
„Dulce lignum, dulci clavo, dulce pondus sustinens!“, diese Worte innigsten Ausdruckes werden am Karfreitag zur Kreuzverehrung angestimmt. Sie entstammen dem wunderbaren und uralten Hymnus des heiligen Venantius Fortunatus aus der Zeit um 570 und werden mehrfach wiederholt. „Süßes Holz und süße Nägel, welche süße Last an euch!“, lautet der Text. Der Inhalt wird im deutschen Volksgesang aufgegriffen: „Heilges Kreuz sei hochverehret, Baum, an dem der Heiland hing, wo sich seine Lieb bewähret, Lieb, die bis zum Tode ging.“ Selig die Pfarreien und Gemeinden, in denen in diesen heiligen Tagen trotz der Abwürgungen Gesang erklingen wird. Mögen ihn alle, die ihn hören dürfen, zu schätzen wissen.
Die Gläubigen begegnen dem ans Kreuz geschlagenen Herrn in tiefster Ehrfurcht. Auch Tränen fließen vor Ergriffenheit. Der fast anderthalb Jahrtausende alte Hymnus macht diese Erschütterung in poetischer Zärtlichkeit klangvoll vernehmbar. Der Text und der gregorianische Choral bringen die ganze Theologie des Karfreitags zum Klingen. Es ist keine pietistische Sentimentalität und kein billiger theologischer Sozialaktivismus. Der Rhythmus des lateinischen Textes dekliniert vielmehr die Ehrfurcht und feierliche Würde dieses erschütternden Momentes, des erschütterndsten Augenblicks überhaupt seit dem Sündenfall: der Gottesmord.
150 Jahre vor dem heiligen Venantius Fortunatus sprach, um 420, der heilige Kirchenvater Augustinus darüber, wie der Karfreitag zu begehen sei, und auch über die theologischen Inhalte der Zelebration. Alles solle in besonderer Würde und Feierlichkeit geschehen. Feierlich solle gelesen und feierlich das Leiden zelebriert werden von jenem, „durch dessen Blut unsere Sünden getilgt wurden“. In der Feierlichkeit soll die Erschütterung und Dankbarkeit „unserer Freude“ zum Ausdruck kommen und dadurch auch den Menschen „unser Glaube besser vermittelt werden“.
Was werden sich die Menschen alles vornehmen beim Anblick des Kreuzes, so der Kirchenvater, angesichts dessen, was Jesus Christus für uns auf sich genommen hat. Er wurde nicht nur Mensch für uns, sondern gab auch Sein Leben hin, indem Er durch die Hände jener starb, die Er erschaffen hat. Der Herr verheiße uns große Dinge für die Zukunft, doch weit größer sei das, was Er bereits für uns getan hat, und dessen gedenken wir heute.
Der heilige Gregor von Nazianz, einer von nur drei Kirchenvätern, denen der Ehrentitel „der Theologe“ verliehen wurde, beklagte bereits im 4. Jahrhundert, daß das Dogma „oft stillschweigend übergangen“ werde, weshalb er mit umso größerem Eifer „dieses kostbare und herrliche Göttliche Blut, das für uns vergossen wurde“, betrachten und ergründen wolle: „Aus welchem Grund und zu welchem Zweck wurde ein solcher Preis gezahlt?“
Und heute?
Dem stellt Gian Pietro Caliari, Professor für Geopolitik an der Universität Malta in Rom und in der Vergangenheit bereits Regierungsberater und Generaldirektor der UNESCO-Abteilung Oper und Dichtung, die Ehrfurchtslosigkeit für die diesjährige Via Crucis des Karfreitags in Rom gegenüber. Anders als üblich, wird sie wegen der Corona-Maßnahmen nicht am Kolosseum stattfinden, sondern auf dem Petersplatz. Durch die Teilnahme von Papst Franziskus wird der Kreuzweg in Direktübertragung in die ganze Welt hinausgetragen, doch beim Lesen der Meditationen „ist man erschrocken und verwirrt und fragt sich, wer und was ein solches Delirium inspirieren konnte“.
Man werde antworten, so Caliari, daß Kinder die Texte geschrieben haben. Sie wurden von einer Pfadfindergruppe aus Mittelitalien und einer römischen Pfarrei erstellt.
„Ja, schon, aber anhand von welchem Katechismus wurden diese Kinder unterwiesen? Was für eine Art von Evangelium wurde ihnen vorgelesen und beigebracht? Welche Erzieher des katholischen Glaubens, welche Katecheten haben sie vorbereitet, geschult und begleitet, beim Schreiben eines Textes für einen so wichtigen und bedeutenden Anlaß, der weltweite Resonanz, Urbi et Orbi, finden wird?“
Dem Katechismus der Katholischen Kirche können direkt einige wesentliche Inhalte zum Geheimnis von Leiden, Tod und Auferstehung des Herrn Jesus Christus entnommen werden. An erster Stelle, daß dieses Geheimnis, und nicht „die Armen“, im Zentrum der Frohen Botschaft steht, die durch die Apostel und nach ihnen durch die Kirche der ganzen Welt zu verkünden ist. Direkt damit verbunden ist die Wahrheit, daß sich darin der Willen Gottes erfüllt hat (KKK, 516).
„Indem er seinen Sohn für unsere Sünden dahingab, zeigte Gott, daß, was er für uns plant, ein Ratschluß wohlwollender Liebe ist, die jedem Verdienst von unserer Seite vorausgeht“ (KKK, 604).
„Die „Liebe bis zur Vollendung“ (Job 13,1) gibt dem Opfer Christi seinen Wert und bewirkt, daß es erlöst und wiedergutmacht, sühnt und Genugtuung leistet“ (KKK, 616).
Gerade Sein Leiden und Tod am Kreuz machen Christus zum Herrn des ewigen Lebens. Dieses Geheimnis verleiht Ihm und allein Ihm „als Erlöser der Welt das volle Recht, über die Werke und die Herzen der Menschen endgültig zu urteilen. Er hat durch seinen Kreuzestod dieses Recht ‚erworben‘. Darum hat der Vater das Gericht ganz dem Sohn übertragen (Joh 5,22). Nun aber ist der Sohn nicht gekommen, um zu richten, sondern um zu retten und das Leben zu geben, das in ihm ist. Wer in diesem Leben die Gnade zurückweist, richtet sich schon jetzt selbst: Jeder erhält Lohn oder erleidet Verlust je nach seinen Werken; er kann sich selbst sogar für die Ewigkeit verurteilen, wenn er vom Geist der Liebe nichts wissen will“ (KKK, 679).
Von all dem findet sich in den „politisch korrekten Kreuzwegstationen des Karfreitags im Jahr des Herrn 2021 keine Spur“, so Caliari. Im Gegenteil seien einige Anspielungen, etwa im Eingangsgebet, empörend. Dort heißt es:
„Lieber Jesus, Du weißt, daß auch wir Kinder Kreuze zu tragen haben, die weder leichter noch schwerer als die der Großen sind, es sind wirkliche Kreuze… Nur Du weißt, wie schwierig es ist, mich nicht zurückhalten zu können und jeden Morgen naß aufzuwachen.“
Niemand erwartet sich, daß man Kindern, sofern die Texte tatsächlich von ihnen stammen sollten, den Film „Die Passion Christi“ von Mel Gibson zeigt oder die vollständige Abhandlung über das Leiden Christi des heiligen Thomas von Aquin vorliest. Allerdings scheint das nächtliche Bettnässen auch kein angemessener katechetischer Zugang zu Golgatha zu sein.
„Tatsächlich hat die katholische Kirche dieses unverzichtbare und große Sakrament der Erlösung, des Leidens, von Tod und Auferstehung schon zu lange versteckt und verborgen gehalten und dabei vergessen, daß die Kirche ohne dieses Sakrament und ohne sein volles Verständnis nutzlos ist. Ohne dieses taugt sie zu nichts mehr!
Die Kirche ist die Kirche Jesu Christi, die völlig und unauslöschlich von Seinem Geheimnis der Erlösung abhängt.
Wenn Seine Kirche – die einzige Kirche Christi – verschwindet und stattdessen jemand damit spielt, Seine Kirche neu schaffen zu wollen, jene so vielgepriesene ‚Kirche des Franziskus‘, wird alles zu einem Spiel von und für Kinder, wie die diesjährige Via Crucis, die an sich schon beunruhigend ist.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
Den einnässenden Kindern kann leicht geholfen werden. Möglicher weise liegt der Anlass in der Familie. Aber eine einfache technische Lösung hilft. Eine elektrische Brücke, in der Unterhose fixiert, die beim Nasswerden ein Wecksignal an der Schulter auslöst, setzt Signale im Gehirn ab, die in kurzer Zeit die Kinder von ihrer Plage befreien.
Die Technik ist mindestens seit Jahrzehnten bekannt. Offenbar zu billig, um dafür Reklame zu machen.