do­xe Patri­arch in bezug auf die Fei­er­lich­kei­ten zum 1700jährigen Jubi­lä­um des ersten öku­me­ni­schen Kon­zils der katho­li­schen Kir­che, die damals noch unge­teilt war.

Iznik, der heu­ti­ge tür­ki­sche Name von Nicäa, grie­chisch Nika­ia, ist eine Kon­trak­ti­on von Is Nika­ia.

Bar­tho­lo­mä­us I. von Kon­stan­ti­no­pel teil­te außer­dem mit, daß der­zeit ein Orga­ni­sa­ti­ons­ko­mi­tee für das Tref­fen gebil­det wird, das sich aus Katho­li­ken und Ortho­do­xen zusam­men­setzt. „Sie wer­den sich in Kür­ze tref­fen“, so der Patri­arch, der hin­zu­füg­te, daß der Vati­kan dem­nächst mit der tür­ki­schen Regie­rung wegen des Besuchs Kon­takt auf­neh­men werde.

Radio Ren­as­cen­ça wand­te sich dar­auf an das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt, das mit­teil­te, „noch kei­ne Hin­wei­se auf Rei­sen im näch­sten Jahr erhal­ten“ zu haben. Der Hei­li­ge Stuhl ist offen­sicht­lich der Mei­nung, daß noch nicht der Zeit­punkt gekom­men ist, dar­über zu sprechen. 

In Nicäa fand im Jahr 325, vom spä­ten Früh­ling bis in den Hoch­som­mer, das erste öku­me­ni­sche Kon­zil der Kir­chen­ge­schich­te statt. Es wur­de von Kai­ser Kon­stan­tin dem Gro­ßen ein­be­ru­fen, der sich im Jahr zuvor als allei­ni­ger Herr­scher im Römi­schen Reich durch­ge­setzt hat­te. Die Stadt lag damals in der römi­schen Pro­vinz Bithy­ni­en in Klein­asi­en, unweit der dama­li­gen Kai­ser­stadt Niko­me­dia. Das eben­falls nahe­ge­le­ge­ne Kon­stan­ti­no­pel wur­de erst im Jahr 330 vom namen­ge­ben­den Kon­stan­tin zur kai­ser­li­chen Haupt­re­si­denz gemacht. Heu­te gehört Nicäa/​Iznik zur tür­ki­schen Pro­vinz Bursa.

Der Öku­me­ni­sche Patri­arch von Kon­stan­ti­no­pel Bar­tho­lo­mä­us I. bei sei­nem Besuch in Portugal

Wo genau das Kon­zil tag­te, ist nicht geklärt, was unge­wöhn­lich ist. Laut Euse­bi­us von Cäsarea, dem Vater der Kir­chen­ge­schich­te, der aus der römi­schen Pro­vinz Palä­sti­na stamm­te, also aus dem Hei­li­gen Land, und der selbst am Kon­zil teil­nahm, ver­sam­mel­ten sich die Kon­zils­vä­ter in einer Kir­che. Nur der Abschluß fand in einem Saal des Kai­ser­pa­la­stes statt, da der Kai­ser zugleich den 20. Jah­res­tag sei­ner Thron­be­stei­gung beging. Doch eine Loka­li­sie­rung war bis­her nicht möglich. 

Vor zehn Jah­ren wur­den dann im Iznik-See die Reste einer byzan­ti­ni­schen Basi­li­ka ent­deckt, die wahr­schein­lich beim gro­ßen Erd­be­ben im Jahr 740 zer­stört wur­de. Die Aus­gra­bun­gen lei­tet der Archäo­lo­ge Musta­fa Şahin von der Uni­ver­si­tät Ulu­dağ. Er konn­te die Basi­li­ka, die außer­halb der anti­ken Stadt­mau­ern lag, auf das spä­te vierte/​frühe fünf­te Jahr­hun­dert datie­ren. Sie ist daher zu jung und konn­te nicht der Kon­zils­ort sein. Prof. Şahin stell­te jedoch auch fest, daß die Kir­che auf den Fun­da­men­ten einer älte­ren Basi­li­ka steht, die ihrer­seits über einem Fried­hof errich­tet wurde.

Um 290 erlitt der aus Nicäa stam­men­de hei­li­ge Neo­phy­tos, des­sen Eltern bereits Chri­sten waren, unter Kai­ser Dio­kle­ti­an im Alter von erst 15 Jah­ren in sei­ner Hei­mat­stadt das Mar­ty­ri­um. Da es nicht denk­bar war, grund­los auf einem Fried­hof zu bau­en, geht Prof. Şahin davon aus, daß die Basi­li­ka über dem Grab des Mär­ty­rers errich­tet wur­de. Die­ser bedeut­sa­me Umstand läßt es für den Archäo­lo­gen auch denk­bar erschei­nen, daß sich das erste öku­me­ni­sche Kon­zil hier am Grab eines Glau­bens­zeu­gen versammelte.

Auf dem Kon­zil soll­te eine Rei­he offe­ner Fra­gen geklärt wer­den, die die Chri­sten­heit vor allem in der grie­chi­schen Reichs­hälf­te beweg­ten. Das Haupt­the­ma war chri­sto­lo­gi­scher Natur und betraf die Fra­ge nach dem Wesen Jesu Chri­sti. Das Kon­zil bestä­tig­te des­sen gött­li­che Natur und ver­ur­teil­te die Leh­re des Ari­us aus Alex­an­dria als Häre­sie. Die­sem wur­de vor­ge­wor­fen, die Rück­kehr zum Poly­the­is­mus zu begün­sti­gen. Das Kon­zil fixier­te das Bekennt­nis von Nicäa, das heu­te den ersten Teil des Gro­ßen Glau­bens­be­kennt­nis­ses bil­det. Die Ein­heit der Chri­sten­heit war damals noch gege­ben. Das Bekennt­nis wird heu­te, nach den erfolg­ten spä­te­ren Spal­tun­gen, sowohl von der West- als auch der Ost­kir­che und auch den alt­ori­en­ta­li­schen Kir­chen anerkannt.

Die ent­schei­den­de Stel­le des Bekennt­nis­ses lautet:

„Deum ex Deo, lumen ex lúmi­ne, Deum ver­um de Deo vero,
natum, non fac­tum, uni­us sub­stan­tiae cum Pat­re (quod grae­ce dicunt homou­si­on):
per quem ómnia fac­ta sunt, quae in cae­lo et in terra.“

„Gott aus Gott, Licht aus Licht, wah­rer Gott aus wah­rem Gott,
gezeugt, nicht geschaf­fen, eines Wesens mit dem Vater (was die Grie­chen homou­si­on nen­nen = wesens­gleich);
durch den alles gewor­den ist, was im Him­mel und was auf Erden ist“

Der aria­ni­sche Streit war damit aller­dings nicht vom Tisch, son­dern soll­te wenig spä­ter erst rich­tig aus­bre­chen und die Kir­che noch schwer erschüttern.

Kei­ne Eini­gung konn­te hin­ge­gen in der Fra­ge nach einem ein­heit­li­chen Oster­ter­min erzielt wer­den. Eben­so wenig gelang es, eine ver­bind­li­che Bestim­mung für den prie­ster­li­chen Zöli­bat zu erlas­sen. Die Pra­xis dazu galt zwar seit apo­sto­li­scher Zeit und die Leh­re stand fest, doch gab es Wider­stän­de, sodaß kein kon­kre­tes Doku­ment zustandekam.

Das zweite Konzil von Nicäa und die Umwandlung von Kirchen in Moscheen

In Nicäa tag­te 787 noch ein zwei­tes Kon­zil, das als sieb­tes öku­me­ni­sches Kon­zil in die Kir­chen­ge­schich­te ein­ging. In die­sem Fall ist der Ver­samm­lungs­ort gesi­chert bekannt und kann noch heu­te besich­tigt wer­den. Es han­delt sich um die byzan­ti­ni­sche Basi­li­ka Hagia Sophia, die nach dem Vor­bild der gleich­na­mi­gen Kir­che in Kon­stan­ti­no­pel von Kai­ser Justi­ni­an I. im 6. Jahr­hun­dert errich­tet wurde.

Als die Osma­nen 1337 Nicäa erober­ten, wan­del­ten sie die Kir­che in eine Moschee um und lie­ßen sie schließ­lich ver­fal­len. 1935 mach­te sie Kemal Ata­türk, der Grün­der der Repu­blik Tür­kei, zu einem Muse­um. Zugleich ver­bot er dar­in jede Form des Got­tes­dien­stes, wodurch ein Streit zwi­schen Chri­sten und Mos­lems ver­hin­dert wer­den sollte.

2011 wan­del­te die Regie­rung Erdo­gan im Zuge der von ihr betrie­be­nen Reis­la­mi­sie­rung das Muse­um, gegen die Pro­te­ste des Öku­me­ni­schen Patri­ar­chen, wie­der in eine Moschee um und errich­te­te neben der Hagia Sophia ein Minarett.

Ob die Umwand­lung alter Kir­chen in Moscheen ein The­ma des ange­streb­ten Papst­be­su­ches sein wird?

Die Fra­ge ist aktu­ell. Erst im ver­gan­ge­nen Febru­ar war die für ihre welt­be­rühm­ten Bil­der­zy­klen bekann­te Kir­che Sankt Sal­va­tor in Cho­ra in Istan­bul (Kon­stan­ti­no­pel) in eine Moschee umge­wan­delt wor­den. Ihre Ursprün­ge rei­chen bis in das 5. Jahr­hun­dert zurück. 1511 wan­del­ten die Osma­nen sie in eine Moschee um und über­tünch­ten die bedeu­ten­den Bil­der­zy­klen wegen des Bil­der­ver­bots im Islam. Erst ab 1948 waren die­se Zyklen in einer auf­wen­di­gen Restau­rie­rung, finan­ziert von pri­va­ten US-ame­ri­ka­ni­schen Ver­ei­ni­gun­gen, wie­der frei­ge­legt worden.

Mosai­ke in der Istan­bu­ler Kir­che Sankt Sal­va­tor in Cho­ra, die seit ver­gan­ge­nem Febru­ar wie­der eine Moschee ist

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL/​Ecclesia/​VaticanNews (Screen­shots)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!