
Kommentar von einer Katholikin
In einer am 21. Juli in einem Bulletin des vatikanischen Presseamtes veröffentlichten „Erklärung des Heiligen Stuhls“ wird dem Synodalen Weg in Deutschland untersagt, unbefugt Entscheidungen zu treffen, „die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral (…) verpflichten.“
Soweit, so gut. Es scheint mir allerdings verfrüht, hier von einem wirklichen Machtwort zu sprechen oder gar frohlockend die Sektgläser auszupacken, auch wenn die Synodalen hierzulande einen deutlichen Dämpfer erhalten haben, den sie auch als solchen empfanden und gleich getroffen bellten.
Das am frühen Nachmittag völlig unerwartet erschienene kurze Pressebulletin wurde gegen Abend umgehend in einem Statement der Präsidenten des Synodalen Weges, Dr. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), und Bischof Dr. Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, pariert.
Und wer hätte es gedacht? Wie schon beim päpstlichen Brief an das pilgernde Volk in Deutschland begrüßt man, dass der Heilige Stuhl unterstreicht, was man sowieso in seinen Statuten stehen habe, man fühlt sich bestärkt und ermutigt und selbstverständlich hat man ja gar nichts geplant, was sich gegen die Einheit der Weltkirche richte.
Bischof Bätzing und Frau Stetter-Karp vom sogenannten Zentralkomitee der deutschen Katholiken geben die Unschuld aus deutschen Landen, um sich zu verteidigen. Denn zumindest mit den Alleingängen und dem deutschen Weg in ein Schisma könnte nun erst einmal tatsächlich Schluß sein, schließlich scheint der Papst nicht gewillt, sich das Heft bei der Weltsynode schon jetzt durch faktensetzende Deutsche aus der Hand nehmen zu lassen. Vielleicht hat man in Rom auch ein besorgtes Auge auf die internationale Kritik konservativer Bischöfe am Synodalen Weg, die gestärkt werden, je mehr Bischof Bätzing arrogant und kritikresistent auf sie reagiert.
Nun versuchen die deutschen Synodalen zu retten, was zu retten ist. Die Erfurter Dogmatik-Professorin Julia Knop und Mitglied der Synodalversammlung (genau die, die sich so über die Frömmigkeit des „Retrokatholizismus“ geärgert hat) wurde deutlich: Niemand habe die Absicht, nationalkirchliche Alleingänge zu gehen. Betonung auf niemand. Man kennt das ja.…
Pikiert schoben Bätzing und Stetter-Karp den Schwarzen Peter dem Stuhl Petri zu, der ja leider nie zu einer Klärung der Mißverständnisse bereit gewesen sei. Das Präsidium habe immer „direkte Wege der Kommunikation mit den römischen Stellen“ gesucht“, doch „leider ist das Synodalpräsidium bis heute nicht zu einem Gespräch eingeladen worden“. Von dieser Verweigerung der direkten Kommunikation zeigt man sich nun bedauernd „irritiert“. Die deutsche Extrawurst hat man ihnen eben nun einmal nicht gebraten.
Stattdessen pflege der Heilige Stuhl einen „schlechten Kommunikationsstil“ mit der Veröffentlichung nicht namentlich gekennzeichneter Erklärungen.
Man darf nun nach der römischen Zurechtweisung einen heißen deutsch-synodalen Herbst erwarten, wo im September pseudodemokratische Abstimmungen und Beschlüsse nicht einfach sein werden. Es folgt 2023 eine Weltsynode, auf der die zum Schisma bereiten Deutschen hoffentlich endlich einmal ins Glied zurücktreten müssen. Doch man werde sich zusammentun, spüre man doch „bereits jetzt, daß die von uns benannten Probleme und Fragen weltweit ähnlich sind“.
Die Kuh ist also noch nicht vom Eis. Euphorie ist derzeit nicht angebracht, schon gar nicht, solange nicht klar ist, was sich hinter folgender Einschränkung im Text der vatikanischen Erklärung verbergen könnte:
„Es wäre nicht zulässig, in den Diözesen vor einer auf Ebene der Universalkirche abgestimmten Übereinkunft neue amtliche Strukturen oder Lehren einzuführen, welche eine Verletzung der kirchlichen Gemeinschaft und eine Bedrohung der Einheit der Kirche darstellen würden.“
Vor einer auf Ebene der Universalkirche abgestimmten Übereinkunft? Wäre eine solche denn überhaupt eingeplant?
Papst Franziskus hat uns ja leider gelehrt, gegebenenfalls bis in die Fußnoten genau zu lesen und mißtrauisch zu sein. In seinem verbissenen Feldzug gegen traditionsverbundene Katholiken und die überlieferte Liturgie verwendet er die angeblich abgelehnte Einheit mit der Kirche bzw. dem II. Vatikanischen Konzil als Keule und gefährdet den liturgischen Frieden, der seit Summorum Pontificum eingetreten ist und zu einem friedlichen Wachsen der traditionsverbundenen Gemeinschaften und der ihnen anvertrauten Gläubigen geführt hat.
Bezeichnenderweise ist die wahre katholische Einheit in der Treue zur Wahrheit der Offenbarung Jesu Christi und zur Tradition genau das, wofür traditionsverbundene Gläubige stehen.
Diese Einheit würde obsolet, wenn auf der Weltsynode die Gefahr besteht, daß sich die Einheit der Weltkirche nur noch darin findet, daß man abgestimmte Übereinkünfte trifft, um z. B. neue Lehren einzuführen.
Die Einheit der Weltkirche darf nicht zum Selbstzweck werden, den man beliebig instrumentalisieren kann. Wenn man sich auf der offiziellen Seite der Weltsynode umschaut, scheint es tatsächlich immer offener zu werden, worauf diese Einheit gründet. Hatte der Papst im Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland dankenswerterweise noch auf eine dringend nötige Evangelisierung abgehoben, so unterstreicht man in Erwartung der Weltsynode aus diesem Brief folgendes:
„Die Weltkirche lebt in und aus den Teilkirchen, so wie die Teilkirchen in und aus der Weltkirche leben und erblühen; falls sie von der Weltkirche getrennt wären, würden sie sich schwächen, verderben und sterben. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Gemeinschaft mit dem ganzen Leib der Kirche immer lebendig und wirksam zu erhalten.“
Das ist richtig und muß dem sog. Synodalen Weg in aller Deutlichkeit immer wieder gesagt werden. Aber ein echtes Machtwort wäre es, wenn der Papst selbst namentlich und kraft seines Lehramtes deutlich ausspräche, daß die aberwitzigen unkatholischen Aberrationen des synodalen Weges zur Sexualmoral, zur Frauenordination und zum sakramentalen Priestertum aufzuhören haben. Stattdessen sollen „die Vorschläge des Weges der Teilkirchen in Deutschland in den synodalen Prozess, auf dem die Universalkirche unterwegs ist, einfließen (…), um zur gegenseitigen Bereicherung beizutragen und ein Zeugnis der Einheit zu geben, mit welcher der Leib der Kirche seine Treue zu Christus, dem Herrn, bekundet.“
Aberrationen als Bereicherung? Wie wünschte man sich, Papst Franziskus sähe die Tradition als Bereicherung. Wir sind gut beraten, alles, aber auch alles, was Papst Franziskus tut und sagt oder auch nicht sagt, im Gesamtkontext all seiner Handlungen zu sehen. Man darf schließlich voraussetzen, daß er genau weiß, daß die Tradition das letzte Bollwerk gegen die zeitgeistige Anbiederung der Kirche an den Hedonismus einer zügellosen gottlos gewordenen Welt und ihres moralischen Niedergangs ist und daß gerade auch junge Menschen und Priester eine wirkliche Gesundung und Reform der Kirche in einer lebendigen Tradition suchen. Die Pfingstwallfahrt der Tradition von Paris nach Chartres hat gerade wieder gezeigt, mit welcher Begeisterung und Inbrunst und Opferbereitschaft allen Unbilden der Natur zum Trotz insbesondere auch die Jugend bereit ist, wirklich katholisch zu leben und Zeugnis zu geben und sich nicht durch Umerziehung von der überlieferten Liturgie abbringen zu lassen. Der zeitgeistige, aber absterbende deutsche Katholikentag dagegen war ein ziemlich „verqueeres“ Trauerspiel in Regie synodaler Laien und Bischöfe, die sogar die heilige Kommunion ohne Not an Nichtkatholiken spendeten.
Echte Machtworte kraft der dem Bischof von Rom verliehenen Vollmacht unseres Herrn zur Verteidigung der Wahrheit sehen anders aus. Vor diesem Hintergrund sollten wir nicht in Euphorie verfallen, sondern die weitere Entwicklung in Gebet und Zeugnisgeben begleiten. Die Weltsynode birgt Chancen und Gefahren gleichermaßen und auf sie steuert derzeit die Weltkirche zu.
Bild: Faro di Roma (Screenshot)