Das EU-Parlament stimmt für Abtreibung als Grundrecht und es liegt Krieg in der Luft – die Folgen der Ablehnung des Sittengesetzes

Abgründe als Folgen der Irrtümer


Jeder moralische Fehler hat schwerwiegende Folgen, sowohl für den einzelnen als auch für die Völker.
Jeder moralische Fehler hat schwerwiegende Folgen, sowohl für den einzelnen als auch für die Völker.


Von Fabio Fuiano*

Anzei­ge

Nach den Ereig­nis­sen in Frank­reich am 4. März hat das EU-Par­la­ment in Brüs­sel am 11. April mit 336 zu 163 Stim­men über eine Ent­schlie­ßung gestimmt, die die Auf­nah­me der Abtrei­bung in die Grund­rechts­char­ta der Euro­päi­schen Uni­on zum Ziel hat.

Im Gegen­satz zum fran­zö­si­schen Beschluß wird die euro­päi­sche Reso­lu­ti­on wahr­schein­lich ein toter Buch­sta­be blei­ben, da die Ände­rung die ein­stim­mi­ge Zustim­mung der 27 EU-Län­der erfor­dert, von denen eini­ge die Abtrei­bung per Gesetz ein­schrän­ken und ande­re von kon­ser­va­ti­ven Regie­run­gen geführt wer­den, die sich der Brüs­se­ler Ent­schlie­ßung wahr­schein­lich nicht anschlie­ßen werden.

Nichts­de­sto­trotz hat der Vor­schlag eine sehr ern­ste sym­bo­li­sche Bedeu­tung in einer Zeit, in der das Gespenst eines welt­wei­ten Krie­ges her­auf­be­schwo­ren wird. Wie könn­te man die Koin­zi­denz zwi­schen der Ver­ab­schie­dung oder dem Vor­schlag von Geset­zen, die aus­drück­lich gegen das natür­li­che und gött­li­che Recht ver­sto­ßen, und von Dau­er­kon­flik­ten, die Euro­pa und den Westen direkt zu tref­fen dro­hen, übersehen?

Die Gegen­über­stel­lung ist wohl­über­legt: Jeder mora­li­sche Feh­ler hat schreck­li­che Fol­gen, und das gilt sowohl für den ein­zel­nen als auch für die Völ­ker. Die Kir­che hat dies in ihrer Leh­re stets bekräf­tigt. Erin­nern wir uns nur an eini­ge Wor­te von Papst Pius XII., der sich wäh­rend sei­nes Pon­ti­fi­kats mit dem ver­hee­ren­den Zwei­ten Welt­krieg aus­ein­an­der­set­zen mußte.

Am 20. Okto­ber 1939 wur­de die Enzy­kli­ka Sum­mi Pon­ti­fi­ca­tus ver­öf­fent­licht, die, wenn man sie heu­te noch ein­mal liest, wie eine Bot­schaft von enor­mer Aktua­li­tät klingt.

Der Papst beginnt die Enzy­kli­ka, indem er den Weg anpran­gert, der zum gei­sti­gen und mora­li­schen Elend „unse­rer Tage“ führt, näm­lich „der tod­brin­gen­de Ver­such von nicht weni­gen, Chri­stus zu ent­thro­nen; die Ver­wer­fung des Geset­zes der Wahr­heit, das Er ver­kün­de­te; des Geset­zes der Lie­be, die der leben­spen­den­de Odem Sei­nes Rei­ches ist“.

Es kann nicht geleug­net wer­den: „Die Königs­rech­te Chri­sti wie­der aner­ken­nen, zurück­fin­den zum Gesetz Sei­ner Wahr­heit und Sei­ner Lie­be, das ist der ein­zi­ge Weg der Ret­tung für den Ein­zel­men­schen und die Gemeinschaft.“

Ange­sichts der apo­ka­lyp­ti­schen Vor­aus­schau auf das gegen­wär­ti­ge und zukünf­ti­ge Unheil, so Pius XII., „erach­ten Wir es als Unse­re Pflicht, die Augen und Her­zen aller, in denen noch ein Fun­ken guten Wil­lens glimmt, mit wach­sen­der Ein­dring­lich­keit hin­zu­len­ken auf den Ein­zi­gen, von Dem der Welt das Heil kommt; auf den Ein­zi­gen, Des­sen all­mäch­ti­ge und güti­ge Hand auch die­sem Sturm Ein­halt gebie­ten kann; auf den Ein­zi­gen, aus Des­sen Wahr­heit und Lie­be die­ser in Irr­tum und Eigen­sucht, in Streit und Hass ver­krampf­ten Mensch­heit die Erkennt­nis­se auf­leuch­ten und die Gesin­nun­gen sich ent­zün­den kön­nen, die für eine Neu­ord­nung der Welt im Gei­ste des König­tums Chri­sti not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung sind“.

Papst Pacel­li führt wei­ter aus, die gegen­wär­ti­ge Zeit, „hat zu den fal­schen Leh­ren der Ver­gan­gen­heit noch neue Irr­tü­mer gehäuft bis zu einem Gra­de, dass sie zu einem Ende mit Schrecken füh­ren muss­ten. Vor allem liegt die eigent­li­che Wur­zel der Übel, die in der moder­nen Gesell­schaft zu bekla­gen sind, in der Leug­nung und Ableh­nung eines all­ge­mein­gül­ti­gen Sit­ten­ge­set­zes für das Leben des ein­zel­nen und das Leben der Gesell­schaft, wie für die Bezie­hun­gen der Staa­ten unter­ein­an­der: Es herrscht heu­te weit­hin Ver­ken­nung oder gera­de­zu Ver­ges­sen eines natür­li­chen Sit­ten­ge­set­zes“. Das Natur­recht „beruht auf Gott als sei­nem Fun­da­ment. Er ist der all­mäch­ti­ge Schöp­fer und Vater aller, ihr höch­ster und unab­hän­gi­ger Gesetz­ge­ber, der all­wis­sen­de und gerech­te Ver­gel­ter der mensch­li­chen Hand­lun­gen.

Die Leh­re der Kir­che, so Pius XII., habe Euro­pa einen sol­chen Zusam­men­halt gege­ben, daß es einen Grad des Fort­schritts erreicht habe, der es zum Herrn über ande­re Völ­ker und Kon­ti­nen­te mache. Was aber geschah, als es sich von die­ser Leh­re löste? Hier die Ant­wort des Papstes:

Als Jesus gekreu­zigt wur­de, ‚brach eine Fin­ster­nis über das gan­ze Land her­ein‘, wie der hei­li­ge Bericht erzählt (Mt 27,45), ein schrecken­er­re­gen­des Sinn­bild des­sen, was geschah, und was gei­sti­ger­wei­se dau­ernd geschieht, wo immer der Unglau­be in Blind­heit und Selbst­über­heb­lich­keit Chri­stus aus dem Leben der Gegen­wart, beson­ders aus dem öffent­li­chen Leben tat­säch­lich aus­ge­schlos­sen und mit dem Glau­ben an Chri­stus auch den Glau­ben an Gott ver­drängt hat. Als Fol­ge davon kamen die sitt­li­chen Wer­te, nach denen in frü­he­ren Zei­ten das pri­va­te und öffent­li­che Tun beur­teilt wur­de, gleich­sam außer Kurs: Mensch, Fami­lie und Staat wur­den dem wohl­tu­en­den und erneu­ern­dem Ein­fluß des Got­tes­ge­dan­kens und der kirch­li­chen Leh­re durch die immer rascher fort­schrei­ten­de, hoch­ge­prie­se­ne Lai­sie­rung des gesell­schaft­li­chen Lebens ent­zo­gen; und nun hat die­se auch in Gegen­den, wo vie­le Jahr­hun­der­te hin­durch die Strah­len der christ­li­chen Kul­tur leuch­te­ten, immer kla­re­re, immer deut­li­che­re, immer mehr beäng­sti­gen­de Anzei­chen eines ver­derb­ten und ver­derb­li­chen Hei­den­tums wie­der auf­kom­men las­sen.

Wie viel mehr gilt dies heu­te, in einer heid­ni­schen Gesell­schaft, die die Unschul­di­gen auf dem Altar der viel geprie­se­nen „Selbst­be­stim­mung“ opfert. In der Tat, so füg­te der Papst hin­zu, waren sich wahr­schein­lich vie­le, die sich von der Leh­re Chri­sti abwand­ten, „nicht voll bewußt, daß ein luf­ti­ges Trug­ge­bil­de schil­lern­der Redens­ar­ten sie betört hat­te; von Redens­ar­ten, die eine der­ar­ti­ge Tren­nung als Befrei­ung von der Knecht­schaft aus­ga­ben, in der man bis­her zurück­ge­hal­ten wor­den sei. Weder sahen sie vor­aus, welch bit­te­re Fol­gen es hat, den trau­ri­gen Tausch der Wahr­heit, die frei­macht, gegen den Irr­tum, der knech­tet, zu voll­zie­hen; noch bedach­ten sie, daß, wer auf das unend­lich wei­se und väter­li­che Gesetz Got­tes und auf die eini­gen­de und erhe­ben­de Leh­re von der Lie­be Chri­sti ver­zich­te­te, der Will­kür einer arm­se­li­gen, wan­del­ba­ren Mensch­heit sich ver­schrieb; man rede­te von Fort­schritt, und man mach­te Rück­schrit­te; von Auf­schwung, und man sank her­ab; von Auf­stieg zur Mün­dig­keit, und man ver­sklav­te; man merk­te nicht, wie ver­geb­lich alles mensch­li­che Mühen ist, das Gesetz Chri­sti durch irgend etwas ihm Glei­ches zu erset­zen: ‚Sie ver­fie­len in ihrem Den­ken der Nich­tig­keit und ihr unver­stän­di­ges Herz wur­de ver­fin­stert‘ (Röm 1,21).“

Wor­te, die aktu­el­ler sind denn je. Und hier ist das Ergeb­nis: Krieg. In dem Maße, „wie der Glau­be an Gott und Jesus Chri­stus geschwächt wur­de, wur­de das Licht der sitt­li­chen Grund­sät­ze in den See­len ver­dun­kelt, und so war die ein­zi­ge und uner­setz­li­che Grund­la­ge jener Festig­keit und Ruhe, jener inne­ren und äuße­ren, pri­va­ten und öffent­li­chen Ord­nung unter­gra­ben, die allein die Wohl­fahrt der Staa­ten her­vor­brin­gen und bewah­ren kann“.

Jeder kann die Abgrün­de der damals vom Papst ange­pran­ger­ten Irr­tü­mer und ihre Fol­gen sehen. Die Illu­sio­nen eines unend­li­chen Fort­schritts waren gefal­len: „Was nach außen Ord­nung schien, war nichts ande­res als wach­sen­de Ver­wir­rung; eine Ver­wir­rung der sitt­li­chen und recht­li­chen Lebens­ge­set­ze, die sich von der Maje­stät des Got­tes­ge­set­zes gelöst und alle Berei­che der mensch­li­chen Betä­ti­gung ver­seucht hat­ten.

In sei­ner Anspra­che an den ita­lie­ni­schen Bot­schaf­ter vom 1. März 1943 griff Pius XII. die­ses The­ma auf und bekräf­tig­te „die abso­lu­te Not­wen­dig­keit jener sitt­li­chen Grund­sät­ze und Wer­te für das fried­li­che Zusam­men­le­ben der Völ­ker, die von der ewi­gen Wahr­heit aus­ge­hen, im Lich­te derer eine Phi­lo­so­phie, die das Sit­ten­ge­setz als Rechts­ge­dan­ken ver­wirft, ohne soli­de und ver­nünf­ti­ge Grund­la­ge und unwür­dig erscheint, sich zu erfül­len, zu sie­gen und zu über­le­ben“. Und er fuhr fort: „Die Völ­ker der Erde süh­nen gegen­wär­tig das, wor­in ihre Den­ker und Leh­rer irr­ten. Aus theo­re­ti­schen Irr­tü­mern und ent­flamm­ten Lei­den­schaf­ten ent­ste­hen die tra­gi­schen Irr­we­ge und Unglücke von heu­te. Jeder Mei­len­stein die­ser Irr­we­ge ist durch Zer­stö­rung, Blut und Trä­nen gekenn­zeich­net.“ Den­noch darf die Hoff­nung nicht auf­ge­ge­ben wer­den, denn „aus solch tie­fer Bit­ter­keit erwächst auch in allen zivi­li­sier­ten Völ­kern, die sich nach Ruhe in der Ord­nung seh­nen, die Sehn­sucht und das Ver­lan­gen nach einer Rück­kehr zu auf­ge­ge­be­nen oder miß­ver­stan­de­nen Wahr­hei­ten“.

Die Ruhe in der Ord­nung, die der Frie­de Chri­sti ist, der sich auf das Gesetz des Evan­ge­li­ums grün­det, ist die ein­zi­ge Alter­na­ti­ve zum Krieg, der aus der mora­li­schen Unord­nung der Men­schen erwächst.

Fabio Fuia­no hat an der Uni­ver­si­tät Roma Tre einen Master in Bio­in­ge­nieur­we­sen erwor­ben. Der­zeit ist er Dok­to­rand in Maschi­nen­bau und Wirt­schafts­in­ge­nieur­we­sen an der glei­chen Uni­ver­si­tät. Er ist Vor­sit­zen­der der uni­ver­si­tä­ren Pro-Life-Bewe­gung „Uni­ver­si­ta­ri per la Vita“.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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