Papst übt Kritik. Wer aber instrumentalisierte den Tod von Benedikt XVI.?

Fliegende Pressekonferenz von Franziskus


Papst Franziskus bei der fliegenden Pressekonferenz auf dem Rückweg aus dem Südsudan.
Papst Franziskus bei der fliegenden Pressekonferenz auf dem Rückweg aus dem Südsudan.

(Rom) Auf dem Rück­flug aus Afri­ka nach Rom stell­te sich Papst Fran­zis­kus der tra­di­tio­nel­len „flie­gen­den“ Pres­se­kon­fe­renz. Dabei wie­der­hol­te er sei­ne Kri­tik, daß der Tod von Bene­dikt XVI. „instru­men­ta­li­siert“ wur­de. Die Fra­ge ist, von wem und in wel­cher Form.

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Laut Fran­zis­kus, der den Kon­go und den Süd­su­dan besucht hat­te, wur­de der Tod Bene­dikts „von Leu­ten instru­men­ta­li­siert, die Was­ser auf ihre Müh­len lei­ten wol­len“. Der Papst sag­te aber nicht, wen genau er damit mein­te, und auch nicht, um wel­che Müh­len es sich handelt.

Wer einen „so guten, got­tes­fürch­ti­gen Men­schen, fast wür­de ich sagen: einen hei­li­gen Kir­chen­va­ter, instru­men­ta­li­siert, han­delt unethisch“, lob­te Fran­zis­kus sei­nen Amts­vor­gän­ger, der auf sei­ne Wei­se die ersten zehn Jah­re des der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kats überschattete.

„Das sind Par­tei­men­schen, die nicht von der Kir­che sind… Man sieht über­all die Nei­gung, theo­lo­gi­sche Posi­tio­nen zu Par­tei­en zu machen. Die­se Din­ge wer­den von selbst in sich zusam­men­stür­zen – oder auch immer so wei­ter­ge­hen, wie es schon so oft in der Geschich­te der Kir­che gesche­hen ist. Ich woll­te klar sagen, wer Papst Bene­dikt war: Er war kein ver­bit­ter­ter Mensch.“

Zuletzt hat­te Fran­zis­kus sei­nen Vor­gän­ger in einem aus­führ­li­chen Inter­view mit der Pres­se­agen­tur AP als „Skla­ven“ sei­nes Amtes bezeich­net. Damit übte Fran­zis­kus sei­ner­seits Kri­tik an der Ent­schei­dung Bene­dikts, sich als „eme­ri­tier­ter Papst“ zu bezeich­nen und wei­ter­hin als Papst geklei­det zu sein. Er selbst wer­de nach einem even­tu­el­len Amts­ver­zicht ein­fach in einem Prie­ster­haus woh­nen, es also anders machen. Doch sei, füg­te Fran­zis­kus damals hin­zu, von einem Rück­tritt der­zeit kei­ne Rede. Dar­über den­ke er nicht ein­mal nach.

Wer sind nun jene, die „Was­ser auf ihre Müh­len“ lei­ten woll­ten? Die Welt der Tra­di­ti­on kommt dafür nicht in Fra­ge. Sie scheint viel­mehr ver­schreckt und gelähmt durch eine Unzahl von Gerüch­ten, daß nun eine wei­te­re Ver­schär­fung der tra­di­ti­ons­feind­li­chen Maß­nah­men bevorstehe.

Dem­nach bleibt nur eine Epi­so­de: Am 12. Janu­ar ent­hüll­te der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster, einen Tag nach dem Tod von Kar­di­nal Geor­ge Pell, daß die­ser der Autor jener auf­se­hen­er­re­gen­den Denk­schrift war, die im März 2022 unter den Mit­glie­dern des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums her­um­ge­reicht wur­de und mit „Demos“ unter­zeich­net war. Die Denk­schrift ist eine ver­nich­ten­de Kri­tik am Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus. Durch den uner­war­te­ten Tod von Kar­di­nal Pell am 11. Janu­ar gilt die Denk­schrift als sein Ver­mächt­nis an den Kir­chen­se­nat und vor allem an die Papst­wäh­ler im kom­men­den Konklave.

Die­se Kri­tik von einem der intel­li­gen­te­sten Kar­di­nä­le, den Fran­zis­kus – obwohl Pell kein Berg­o­glia­ner war – zunächst ein­zu­bin­den ver­such­te, dann aber aus­ge­spro­chen schlecht behan­del­te, hat den Papst offen­sicht­lich hart getrof­fen. Weni­ger die Kri­tik an sich, dafür aber umso mehr, daß sie nun erneut so breit in die Öffent­lich­keit getra­gen wurde.

Vor allem tritt Kar­di­nal Pell in sei­nem Denk­schrift-Ver­mächt­nis nicht direkt als Ver­tre­ter der Tra­di­ti­on auf, wenn­gleich er sich dar­in auch zu deren Ver­tei­di­ger mach­te. Er kann also nicht vor­schnell in eine Schub­la­de ver­räumt wer­den, wie es man­che im Umfeld von San­ta Mar­ta sehr bequem fin­den. Der Kar­di­nal for­mu­lier­te klug. Er sprach die Tra­di­ti­on an, indem er das dring­lich­ste Desi­de­rat nann­te: die Wie­der­her­stel­lung der Rechts­si­cher­heit, die Fran­zis­kus durch das Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des ent­zo­gen hat. Pell behan­del­te das The­ma treff­si­cher, tat dies aber fast neben­bei. Er wuß­te, daß die nament­lich bekann­ten Ver­tei­di­ger der Tra­di­ti­on im Kar­di­nals­kol­le­gi­um durch die zahl­rei­chen, teils exo­ti­schen Neu­er­nen­nun­gen von Fran­zis­kus eine klei­ne Schar sind. Mit sei­ner Denk­schrift aber ziel­te der austra­li­sche Pur­pur­trä­ger auf die Brei­te des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums ab. Wer näm­lich erkennt, daß die Rich­tung im der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kat in einem Bereich falsch, wenn nicht sogar ver­hee­rend ist, wird in einem zwei­ten Schritt auch eher bereit sein, eine sol­che Fehl­ent­wick­lung in einem ande­ren Bereich anzu­neh­men, dem er per­sön­lich nicht so ver­bun­den ist oder der nicht als so wich­tig erach­tet wird.

Fran­zis­kus sprach auf der flie­gen­den Pres­se­kon­fe­renz gewohnt kryp­tisch. Sei­ne Aus­sa­ge bestä­tigt jedoch, daß die Denk­schrift von Kar­di­nal Pell zum Sta­chel im Fleisch gewor­den ist, der die­ses Pon­ti­fi­kat wohl bis zu sei­nem Ende schmerz­lich beglei­ten wird.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can­Me­dia (Screen­shot)

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