Vom Ende des „Bravseins“

Bischof Fürst und Prof. Dr. Johanna Rahner auf dem „Konzil von unten"


Die Diözese Rottenburg-Stuttgart zelebriert auf ihrer Internetseite das "Rottenburger Manifest" für ein "Konzil von unten". Rechts im Bild Bischof Gebhard Fürst.
Die Diözese Rottenburg-Stuttgart zelebriert auf ihrer Internetseite das "Rottenburger Manifest" für ein "Konzil von unten". Rechts im Bild Bischof Gebhard Fürst.

Von einer Katholikin

Anzei­ge

Dr. Geb­hard Fürst, Bischof von Rot­ten­burg-Stutt­gart, hat ein Kon­zil im Blick. Ihn erin­ne­re die heu­ti­ge Situa­ti­on der Kir­che an die Zeit vor dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil: „Wochen­lang sind wir damals vor dem Radio geses­sen und haben den Kri­ti­kern zuge­hört und die Reform­for­de­run­gen verfolgt.“

Die­se Erin­ne­run­gen teil­te er am 24.September mit den Dele­gier­ten beim soge­nann­ten Kon­zil von untenin Rot­ten­burg. Er nahm das „Rot­ten­bur­ger Mani­fest“ ent­ge­gen, in dem die seit 2019 in der Diö­ze­se agie­ren­de Reform­in­itia­ti­ve pro con­ci­lio e. V. und die Akti­ons­ge­mein­schaft Rot­ten­burg AGR (Soli­da­ri­täts­grup­pe von Prie­stern und Dia­ko­nen) ein neu­es Kon­zil der katho­li­schen Welt­kir­che for­dern, auf dem struk­tu­rel­le und inhalt­li­che Reform­the­men behan­delt wer­den sol­len. (Unter­stüt­zer sind in der Diö­ze­se der Bund der Deut­schen Katho­li­schen Jugend, der Katho­li­sche Deut­sche Frau­en­bund, und Maria‑2.0‑Gruppen.) Man ver­steht sich als not­wen­di­ge Ergän­zung zum Syn­oda­len Weg.

Die Bis­tums­sei­te wid­me­te dem Ereig­nis einen Bei­trag, in dem die Reform­for­de­run­gen des „Kon­zils“ genannt wer­den: u. a. eine ver­ständ­li­che­re Ver­kün­di­gung, Frei­heit für die theo­lo­gi­sche Wis­sen­schaft, mehr Syn­oda­li­tät und Plu­ra­lis­mus, Zugang zu Wei­he­äm­tern für alle Geschlech­ter, Auf­he­bung des Pflicht­zö­li­bats, zeit­ge­mä­ße Ände­rung der Sexualmoral.

Bischof Fürst und #Outin Church

Daß sich Bischof Fürst von Rot­ten­burg-Stutt­gart bei der Abstim­mung zum Grund­la­gen­text „Leben in gelin­gen­den Bezie­hun­gen – Lie­be leben in Sexua­li­tät und Part­ner­schaft“ auf der vier­ten Syn­odal­ver­samm­lung in Frank­furt ent­hielt, hat­te ja ganz kurz die Hoff­nung auf­kei­men las­sen, der Bischof könn­te eine über­ra­schen­de Wen­de voll­zo­gen haben. Doch die Hoff­nung währ­te kurz.

Schon wenig spä­ter reagier­te der Rot­ten­bur­ger Bischof schrift­lich auf den Vor­wurf der Initia­ti­ve #Outin Church Rot­ten­burg-Stutt­gart, er wür­de que­e­re Per­so­nen dis­kri­mi­nie­ren: „Ihre Ent­hal­tung bei der Abstim­mung zum Hand­lungs­text ‚Umgang mit geschlecht­li­cher Viel­falt‘ und Ihre Ableh­nung, per­sön­lich Stel­lung zu bezie­hen, ver­mit­teln uns ins­ge­samt den Ein­druck, dass Sie uns als que­e­re Christ*innen nicht ernst neh­men und die Din­ge lie­ber tot­schwei­gen und aus­sit­zen, statt sie kon­struk­tiv anzugehen.“

Bischof Fürst erklär­te dar­auf­hin sei­ne Stimm­ent­hal­tung damit, daß sei­ne „Anfra­ge zur Unter­schei­dung zwi­schen einem binä­ren Geschlech­ter­mo­dell aus bio­lo­gisch-wis­sen­schaft­li­cher Sicht und der ver­schie­de­nen Gen­der, ver­stan­den als sozia­les Geschlecht“ unbe­ant­wor­tet geblie­ben war. Er ver­wies auch auf eine schon ein­ge­rich­te­te Bera­tungs­stel­le für homo­se­xu­el­le Men­schen in der Diö­ze­se und die Vor­be­rei­tung einer wei­te­ren Stel­le für que­e­re Menschen.

Abge­se­hen davon fin­den in Fürsts Diö­ze­se ganz offi­zi­el­le Seg­nun­gen gleich­ge­schlecht­li­cher Paa­re statt, ohne daß der Bischof ein­greift. So haben z. B. Gesamt­kir­chen­ge­mein­de­rat und Pasto­ral­team der Katho­li­schen Kir­che Tübin­gen am 26. März 2021 eine ent­spre­chen­de Erklä­rung veröffentlicht.

Von der „Ravensburger Erklärung“ zum „Rottenburger Manifest“

Nicht erst seit dem syn­oda­len Weg ist Bischof Fürst als „reform­ori­en­tiert“ bekannt. Er ist schon lan­ge ein Ver­fech­ter des Frau­en­dia­ko­nats; die Umset­zung der deut­schen (sic!) „Ori­en­tie­rungs­hil­fe“ zur Kom­mu­ni­ons­pen­dung an Pro­te­stan­ten in kon­fes­si­ons­ver­bin­den­den Ehen mach­te er zur Chef­sa­che, indem er an alle Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter in den pasto­ra­len Beru­fen einen Brief schick­te nebst einem Fly­er für den Schrif­ten­stand der Kirchen.

Auch eine offi­zi­el­le Ein­füh­rung der Inter­kom­mu­ni­on wäre wohl in sei­nem Sin­ne gewe­sen. Doch eine fak­ten­set­zen­de Initia­ti­ve aus dem ober­schwä­bi­schen Ravens­burg (2017) ging dann doch zu weit und rief Kri­ti­ker auf den Plan. Ein Jahr ließ der Bischof sich aller­dings noch Zeit, bis er die sog. „Ravens­bur­ger Erklä­rung“ zur gegen­sei­ti­gen Ein­la­dung zu Abend­mahl und Eucha­ri­stie durch den ver­ant­wort­li­chen Ravens­bur­ger Pfar­rer Her­mann Ried­le wider­ru­fen ließ.

Sel­bi­ger Pfar­rer ist übri­gens Mit­glied der Akti­ons­ge­mein­schaft Rot­ten­burg, die am Kon­zil von unten betei­ligt ist. Eine der drei Auf­takt­ver­an­stal­tun­gen (2019) fand zudem zufäl­lig (?) in Ravens­burg in der Gemein­de eines wei­te­ren „reform­ori­en­tier­ten“ Pfar­rers statt und „Eucha­ri­sti­sche Gast­freund­schaft“ ist auch eine For­de­rung des Rot­ten­bur­ger Manifests“.

Die Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes neu überdenken

Das Mani­fest beläßt es nicht bei der For­de­rung nach eucha­ri­sti­scher Gast­freund­schaft. In öku­me­ni­scher Gesin­nung müs­se die Leh­re von der päpst­li­chen Unfehl­bar­keit neu über­dacht und die Rol­le des Pap­stes neu bestimmt wer­den. Da die For­de­run­gen des Mani­fests nicht nur allen Mit­glie­dern der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, dem ZdK und dem Prä­si­di­um des Syn­oda­len Wegs zuge­sandt wer­den, son­dern auch dem Orga­ni­sa­tor der Welt­syn­ode Kar­di­nal Grech und dem Papst selbst, bleibt nur zu hof­fen, daß die­ser nicht gewillt sein wird, sei­ne Rol­le als Papst von deut­schen „Refor­ma­to­ren“ neu bestim­men zu lassen.

Prof. Dr. theol. Johanna Rahner: Aufruf zum Ungehorsam

Hören Sie auf, brav zu sein“, ermu­tig­te die Tübin­ger Dog­ma­tik­pro­fes­so­rin die Kon­zils­teil­neh­mer am Ende ihres Vor­tra­ges Brau­chen wir eine neue Kir­che? Zur Not­wen­dig­keit von Refor­men und den Chan­cen eines neu­en Weltkonzils.

Schmie­den Sie stra­te­gi­sche Alli­an­zen mit Bischö­fen, Per­sön­lich­kei­ten aus Poli­tik, Wirt­schaft, Wis­sen­schaft und ande­rer Öffentlichkeit.“

So unum­wun­den sagt es sel­ten jemand: Es geht mit­nich­ten um die von Chri­stus gestif­te­te hei­li­ge Kir­che und schon gar nicht um ihre Erneue­rung durch Evan­ge­li­sie­rung, son­dern um Stra­te­gien zu ihrer Aus­höh­lung mit Unter­stüt­zung welt­li­cher Bünd­nis­part­ner. Die „ande­re Öffent­lich­keit“ darf man wohl als eine Umschrei­bung für links­li­be­ra­le Medi­en lesen.

Doch auch wenn es den selbst­er­nann­ten deut­schen „Refor­mern“ nicht paßt: Es gibt Katho­li­ken, Lai­en und Kle­ri­ker, die „vol­ler Anhäng­lich­keit“ an die „Hei­li­ge Über­lie­fe­rung und die Hei­li­ge Schrift“ am über­lie­fer­ten Glau­ben festhalten:

Vol­ler Anhäng­lich­keit (…) ver­harrt das gan­ze hei­li­ge Volk, mit sei­nen Hir­ten ver­eint, stän­dig in der Leh­re und Gemein­schaft der Apo­stel, bei Brot­bre­chen und Gebet (vgl. Apg 8,42 griech.), so daß im Fest­hal­ten am über­lie­fer­ten Glau­ben, in sei­ner Ver­wirk­li­chung und sei­nem Bekennt­nis ein ein­zig­ar­ti­ger Ein­klang herrscht zwi­schen Vor­ste­hern und Gläu­bi­gen (7). Die Auf­ga­be aber, das geschrie­be­ne oder über­lie­fer­te (8) Wort Got­tes ver­bind­lich zu erklä­ren, ist nur dem leben­di­gen Lehr­amt der Kir­che anver­traut (9), des­sen Voll­macht im Namen Jesu Chri­sti aus­ge­übt wird.“ (Dog­ma­ti­sche Kon­sti­tu­ti­on Dei Ver­bum über die gött­li­che Offen­ba­rung)

Der Marsch der „kleinen Herde“ ins Ghetto?

Frau Rah­ner warnt vor einer „Ideo­lo­gie der klei­nen Her­de“ als neu­es Kir­chen­bild, das mit einer „zunehmende(n) kirch­li­chen Berüh­rungs­angst vor dem moder­nen Men­schen“ und dem Abglei­ten in eine „sek­tie­re­ri­sche Men­ta­li­tät (…), dem Marsch ins Ghet­to (…), ver­bun­den ist“. Ihre Wor­te zei­gen, was auf treue Katho­li­ken in „Reform­diö­ze­sen“ syn­odal „bewegter“ Hir­ten zukommt, wenn die Anthro­po­zen­trik des moder­nen Men­schen alles erlaubt und der Sit­ten­ver­fall in einer säku­la­ren Welt die Maß­stä­be so ver­schiebt, daß Katho­li­ken, die sich der „zeit­ge­mä­ßen“ Rela­ti­vie­rung der Wahr­heit wider­set­zen, als Sek­tie­rer abge­stem­pelt wer­den. Jeder konn­te sehen, was bei der Vier­ten Voll­ver­samm­lung des Syn­oda­len Wegs mit den Bischö­fen gesche­hen ist, die noch ver­su­chen, ihrem Wei­he­ver­spre­chen treu zu blei­ben und „das von den Apo­steln über­lie­fer­te Glau­bens­gut, das immer und über­all in der Kir­che bewahrt wur­de, rein und unver­kürzt weiterzugeben“.

Unver­kürzt glau­ben­de Katho­li­ken bezeu­gen ihre Lie­be zur Kir­che. Wo es mög­lich ist, stim­men sie mit den Füßen ab. Ihnen bleibt je nach Stand­ort die alte Mes­se oder die Suche nach ver­blie­be­nen unfort­schritt­li­chen from­men Prie­stern. Sie mei­den Maria‑2.0‑Frauenpredigtreihen, die wie gera­de in Tübin­gen auch vor Eucha­ri­stie­fei­ern nicht halt­ma­chen. Sie mei­den Kir­chen, in denen que­er-bun­te Fah­nen den Altar ver­un­stal­ten oder „zwei Män­ner und zwei Frau­en am Altar“ ste­hen, was man beim Kon­zil von unten beton­te, auch wenn es sich bei der Eucha­ri­stie­fei­er im Rot­ten­bur­ger Dom noch nicht um eine Kon­ze­le­bra­ti­on han­del­te, son­dern nur um die Macht des Bildes.

Das Drän­geln im Altar­raum bei sich lee­ren­den Kirchenschiffen

Bild: drs​.de (Screen­shots)

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2 Kommentare

  1. Eine klei­ne Lese­empf­e­lung: Die Rot­te Kor­ach (4.Mose 16). Schon damals und seit dem immer wie­der gab es Kirchenrevoluzzer,
    die die Ord­nung der Kir­che und ihre Leh­re zer­stö­ren woll­ten. Daß auf dem 1.Apostelkonzil nur die Apo­stel und die Ältesten
    über die theo­lo­gi­sche Sach­fra­ge des Wies der Hei­den­mis­si­on ent­schie­den und nicht die Lai­en, war dann wohl auch nur ein
    Irr­tum der Kir­che. Jetzt soll alles ver­de­mo­kra­ti­siert wer­den und das meint zuerst, daß Jesus Chri­stus nicht mehr der Herr
    sei­ner Kir­che sein soll, sie soll ihm ent­eig­net und der Macht von Kir­chen­rä­ten unter­wor­fen werden.
    Uwe Lay Pro Theol Blogspot

  2. Herr Lay, wer steht hin­ter den Kir­chen­rä­ten und ihrer Macht? Es ist doch der Feind Gottes,Satan.

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