
(Washington) Das Heartbeat-Gesetz, das soeben im Staat Texas in Kraft getreten ist, schützt das Lebensrecht ungeborener Kinder und ist so angelegt, daß es den Versuchen der Abtreibungslobby, es durch mit ihr sympathisierende Richter zu blockieren, standhält – mit Erfolg. Eine Sensation!
Das neue Gesetz verbietet die Tötung ungeborener Kinder nach der 6. Schwangerschaftswoche und ruft die Bürger auf, den Schutz der ungeborenen Kinder zu übernehmen, indem Gesetzesverstöße zur Anzeige gebracht werden. Die dafür vorgesehenen Sanktionen sind nicht gegen die Frauen gerichtet, sondern gegen Abtreibungsärzte und Abtreibungszentren.
Die letzte Abtreibung in Texas nach dem bisherigen Gesetz erfolgte am Mittwoch. Seit Mitternacht, besser gesagt, seit dem 2. September, ist die Tötung eines ungeborenen Kindes in dem nach Kalifornien bevölkerungsreichsten Staat der USA fast nicht mehr möglich.
Erreicht wurde das nicht durch eines der „üblichen“ Gesetze der Republikaner, sondern durch ein „beispielloses“ Gesetz, wie John Roberts, Richter am Obersten Gerichtshof der USA, sagte. Roberts unterlag der Mehrheitsmeinung der Höchstrichter, die entschieden, das Gesetz nicht zu blockieren. Der Vorgang ist einzigartig, seit 1973 das Urteil Roe gegen Wade erging, mit der die Abtreibung durch dasselbe Höchstgericht in den USA legalisiert wurde. Lebensrechtsorganisationen sprechen von einem „bahnbrechenden“ Gesetz.
Am Obersten Gerichtshof entscheiden neun auf Lebenszeit ernannte Richter, ob Gesetze verfassungskonform sind oder nicht. Durch die Ernennung von drei Höchstrichtern durch US-Präsident Donald Trump verfügt die politische Linke erstmals seit den 60er Jahren nicht mehr über die Mehrheit am höchsten Gerichtshof der USA.
Das linke Spektrum, von der urbanen Bobo-Blase bis zur linksextremen Antifa, stimmte ein „Diskriminierung“-Geheul an. Jene Diskriminierung, welcher dieselben Kreise Andersdenkende, derzeit zum Beispiel Corona-Impf-Skeptiker, skrupellos aussetzen. Das neue Gesetz würde „den Frauen“ ihre „von der Verfassung garantierten Rechte nehmen“. Das ungeborene Kind, ein Mensch und mit denselben Rechten ausgestattet wie die Frau, die sich ihrer Mutterschaft entledigen will, indem sie einen anderen Menschen töten läßt, spielt in ihrem Denken keine Rolle. Es existiert einfach nicht.
Was aber besagt das texanische Gesetz genau? Warum ist es so einzigartig und unterscheidet sich von der langen Reihe anderer republikanischer Gesetze zum Schutz des Lebens und zur Eindämmung der Abtreibungsseuche?
Die Senate Bill 8, die vom republikanischen Gouverneur Greg Abbott im vergangenen Mai unterzeichnet wurde, gründet wie andere Heartbeat Bills auf dem Herzschlag des ungeborenen Kindes. Sobald dieser durch einen Arzt feststellbar ist, so das Gesetz, ist von einem Menschen auszugehen, der wie jeder Mensch unter dem Schutz des Gesetzes steht. Daher ist eine Abtreibung, sprich, seine Tötung, nach der 6. Schwangerschaftswoche ausgeschlossen. Der Herzschlag des Kindes ist so früh zu hören, daß dadurch eine Abtreibung nicht grundsätzlich verboten, aber weitgehend ausgeschlossen ist. Viele Frauen wissen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, daß sie schwanger sind. Bestätigt wird das von der Abtreibungslobby. In Texas erfolgten fast 90 Prozent aller Schwangerschaften nach der 6. Schwangerschaftswoche. Bisher war die Tötung ungeborener Kinder bis zur 20. Schwangerschaftswoche legal. Ausnahmen sieht das neue Gesetz bei medizinischen Notfällen, also bei Lebensgefahr für die Mutter, vor.
Die Abtreibungslobby scheitert
Die Abtreibungszentren wandten sich mit einer Dringlichkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof der USA, um das Gesetz zu blockieren. Ihre Begründung: Die Senate Bill 8 werde den „Zugang zum Schwangerschaftsabbruch in Texas katastrophal einschränken“. Mindestens 85 Prozent der Kundschaft würden ausgeschlossen, weshalb „viele Abtreibungskliniken“ schließen müßten.
Die Parlamente von dreizehn Staaten der USA hatten bereits zuvor, teils nach jahrelangem politischem Ringen, etwa in Staaten, in denen der Gouverneur anderer Meinung war, eine Heartbeat Bill beschlossen. In keinem jedoch konnte das Gesetz in Kraft treten, weil es jeweils von Bundesrichtern blockiert wurde.
Bisher wurden alle Gesetze blockiert, die ein Abtreibungsverbot vor der Lebensfähigkeit des Kindes außerhalb des Mutterleibes, also nach der 22.–24. Schwangerschaftswoche, einführen wollten. Im Unterschied zu den Heartbeat Bills anderer Staaten sieht das texanische Gesetz aber nicht vor, daß der Staat die Durchsetzung des Gesetzes übernimmt, sondern die Bürger. Jeder Bürger der USA, also nicht nur die fast 30 Millionen Texaner, können Abtreiber und alle, die eine Abtreibung ab der 6. Schwangerschaftswoche in Texas begünstigen, diese finanzieren oder die Schwangere zum Abtreiber begleiten, vor Gericht bringen.
Keinen Sanktionen unterliegt die Frau, denn Patienten können nicht zur Anzeige gebracht werden. Damit berücksichtigt das Gesetz eine zentrale richterliche Beanstandung gegenüber anderen Gesetzen. Abtreibungszentren, Abtreibungsärzte und jeder, der sich zum Abtreibungskomplizen macht, wird durch das Gesetz zum potentiellen Angeklagten. Wer sie verklagt, muß keine persönliche Betroffenheit mehr nachweisen (enger Verwandtschaftsgrad, Kindesvater usw.). Bei einem Sieg vor Gericht erstatte der Staat die gesamten Anwaltskosten und zahlt eine Prämie von mindestens 10.000 Dollar.
Die drei zentralen Elemente, daß nicht die Frauen belangt werden, daß nicht der Staat die Einhaltung des Gesetzes überwacht, sondern diese den Bürgern „überträgt“, machte es der Abtreibungslobby schwer, das Gesetz wie bisher mittels Eilantrag blockieren zu lassen. Auf diesem Weg ist es gelungen, das texanische Gesatz als erste tatsächliche Heartbeat Bill in Kraft zu setzen.
Tatsächlich ging die Abtreibungslobby den bekannten Weg, mit dem sie bisher in dreizehn Staaten die Heartbeat Bill stoppte. Doch diesmal machten ihr die höheren Gerichte einen Strich durch die Rechnung. Ein Bundesberufungsgericht annullierte die von einem Bundesrichter bereits festgesetzte Verhandlung, um das Gesetz zu blockieren. Der Einspruch dagegen wurde vom Obersten Gerichtshof der USA abgelehnt. Die Höchstrichter Clarence Thomas und Samuel Alito sowie die drei von Donald Trump ernannten Richter Neil Gorsuch, Brett Kavanaugh und Amy Coney Barrett sahen die Voraussetzungen für den Einspruch nicht gegeben.
Sie haben damit keine meritorische Entscheidung getroffen. Auf dem ordentlichen Gerichtsweg kann die Abtreibungslobby weiter gegen das Gesetz ankämpfen. Der bisherige Weg, die Sache gleich über Eilanträge zu erledigen, wurde ihr aber genommen. Ein Präzedenzfall.
Ein wütender Joe Biden sagte darauf: „Diese Anordnung verletzt ganz offensichtlich die Verfassungsrechte“. Biden steht bei der Abtreibungslobby, die zu seinen Sponsoren gehört, in der Schuld. Deshalb gab er erneut ein Bekenntnis zur Tötung ungeborener Kinder ab. „Meine Regierung ist zutiefst dem vor fünf Jahrzehnten von Roe gegen Wade festgeschriebenen Verfassungsrecht verpflichtet und wird dieses Recht schützen und verteidigen.“ Diesem Joe Biden wollen Papst Franziskus nahestehende US-Bischöfe weiterhin die heilige Kommunion spenden.
Unterdessen erwarten sowohl die Lebensrechtsbewegung wie auch die Abtreibungslobby die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zum Fall Mississippi.
Der Fall Mississippi
Im Herbst beginnen die Höchstrichter die Prüfung eines 2018 im Staat Mississippi verabschiedeten Gesetzes, das die meisten Abtreibungen nach der 15. Schwangerschaftswoche verbietet, dessen Inkrafttreten aber von einem Bundesrichter blockiert wurde. Welche Brisanz in der Prüfung liegt, erkennt man daran, daß linksliberale Zeitungen bereits darüber sprechen, was bei den Mid-Term-Wahlen 2022 auf dem Spiel steht. Der Staat Mississippi mit seiner konservativen Bevölkerungsmehrheit hat bereits zahlreiche Gesetze für das Lebensrecht der Ungeborenen beschlossen, doch alle wurden von den Richtern kassiert. Der Oberste Gerichtshof hat in den vergangenen drei Jahren ein ganzes Dutzend Einsprüche gegen die Blockade des aktuellen Gesetzes durch den Bundesrichter abgewiesen. Nach einer sehr langen Verhandlung hinter verschlossenen Türen entschied er aber im vergangenen Mai, den Fall doch zuzulassen.
Im kommenden Herbst werden die Höchstrichter die entscheidende Frage zu beantworten haben, ob alle Abtreibungsverbote vor dem Zeitpunkt der Lebensfähigkeit des Kindes außerhalb des Mutterleibes verfassungswidrig sind. Der Oberste Gerichtshof wird sich damit erstmals seit 1973 mit dem Kern des Urteils Roe gegen Wade befassen und dadurch eine Vielzahl von Gesetzen entweder bestätigen, neu beurteilen oder aufheben.
Es steht wirklich viel auf dem Spiel. Es tut sich etwas an der Lebensrechtsfront.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika verbietet staatliche Eingriffe in die Privatsphäre der Bürger.
Im Urteil Roe vs. Wade hatte der Supreme Court entschieden, dass ein Abtreibungsverbot einen staatlichen Eingriff in die Privatsphäre der Bürgerinnen darstelle und darum verfassungswidrig sei.
Die Senate Bill 8 ruft die Bürger auf, den Schutz der ungeborenen Kinder zu übernehmen, indem sie Gesetzesverstösse anzeigen. Damit impliziert das neue Gesetz, dass eine Schwangerschaft keine reine Privatangelegenheit ist. Somit sind die Weichen gestellt, dass das Urteil Roe vs. Wade mittelfristig gekippt werden kann.
Ein weiser Schachzug!