
(Rom) Nach welchen Kriterien und in welchem Geist arbeitet die neue Beobachtungsstelle für Erscheinungen und mystische Phänomene im Zusammenhang mit der Jungfrau und Gottesmutter Maria, deren Errichtung am 13. April von der Internationalen Marianischen Päpstlichen Akademie bekanntgegeben wurde? Eine Antwort kann derzeit nur anhand der öffentlichen Stellungnahmen ihrer Mitglieder erfolgen (siehe hier), insbesondere ihres Leiters P. Stefano Cecchin OFM. Von ihm liegt ein neues Interview vor, in dem er vor „falschen Sehern“ warnt, „die die Jungfrau Maria ausnützen“.
Sein erstes Interview nach Bekanntgabe der Errichtung der Beobachtungsstelle am 30. April sorgte für Erstaunen. Pater Cecchin sagte darin, daß Erscheinungen und mystische Phänomene, in denen es um Strafen geht, a priori falsch seien. Die Warnung vor Strafen Gottes oder ihre Ankündigung wurde von dem Franziskaner geradezu zu einem Erkennungsmerkmal erklärt, anhand dessen ein Phänomen als „absolut falsch“ erkannt werden könne.
Das neue Interview mit Pater Cecchin, dem Vorsitzenden der Päpstlichen Marianischen Akademie und Leiter der neuen Beobachtungsstelle, wurde am gestrigen Sonntag in der Sendung „Ecclesia“ auf dem Kanal Trece (13TV) ausgestrahlt. Der Sender gehört der Spanischen Bischofskonferenz.
Thema des Interviews war die neue Beobachtungsstelle des Vatikans für „Phänomene im Zusammenhang mit der Gottesmutter und Jungfrau Maria“. Der Franziskaner Pater Cecchin erklärte, daß die Idee zur Beobachtungsstelle 2018 im Rahmen eines Kongresses über das Turiner Grabtuch und Unsere Liebe Frau von Guadalupe geboren wurde. Die staatlichen Corona-Einschränkungen hatten ihre Umsetzung jedoch verzögert.
Es sei Aufgabe der neuen Einrichtung, „die Studien über die Jungfrau Maria in aller Welt zu koordinieren, unabhängig von der Religion oder dem christlichen Bekenntnis“, so der Moderator der Sendung.
„Bei all ihren Erscheinungen spricht sie die Sprache der Menschen, und jeder möchte sie zu seiner Mutter machen“, so P. Cecchin.
„Mit einer globalen mariologischen Perspektive hat die Beobachtungsstelle die Aufgabe, eine gesunde Mariologie zu fördern und die katholische Lehre zu diesem Thema bekanntzumachen.“
Der Vorsitzende der Marianischen Päpstlichen Akademie warnte jedoch:
„Ein großes Problem der Kirche ist heute, daß die Mariologie in der Welt verschwindet, daß sie in der Priesterausbildung auf die letzte Stufe des Studiums reduziert wird.“
Dadurch bestehe die reale Gefahr, daß die wahre Verehrung der Gottesmutter in Zukunft abnimmt, so der Franziskaner. Die neue Beobachtungsstelle handle universal, bedeute aber keinen Eingriff in die Zuständigkeit der Ortsbischöfe.
„Wir sind nicht dafür zuständig, zu bestimmen, ob eine Erscheinung wahr oder falsch ist. Wir untersuchen die betreffenden Phänomene und helfen ihnen [den Bischöfen], jeden Fall gut zu verstehen und zu unterscheiden.“
Schließlich warnte Pater Cecchin vor den Gefahren und Bedrohungen durch „falsche Seher“, das sind „Personen, die das Bild Mariens ausnützen für ihre eigenen Interessen“.
Darin ist eine Hauptaufgabe der Beobachtungsstelle zu sehen, echte von falschen Erscheinungen zu unterscheiden, ebenso wie gesunde Marienfrömmigkeit von ungesunder. Das Stichwort „Apparitionismus“ zählt zu letzterer Ausdrucksform.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Trece (Screenshot)