(London) Der Heilige Stuhl wird einen Verlust von rund 100 Millionen Pfund (etwa 120 Millionen Euro) erleiden, wenn der anstehende Verkauf seiner Luxusimmobilien im Zentrum von London abgeschlossen sein wird.
Der Immobilienkauf ist Gegenstand eines Strafprozesses rund um die Verwaltung der Gelder des vatikanischen Staatssekretariats. Im Mittelpunkt des Verfahrens steht Kardinal Angelo Becciu, der damalige Substitut des Kardinalstaatssekretärs und inzwischen zurückgetretene Präfekt der Heiligsprechungskongregation. Am 17. November wird der Prozeß im Vatikan fortgesetzt werden.
Die Financial Times berichtete auf der Titelseite ihrer europäischen Ausgabe, daß der Heilige Stuhl (nicht der Vatikanstaat) nach Angaben von Personen, die mit den Vorgängen vertraut sind, die Immobilien im Londoner Stadtteil Knightsbridge an die Private-Equity-Gruppe Bain Capital verkauft. Der Verkauf stehe unmittelbar vor dem Abschluß. Als Verkaufssumme nannte die Zeitung rund 200 Millionen Pfund (mehr als 235 Millionen Euro).
Google bewirbt den Stadtteil mit den Worten:
„Knightsbridge ist ein wohlhabendes Viertel mit prachtvollen viktorianischen Häusern und grünen Plätzen, das direkt an den weitläufigen Hyde Park grenzt. Die gehobenen Restaurants und Geschäfte wie das bekannte Warenhaus Harrods sind sowohl bei den gut situierten internationalen Einwohnern als auch bei Touristen beliebt.“
Sowohl Bain Capital als auch Savills, das den Verkauf abwickelt, lehnten eine Stellungnahme ab.
Die vatikanische Strafverfolgungsbehörde sagt, daß hochrangige Beamte des Heiligen Stuhls, deren Verantwortlichkeit im Verfahren geklärt werden soll, zwischen 2014 und 2018 insgesamt 350 Millionen Euro in die Londoner Luxusimmobilien investiert haben, hauptsächlich aus Stiftungsgeldern.
Der nun erfolgende Verkauf bedeutet für den Heiligen Stuhl, laut Financial Times, einen Verlust von rund 100 Millionen Pfund (etwa 120 Millionen Euro).
Im Vatikan ist sogar von einem „doppelten Schaden“ die Rede, denn der Skandal habe einen Imageschaden verursacht, der auch in einem Rückgang des Peterspfennigs seinen Niederschlag gefunden habe.
Laut vatikanischer Staatsanwaltschaft wurde in den Kauf der Londoner Immobilien nämlich vor allem Geld aus dem Peterspfennig investiert. Das sind Spenden der Katholiken aus aller Welt an den Papst für den Betrieb der Römischen Kurie und seine wohltätigen Werke.
„Das Londoner Gebäude, das in Luxuswohnungen umgewandelt werden sollte, steht im Mittelpunkt eines Skandals, der den Heiligen Stuhl gezwungen hat, die Verwaltung seiner Finanzen komplett zu überdenken“, so die Financial Times.
Die Verwaltung der Güter und Gelder wurden dem Staatssekretariat entzogen und der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls (APSA) übertragen.
Im Prozeß, der am vergangenen 2. Oktober begonnen hat, haben sich Kardinal Becciu, der internationale Financier Raffaele Mincione und mehrere Beamte des Staatssekretariats zu verantworten. Allerdings bestehen Zweifel, ob am 17. November vollständige Akteneinsicht möglich sein wird, wie sie vom Gericht angeordnet wurde. Anfang November war dies noch nicht möglich. Es könnte beim nächsten Prozeßtag daher auch zu klären sein, wer wen zu schützen oder was zu verbergen versucht.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Google Maps (Screenshot)
Nur Rückgang des Peterspfennig – dann wissen noch zu wenige Gläubige von dem Skandal.