Pariser Kathedrale: Keine „Theateraufführung der Priester“ in Notre-Dame

Erzbischof Ulrich stellte neues liturgisches Mobiliar vor


Der neue Volksaltar © Diocèse de Paris
Der neue Volksaltar © Diocèse de Paris

Von einer Katholikin

Anzei­ge

„Die Mes­se ist kei­ne Thea­ter­auf­füh­rung mit den Prie­stern auf einer Büh­ne und Zuschau­ern, die dem eucha­ri­sti­schen Geheim­nis fremd gegenüberstehen.“

Wenn eine sol­che Pro­gram­ma­tik die Gestal­tung neu­en lit­ur­gi­schen Mobi­li­ars bestimmt – ins­be­son­de­re in Zei­ten des lit­ur­gi­schen Kamp­fes gegen die über­lie­fer­te Lit­ur­gie und gleich­zei­ti­ger sog. syn­oda­ler Pro­zes­se – ist höch­ste Vor­sicht gebo­ten. Noch dazu, wenn die­se Töne aus der Erz­diö­ze­se Paris kom­men. Sie ist als größ­te Diö­ze­se Frank­reichs nach Zahl der Gläu­bi­gen und Lage in der Haupt­stadt auch die bedeu­tend­ste Diö­ze­se und ihr Erz­bi­schof gewis­ser­ma­ßen das Gesicht der Kir­che in Frank­reich. Wenn die­ser in einem Video­state­ment „die katho­li­sche Lit­ur­gie des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils“ beschwört, ist mehr als Kopf­schüt­teln über so viel Unkennt­nis angebracht.

Als am 15. April 2019 Not­re-Dame de Paris lich­ter­loh brann­te, zer­schlug der Dach­rei­ter der Kathe­dra­le das Dach­ge­bälk. Trüm­mer beschä­dig­ten den 1989 von Kar­di­nal Lusti­ger geweih­ten Volks­al­tar der Bild­hau­er Jean und Séba­stien Tour­et stark, wohin­ge­gen der Hoch­al­tar von Eugè­ne Viol­let-Le-Duc (feder­füh­rend für die Restau­rie­rung der Kathe­dra­le im 19. Jahr­hun­dert) und die Pie­tà von Nico­las Coustou aus dem 18. Jahr­hun­dert weit­ge­hend unver­sehrt blie­ben. Die goti­sche Bau­sub­stanz und die bei­den Tür­me hiel­ten stand, und Jahr für Jahr schrei­tet der Wie­der­auf­bau vor­an. Umfang­rei­che Restau­rie­rungs­ar­bei­ten im Inne­ren bie­ten die Gele­gen­heit, die Stei­ne und Bil­der der ehr­wür­di­gen goti­schen Kathe­dra­le von Schmutz und Ruß zu befrei­en und wie­der zum Leuch­ten zu bringen.

Am 23. Juni gab die Diö­ze­se Paris nun bekannt, wer das neue lit­ur­gi­sche Mobi­li­ar für Not­re-Dame gestal­ten soll. Der Bild­hau­er und Desi­gner Guil­laume Bar­det wur­de von Erz­bi­schof Lau­rent Ulrich unter 69 Kan­di­da­ten bzw. zuletzt fünf Fina­li­sten aus­ge­wählt. Altar, Taber­na­kel, Ambo, Kathe­dra und Tauf­becken sol­len aus dunk­ler Bron­ze ent­ste­hen und eine Ein­heit bilden.

Pater Gil­les Drouin, Lei­ter des Insti­tut supé­ri­eur de lit­ur­gie des Insti­tut catho­li­que de Paris und Bera­ter des Erz­bi­schofs, hat­te die Betei­li­gung der Gläu­bi­gen an der Fei­er in Über­ein­stim­mung mit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil und einer syn­oda­ler wer­den­den Kir­che zur Richt­schnur gemacht:

„Die Mes­se ist kei­ne Thea­ter­auf­füh­rung mit den Prie­stern auf einer Büh­ne und Zuschau­ern, die dem eucha­ri­sti­schen Geheim­nis fremd gegen­über­ste­hen. Wir müs­sen her­aus­fin­den, wie wir die Tauf­di­men­si­on aller – Bischof, Prie­ster und Gläu­bi­ge – wür­di­gen und den Chor und das Kir­chen­schiff arti­ku­lie­ren können.“

Wohl im Sin­ne die­ser „Arti­ku­la­ti­on“ wünsch­te er auch die Errich­tung eines Tauf­beckens direkt am Ein­gang zum Kirchenschiff.


Das neue Tauf­becken © Dio­cè­se de Paris

Erz­bi­schof Ulrich wird sei­ner­seits nicht müde, auf das letz­te Kon­zil zu verweisen.

Beson­de­res Augen­merk liegt damit natür­lich auf dem neu­en Volks­al­tar. Er soll unter der Vie­rung ste­hen. Er wol­le ein Gleich­ge­wicht her­stel­len zwi­schen dem Altar des Opfers und der ein­la­den­den Dimen­si­on eines Tisches, der das letz­te Mahl Chri­sti in Erin­ne­rung ruft, erklärt der Künst­ler. „Der Opfer­stein wird brei­ter, um zum Tisch des eucha­ri­sti­schen Mah­les zu wer­den.“ Der Erz­bi­schof selbst spricht vom „brü­der­li­chen Tisch“.

Mit dem mini­ma­li­sti­schen Bron­ze­al­tar, des­sen Form ein wenig an ein in der Mit­te geköpf­tes Ei erin­nert, hat das „theo­lo­gi­sche Kon­zept“ des Künst­lers die pro­gram­ma­ti­schen Vor­ga­ben des Erz­bi­schofs also offen­sicht­lich getrof­fen, der sich in sei­ner Prä­sen­ta­ti­on ger­ne auf Sacro­sanc­tum Con­ci­li­um bezieht. Das Kir­chen­mo­bi­li­ar sol­le „von der ‚edlen Schlicht­heit‘ inspi­riert sein, die die Riten unse­rer Lit­ur­gie haben, und „den Geist der katho­li­schen Lit­ur­gie respek­tie­ren, nach den in Fol­ge des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils auf­ge­stell­ten Normen“.

Schlicht und dun­kel soll auch der Taber­na­kel wer­den, der die spit­ze Form eines Kirch­turms haben und wohl etwas ver­lo­ren und fremd auf dem Altar Viol­let-Le-Ducs ste­hen wird.

Der neue Taber­na­kel © Dio­cè­se de Paris

Die Bestuh­lung hat Ion­na Vau­t­rin ent­wor­fen. Ganz aus mas­si­ver Eiche wie der Dach­stuhl der Kathe­dra­le, sol­len ihre ver­ti­ka­len Stre­ben auf die Lini­en der goti­schen Stein­pfei­ler ant­wor­ten. Unauf­dring­lich und luf­tig sieht das aus und paßt durch­aus in den goti­schen Kir­chen­raum. Doch wie in vie­len Kir­chen ohne Kir­chen­bän­ke ver­zich­tet man auch hier auf inte­grier­te Knie­bänk­chen. Knien ist wie schon bei der Vor­gän­ger­be­stuh­lung nicht vor­ge­se­hen. Inwie­weit die leicht ver­kürz­te Rücken­leh­ne nach den Wor­ten der Desi­gne­rin den Stuhl zum Bet­stuhl wer­den läßt, damit man in den Rei­hen beten kann, bleibt ihr Geheimnis.

Am 13. Juli dürf­te die natio­na­le Kom­mis­si­on für Archi­tek­tur und Kul­tur­er­be die Wahl des Erz­bi­schofs end­gül­tig bestä­ti­gen, sodaß das Mobi­li­ar im Lau­fe des Herb­stes 2024 sei­nen Platz in der restau­rier­ten Kathe­dra­le fin­den kann, die am 8. Dezem­ber wie­der­eröff­net wer­den soll.

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