Marc Aillet, Bischof von Bayonne: Neoliberaler und globalistischer Geist ruiniert Landwirtschaft

Frankreichs Hirten geben Bauernprotesten ihren Segen


Bauernproteste in Frankreich werden von den Bischöfen unterstützt. Die Bischöfe in der Bundesrepublik Deutschland stützen lieber die Regierung.
Bauernproteste in Frankreich werden von den Bischöfen unterstützt. Die Bischöfe in der Bundesrepublik Deutschland stützen lieber die Regierung.

Von einer Katholikin

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„Wie kann man behaup­ten, die Land­wirt­schaft zu ret­ten, ohne Dut­zen­de von Abkom­men oder Frei­han­dels­ver­trä­gen in Fra­ge zu stel­len, die von Brüs­sel aus­ge­han­delt und rati­fi­ziert wur­den, Ver­trä­ge im neo­li­be­ra­len und glo­ba­li­sti­schen Geist, die die fran­zö­si­sche und euro­päi­sche Land­wirt­schaft der Kon­kur­renz von Pro­duk­ten aus­set­zen, die man aus ver­schie­de­nen Län­dern impor­tiert, in denen die Ein­hal­tung von Umwelt- und Hygie­ne­stan­dards, denen unse­re Land­wir­te unter­wor­fen sind, nicht gefor­dert wird?“

Das schreibt Bischof Marc Ail­let, einer der glaub­wür­dig­sten Bischö­fe Frank­reichs, der erst kürz­lich klar gegen die durch Fidu­cia sup­pli­cans ermög­lich­ten Paar­seg­nun­gen Stel­lung genom­men hat.

In sei­nem Com­mu­ni­quéPas de pays sans paysans!“ („Kein Land ohne Land­wir­te“) vom 1. Febru­ar geht er auf die dra­ma­ti­sche Lage im Agrar­sek­tor ein, die die Bau­ern seit Janu­ar zu Pro­te­sten und Blocka­den auf die Stra­ßen treibt, und er kri­ti­siert die Regie­rung, die mit Sofort­maß­nah­men und Not­pa­ke­ten das eigent­li­che Pro­blem nicht lösen wird.

Der Bischof kennt die Ver­zweif­lung vie­ler Land­wir­te, die ange­sichts eines unlau­te­ren Wett­be­werbs und mas­si­ver natio­na­ler und v. a. euro­päi­scher Regle­men­tie­run­gen nicht mehr wirt­schaft­lich arbei­ten kön­nen. Was vie­le nicht wüß­ten: Die offi­zi­el­len Sta­ti­sti­ken ver­zeich­nen alle zwei Tage einen Selbst­mord unter Landwirten.

Bischof Ail­let benennt klar die Misere; 

„Das Über­le­ben unse­rer Land­wirt­schaft und unse­rer Sou­ve­rä­ni­tät in der Lebens­mit­tel­ver­sor­gung sind nicht von vorn­her­ein kom­pa­ti­bel mit dem ‚Green Deal‘ und dem sog. Pro­gramm ‚Farm to Fork‘, die unter dem Deck­man­tel des Umwelt­schut­zes und der Redu­zie­rung der Treib­haus­ga­se auf euro­päi­scher Ebe­ne eine Schrump­fung der Land­wirt­schaft und der Tier­hal­tung vor­se­hen (Flä­chen­stillegung, Redu­zie­rung der land­wirt­schaft­li­chen Nutz­flä­chen und der Pro­duk­ti­on um 10 bis 20 Pro­zent etc.).“

Das im Mai 2020 von der EU-Kom­mis­si­on auf­ge­leg­te Pro­gramm für eine Farm-to-Fork-Stra­te­gie (Vom Hof auf den Tisch) ent­stand im Rah­men des euro­päi­schen Green Deals.

Die­ser wur­de im Dezem­ber 2019 ins Leben geru­fen. Damit will die EU ihr poli­ti­sches Ziel ange­hen, bis 2050 Kli­ma­neu­tra­li­tät zu errei­chen, und sich als „Vor­rei­ter im welt­wei­ten Kampf gegen den Kli­ma­wan­del“ zu posi­tio­nie­ren.

Es ist offen­sicht­lich, daß der „grü­ne Wan­del“ hin zu einer „gerech­ten und pro­spe­rie­ren­den Gesell­schaft mit einer moder­nen und wett­be­werbs­fä­hi­gen Wirt­schaft“ einer Ideo­lo­gie als Vehi­kel dient, die die Gesell­schaft mas­siv ver­än­dern will.

Schon im ver­gan­ge­nen Jahr hat­te der Deut­sche Bau­ern­ver­band das Pro­gramm als „zen­tra­li­sti­schen und auf­la­gen­ori­en­tier­ten Ansatz, der wirt­schaft­li­che Fra­gen wie die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der Agrar­bran­che weit­ge­hend außer acht läßt“, kri­ti­siert und von einem „Ansatz ohne die Land­wir­te“ gespro­chen und gefor­dert, in der Agrar- und Lebens­mit­tel­po­li­tik wirt­schaft­lich sinn­vol­le Wege zu mehr Nach­hal­tig­keit zu gehen. Sonst ste­he die Ernäh­rungs­si­cher­heit der EU auf dem Spiel.

Bischof Ail­let kommt zum glei­chen Schluß. Es brau­che eine neue Agrar­po­li­tik, die die vita­len Inter­es­sen eines Lan­des berück­sich­ti­ge und die es den Land­wir­ten ermög­li­che, von den Früch­ten ihrer Arbeit in Wür­de leben zu kön­nen, ohne von Hil­fen und Sub­ven­tio­nen abzuhängen.

Der Bischof ver­weist auf meh­re­re sei­ner Kol­le­gen im Bischofs­amt, die die Mobi­li­sie­rung der Bau­ern eben­falls unter­stüt­zen. Der Bischof von Tar­bes und Lour­des for­der­te zu Gebet und Unter­stüt­zung auf, meh­re­re bre­to­ni­sche Hir­ten beton­ten in einer gemein­sa­men Erklä­rung ihre Soli­da­ri­tät mit Bau­ern, Vieh­züch­tern und Fischern, die um ihre Zukunft kämp­fen, des­glei­chen die Bischö­fe der Diö­ze­sen des Languedoc.

Doch es geht um mehr als die mate­ri­el­le Exi­stenz­si­che­rung der Bau­ern. Daß die Kri­se der Land­wirt­schaft in Wirk­lich­keit auch eine Kri­se der Zivi­li­sa­ti­on ist, die von ihren Wur­zeln abge­schnit­ten wird, steht für Bischof Ail­let außer Fra­ge. Er macht unmiß­ver­ständ­lich klar, daß mit der Gefähr­dung des Bau­ern­stan­des auch die Iden­ti­tät Frank­reichs geschwächt wird.

Das bäu­er­li­che Leben und sei­ne Tra­di­tio­nen haben das Land geprägt. La France pro­fon­de, das tie­fe, länd­li­che, tra­di­tio­nel­le Frank­reich, macht nach wie vor gro­ße Tei­le des Lan­des aus und sorgt mit sei­nen Erträ­gen für Ernäh­rungs­si­cher­heit. Die Fran­zo­sen unter­stüt­zen mehr­heit­lich die Pro­te­ste der Bau­ern, die als Berufs­grup­pe Anse­hen im Land genießen.

Aber nicht nur in Frank­reich, son­dern vie­ler­orts in Euro­pa zei­gen die Bau­ern ihren Unmut – mit unter­schied­li­chen Schwer­punk­ten, aber auch ähn­li­chen Pro­ble­men. Die euro­päi­schen Nor­men und Umwelt­auf­la­gen u. a. zum Schutz der Bio­di­ver­si­tät und För­de­rung der bio­lo­gi­schen Land­wirt­schaft über­la­sten die Land­wir­te, dazu kom­men hohe Steu­ern, zu viel Büro­kra­tie, höhe­re Pro­duk­ti­ons­ko­sten sowie Infla­ti­on und Miß­ern­ten. Vom sog. Green Deal für die öko­lo­gi­sche Wen­de in der EU sehen sich die Bau­ern über­fah­ren und haben sich auf­ge­macht, sich gegen die zen­tra­li­sti­sche Ver­bots-und Auf­la­gen­po­li­tik der EU zu wehren.

Bild: Youtube/​Memoria (Screen­shot)

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