
Von einer Katholikin*
Dämmerung in Rom
Mascherina, signora. Maske aufsetzen. Ich weiß nicht, wie oft ich ermahnt wurde, weil ich meine Maske unter das Kinn geschoben hatte, da ich frei atmen wollte in Gottes Angesicht und um mich herum in vielen Kirchen weit und breit keiner war. Und: No, signora. Keine Mundkommunion. Das war noch die höflichste Form der Zurückweisung, die mir widerfuhr. Wir waren dem kalten Regenwetter in Deutschland entkommen, dem staatlichen und kirchlichen Coronastreß nicht. Und doch…
Aber der Reihe nach. Mariä Himmelfahrt in einem schmucken mittelalterlichen Städtchen mit imposantem Kastell nicht weit von Rom.
Vor der Messe fragte ich den Priester nach der Möglichkeit, die Mundkommunion nach der Messe zu empfangen. Da wurde ich nach einer unfreundlichen Ablehnung gleich ebenso unfreundlich gefragt, warum ich denn nicht einfach die Handkommunion akzeptieren könne. Wegen Corona und überhaupt. Gut, dann also geistliche Kommunion. Aber es war mir wichtig, nicht einfach wortlos zu verzichten. Und vielleicht gab es ja doch den ein oder anderen Bischof, den ein oder anderen Priester…
Die Messe am Marienhochfest übertraf an Lieblosigkeit meine Befürchtungen und endete mit der Taizé-Magnificaaat-Endlosschleife zu Gitarrensound. Wie später am Abend in der Lateranbasilika. Ohne Gitarre. Mit Kantorin. Soviel Latein durfte also noch sein beim Bischof von Rom, dem Verfasser von Traditionis custodes, beim Oberwächter der Tradition, der mit der Behinderung des überlieferten Ritus und dem Befördern der Volkssprachen in der lateinischen Liturgie gerade Zeichen gesetzt hatte. Ich nahm mir vor, nicht an ihn zu denken.
Nicht eben leicht in Rom.

Soll man lachen, soll man weinen?
Eine alte Messe morgens im Petersdom war mir nach deren Verbannung in die Grotten nun auch nicht mehr vergönnt. Nur eine „ordentliche“ Wochentagsmesse am Josephsaltar. Ich hatte die Hoffnung auf einen barmherzigen Priester noch nicht aufgegeben, ging als letzte zur Kommunion und bat um die Mundkommunion, die man mir verweigerte, hinterher aber auch nicht extra missam geben wollte. Das Narrativ ist überall das gleiche. Corona, die Bischöfe und überhaupt. Und kein Oberhirte, der endlich gegensteuert. Im Gegenteil.
Dafür traf ich am nächsten Tag einen Soutaneträger, einen angehenden Priester des Instituts Christus König und Hohepriester in Rom, bei dem ich meinen Kummer ganz spontan loswerden konnte und Trost fand. So sieht die pastorale Fürsorge aus, die der Papst den Priestern der Tradition gerne abspricht!
Eine stille Messe in Santissima Trinità dei Pellegrini, der Personalpfarrei der Petrusbruderschaft für die Diözese Rom, tat dann ihr übriges und heilte die Verletzungen der vergangenen Tage. Es war alles, wie es sein sollte, und ich war selig, die Kommunion empfangen zu können, im Knien und in den Mund.
Wie wichtig diese Stärkung war, erwies sich in der Folge in der päpstlichen Basilika Santa Maria Maggiore, der bedeutendsten Marienkirche der Welt, wo die Reliquie der heiligen Krippe Jesu verehrt wird.

Ich kam mit einem dort in der Sakristei anwesenden Pater ins Gespräch. Als er merkte, daß ich die Mundkommunion nie würde lassen wollen, sagte er mir allen Ernstes, ich dürfe die Handkommunion nicht ablehnen, weil ich sonst dem Dämon folgte, denn der Teufel versuche die Menschen vom Sakrament zu entfernen, wenn sie auf der Mundkommunion beharren. Da sagte ich, diejenigen gehorchen dem Teufel, die die Gläubigen zu der nur als Ausnahme möglichen Handkommunion zwingen wollen und Corona dazu instrumentalisieren.
Ich barg mich bei der Gottesmutter, Salus Populi Romani. Ihr Volk braucht sie so sehr.

Mascherina, signora. Nein, diesmal war es kein Kirchenwächter, sondern eine Automatenstimme in einem süditalienischen Supermarkt. Man konnte der Coronaherrschaft nicht entrinnen. Am Eingang empfing die Kunden ein großer Thermoscanner mit Bilderfassung, der die Temperatur maß und Unmaskierte anwies, ihre Maske aufzusetzen. Selbst in einem Museum fand sich dieses Ding, trotz 3G und Maskenzwang. In Privatunterkünften war man bewaffnet mit einem Handmodell zum kontaktlosen Thermoscannen der Stirn. Es hatte etwas Gespenstisches, Unmenschliches. Und es war entwürdigend, implizierte es doch die mögliche Selektion.

Heiliges Antlitz: Das Volto Santo in Manoppello
Ich hatte einiges gelesen über die geheimnisvolle Geschichte des durchscheinenden Muschelseidentuchs, auf dem das wahre Antlitz Jesu zu sehen sein soll. Viele Photos hatte ich angesehen. Dann ließ ich das Lesen sein. Ich wollte nur das Antlitz sehen.
Jeder muß seinen eigenen Weg zu diesem Bild gehen. Eine Frage des Glaubens. Mein Weg war nur äußerlich mühsam; wir verirrten uns in den abgelegenen Tälern und Höhen der Abruzzen und kamen auf Umwegen zum Ziel.
Ich kannte das Bild von Photos und hatte ein wenig Angst, es könnte einfach nur ein Wiedererkennen dieser Bilder sein, wenn ich davor stünde. Aber dann war ich da und ging nach vorne, weil ich nichts erkennen konnte. Es war zuerst einfach weg, durchsichtig, doch dann regelte ein Mönch das Licht und ich sah diese Augen, dieses gütige Gesicht. Oben über dem Altar kam ich ihm ganz nah. Ohne Maske. Später saß ich hinter dem Altar allein in der Gebetsbank und vergaß weiter zu beten, nur nach oben schauen und diesen Blick spüren, es ist ein Blick, der geht hinein ins Herz.

Später begann eine Messe in einer mir fremden Sprache. Und dann geschah etwas Wunderbares: Bei der Kommunion öffnete eine Frau die Lippen und empfing die Kommunion. Da tat ich es ihr gleich und empfing Seinen kostbaren Leib. In den Mund, unter Seinem Blick, in Seinem Angesichte.
Als ich mich hernach erkundigte, erfuhr ich, daß der Priester mit seiner Gruppe aus Ungarn (sic !) kam. Von den Italienern hätte ich keine Mundkommunion erhalten, wie man mir sagte. Auch nicht hier in Manoppello. Auch nicht extra missam. Corona eben, und die Bischöfe und überhaupt.
Ja, und überhaupt.
Bei Franziskus, dem heiligen

Wie ein Ölfilm hat sich der Name des Papstes über den Namen des Poverello aus Assisi gelegt. Ich hatte mir vorgenommen, meinen Besuch in Assisi ganz den beiden großen Heiligen, Franziskus und Klara, zu widmen. Ich wollte nicht daran denken, was im Namen des interreligiösen „Geistes von Assisi“ hier schon in den Kirchen stattgefunden hatte und noch stattfinden wird. Ich wollte auch nicht an den Papst denken, der in grandioser Selbststilisierung (man denke nur an den Wim-Wenders-Film Ein Mann seines Wortes) seinen heiligen Namenspatron medienwirksam vereinnahmt hat. Doch der Heilige, der als Armer den Armen half, war kein sozialrevolutionärer Politiker und kein Umweltaktivist, er wußte, daß weder Politik noch Wissenschaft noch Revolution uns vor dem Bösen und der Selbstvernichtung bewahren. Er wußte, daß die Vielfalt der Religionen nicht gottgewollt ist. Er wußte, daß unser dreifaltiger Gott im Vater, im Sohn und im Heiligen Geist nicht der Allah der Muslime ist. Er glaubte, daß in der Heilsoffenbarung unseres Herrn Jesus Christus, der sich für uns geopfert hat – und nur in ihr – die Hoffnung für die Welt liegt! Deshalb ging er zum Sultan nach Ägypten, um vom wahren Glauben zu künden und ihn zu bekehren.
Er nahm Gott beim Wort und richtete auf Sein Geheiß Seine verfallene Kirche wieder auf. Er erschuf sie nicht neu nach eigenen Maßstäben.
Meine Begegnung mit den Heiligen, sie gelang. Nicht schwitzend unter der Maske in der weihrauchfreien „feierlichen“ Sonntagsmesse in der Oberkirche von San Francesco, auch nicht an Franziskus‘ Grab, um das die zur Rastlosigkeit angetriebenen Touristen kreisten, und schon gar nicht in den Gassen des Städtchens mit seinen unvermeidlichen touristischen Läden und teuren Restaurants.
Sie gelang in den Morgenstunden des Sonntags, als die Straßen wirklich menschenleer waren und Bruder Sonne begann, mit seinen warmen Strahlen die umbrischen Berge und die weite Ebene zu übergießen. Sie gelang beim Anblick zweier Ordensschwestern, die aus einer Kirche nach einer Hochzeit den Reis fegten. Sie gelang beim Staunen über die unbeschreiblich schönen Fresken, die das Leben des Heiligen erzählen. Sie gelang in Santa Chiara, wo die heilige Klara aufgebahrt ruht. Sie gelang an der Stelle neben der Portiunculakapelle, wo Franziskus‘ Seele hinüberging zum Herrn und ich zu meinem Erstaunen lange allein sein konnte, und sie gelang in der Kapelle selbst, wo eine Familie mit drei kleinen Mädchen einen Pater um den Segen bat und ich in Vaterunser und Ave Maria einstimmte.
Laudato si‘, mi‘ signore


Gelobt seist du, mein Herr,
durch unsere Schwester, den leiblichen Tod;
ihm kann kein Mensch lebend entrinnen.
Wehe jenen, die in tödlicher Sünde sterben.
Selig jene, die er findet in deinem heiligsten Willen,
denn der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun.
Lobt und preist meinen Herrn
und dankt ihm und dient ihm mit großer Demut.
(Die Schlußstrophe des Sonnengesanges findet sich nicht in Papst Franziskus‘ Enzyklika „Laudato si“. Dafür schlägt er darin ein Gebet vor, „das wir mit allen teilen können, die an einen Gott glauben, der allmächtiger Schöpfer ist“.)
Andere Länder, andere Sitten.
Vor einigen Wochen habe ich im ungarischbewohnten Teil von Siebenbürgen meine Hände brav gehalten. Ich bin davon ausgegangend, dass dort – ähnlich wie un Ungarn – wegen Corona nur Handkommunion erlaubt ist. Meine Hände wurden vom Priester etwas barsch beiseitegeschoben, und die Eucharistie in meinen Mund gedrückt. Was aber nicht heißt, dass es in Rumänien keien Hysterie gibt. Nur eben drückt sie sich anders aus.
Unsere Hochzeitsreise hatte uns in die ewige Stadt geführt. Wir durften an der wohl dritten Mittwochsaudienz von Papst Benedikt XVI. unter den Brautpaaren teilnehmen. Seit 2013 mag ich dem Wunsch meiner lieben Frau, mal wieder hin zu fahren überhaupt nicht gerne entsprechen. Und jetzt auch noch die Restriktionen. So habe ich es in Deutschland noch nicht erlebt.
Vergelt‚s Gott für die Impressionen, insbesondere auch von Manopello und Assisi.
Danke für Ihr Glaubenszeugnis.
Vielleicht kann hier jemand meinem Verständnis aufhelfen.
Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass ein Priester, dessen erste Liebe doch die persönliche Liebe zu seinem persönlichen Gott ist (sein sollte) nach der Heiligen Wandlung nicht, wie im traditionellen Ritus vorgeschrieben, im neuen Ritus nicht nach einer Vorschrift, sondern aus Liebe zum Erlöser Daumen und Zeigefinger zusammenhält bis zur Purifikation nach der Kommunionausteilung. Er kann doch unmöglich in Kauf nehmen wollen, dass er Partikel des Herrenleibes überall verteilt, wo Er zertreten wird oder verstaubt im Putzeimer landet. Noch schwieriger wird für mich das Verständnis bei Priestern, die birituell zelebrieren.
Auch fehlt mir das Verständnis, dass jemand der Jesus liebt, zum Hochzeitsmahl des Lammes, wie beim Frühstücksbuffet im Hotel in einer Schlange geht, um sich ohne Zeichen der körperlichen Anbetung die göttliche Speise zu greifen, den Leib des Herrn zerkauend wie normales Brot auf dem Rückweg damit beschäftigt ist, seine Bank zu suchen und sich ablenken lässt zu schauen, wer denn sonst noch so in der Kirche ist. Weiß er nichts von Ursa im Alten Testament, der mit ungeweihten Händen zugriff, um die Bundeslade Gottes, die schwankte, vor dem Herabstürzen zu bewahren und vermutlich weil er nach eigenem Gutdünken handelte und nicht nach dem Willen Gottes, tot umfiel.
Wie anders dagegen das Glaubenszeugnis eines chinesischen Kindes der Untergrundkirche, das gesehen hat, dass das Ziborium von gottlosen Feinden umgestoßen wurde und die einzelnen Hostien, also der Leib des Herrn, alle auf den Boden fielen. Der Priester, der sich versteckt hielt und nicht hervor traute, konnte in der Folge sehen, wie das Kind jeden Tag in die Kirche kam, sich niederkniete und mit dem Mund jeweils eine Hostie aufnahm und die Kirche verließ, bei der letzten Hostie tat es das ebenso. Weil das Kind aber von gottlosen Feinden beobachtet worden war, wurde es dann am letzten Tag erschossen, wie der Priester, der sich versteckt hatte, berichtete.
Mir ging es kürzlich auch so, wie der Autorin des Berichts. Nach über einem Jahr geistlicher Kommunion ging ich zu einer Heiligen Messe im neuen Ritus aus Anlaß eines Priesterjubiläums. Die Kirche hat noch eine Kommunionbank, vor der die meisten Gläubigen seit Jahren stehend Handkommunion praktizierten. Als ich sah, dass der Priester einem stehenden Gläubigen die Mundkommunion spendete, durchströmte mich ein Glücksgefühl, ich stand schnell auf, ging auch zur Kommunionbank, kniete mich hin und bekam die Mundkommunion gespendet. Der Priester hat seine Wurzeln in Polen.
„(Die Schlußstrophe des Sonnengesanges findet sich nicht in Papst Franziskus‘ Enzyklika „Laudato si“. Dafür schlägt er darin ein Gebet vor, „das wir mit allen teilen können, die an einen Gott glauben, der allmächtiger Schöpfer ist“.)“
Ich möchte noch hinzufügen das an Jesus Christus sich die Geister scheiden werden, soviel Genauigkeit muß sein.
Per Mariam ad Christum,