Aus dem Schoß der heiligsten Dreifaltigkeit tritt der Sohn Gottes durch die Menschwerdung in den Schoß des Menschengeschlechtes ein und die Menschwerdung lebenbringend (als Speise) in die Seelen der einzelnen. Dankbar feiert deshalb die heilige Kirche nicht bloß die heiligste Dreifaltigkeit und die Menschwerdung, sondern auch die Einsetzung des allerheiligsten Altarsakramentes. Wohl gedachte sie schon am Gründonnerstag dieses Liebeserweises des scheidenden Erlösers, wohl ist jede Meßfeier eine feierliche Huldigung an die heiligste Eucharistie; aber es drängt die Kirche, ihrem Dank, ohne die dunklen Schatten der Karwoche, in ungetrübtem Jubel Ausdruck zu verleihen.
Die Liturgie des Fronleichnamsfestes feiert das allerheiligste Altarsakrament als Opfer, als Kommunion (Opferspeise) und, wegen der dauernden Gegenwart Christi im Tabernakel, als Gegenstand der Anbetung.
Die erste Anregung, wenn auch nicht den entscheidenden Grund zu einer eucharistischen Festfeier an diesem Tage, bot eine Vision der heiligen Juliana von Lüttich († am 5. April 1258). Für den Lütticher Sprengel führte Bischof Robert das Fest im Jahr 1246 ein; 1252 ordnete es der Dominikanerkardinal Hugo für Westdeutschland und die Niederlande an; 1264 wurde es durch Papst Urban IV., ehemals Erzdiakon zu Lüttich, als „Fest des Leibes Christi“ (im Deutschen gut mit vronlichnam = Herrenleib wiedergegeben) dem Festkranze der ganzen lateinischen Kirche eingereiht. Der heilige Thomas von Aquin wurde beauftragt, die Texte für das Offizium und die Messe des neuen Festes zusammenzustellen. Einen weiteren Ausbau erhielt die Festfeier durch die Prozession (in Köln schon im Jahr 1279), in der die glaubensvolle Einheit der Katholiken kraftvoll zum Ausdruck kommt.
Im Introitus danken wir für die heiligste Eucharistie: sie ist uns der lebensspendende Weizen und die geistige Süßigkeit aus dem Felsen, d. i. von Christus (Introitus), das Gedächtnis des Leidens und der Liebe Christi (Oratio). In der Feier der heiligsten Eucharistie verkünden wir den Tod Christi (sie ist ein Opfer – Epistola). Sie ist uns Speise und Trank zum übernatürlichen Leben, „der Segen“ (Graduale, Evangelium), sie ist uns Symbol der Einheit und des Friedens (Secreta), und Unterpfand der ewigen Gottvereinigung (Postcommunio). Die Epistel und die Communio mahnen ausdrücklich, daß wir uns hüten, die heilige Speise unwürdig zu empfangen.
(aus: Das vollständige Römische Meßbuch, im Anschluß an das Meßbuch von Anselm Schott O.S.B. herausgegeben von Benediktinern der Erzabtei Beuron, 13. Aufl., Verlag Herder, Freiburg 1954.)
Graduale
Oculi omnium in te sperant, Domine:
et tu das illis escam in tempore opportuno.
Aperis tu manum tuam:
et imples omne animal benedictione.
Allelúja, allelúja.
Caro mea vere est cibus,
et sanguis meus vere est potus.
Qui manducat carnem meam,
et bibit sanguinem meum,
in me manet, et ego in eo.
Aller Augen warten auf Dich, o Herr,
und Du gibst ihnen Speise zur rechten Zeit.
Du öffnest Deine Hand,
und füllest alles, was da lebt, mit Segen.
Alleluja, alleluja.
Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise,
und Mein Blut ist wahrhaft ein Trank.
Wer Mein Fleisch ißt
und Mein Blut trinkt,
der bleibt in Mir und Ich in ihm.
Bild: Gregor XVI. bei der Fronleichnamsprozession, von Fernando Cavalleri, 1840/Wikicommons