Wenn der Papst einen Gotteslästerer zitiert

Die gezielten Gesten


Papst Franziskus mit Portugals katholischem Staatspräsidenten Marcelo Rebelo de Sousa. Diesem wollte das Kirchenoberhaupt mit seinem Zitat nicht schmeicheln, offensichtlich aber den regierenden Sozialisten und den 50 Prozent der Wähler, die bei den vergangenen Parlamentswahlen linke Parteien wählten.
Papst Franziskus mit Portugals katholischem Staatspräsidenten Marcelo Rebelo de Sousa. Diesem wollte das Kirchenoberhaupt mit seinem Zitat nicht schmeicheln, offensichtlich aber den regierenden Sozialisten und den 50 Prozent der Wähler, die bei den vergangenen Parlamentswahlen linke Parteien wählten.

Von Julio Loredo*

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In sei­ner Anspra­che an die Behör­den in Lis­sa­bon am Mitt­woch, dem 2. August, zitier­te Papst Fran­zis­kus den por­tu­gie­si­schen Schrift­stel­ler José Sara­ma­go: „Denn, wie Sara­ma­go bemerk­te, ‚was der Begeg­nung den wah­ren Sinn gibt, ist die Suche, und man muß einen lan­gen Weg gehen, um das Nahe zu errei­chen‘ “.
Für den Durch­schnitt­s­eu­ro­pä­er sagt der Name Sara­ma­go viel­leicht nichts. Für die por­tu­gie­si­schen Katho­li­ken ist er jedoch der Inbe­griff des Bösen, der Blas­phe­mie und der Abnei­gung gegen die Kir­che. Als Athe­ist, Kom­mu­nist und Got­tes­lä­ste­rer schrieb Sara­ma­go 1991 das Buch „Das Evan­ge­li­um nach Jesus Chri­stus“, das eine hef­ti­ge Reak­ti­on der kirch­li­chen Behör­den und der Gläu­bi­gen in Lusi­ta­ni­en auslöste.

Mit dem Vor­wurf, der Autor sei ein „beken­nen­der Athe­ist und reue­lo­ser Kom­mu­nist“, schrieb Msgr. Eurico Dias Noguei­ra, der dama­li­ge Erz­bi­schof von Bra­ga und Pri­mas von Portugal:

„Das Werk ent­hält ein wahn­wit­zi­ges Leben Chri­sti, das aus der Per­spek­ti­ve von [Sara­ma­gos] poli­tisch-reli­giö­ser Ideo­lo­gie kon­zi­piert und durch die­se Para­me­ter ver­zerrt wur­de, was zu einem blas­phe­mi­schen Buch führt, das die histo­ri­sche Wahr­heit mit Füßen tritt und die größ­ten Per­sön­lich­kei­ten des Neu­en Testa­ments, wie die Mut­ter­got­tes, den hei­li­gen Josef und die Apo­stel, sowie Chri­stus selbst, die Haupt­ziel­schei­be, ver­leum­det. Daher ist die­ses Buch eine Belei­di­gung für gläu­bi­ge Chri­sten: für uns alle.“

Um die Abgrün­de des Bösen zu ver­ste­hen, die Sara­ma­go erreicht, und um mich bei den Lesern für die Grob­heit der Sze­ne zu ent­schul­di­gen, erin­ne­re ich dar­an, daß Sara­ma­go in dem Buch unter Miß­ach­tung der histo­ri­schen Wahr­heit, des Glau­bens und des christ­li­chen Gei­stes einen sexu­el­len Akt zwi­schen der Mut­ter­got­tes und dem hei­li­gen Josef vor­stellt, bei dem Gott­va­ter sei­nen Samen mit dem Josefs ver­mischt hät­te und aus dem Jesus gezeugt wor­den wäre.

Die Jung­fräu­lich­keit Mari­as, die vor, wäh­rend und nach der Geburt unbe­fleckt war, wird in skan­da­lö­ser Wei­se mit der Behaup­tung geleug­net, daß sie von Joseph acht wei­te­re Kin­der bekom­men hät­te. Jesus wäre der Erst­ge­bo­re­ne gewe­sen und der ein­zi­ge, der der Anony­mi­tät ent­kom­men ist. Jesus wür­de dann das Haus sei­nes Vaters ver­las­sen und Maria Mag­da­le­na in einem Bor­dell tref­fen, um danach mit ihr im Kon­ku­bi­nat zu leben.

Um die Blas­phe­mie und Ket­ze­rei zu ver­voll­stän­di­gen, ist die Bezie­hung zwi­schen Jesus und dem Ewi­gen Vater alles ande­re als freund­lich. Sara­ma­gos Jesus ist skep­tisch, vol­ler Zwei­fel, ein rebel­li­scher Geist. Gott der Vater ist rach­süch­tig, cho­le­risch, unge­dul­dig mit den exi­sten­ti­el­len Pro­ble­men sei­nes Soh­nes. Das geht so weit, daß Jesus kurz vor sei­nem Tod am Kreuz in Abwand­lung des Evan­ge­li­ums sagt: „Men­schen, ver­gebt ihm, denn [Gott] weiß nicht, was er tut“.

Sein Wider­spruch zur Kir­che war so groß, daß ihm der Osser­va­to­re Roma­no – sonst ver­schwen­de­risch an freund­li­chen Bemer­kun­gen – bei sei­nem Tod im Jahr 2010 [damals regier­te noch Papst Bene­dikt XVI.] einen ziem­lich bis­si­gen Arti­kel wid­me­te, der so weit ging, ihn als „einen Mann und Intel­lek­tu­el­len ohne meta­phy­si­schen Anspruch zu bezeich­nen, der bis zuletzt an sei­nem stu­ren Glau­ben des histo­ri­schen Mate­ria­lis­mus, auch bekannt als Mar­xis­mus, fest­hielt“, einen, der sich „klar und deut­lich“ ent­schie­den hat­te, sich „auf die Sei­te des Unkrauts im evan­ge­li­schen Wei­zen­feld zu stellen“.

Es ist wirk­lich trau­rig zu sehen, wie ein römi­scher Papst sich posi­tiv über eine Per­son äußert, die sich, um den Aus­druck des vati­ka­ni­schen Organs zu ver­wen­den, „auf die Sei­te des Unkrauts“ gestellt hat, das, wie das Evan­ge­li­um in Erin­ne­rung ruft, vom Bösen gesät wurde.

*Julio Lore­do, Vor­sit­zen­der von TFP (Tra­di­ti­on, Fami­lie, Pri­vat­ei­gen­tum) Italien

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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