(Rom) Papst Franziskus machte es vor: Inzwischen findet ein zweideutiges Handzeichen in der Kirche weitere Nachahmer.
Verstörende Geste
Am 16. Januar 2015 war Franziskus, zusammen mit dem damaligen dortigen Erzbischof Kardinal Luis Antonio Tagle, in der Mall-of-Asia-Arena in Manila auf den Philippinen vor etwa 20.000 versammelte Personen getreten und hatte diese mit einer Handbewegung gegrüßt, die für großes Aufsehen sorgte.
Bei den Versammelten handelte es sich um Familien. Wenige Tage später, auf dem Rückflug nach Rom, beleidigte Franziskus kinderreiche katholische Familien als „Karnickel“.
Wollte der Papst schon bei seinem Auftritt in Manila die Familien kritisieren? Hatte er ihnen die Mano cornuta, die gehörnte Hand der Satanisten, gezeigt? Oder wollte er seine Sympathie für die Metal-Rock-Szene bekunden? Wollte er die anwesenden Männer beleidigen und ihnen sagen, daß ihre Ehefrauen sie betrügen? Wollte er Untreue signalisieren, wie es in mehreren europäischen Kulturen mit dieser Geste gebräuchlich ist, von Spanien bis in die Tschechische Republik? Oder vollzog er eine abergläubische Geste, die ihn vor Unheil schützen sollte? So nämlich ist das Corna-Zeichen (ital. Corna für Hörner) in Argentinien durch die vielen italienischen Einwanderer bekannt, darunter auch die Familie Bergoglio.
Internationale Presseagenturen und kirchliche Medien bemühten sich sofort um Beruhigung. So schrieb Associated Press (AP), eine der drei großen Agenturen, die weltweit den Informationsfluß lenken, als Beschreibung zu einem Bild, das Franziskus mit diesem Handzeichen zeigte:
„Papst Franziskus und Manilas Erzbischof Luis Antonio Tagle grüßen die Menge mit dem beliebten Handzeichen ‚I Love You‘ [‚Ich liebe dich‘] während eines Treffens mit Familien in der Mall-of-Asia-Arena in Manila, Philippinen, am Freitag, dem 13. Januar 2015. Als Franziskus die überfüllte Arena mit 20.000 Sitzplätzen betrat, begrüßte und segnete er die Menschen, auf dem Weg zur Bühne.“
Das Handzeichen, so die Agentur, habe nichts mit dem „Bösen Blick“ und nichts mit der Musikgruppe Black Sabbath zu tun. Es gehöre zum US-amerikanischen Fingeralphabet für Gehörlose und stehe in keinem Zusammenhang mit Satanismus und der Hard-Rock-Szene. Es sei das Zeichen für I Love You, kurz ILY-Zeichen genannt, das sich aus den zusammengenommenen Zeichen der drei Buchstaben im Fingeralphabet ergebe.
Warum aber verwendet der Papst ein Zeichen, das so ungeheuerliche Verdachtsmomente aufkommen läßt, so schwerwiegende Mißverständnisse auslösen kann und nachträgliche Erklärungen notwendig macht?
Am 27. Juni 2018 wiederholte Franziskus die Geste bei der Generalaudienz in der vatikanischen Audienzhalle Paolo VI. Wiederum mußten die kirchlichen Medien ausrücken, um die Geste schönzureden. Der Avvenire, die Tageszeitung der italienischen Bischöfe, titelte am selben Tag in seiner Online-Ausgabe:
„Die Kuriosität: Und Franziskus verwendet den Rock-Gruß.“
Und schrieb:
„Vor der Generalaudienz machte der Papst die Hörner-Geste mit drei Fingern, die bedeutet: Ich liebe dich. Vom erhobenen Daumen bis zum Gebet mit den fünf Fingern, er ist ein Papst, der auch mit den Händen spricht.“
Der „Rock-Gruß“, also das inzwischen bekannteste Symbol der Metal-Szene, meint jedoch eindeutig nicht „Ich liebe dich“, sondern zeigt die Teufelshörner.
Es herrscht also ziemliche Verwirrung.
Verschwommener Ursprung
Der Ursprung des Handzeichens ist verschwommen und kaum greifbar. Anders als häufig behauptet, findet es sich in den verschiedenen Fingeralphabeten und Gebärdensprachen, die sich im Laufe der vergangenen Jahrhunderte in verschiedenen Ländern für Gehörlose entwickelten, nicht. Einfügungen, wie in das französische Fingeralphabet nach Albert Tabaot, der die Mano cornuta für den Buchstaben H verwendet, stammen erst aus allerjüngster Zeit. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, daß Finger- und Gebärdensprachen in Frankreich nach dem Zweiten Internationalen Taubstummen-Lehrer-Kongreß in Mailand 1880 für mehr als ein Jahrhundert im Schulunterricht untersagt waren. Das änderte sich erst 1990.
Die Karrierebibel von Jochen Mai streift das ILY-Zeichen noch 2024 nur ganz am Rande und zwar im Kontext des Corna-Zeichens.
Was aber läßt sich nachweisen?
Nachweislich wurde das ILY-Zeichen erstmals 1976 von dem Fernsehmoderator Richard Dawson im US-Fernsehen verwendet. Rückdatierungen als Teil der Gehörlosensprache bis ins Jahr 1905 lassen sich nicht belegen und sind vielmehr nachträgliche Erfindungen. Sie haben damit zu tun, daß das Fingeralphabet vielfach Helen Keller zugeschrieben wird, die damit allerdings nichts zu tun hat, da sie eine Gebärdensprache verwendete. Das Corna/ILY-Zeichen war vor den 70er Jahren unter Gehörlosen völlig unbekannt.
Das Corna-Zeichen als negative Geste, wie sie von Geheimgesellschaften, im Satanismus und in Italien auch zur Beleidigung und im abergläubischen Sinn als Bannzeichen („malocchio“, „Böser Blick“) oder etwa in Spanien im Sinn von Untreue verwendet wurde, ist deutlich älteren Datums.
In die Metal-Szene, die auch häufig genannt wird, kam das Zeichen erst parallel zum Auftreten als „I Love You“-Geste auf. Das hat seinen Grund, weil die Zeichen nicht unterschieden wurden. Die Urheberschaft beanspruchen zwei Hard-Rock-Sänger: der israelische US-Amerikaner Gene Simmons (eigentlich Chaim Witz) von der US-Rockband Kiss und der italienischstämmige US-Amerikaner Ronnie James Dio (eigentlich Ronald James Padavona) in seiner Zeit als Sänger der englischen Heavy-Metal-Band Black Sabbath.
Simmons beanspruchte das Urheberrecht auf das in der Metal-Szene inzwischen verbreitete Corna/ILY-Zeichen, das er sogar patentieren lassen wollte. Er machte geltend, damit auf einem 1977 veröffentlichten Kiss-Album abgebildet zu sein. Dort zeigte er das Corna-Zeichen, in der I‑Love-You-Form.
Padavona, der sich den Künstlernamen Dio zulegte, was im Italienischen Gott heißt, beansprucht das Corna-Zeichen in seiner ersten Zeit als Black-Sabbath-Sänger (1979–1983) in die Metal-Szene eingeführt zu haben. Bei der Band-Tour 1980, die den Titel „Heaven and Hell“ („Himmel und Hölle“) trug, zeigte er synonym sowohl das Corna- als auch das ILY-Zeichen, also das Zeichen mit zwei oder drei Fingern. Das ILY-Zeichen in dem heute hineininterpretierten positiven Sinn war damals eben noch kaum bekannt.
Der Unterschied der beiden Gesten liegt, folgt man der Auslegung jener, die Papst Franziskus verteidigten, in der Verwendung des Daumens. Das Corna-Zeichen zeige zwei gespreizte Finger: den Zeigefinger und den kleinen Finger. Das I‑Love-You-Zeichen zeige zusätzlich noch den abgespreizten Daumen. Wie jedoch aufgezeigt, wurden und werden beide Formen synonym verwendet und das von Kreisen, die damit jedenfalls nicht oder nicht nur „Ich liebe dich“ ausdrücken wollen.
Kurzum: Bis in die 70er Jahre wurde ein dem Corna-Zeichen ähnliches Zeichen im Bereich der Gehörlosensprachen bewußt vermieden, um Zweideutigkeiten zu vermeiden. Diese Scheu ging – kulturhistorisch wohl kein Zufall – dann aber offenbar verloren. Die Gehörlosen und ihre Kommunikationstechniken spielten dabei keine Rolle.
1968 als Wendepunkt
Das Jahr 1968 läßt sich als Wendepunkt festmachen, zumindest indirekt. In dem Beatles-Zeichentrickfilm Yellow Submarine, einem psychedelischen Märchen, der in jenem Jahr in die Kinos kam und an dessen Konzeption und Herstellung die Beatles selbst keinen Anteil hatten, ist John Lennon mehrfach mit dem Handzeichen zu sehen, bei dem man heute Wert darauf legt, es als ILY-Zeichen vom Corna-Zeichen zu unterscheiden, obwohl sich beide ihrer Herkunft nach nicht wirklich unterscheiden lassen. Der Sinn dieser damals im ILY-Sinn unbekannten Geste in dem Zeichentrickfilm erschließt sich nicht. Nachträglich wurde – unbelegt – behauptet, die Beatles hätten diese Geste des US-amerikanischen Fingeralphabets, in dem es angeblich für „Liebe“ stehe, übernommen und so in der Hippie-Szene verbreitet.
Tatsächlich ist die okkult-psychedelische Band Coven, lange vor Simmons und Dio, auf ihrer 1969 veröffentlichten Langspielplatte „Witchcraft Destroys Minds and Reaps Souls“ („Hexerei zerstört den Verstand und erntet Seelen“) mit dem Corna-Zeichen zu sehen. Das Album enthält ein Poster, das die Band bei einer Schwarzen Messe zeigt, und auf der Platte selbst ist ein dreizehn Minuten dauerndes Musikstück mit dem Titel Black Mass zu hören.
Im selben Jahr 1969 veröffentlichte der US-amerikanische Satanist und Sozialdarwinist Anton Szandor LaVey (eigentlich Howard Stanton Levey) das Buch „The Satanic Bible“ („Satanische Bibel“). LaVey hatte 1966 in San Francisco die Church of Satan (Kirche Satans) gegründet und 1968 eine LP eingespielt mit dem Lied „The Satanic Mass“. In der Satanischen Bibel schreibt er zum Corna-Zeichen:
„Die gehörnte Hand ist das Erkennungs- und Treuezeichen des Satans-Dieners.“
Und auch:
„Die Zeit ist gekommen. Das Zeichen der Hörner wird nicht mehr nur wenigen, sondern vielen erscheinen, und der Zauberer wird vor dem stehen, der es erkennen kann.“
Schon der Übergang derselben Geste von so verschiedenen Milieus wie der Hippie-Szene auf die Metal-Szene, und das unter entgegengesetzten Vorzeichen (da „Liebe“, dort „Satan“), läßt Zweifel an der Darstellung aufkommen.
Warum verwendet ein Papst ein so ambivalentes Zeichen?
Die Angaben zur Herkunft des Zeichens könnten widersprüchlicher nicht sein. Da die Verwendung als Satanssymbol wesentlich älter ist, liegt auf alle Fälle der Versuch einer Inhaltsverschiebung vor (ein negatives Zeichen wurde zu einem positiven umgedeutet). Die Ambivalenz ist unübersehbar, wie der Urheberstreit und die synonyme Verwendung belegen.
Die Frage nach der Notwendigkeit einer so zweideutigen Geste bleibt damit allerdings unbeantwortet. Ebenso die Frage, warum Papst Franziskus diese Geste verwendete. Es ist auch nicht bekannt, wer ihn dazu veranlaßte. War es der neben ihm stehende Kardinal Tagle, der die Geste ebenfalls vollzog, oder etwa der Franziskus-Berater, Jesuit und Homo-Aktivist James Martin, der 2013 im US-Fernsehen sogar das Corna-Zeichen zeigte, angeblich, um seine Sympathie für die Metal-Szene zu bekunden?
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß nach 1968 ein bis dahin in der zivilisierten Welt eindeutig negativ definiertes Zeichen plötzlich in sein Gegenteil uminterpretiert wurde, wobei der Ursprung und die Herkunft dieser Uminterpretation völlig im dunkeln liegen und diese Neudefinition seit den 90er Jahren durch die Massenmedien Verbreitung findet.
Fakt ist, daß das umstrittene Handzeichen seither und nicht zuletzt wegen Papst Franziskus weitere Anhänger findet. Gestern veröffentlichte Radio Vatikan auf X (Twitter) und Facebook Fotos aus seinen Studios, um eine Neuerung zu bewerben. Der „Hörfunksender des Papstes“ überträgt ab heute, dem 8. Januar, von Montag bis Freitag zu unterschiedlichen Zeiten nicht nur den Ton, sondern auch ein Bild aus den Sendestudios. Man kann also den Moderatoren, Sprechern und Technikern bei der Arbeit zuschauen. Eine Sprecherin zeigt auf den veröffentlichten Bildern die umstrittene Geste, zweifelsfrei das ILY-Zeichen, wie man auf Nachfrage erklären würde.
Dennoch…
Man muß es bei den Ausdeutungen nicht übertreiben und sollte keine bösen Absichten unterstellen, wo keine vorhanden sind. Viel, wohl sehr viel, geschieht aus Gedankenlosigkeit. Dabei spielt Nachahmung eine wichtige Rolle. Gesten und Symbole haben aber nunmal ihre Bedeutung. Es sollte daher mit ihnen nicht gleichgültig umgegangen werden. Grundsätzlich empfiehlt sich ein Verzicht auf Zweideutigkeiten.
Durch die Umdeutung, in den vergangenen Jahren, auch mit Hilfe von Papst Franziskus, wird weltweit sorgloser die Mano cornuta gezeigt, wenn auch behauptet wird, sie meine nicht den Satan. Zeigt sich aber nicht auch darin eine bedenkliche Umdeutung der Realität, wie sie vielfach und auf vielen Ebenen zu beobachten ist, und mit der die Dinge auf den Kopf gestellt werden? Heiligt jede nette Interpretation die Mittel?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: X/Colbert Report/Youtube/Wikicommons (Screenshots)
„Warum aber verwendet der Papst ein Zeichen, das so ungeheuerliche Verdachtsmomente aufkommen läßt, so schwerwiegende Mißverständnisse auslösen kann und nachträgliche Erklärungen notwendig macht?“
Weil er genau so etwas mag. Die verführerische Einflüsterung von außen mag dabei ILY gewesen sein, das unbewusste Innere ungesagt. Und das gegebenenfalls Zeichen für uns ist leicht zu lesen: Die moderne Kirche der Zweideutigkeiten – siehe auch das Gesangsbuch der Kirche (Tau/feministischer Sexismus) – zeigt sich nicht mehr klar und verständlich. Sie will nicht mehr Kirche sein.
In St. Sixtus in Haltern gibt es ein auffälliges Kreuz, ein Stamm mit zwei schräg wie beim Ypsilon aufstrebenden Ästen. Diese Form sah auch die Resl von Konnersreuth.
Auf den Kopf gestellt ist es das Peace-Zeichen.
ich habe den Eindruck, daß Papst Franziskus Zweideutigkeiten bewußt (das scheint jesuitisch zu sein) einsetzt, dafür sehe ich die Gründe
– man kann gleichzeitig zwei unterschiedlichen Lobbygruppen gefallen,
– man kann Prozesse anstoßen, ohne sich selber festzulegen,
– man kann testen, wie weit sich Protest erhebt und ob man weitergehen kann oder die „Zeit dafür noch nicht reif ist“.
Meiner Ansicht nach müssen Zweideutigkeiten vermieden werden, um kein Ärgernis zu geben.
Diese Geste vom James Martin
sagt doch schon, welcher
Geist er ist und dann auch noch
Vertrauter vom F.….
Dieses Aussehen erschaudert
einem, schrecklich!
Besten Dank für diese profunde Darstellung einer komplizierten Angelegenheit.
Oder doch nicht so kompliziert? Offenbar ist die Verwirrung genau intendiert.
Intendiert ist zwangsläufig auch das Spielen mit dem Okkulten. Das war schon an dem furchtbaren „Stang“, dem doppelt auslaufenden Stab, sichtbar, den Papst Franziskus einmal (in Dublin, glaube ich) verwendete. Der ist ein Hexensymbol.
Es war auch an dem aus drei Sechsern bestehenden keltischen Symbol sichtbar, das Franziskus in Dublin verwendete. Ich habe mich hier dazu geäußert (mit Links):
https://katholisches.info/2018/11/10/der-diktatorpapst/
Dank jedenfalls an die Redaktion für diese Aufklärungsarbeit! Vielleicht kann auch Pater Siano das noch vertiefen.
Für den Hl. Vater dürfte es nur ein Zeichen geben, mit dem er die Menschen segnet, das des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, in dem allein das Heil zu finden ist.