Der Bedarf an wirtschaftlicher Vorstellungskraft

Weder der Markt noch der Staat sind die Grundlage von Kultur und Wirtschaft, Gesellschaft und Staat


Die Familie ist die Grundlage von Kultur und Wirtschaft und damit von Gesellschaft und Staat. Die Grundlage sind weder der Markt noch der Staat.
Die Familie ist die Grundlage von Kultur und Wirtschaft und damit von Gesellschaft und Staat. Die Grundlage sind weder der Markt noch der Staat.

Die Kol­le­gen von Mes­sa in Lati­no haben den US-ame­ri­ka­ni­schen Öko­no­men John Hor­vath II. gebe­ten, auf grund­sätz­li­che Wei­se die im offe­nen Wider­streit lie­gen­den Wirt­schafts­theo­rien zu ana­ly­sie­ren und dies aus spe­zi­fisch tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ner Per­spek­ti­ve zu tun. Hier sein Text: 

Anzei­ge

Von John Hor­vath II.*

Der moder­ne Mensch lei­det an einem aku­ten Man­gel an wirt­schaft­li­cher Vor­stel­lungs­kraft. Die Ten­denz geht dahin, nur in Begrif­fen des frei­en Mark­tes und des Staa­tes als Wirt­schafts­mo­tor zu den­ken, der das Funk­tio­nie­ren der Gesell­schaft ermög­licht.
Daher haben die Libe­ra­len immer den frei­en Markt als Haupt­lö­sung für das moder­ne Lei­den favorisiert.

Die Sozia­li­sten sehen den Staat als Ver­sor­ger für Hil­fen und Dienst­lei­stun­gen, auf die sie Anspruch gel­tend machen. Der Kon­flikt zwi­schen die­sen bei­den Wirt­schafts­ein­hei­ten hat die Nach­kriegs­zeit als Kampf um die Vor­herr­schaft der einen über die ande­re defi­niert. Dies hat die Wirt­schaft mit Kon­junk­tur­zy­klen, Über­re­gu­lie­rung und fre­ne­ti­scher Unmä­ßig­keit überzogen.

Hybride Alternativen

Da die bestehen­de libe­ra­le Wirt­schafts­ord­nung all­mäh­lich zusam­men­bricht, ent­ste­hen neue hybri­de Vor­schlä­ge, die die Gren­zen zwi­schen Markt und Staat ver­wi­schen.
Eini­ge Kon­ser­va­ti­ve ver­su­chen, das von den Sozia­li­sten befür­wor­te­te Modell einer star­ken Regie­rung zu kana­li­sie­ren und für gute Zwecke zu nut­zen.
Über­wäl­tigt von den vie­len All­tags­pro­ble­men erlie­gen die­se Ver­fech­ter der Tra­di­ti­on der Ver­su­chung, einen star­ken Staat zu unter­stüt­zen, um ihrer tra­di­tio­na­li­sti­schen Agen­da Hil­fe und mora­li­sche Unter­stüt­zung zu ver­schaf­fen.
Der Staat scheint für sie die ein­zi­ge Kraft zu sein, deren Stär­ke den Gefah­ren die­ses sozia­len Zer­falls gewach­sen ist. Die­se Kon­ser­va­ti­ven glau­ben, daß sie eine Levia­than-Regie­rung kon­trol­lie­ren kön­nen, damit die­se nicht in den Sozia­lis­mus abgleitet.

Die Unzulänglichkeit des Leviathans

Die­se neue Abhän­gig­keit vom Staat bringt also nega­ti­ve Kon­se­quen­zen mit sich. Sie führt zu einem Teu­fels­kreis, in dem der Staat immer mehr Dienst­lei­stun­gen erbringt und zur Finan­zie­rung die­ser Dienst­lei­stun­gen eine immer höhe­re Steu­er­last auf­er­legt. Auf die­se Wei­se erstickt er die Gesell­schaft, die er eigent­lich unter­stüt­zen soll.
Sol­che Sicht­wei­sen las­sen eini­ge grund­le­gen­de Wahr­hei­ten über das wah­re Wesen der Wirt­schaft und ihre unter­ge­ord­ne­te Rol­le in der Gesell­schaft außer Acht.
In die­sen Per­spek­ti­ven wer­den dem Staat Funk­tio­nen zuge­schrie­ben, die über sei­ne wesent­li­che (wenn auch begrenz­te) Rol­le als Ord­nungs­fak­tor für das Gemein­wohl hin­aus­ge­hen.
Ange­sichts der Zer­set­zung der Gesell­schaft kann kei­ne Regie­rung der Welt alle not­wen­di­gen Güter und Dienst­lei­stun­gen bereit­stel­len. Kein noch so star­kes Steu­er­sy­stem kann genug Geld bereit­stel­len, um eine zer­fal­len­de Gesell­schaft zu erhal­ten. Es wird viel mehr nötig sein.

„Eine weite Welt der Selbständigkeit“

Jede Lösung muß das Gesamt­bild der Funk­ti­ons­wei­se von Gesell­schaft und Wirt­schaft berück­sich­ti­gen.
Die Ursprün­ge der Wirt­schaft lie­gen nicht in der Regie­rung, son­dern in der Fami­lie, der Gemein­schaft und dem Glau­ben. Wei­te Berei­che des mensch­li­chen Hand­lens fin­den außer­halb der Buch­hal­tung statt.
Die­ser nicht-wirt­schaft­li­che Pro­zeß schafft das, was der fran­zö­si­sche Histo­ri­ker Fer­nand Brau­del „die wei­te Welt der Selb­stän­dig­keit“ nennt.
Die­se Akti­vi­tä­ten brin­gen in den sozia­len Insti­tu­tio­nen einen immensen mate­ri­el­len und gei­sti­gen Reich­tum her­vor, die größ­ten­teils nicht ent­lohnt, nicht erfaßt und nicht ver­bucht wer­den und sich jeder Quan­ti­fi­zie­rung ent­zie­hen.
Der Sozio­lo­ge Robert Nis­bet stellt fest, daß es in jeder erfolg­rei­chen Wirt­schaft „Ver­ei­ni­gun­gen und Anrei­ze gibt, die durch nicht-öko­no­mi­sche Pro­zes­se der Ver­wandt­schaft, der Reli­gi­on und ver­schie­de­ne ande­re For­men sozia­ler Bezie­hun­gen genährt wer­den“.
Wenn wir die der­zei­ti­ge Kri­se lösen wol­len, müs­sen die Men­schen den immensen Reich­tum nut­zen, der von die­sen rie­si­gen nicht-wirt­schaft­li­chen Sek­to­ren erzeugt wird, die das Herz und die See­le der Wirt­schaft bil­den. Sie müs­sen die­se Insti­tu­tio­nen, ins­be­son­de­re den katho­li­schen Glau­ben, wie­der­be­le­ben, um eine ech­te Rück­kehr zur Ord­nung zu errei­chen.
Die­se natür­li­chen Ver­mitt­lungs­in­sti­tu­tio­nen bewah­ren die Frei­heit des Mark­tes und ver­hin­dern die Zwangs­maß­nah­men des Staa­tes.
Kon­ser­va­ti­ve tra­di­tio­na­li­sti­scher Prä­gung müs­sen die wirt­schaft­li­che Vor­stel­lungs­kraft besit­zen, um über die reli­gi­ons­lo­sen libe­ra­len Para­dig­men hin­aus­zu­blicken. Der Glau­be erlaubt es ihnen, von einer strah­len­den Welt (und Wirt­schaft) zu träu­men, die auf der christ­li­chen Zivi­li­sa­ti­on gründet.

*John Hor­vath II. ist Vor­stands­mit­glied der Ame­ri­ka­ni­schen Gesell­schaft zur Ver­tei­di­gung von Tra­di­ti­on, Fami­lie und Pri­vat­ei­gen­tum (TFP). Seit mehr als zwei Jahr­zehn­ten erforscht und ana­ly­siert er, was in der Kul­tur und Wirt­schaft der USA schief­läuft. Er ver­öf­fent­lich­te dazu das Stan­dard­werk: „Return to Order. From a Fren­zied Eco­no­my to an Orga­nic Chri­sti­an Socie­ty“ Sei­ne Ana­ly­sen wur­den in Medi­en wie Wall Street Jour­nal, der Chri­sti­an Post, Ame­ri­can Thin­ker, TheBla­ze, Cri­sis, FOX News und der Washing­ton Times veröffentlicht.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Paladin27/​Flickr

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