Von Veronica Rasponi
Wenige Wochen nach dem „Breve Trattato sulla Divina Provvidenza“ („Kurze Abhandlung über die Göttliche Vorsehung“), herausgegeben vom römischen Verlag Fiducia (158 Seiten, 13 Euro), ist im Mailänder Verlag Sugarco ein neues Buch von Roberto de Mattei erschienen: „I sentieri del male. Congiure, complotti, cospirazioni“ („Die Wege des Bösen. Verschwörungen, Komplotte, Konspirationen“, 160 Seiten, 16 Euro).
Die beiden Bücher ergänzen sich in gewisser Weise. Die „Kurze Abhandlung“ versucht, die Existenz der Göttlichen Vorsehung zu beweisen, welche die Manifestation der Weisheit, der Allmacht und der Liebe Gottes in der Geschichte ist, der die radikale Unordnung gegenübersteht, die der vergebliche Versuch des freien Geschöpfes ist, die göttliche Ordnung des Universums zu zerstören. Dieser Versuch ist ein revolutionärer Prozeß, der auf die soziale Natur des Menschen zurückzuführen ist, der sich mit seinen Mitmenschen zusammentun kann, um Gutes zu tun oder Böses zu erreichen, was er oft im Verborgenen tut. „Die Wege des Bösen“ sind eine knappe, mit der Strenge des Historikers durchgeführte Rekonstruktion der tatsächlichen oder vermeintlichen Verschwörungen, Komplotte und Konspirationen der vergangenen fünf Jahrhunderte. Vor allem soll damit ein Leitfaden geboten werden, bei dem es weniger um Information, sondern um die Kriterien geht, um sich im dunklen Labyrinth des Bösen zu orientieren.
Die Begriffe Verschwörungen, Komplotte und Konspirationen werden oft als Synonyme verwendet, aber durch ihren semantischen und begrifflichen Unterschied können sie uns helfen, die okkulte Dimension der Geschichte der vergangenen fünf Jahrhunderte besser zu verstehen. Während es sich bei Verschwörungen um geheime Absprachen handelt, die sich auf einige wenige Personen beschränken und darauf abzielen, einen Monarchen oder einen Politiker – oft aus Machtgründen – zu beseitigen, sind Konspirationen umfassendere Projekte ideologischen Charakters. Das goldene Zeitalter der Verschwörungen und politischen Morde erstreckt sich von den Giften der Renaissance bis ins 18. Jahrhundert. Im 18. Jahrhundert, mit der Entstehung der Freimaurerei, der Aufklärung und der Französischen Revolution, setzte eine Ära ein, in der sich neben den traditionellen Verschwörungen die Konspirationen ideologischer und politischer Art entwickelten. Es gibt eine konspirative Tradition, die über die bayerischen Illuminaten, die Alta Vendita und den Kommunismus bis in die heutige Zeit reicht. Viele Historiker haben die Existenz dieser antichristlichen Verschwörung nachgewiesen und die Dokumente ans Licht gebracht. Das Komplott ist hingegen ein schwer faßbares und undurchsichtiges Gebilde, bei dem weder die Identität der Akteure noch der konkrete Modus Operandi offengelegt werden. Der Unterschied zwischen Konspirationen und Komplotten besteht darin, daß erstere der Welt der Geschichte angehören, letztere der Welt der Fantasie. Die zeitgenössische Neo-Verschwörung – von der Wassermann-Verschwörung über die Reptiloiden bis zum Great Reset – hat nichts mit der Erforschung antichristlicher Geheimgesellschaften zu tun, die schon immer Teil der katholischen Geschichtsschreibung und Apologetik war, sondern scheint all jenen in die Hände zu spielen, die an der psychologischen, intellektuellen und moralischen Destabilisierung des Westens interessiert sind. Heute besteht die Tendenz, jedes Ereignis nach einem deterministischen Schlüssel auf den Menschen zurückzuführen und dabei die Rolle der Göttlichen Vorsehung zu ignorieren, die das Böse zuläßt, aber daraus das Gute zieht. Die Geschichte, so Roberto de Mattei, folgt keinem zwingenden Verlauf und kann sich aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse ändern, die für die Menschen solche sind, aber nicht für Gott, weil es keinen Zufall gibt und alles von der Göttlichen Vorsehung geregelt wird, einschließlich der Verwirklichung und des Scheiterns der Pläne der antichristlichen Revolution. Es ist Gott, und Er allein, der die Geschichte auf übernatürliche Weise zu Seiner Ehre und zur Heiligung der Auserwählten leitet.
„Eine Geschichte der Menschheit, die die Höhen der Heiligkeit ignoriert“, schreibt der Autor in der Einleitung zu seiner Studie, „wäre verzerrt, aber ebenso verzerrt wäre eine Geschichte, die die Existenz des Abgrunds des Bösen ignoriert. Wer das Böse nicht verabscheut, kann das Gute nicht lieben. Und wenn man das Gute nicht lieben kann, das man nicht kennt, kann man auch das Böse nicht hassen, dessen Existenz man nicht ahnt. Das ist der Grund, der mich dazu veranlaßt hat, die ‚Wege des Bösen‘ ein wenig auszuleuchten, nachdem ich der Göttlichen Vorsehung, der höchsten Ordnung des Guten, ein Buch gewidmet habe.“
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana