Die Axt an das sakramentale Priestertum gelegt

Gegen das sakramentale Priestertum sind destruktive Tendenzen und Kräfte am Werk


Mit der Axt gegen das Priestertum
Mit der Axt gegen das Priestertum

Ein Gast­kom­men­tar von Hubert Hecker

Anzei­ge

Seit der Ver­öf­fent­li­chung der MHG-Stu­die im Herbst 2018 sowie der Früh­jahrs­voll­ver­samm­lung der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz 2019 setz­te sich bei den mei­sten deut­schen Bischö­fen ein Kli­ma der Ver­däch­ti­gung gegen das Prie­ster­tum fest. Obwohl in den letz­ten drei­ßig Jah­ren der Anteil von über­grif­fi­gen Geist­li­chen auf etwa ein bis zwei Pro­zent zurück­ge­gan­gen war, wur­de ein „Gene­ral­ver­dacht“ gegen alle kirch­li­chen Mit­ar­bei­ter, aber ins­be­son­de­re gegen Kle­ri­ker in die Welt gesetzt. Der Esse­ner Gene­ral­vi­kar Klaus Pfef­fer, das Alter Ego von Bischof Over­beck, ver­trat die­se The­se in einer Her­der-Publi­ka­ti­on 2020.

Generalverdacht gegen alle Geistlichen als potentiellen Missbrauchstätern

Alle Mit­glie­der eines Systems gene­rell zu ver­däch­ti­gen ist in Rechts­staat und Kir­che eine völ­lig unmög­li­che, kate­go­risch aus­zu­schlie­ßen­de Metho­de. Histo­risch ist sie kenn­zeich­nend für tota­li­tä­re Macht­ha­ber. Erst­mals führ­ten fran­zö­si­sche Revo­lu­tio­nä­re in der Ter­ror­pha­se 1793 ein Gesetz zum Gene­ral­ver­dacht gegen alle Bür­ger ein. Auch dem Spit­zel­sy­stem der DDR mit sei­ner hun­der­tau­send­fa­chen ver­deck­ten Über­wa­chung der Bür­ger lag ein gene­rel­les Miss­trau­en zugrunde.

Mit der umfas­sen­den Ver­däch­ti­gung von Katho­li­ken und Kle­ri­kern als poten­ti­el­le Miss­brauchs­tä­ter folg­te Pfef­fer den Vor­ga­ben, die die Deut­sche Bischofs­kon­fe­renz unter der Lei­tung von Kar­di­nal Rein­hard Marx und den Bischö­fen Franz Josef Bode und Georg Bät­zing nach der MHG-Ver­öf­fent­li­chung aus­ge­ge­ben haben. Man fokus­siert sich auf die „alles ermög­li­chen­den syste­mi­schen und milieu­be­ding­ten Zusam­men­hän­ge“ und Ursa­chen für Miss­brauch, also die soge­nann­ten insti­tu­tio­nel­len Fak­to­ren, die angeb­lich sexu­el­le Über­grif­fe begün­sti­gen. Dazu zähl­te man ins­be­son­de­re den soge­nann­ten Kle­ri­ka­lis­mus und erklär­te die angeb­lich über­höh­te Sakra­li­sie­rung des Prie­ster­tums für missbrauchsfördernd.

Die­se spe­ku­la­ti­ven Ver­dachts­be­haup­tun­gen spe­zi­ell gegen katho­li­sche Prie­ster hat­ten kei­ner­lei empi­ri­sche Basis in der MHG-Stu­die. Aus deren Teil­pro­jek­ten 2, 3 und 6 hät­ten die DBK-Bischö­fe erfah­ren kön­nen, dass sich die Miss­brauchs­tä­ter im geist­li­chen Amt in ihrer Typo­lo­gie nicht von säku­la­ren Tätern unter­schei­den. Mit der Kle­ri­ka­lis­mus­the­se in Beru­fung auf die MHG-Stu­die betrie­ben die bischöf­li­chen Wort­füh­rer Miss­brauch des Miss­brauchs.

Pfef­fer ver­mit­tel­te den Ein­druck, dass die Kir­che eine „Täter­or­ga­ni­sa­ti­on“ sei. Die­se unge­heu­er­li­che Beschul­di­gung mach­te sich Bischof Bät­zing Ende 2020 eben­falls zu eigen. Er beschä­dig­te damit im öffent­li­chen Raum die Repu­ta­ti­on sei­ner Prie­ster. Zugleich wur­de das Selbst­ver­ständ­nis der Prie­ster ange­grif­fen. Denn wel­cher Prie­ster oder Kan­di­dat für das Prie­ster­amt will schon Mit­ar­bei­ter einer Täter­or­ga­ni­sa­ti­on sein?

Bischof Bät­zing war zu Beginn des Syn­oda­len Wegs Co-Vor­sit­zen­der des Forums IV zur katho­li­schen Sexu­al­ethik, das von vorn­her­ein den Irr­weg ein­schlug, ohne Rück­griff auf bibli­sche Leh­re und kirch­li­che Tra­di­ti­on, aber in Anleh­nung an bestimm­te human­wis­sen­schaft­li­che Trends eine neue, „ander­ska­tho­li­sche“ Sexu­al­mo­ral zu konzipieren.

Als neu­er Vor­sit­zen­der der DBK über­nahm er im März 2020 den Co-Vor­sitz des Syn­oda­len Wegs. Damit war er auch mit­ver­ant­wort­lich für das Forum II: Prie­ster­li­che Exi­stenz heu­te. In die­ser Arbeits­grup­pe wur­den die soge­nann­ten syste­mi­schen Miss­brauchs-Risi­ko­fak­to­ren wie sakral über­höh­tes Prie­ster­bild, Kle­ri­ka­lis­mus und Zöli­bat vor­ge­bracht und damit der Gene­ral­ver­dacht auf­ge­wärmt. Es fiel selbst säku­la­ren Zei­tungs­kom­men­ta­to­ren auf, wie Syn­oda­le und Bischö­fe die Prie­ster schlecht­re­de­ten. Das geschah beson­ders scharf durch Lai­en­funk­tio­nä­re, von den Bischö­fen aber geduldet.

Abkehr von Konzilsdokumenten auf dem Synodalen Weg

Auf die­ser kri­ti­schen Basis wur­den dann in dem Grund­la­gen­pa­pier des Forums II der Kampf gegen das Prie­ster­tum mit ein­sei­ti­ger Argu­men­ta­ti­on aus der vati­ka­ni­schen Kon­zils­kon­sti­tu­ti­on Lumen Gen­ti­um (LG) theo­lo­gisch aus­ge­tra­gen. Die Syn­oda­len ver­such­ten, das beson­de­re sakra­men­ta­le Prie­ster­tum nivel­lie­rend ein­zu­eb­nen zu den „vie­len ande­ren Dien­sten und Gei­stes­ga­ben in der Kir­che“ (S.14). Dabei scheu­ten sie nicht vor plum­pen Fäl­schun­gen und drei­sten Aus­las­sun­gen zurück.

Unter­schla­gen wer­den die Kon­zils­aus­füh­run­gen zum sakra­men­ta­len Wei­he­prie­ster­tum: Die Bischö­fe ste­hen zusam­men mit den Prie­stern und Dia­ko­nen „an Got­tes Stel­le der Her­de vor, deren Hir­ten sie sind, als Leh­rer in der Unter­wei­sung, als Prie­ster im hei­li­gen Kult, als Die­ner in der Lei­tung“ (LG 20). Sie haben die durch die Wei­he über­tra­ge­nen Ämter der Leh­re, Lei­tung und Hei­li­gung aus­zu­üben (LG 21).

Der Syn­od­al­text unter­schlägt eben­falls die ent­schei­den­de Kon­zils­be­stim­mung von der wesent­li­chen Unter­schei­dung des all­ge­mei­nen vom beson­de­ren Prie­ster­tum, nach der bei­de auf je beson­de­re Wei­se am Prie­ster­tum Chri­sti teil­ha­ben: „Der Amts­prie­ster näm­lich bil­det kraft sei­ner hei­li­gen Gewalt, die er inne­hat, das prie­ster­li­che Volk her­an und lei­tet es. Die Gläu­bi­gen hin­ge­gen wir­ken kraft ihres könig­li­chen Prie­ster­tums an der eucha­ri­sti­schen Dar­brin­gung mit und üben ihr Prie­ster­tum aus im Emp­fang der Sakra­men­te, im Gebet, in der Dank­sa­gung, im Zeug­nis eines hei­li­gen Lebens, durch Selbst­ver­leug­nung und täti­ge Lie­be“ (LG 10).

Gegen­über die­ser ein­deu­ti­gen Auf­ga­be der Prie­ster, die eucha­ri­sti­schen Gaben dar­zu­brin­gen, das gläu­bi­ge Volk her­an­zu­bil­den, zu lei­ten und zu hei­li­gen, ver­wäs­sern und ver­wi­schen die Syn­oda­len den Lei­tungs­dienst. Zwar ist die For­de­rung berech­tigt und auch schon viel­fach Pra­xis, dass eine gute prie­ster­li­che Lei­tung die „Par­ti­zi­pa­ti­on vie­ler an den viel­fäl­ti­gen Auf­ga­ben der Kir­che“ ermög­licht. Aber in den Forums­pa­pie­ren I und II wur­den die Begrif­fe Par­ti­zi­pa­ti­on und Teil­ha­be mei­stens als Kampf­wor­te gegen die angeb­li­che Macht­fül­le und den Macht­miss­brauch der Prie­ster eingesetzt.

Die Syn­oda­len vom Forum II behaup­ten apo­dik­tisch: „Für Chri­sten gibt es kei­nen Prie­ster außer Jesus“, da nur einer (Chri­stus) Mitt­ler sei zwi­schen Gott und den Men­schen. Die­se luthe­ri­sche The­se ist dar­auf gerich­tet, der Legi­ti­mi­tät des sakra­men­ta­len Prie­ster­tums den Boden zu ent­zie­hen. Jeden­falls ist nach den defi­ni­ti­ven Aus­sa­gen von Bibel, Tra­di­ti­on und Lehr­amt das Gegen­teil der obi­gen Syn­odal­be­haup­tung rich­tig: Die sakra­men­ta­len Prie­ster sind „geweiht nach dem Bil­de Chri­sti, des höch­sten und ewi­gen Prie­sters, zur Ver­kün­di­gung der Froh­bot­schaft, zum Hir­ten­dienst an den Gläu­bi­gen und zur Fei­er des Got­tes­dien­stes und in die­sem Auf­trag sind sie wirk­lich Prie­ster des Neu­en Bun­des“ (LG 28).

Wie gesagt, lässt das Syn­odal­pa­pier die kla­ren Ansa­gen und Auf­ga­ben des sakra­men­ta­len Prie­ster­tums durch die Dog­ma­ti­sche Kon­zils­kon­sti­tu­ti­on Lumen gen­ti­um unter den Tisch fal­len. Statt­des­sen fabu­lie­ren die Syn­oda­len über dif­fu­se prie­ster­li­che Auf­ga­ben wie „Ver­mitt­lung des unver­füg­ba­ren Geheim­nis­ses, das den Men­schen unbe­dingt angeht“. Mit die­ser pro­te­stan­ti­schen Auf­lö­sung der per­so­na­len Got­tes­be­zie­hung in einen exi­sten­ti­el­len Betrof­fen­heits­ge­stus lösen sich die Syn­oda­len voll­stän­dig von der biblisch-christ­li­chen Glau­bens­grund­la­ge, ins­be­son­de­re der inni­gen Bezie­hung Jesu Chri­sti zum Vater. Damit wird jedem Gebet, jeder Form der per­so­na­len Got­tes­ver­eh­rung und jedem sakra­men­ta­len Got­tes­dienst­han­deln der Prie­ster der Boden entzogen.

Das Forums­pa­pier zeigt die ten­den­ziö­se Rich­tung der Text­au­to­ren an, die Axt an das sakra­men­ta­le Prie­ster­tum zu legen.

Die Stimmungsmache gegen das katholische Priestertum zeigte Wirkung …

Die Fol­gen die­ser Stim­mungs­ma­che gegen das katho­li­sche Prie­ster­tum zeig­ten sich schon bei der 2. Voll­ver­samm­lung des Syn­oda­len Wegs im Okto­ber 2021. Bei der Dis­kus­si­on des ent­spre­chen­den Grund­la­gen­tex­tes wur­de von Syn­oda­len der Dis­kus­si­ons­an­trag gestellt, „ob die Kir­che über­haupt das sakra­men­ta­le Prie­ster­tum braucht“. Den Antrag nahm eine knap­pe Mehr­heit von 95 zu 94 Stim­men an. Tat­säch­lich wur­de spä­ter die pro­te­stan­ti­sche The­se, dass es für Chri­sten kei­nen Prie­ster außer Jesus gebe (sie­he oben), in das End­do­ku­ment vom Forum II aufgenommen.

… und Bischof Bätzing duckte sich weg

Spä­te­stens bei der Antrag­stel­lung hät­te der Co-Vor­sit­zen­de Georg Bät­zing als katho­li­scher Prie­ster und bischöf­li­cher Epi­sko­pos (Auf­se­her über die Kir­chen­leh­re) Wider­spruch ein­le­gen müs­sen und den grund­stür­zen­den Antrag nicht zulas­sen dür­fen. Aller­dings hät­te das den Mut des Glau­bens­zeu­gen bedurft, ins­be­son­de­re bei dem zu erwar­ten­den Rede­schwall von Irme Stet­ter-Karp. Zumin­dest hät­te er mit theo­lo­gi­schen Argu­men­ten ener­gi­schen Pro­test vor­ge­tra­gen müs­sen, um die Mehr­heit der Dele­gier­ten von einer feh­ler­haf­ten Ent­schei­dung abzuhalten.

Doch Bischof Bät­zing tat es nicht, er duck­te sich, ging dem Kon­flikt mit den Lai­en­syn­oda­len aus dem Weg.

Er ist dafür ver­ant­wort­lich, dass eine häre­ti­sche For­mu­lie­rung gegen das sakra­men­ta­le Prie­ster­tum auf dem Syn­oda­len Weg letzt­end­lich beschlos­sen wur­de. Für sei­ne anschlie­ßen­de Erklä­rung nach der Abstim­mung, dass es kei­ne katho­li­sche Kir­che gebe ohne Prie­ster­amt, hat­ten die Syn­oda­len nur ein Ach­sel­zucken für die „Mei­nung“ des Bischofs übrig, der laut dem von den Bischö­fen geneh­mig­ten Sta­tut nur als ein­fa­ches Abstim­mungs­mit­glied zählt.

Bischof Bät­zing bekräf­tig­te im Sep­tem­ber 2023 gegen­über einer Jour­na­li­stin sei­ne Auf­fas­sung, dass es „eine katho­li­sche Kir­che ohne Prie­ster nicht gibt.“ Tat­säch­lich beschä­digt der dra­ma­ti­sche Rück­gang von Prie­ster­wei­hen sowie die lai­ka­le Stim­mungs­ma­che gegen das sakra­men­ta­le Prie­ster­tum die Iden­ti­tät der katho­li­schen Kirche.

Auf die­sem Hin­ter­grund muss sich der Lim­bur­ger Bischof, zugleich Vor­sit­zen­der der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, fra­gen lassen:

Was will und wird Bischof Bät­zing in sei­nem Bis­tum, in der Bischofs­kon­fe­renz sowie gegen­über dem ZdK tun, um einer­seits die Bedeu­tung und Wer­tig­keit von sakra­men­ta­lem Prie­ster­tum und Eucha­ri­stie­fei­ern zu för­dern und ande­rer­seits gegen die ent­spre­chend destruk­ti­ven Ten­den­zen und Kräf­te vorzugehen?

Bild: MiL

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