
(Managua) Der nicaraguanische Bischof Rolando José Álvarez Lagos wurde gestern vor Gericht gestellt, wo er sich wegen des Vorwurfs der Verschwörung und der Verbreitung von Falschmeldungen zu verantworten hat.
Beide Anklagepunkte habe der Bischof laut Anklageschrift „gegen den nicaraguanischen Staat und die nicaraguanische Gesellschaft“ begangen. Die Staatsanwaltschaft hatte kurz vor Weihnachten Anklage gegen den Bischof von Matagalpa und Apostolischen Administrator von Estelí erhoben.
Bischof Álvarez ist eine der kräftigsten Stimmen, die Kritik am sandinistischen Ortega-Clan üben, der Nicaragua seit 2006 beherrscht. Daniel Ortega, Staatspräsident und zugleich Regierungschef, errichtet zusammen mit seiner Frau Rosario Murillo, die seine Vizepräsidentin ist, und dem Ortega-Clan ein autoritäres sozialistisches Regime.
Richterin Gloria Maria Saavedra vertagte das Verfahren, ohne einen nächsten Verhandlungstermin zu nennen, bestätigte aber den Hausarrest für Bischof Álvarez. Dieser war am 19. August 2022 festgenommen worden und befindet sich seither in Haft.
Der Konflikt zwischen dem sandinistischen Regime und der katholischen Kirche spitzte sich in den vergangenen Jahren immer mehr zu. Seit es 2018 wegen der Sozialversicherungsreform zu Unruhen kam, behauptet die Regierung, die Kirche habe hinter den Protesten gestanden und wolle das Regime destabilisieren.
Die Sandinisten dulden keine Kraft, die sich ihnen nicht unterwirft. Es wurden Priester verhaftet, katholische Organisationen verboten, ausländische Kirchenvertreter des Landes verwiesen, katholische Schulen und Medien geschlossen. Mit Msgr. Álvarez wurde der erste Bischof verhaftet. Andere Bischöfe hatten vor ihm bereits das Land verlassen, um einer Verhaftung zuvorzukommen.
Das Regime wirft der Kirche vor, einen Staatsstreich geplant zu haben, um die sandinistischen Machthaber zu stürzen. Während Daniel Ortega auf die Kirche in seinem Land einschlug, nannte er Papst Franziskus seinen „Freund“. Zuletzt bezichtigte er allerdings die Kirche, eine „perfekte Diktatur“ zu sein, die ihre Bischöfe einsetze, um die Regierung Nicaraguas zu stürzen.
Die Justizbehörde veröffentlichte gestern eine Presseerklärung, in der es heißt, daß „die erste Anhörung im Strafverfahren stattfand, bei der Rolando José Álvarez Lagos in seiner Eigenschaft als Angeklagter wegen der Verbrechen der Verschwörung gegen die nationale Integrität und der Verbreitung falscher Nachrichten zum Schaden des nicaraguanischen Staates und der nicaraguanischen Gesellschaft.
Im selben Verfahren ist der inzwischen im Exil lebende Priester Uriel Antonio Vallejos der gleichen Verbrechen angeklagt. Die Richterin bestätigte den internationalen Haftbefehl gegen Vallejos.
Seit dem 19. August 2022, als die Polizei das bischöfliche Palais stürmte, befinden sich auch vier Priester, zwei Seminaristen und ein Laie in Haft. Über ihr Schicksal ist nur bekannt, daß sie im berüchtigten Gefängnis El nuevo Chipote eingesperrt sind.
Polizeichef von Nicaragua ist Francisco Díaz, Ortegas Schwiegersohn.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Secretummeummihi