Von Veronica Rasponi*
Vor zweihundertfünfzig Jahren, im Jahr 1772, veröffentlichte der heilige Alfons Maria von Liguori (1696–1787) seine „Geschichte der Häresien“, das letzte seiner dogmatischen Werke. Der große Heilige schrieb am 20. August 1772:
„Dies wird mein letztes großes Werk sein. Mit meinen siebenundsiebzig Jahren darf ich an nichts anderes denken als an den Tod. So, genug von wissenschaftlichen Themen! Ich werde nur Pamphlete der Frömmigkeit schreiben, wie ich es schon jetzt tue. Leider kann ich nicht mehr achtzehn Stunden am Tag arbeiten, wie ich es früher getan habe. Meine Arbeit über die Häresien mag mißfallen, aber was soll’s! Wenn mein Vater nach dem Fleische irgendein Dogma unserer heiligen Religion verändert hätte, hätte ich meinen Vater bekämpft!“.
Die „Geschichte der Häresien und deren Widerlegung“ ist jetzt, herausgegeben von Alessio Celletti, im Verlag Phronesis in Palermo (538 Seiten, 37 Euro) in einer prächtigen gebundenen Ausgabe erschienen. Das Werk gehört in jede katholische Bibliothek. Eine zweibändige deutsche Ausgabe wurde 1846 im Verlag Georg Joseph Manz in Regensburg herausgegeben. 1884 folgte im gleichen Verlag eine Neuauflage in einem Band.
Häresien begleiten die Geschichte der Kirche seit ihren Anfängen und werden vom heiligen Alfons als schlimmer als Verfolgungen angesehen.
„Groß waren die Verfolgungen, welche die Kirche vom Heidenthume erfuhr; allein noch schrecklichere hatte sie von den Häresien zu leiden, welche in ihrem eigenen Schoße entstanden als das Werk böser Menschen, die, von Stolz, Ehrgeiz oder Sinnenlust getrieben, das Herz ihrer eigenen Mutter zerrissen.“1
Die Kirche hat jedoch alle Stürme überstanden, die der Teufel im Laufe der Geschichte in ihr entfesselt hat, angefangen mit dem Arianismus, als, wie der heilige Hieronymus schrieb, „Die ganze Erde stöhnte, als sie mit Staunen feststellte, arianisch geworden zu sein.“ Nach den Plänen der göttlichen Vorsehung „sind auch die Irrlehren nothwendig, um unter den Christen die guten und die bösen zu erkennen und die wahre Lehre von der falschen zu trennen“. 2
Der wahre Glaube ist über die Jahrhunderte hinweg immer bewahrt worden und wird durch die apostolische Sukzession garantiert, ein Merkmal, das nur in der katholischen Kirche zu finden ist. Die Lutheraner (aber auch die Orthodoxen) sagen, die katholische Kirche hat den wahren Glauben bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bewahrt und dann aufgegeben, aber, so bemerkt der heilige Alfons, wenn es einmal wahr war, muß es immer wahr sein, denn es ist die Wahrheit oder nicht.
Im ersten Teil des Werkes werden die Häresien in chronologischer Reihenfolge angeordnet, von Simon Magus, „dem ersten Ketzer, der die Kirche zu bedrängen begann“, bis zum Jansenisten Pasquier Quesnel und dem Quietisten Miguel de Molinos. Im zweiten Teil geht der Autor zu einer gründlichen Widerlegung der heterodoxen Thesen über, beginnend mit den trinitarischen Irrlehren des Sabellius, der die Unterscheidung der Personen in der Trinität leugnete; des Arius, der die Göttlichkeit des Wortes leugnete, und des Macedonius, der die Göttlichkeit des Heiligen Geistes leugnete. Alfons widerlegt dann die Irrlehren von Pelagius, Nestorius, Eutychius und den Monotheleten und fährt fort mit Berengar, Luther, Calvin, Bajus und Jansenius.
Das letzte Kapitel des Buches enthält eine ausführliche kritische Analyse der Irrtümer des Jesuiten Isaac-Joseph Berruyer (1681–1758), Autor einer fiktiven Geschichte des Volkes Gottes, in der viele irrige Thesen zu finden sind, die auch heute noch kursieren, wie etwa die, daß Jesus Christus während der drei Tage im Grab aufgehört habe, der Sohn Gottes zu sein.
In diesem meisterhaften Werk, das Alfons Maria von Liguori in die Reihe von den großen katholischen Apologeten wie dem heiligen Irenäus, dem heiligen Epiphanius, dem heiligen Augustinus und dem neuzeitlichen Kardinal Cesare Baronio stellt, werden alle großen und kleinen Irrlehren in Erinnerung gerufen und vom Autor widerlegt.
Am 7. Juli 1871 sagte Pius IX., als er dem großen neapolitanischen Heiligen den Titel eines Kirchenlehrers verlieh: „Man kann mit Sicherheit sagen, daß es keinen Irrtum unserer Zeit gibt, der nicht von Alfons zumindest zum größten Teil widerlegt worden wäre“.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
1 Zitiert nach Alphons Maria von Liguori: Triumph der heiligen Kirche über alle Irrlehren, oder Geschichte und Widerlegung der Häresien, Regensburg 1884, S. 3.
2 Ibid. S. 4.
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Können Sie bitte noch über einen Link ergänzen, wo man das Werk kaufen kann? Vielen Dank!