Von Cristiana de Magistris
„Entferne diese abscheulichen Lumpen und diese Hütte, die des Gottes, den ich anbete, unwürdig ist, aus meinen Augen!“ So reagierte der Häretiker Markion schon in den ersten Jahrhunderten auf das Geheimnis von Bethlehem. Wir aber beten diese Lumpen und diese ärmliche Hütte an, denn sie spiegeln Gottes Geschmack, Seine Weisheit, Seine Herrlichkeit und vor allem Seine Liebe wider. Es stimmt, daß sowohl die Ikonographie als auch die Kunst und die Poesie im allgemeinen oft die Armut und Erniedrigung der Geburt des Erlösers dargestellt haben, umhüllt von Licht, Glanz und jubelnden und anbetenden Engeln. Ist aber die Geburt des Erlösers so geschehen? Das offenbarte Datum scheint dies nicht zu bestätigen. Der heilige Lukas beschreibt mit kurzen, aber erhabenen Federstrichen das Ereignis, in dem der Ewige in die Zeit eintrat: Die Jungfrau „gebar ihren erstgeborenen Sohn und legte ihn in eine Krippe“ (Lk 2,7).
Mit wenigen Worten wird das größte Ereignis der Menschheitsgeschichte beschrieben. Sie offenbaren vor allem die jungfräuliche Geburt der Mutter Gottes. „Es gab keinen Schmerz und kein Verderben, sondern die größte Freude, daß der Gott-Mensch geboren wurde“, sagt Aquin. Es besteht kein Zweifel, daß die reinste und höchste Freude, die alles menschliche Verständnis übersteigt, die Seele der Jungfrau überkam, als sie zum ersten Mal denjenigen sah, den sie souverän als Gott anbetete und zärtlich als Sohn liebte. Der menschliche Verstand kann nicht in das Allerheiligste des Herzens der Jungfrau eindringen, um auch nur den kleinsten Abglanz dieser unaussprechlichen und göttlichen Freude zu erfassen. Doch sofort gesellte sich ein heftiger Schmerz dazu. „Die bittere Kälte“, schreibt Msgr. Pier Carlo Landucci (1900–1986), „die Dunkelheit der Nacht, die Ausdünstungen des Stalls, der Schmutz an den Wänden, der Atem der Tiere, das bißchen Stroh, das in der Futterkrippe zubereitet wurde: Die ganze Pracht des Universums, versammelt in einem einzigen Palast, wäre Seiner nicht würdig gewesen. Die Tatsache, daß die Jungfrau Maria bei der Geburt Jesu keine körperlichen Schmerzen hatte, wurde durch den starken moralischen Schmerz weitgehend kompensiert. In diesem Sinne hat also auch Maria den Heiland unter unsagbaren Qualen geboren.“
Zur reinsten Freude gesellte sich also der größte Schmerz, aber es war ein liebevoller Schmerz, denn, wie der heilige Hieronymus sagt, je tiefer die Erniedrigungen Gottes erscheinen, desto mehr verpflichten sie dazu, ihn zu lieben.
Die Beschreibungen von Licht, das vom Kind ausstrahlt und die Grotte überflutet, von Gesängen und Engeln erscheinen Landucci zufolge daher unwahrscheinlich, denn all dies hätte jene höchste Abscheulichkeit beseitigt, die das göttliche Kind gewählt hatte, indem es den Stall und den Eßplatz als seine Wohnung und Wiege wählte, um uns zu lehren, uns mit dankbarer Liebe zu entflammen und uns zu erlösen. Wie auf Golgotha gab es nur Weinen und Trauer, umrahmt von den allmächtigen, aber furchtbaren Erscheinungen der Finsternis und des Erdbebens.
Es besteht kein Zweifel, daß der gesamte himmlische Hof die Wiege von Bethlehem umgab. Was fehlte, war der äußere Glanz, der die Erniedrigung von Bethlehem in die Herrlichkeit des Paradieses verwandeln würde. Das Licht und der Glanz von Bethlehem liegen ganz im Inneren, und der heilige Text, der alle sichtbaren Wunder unterdrückt, scheint anzudeuten, daß die wahre Herrlichkeit des Gottessohnes in seiner Erniedrigung liegt.
Lukas stellt richtig fest, daß die Engel den Hirten die Geburt des Erlösers angekündigt hatten, aber die himmlischen Boten sind nicht in der Höhle anwesend. Im Gegenteil, das Zeichen, das gegeben wird, um den menschgewordenen Gott zu finden, ist gerade „ein Kind in Windeln, das in einer Krippe liegt“ (Lk 2,11).
Doch selbst die Ankündigung der Engel an die Hirten wirft einen Schatten auf die unaussprechliche Freude von Bethlehem. In ihrem Jubel hatten sie das unsterbliche Gloria in excelsis Deo et pax hominibus bonae voluntatis ausgerufen, das dazu bestimmt ist, in jeder Heiligen Messe verewigt zu werden. Der Friede, den das Kind von Bethlehem bringt, ist nicht für alle da, sondern nur für die Menschen guten Willens, die Exegeten wie Carlo Maria Martini als „jene interpretieren, für die der Herr einen guten Willen hat“, d. h. die Auserwählten, die Vorherbestimmten. Wenn Christus auch für alle geboren wird, bringt er nicht für alle das Heil. Das Lied der Engel ist also ein richtungsweisendes Lied. Die Botschaft der Engel ist – wie man heute sagt – spaltend.
Die Bestätigung erfolgt sogleich. Nur wenige Kilometer von der Armut Bethlehems entfernt erhebt sich der prächtige Palast des Herodes. Jeder, der auf halbem Weg zwischen dem Palast und der Höhle stand, hätte diesen gewaltigen Kontrast gesehen. Dem ausgelassenen und sündigen Prunk des Hofes von Herodes dem Großen stand die bescheidene und arme Krippe des Himmelskönigs gegenüber, der Thron des Triumphs Gottes über das verderbte Königtum der Erde, das dieser Hof so trefflich repräsentierte.
Im Geheimnis von Bethlehem zeichnet sich ein durchscheinendes Hell-Dunkel ab, um einen von Réginald Garrigou-Lagrange (1877–1964) geliebten Ausdruck zu verwenden, der das gesamte Leben des Erlösers und der göttlichen Mutter charakterisieren wird. Der Heiland wird geboren, aber er wird als Zeichen des Widerspruchs geboren. Er bringt den Frieden, aber nicht allen: Das ist die erste Unterscheidung, die Er in seinem Wirken deutlich machen wird: „Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ (Mt 10,34). Sie ist sofort in der Haltung des Herodes zu erkennen, der mit seinem Hofstaat, ja mit ganz Jerusalem, über die Geburt dieses Kindes „beunruhigt“ war. Für Herodes und seinen Hof – wie für alle Herodianer und die Höfe, die sie repräsentieren – brachte die Geburt dieses Kindes keinen Frieden, sondern das blutige Schwert der Schuldigen, die die Unschuldigen abschlachteten. Die Freude von Bethlehem mischt sich mit tiefstem Leid, Licht und Schatten wechseln sich ab. Dies soll die charakteristische Freude, die Weihnachten durchdringt, nicht verdunkeln, sondern uns ermutigen, nicht bei ihr stehenzubleiben, sondern über sie hinauszugehen. Hinter der Wiege von Bethlehem befindet sich untrennbar der Schatten des Kreuzes von Golgotha. Hinter dem Holz der Krippe von Bethlehem erhebt sich riesig das heilbringende Holz des Kreuzes“, sagte Pius XII. 1943. Wir können diese beiden Geheimnisse nicht trennen. Dieses entzückende und bezaubernde Kind wurde geboren, um für unsere Sünden zu sterben. Wenn wir uns der Krippe nähern, laßt uns daran denken, und dann wird Weihnachten ein wahres Weihnachten sein.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
Warum sagt niemand das Selbstverständliche? Ebenso wie Jesus in der Jungfrau Maria übernatürlich gezeugt wurde, so übernatürlich ist er aus ihr hervor gegangen. Dann hätten die Menschen etwas Handfestes zu bedenken.