Die neue Klosterkirche der altrituellen Benediktiner von Nursia

Erdbebensicherer Bau des Klosters schreitet voran


Wiederaufgebautes Gotteshaus, dient den altrituellen Benediktinern von Nursia als Klosterkirche.
Die wiederaufgebaute ehemalige Kapuzinerkirche, die nur mehr eine Ruine war, dient den altrituellen Benediktinern von Nursia als neue Klosterkirche.

(Peru­gia) Das neue Jahr bringt eine freu­di­ge Nach­richt aus dem Geburts­ort des hei­li­gen Bene­dikt, des Mönchs­va­ters des Abend­lan­des. Die neue Klo­ster­kir­che der alt­ri­tu­el­len Bene­dik­ti­ner von Nur­sia öff­ne­te erst­mals ihre Tore für die hei­li­ge Liturgie.

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Im Advent des Hei­li­gen Jah­res 2000 lie­ßen sich nach fast 200 Jah­ren wie­der Bene­dik­ti­ner in Nor­cia nie­der, dem Geburts­ort ihres Grün­der­va­ters in Umbri­en. Den Anstoß dazu gab der US-ame­ri­ka­ni­sche Bene­dik­ti­ner Dom Cas­sia­no Fol­som, der in den 80er Jah­ren für sei­ne Lit­ur­gie­stu­di­en nach Rom gekom­men war und in der Fol­ge Auf­ga­ben und Ämter am Päpst­li­chen Lit­ur­gi­schen Insti­tut und an der Bene­dik­ti­ner­hoch­schu­le Sant’Anselmo über­tra­gen bekom­men hat­te. Im Lau­fe der Jah­re reif­te in ihm der Gedan­ken zur Grün­dung einer Mönchs­ge­mein­schaft am Geburts­ort des gro­ßen Hei­li­gen, die der über­lie­fer­ten Form des Römi­schen Ritus ver­bun­den ist. 

Im Spät­som­mer 1998 setz­te Dom Cas­sia­no mit zwei Gefähr­ten in einer klei­nen Woh­nung auf dem Aven­tin in Rom den ersten Schritt. 

„Wir waren so arm, daß uns manch­mal das Nötig­ste fehl­te“, so Dom Cas­sia­no. „Aber wir waren voll inne­rem Eifer.“ 

Zwei Jah­re spä­ter geschah das Erhoff­te, als der dama­li­ge Erz­bi­schof von Spo­le­to-Nor­cia die klei­ne Gemein­schaft ein­lud, sich in sei­nem Bis­tum nie­der­zu­las­sen und in Nur­sia die bene­dik­t­i­ni­sche Tra­di­ti­on wie­der­zu­be­le­ben. Als Klo­ster­kir­che über­trug er den Mön­chen die Basi­li­ka des hei­li­gen Bene­dikt, die über des­sen Geburts­haus errich­tet wor­den war und im Wesent­li­chen bereits auf ein Alter von 800 Jah­re zurück­blick­te. Dazu erhiel­ten sie zur Wie­der­be­sied­lung das Prio­ra­tus S. Mariae Sedes Sapi­en­tiae apud Nor­cia.

Die Basi­li­ka des hei­li­gen Bene­dikt von Nur­sia vor und nach dem Erd­be­ben von 2016

Um ein Kli­ma des „lit­ur­gi­schen Frie­dens“ zu för­dern, den Papst Bene­dikt XVI. als „inner­kirch­li­che Ver­söh­nung“ ver­stand, wur­de der noch jun­gen Bene­dik­ti­ner­ge­mein­schaft 2009 vom Hei­li­gen Stuhl das beson­de­re Apo­sto­lat zur Fei­er und Pfle­ge der Lit­ur­gie in bei­den For­men des römi­schen Ritus über­tra­gen. Seit 2010 zele­brie­ren sie am Sonn­tag und an den Werk­ta­gen das Kon­vent­amt und im Klo­ster aus­schließ­lich in der über­lie­fer­ten Form des Römi­schen Ritus. Der Neue Ritus wird auf Wunsch in der Pfarr­seel­sor­ge gefeiert.

In Nur­sia, wo um 480 der hei­li­ge Bene­dikt das Licht der Welt erblick­te, läßt sich gut 900 Jah­re hin­durch bene­dik­t­i­ni­sches Leben nach­wei­sen. 1810 setz­ten die kir­chen­feind­li­chen Napo­leo­ni­schen Geset­ze die­ser lan­gen Mönchs­tra­di­ti­on aller­dings ein Ende. Für 190 Jah­re ver­stumm­te das ora et labo­ra, bis Dom Cas­sia­no Fol­som mit sei­nen Gefähr­ten nach Nur­sia kam.

Dom Cas­sia­no Fol­som, Grün­der und erster Pri­or von Nur­sia (rechts), mit Dom Bene­dict Niv­a­koff, der seit 2016 das Klo­ster als Pri­or leitet

Lang­sam nahm die Zahl der Mön­che zu, die schritt­wei­se die Basi­li­ka wie­der für die Bedürf­nis­se des über­lie­fer­ten Ritus zurück­bau­ten. 2011 leb­ten 14 Mön­che und zwei Kan­di­da­ten im Kon­vent. Da die Zel­len knapp wur­den, begann die Suche nach einem neu­en Stand­ort für das Klo­ster außer­halb der Stadt­mau­ern. Dabei stie­ßen sie auf die Rui­ne eines ver­las­se­nen Kapu­zi­ner­klo­sters und began­nen mit des­sen Wie­der­auf­bau. Für den Lebens­un­ter­halt und um dem labo­ra gerecht zu wer­den, began­nen die Mön­che mit dem Bier­brau­en und dem Ver­kauf von Ton­trä­gern Gre­go­ria­ni­scher Gesän­ge der Mönchsschola.

Im Roman „Das Erwa­chen der Seño­ri­ta Prim“ von Nata­lia San­mar­tàn Fen­ol­lera, der 2013 erschie­nen ist und in meh­re­re Spra­chen über­setzt wur­de, wur­de der Mönchs­ge­mein­schaft im Schlüs­sel­er­eig­nis der Hand­lung bereits ein lite­ra­ri­sches Denk­mal gesetzt.

Das ehe­ma­li­ge Kapu­zi­ner­klo­ster am Berg über der Stadt gele­gen (roter Kreis)

Am Mor­gen des 30. Okto­ber 2016 wur­de Nor­cia von einem schwe­ren Erd­be­ben der Magnitu­de 6,5 heim­ge­sucht. Auch die alt­ehr­wür­di­ge Basi­li­ka und das Klo­ster der Bene­dik­ti­ner wur­den weit­ge­hend dem Erd­bo­den gleich­ge­macht. Die Mön­che san­gen den­noch ein Te Deum, da Men­schen­le­ben nicht zu Scha­den kamen. Die Bene­dik­ti­ner leb­ten zunächst mit der ver­äng­stig­ten Bevöl­ke­rung in Zel­ten, lie­ßen sich aber nicht ent­mu­ti­gen. Sie errich­te­ten außer­halb der Stadt eine Not­kir­che und ein Not­klo­ster aus Holz, das zum Fest Kreuz­erhö­hung 2017 ein­ge­weiht wer­den konnte.

In der Basi­li­ka hat­te das Erd­be­ben bis­her unbe­kann­te alte Fres­ken frei­ge­legt, dar­un­ter auch eine Dar­stel­lung des hei­li­gen Bene­dikt. Doch die Mönchs­ge­mein­schaft hat­te durch das Erd­be­ben alles ver­lo­ren, auch ihre Kir­che. Die ita­lie­ni­sche Regie­rung sag­te, wegen der Bedeu­tung Nor­ci­as für das Kul­tur­er­be des Lan­des, mit Hil­fe der EU die nöti­gen Geld­mit­tel zum Wie­der­auf­bau der Basi­li­ka zu. Dar­auf ent­schied der neue Erz­bi­schof von Spo­le­to-Nor­cia, Msgr. Rena­to Boc­car­do, zum Leid­we­sen der Mön­che, die Basi­li­ka in „moder­nem Stil“ wie­der­auf­zu­bau­en. Die weni­gen ste­hen­ge­blie­be­nen Kir­chen­tei­le soll­ten zwar erhal­ten, die zer­stör­ten aber durch neue Ele­men­te ersetzt werden.

Schlaf­saal der Mön­che im Not­klo­ster seit dem Erdbeben

Zugleich setz­te er die alt­ri­tu­el­len Bene­dik­ti­ner, sech­zehn Jah­re nach­dem sie sein Vor­gän­ger geru­fen hat­te, vor die Tür. Damit stand für die Bene­dik­ti­ner fest, daß sie sich ganz in die Klo­ster­rui­ne außer­halb der Stadt zurück­zie­hen wür­den. So begann ober­halb der Stadt, zwei­ein­halb Kilo­me­ter Luft­li­nie von der Basi­li­ka ent­fernt, das Klo­ster San Bene­det­to in Mon­te zu entstehen. 

Am 17. Sep­tem­ber 2017 konn­te der Abt der Bene­dik­ti­ner­ab­tei Le Bar­roux in Frank­reich die Seg­nung des Not­klo­sters und der Not­kir­che vor­neh­men. Es war ein Tag, an dem viel gedankt wur­de, den Spen­dern, den Hand­wer­kern, den Behör­den und vie­len flei­ßi­gen Hän­den und Betern. Vor allem erhielt das Lob Got­tes wie­der einen wür­di­gen, wenn auch pro­vi­so­ri­schen Ort.

„Nie­mand kann herz­haf­ter lachen als ein wei­ser Mönch“, schrieb der Psy­cho­lo­ge und Reli­gi­ons­leh­rer Pier­gi­or­gio Big­hin, der zusam­men mit dem Pho­to­gra­phen Ales­san­dro Bos­co­lo den Neu­be­ginn der Bene­dik­ti­ner auf dem Berg doku­men­tier­te und mit die­sen auch deren selbst­ge­brau­tes Bier verkostete. 

Die fer­tig­ge­stell­te neue Klo­ster­kir­che mit dem Mönchschor

Die Matu­tin hiel­ten die Mön­che heu­te kurz vor drei Uhr mor­gens. Die Lau­des folg­ten um 6:19 Uhr. Die Kom­plet begann kurz vor 18 Uhr. Die Zei­ten des Stun­den­ge­bets sind ver­än­der­lich und fol­gen, gemäß der Bene­dikts­re­gel, dem Sonnenstand. 

Seit­her hat sich eini­ges getan. 2018 wur­de die Mönchs­ge­mein­schaft vom Hei­li­gen Stuhl als unab­hän­gi­ges Klo­ster sui gene­ris im Bene­dik­ti­ner­or­den aner­kannt. Zugleich geneh­mig­ten das Denk­mal­amt und ande­re Behör­den das Pro­jekt zur Errich­tung des neu­en Klo­sters. Zum zwei­ten Mal began­nen die Mön­che mit dem Wie­der­auf­bau des ver­las­se­nen Kapu­zi­ner­klo­sters. Was sie bereits wie­der­auf­ge­baut hat­ten, war durch das Erd­be­ben zer­stört wor­den. Das Pro­jekt wur­de dahin­ge­hend geän­dert, daß Kir­che und Klo­ster auf erd­be­ben­si­che­ren Fun­da­men­ten errich­tet wer­den sollten.

Lang­sam, soweit die Mit­tel es erlau­ben, wur­de seit­her Schritt für Schritt die ehe­ma­li­ge Klo­ster­kir­che der Kapu­zi­ner wie­der­auf­ge­baut und die auf­wen­di­gen Fun­da­men­te für das Klo­ster geschaf­fen. Zu Weih­nach­ten 2020 war es soweit. Zum ersten Mal konn­te die hei­li­ge Lit­ur­gie in der neu­en Klo­ster­kir­che gefei­ert wer­den. Sie ist der San­ta Maria del­la Miser­i­cor­dia, der Mut­ter der Barm­her­zig­keit, gewid­met. Der über­lie­fer­te Name fand Bestä­ti­gung durch eine Urkun­de aus dem 16. Jahr­hun­dert, als die Kapu­zi­ner Klo­ster und Kir­che errich­te­ten, die im Altar gefun­den wurde.

Fei­er­li­che Pro­feß eines Mönchs in der neu­en Klosterkirche

In der neu­en Kir­che leg­ten bereits drei Mön­che ihre fei­er­li­chen Gelüb­de ab. Im über­lie­fer­ten Ritus legt sich der Mönch auf den Boden, aus­ge­streckt und mit dem Gesicht nach unten. Über ihn wird das schwar­ze Bahr­tuch gebrei­tet und von Kan­de­la­bern gesäumt. In die­ser Posi­ti­on betet der Kon­vent lan­ge für ihn. Anschlie­ßend spricht der Diakon: 

Sur­ge qui dor­mis!“, „Wach auf, der Du schläfst!

Die Wor­te stam­men aus dem Ephe­ser­brief (5,14) und lau­ten vollständig: 

Sur­ge, qui dor­mis, et exsur­ge a mor­tuis et illu­minabit te Chri­stus.“

„Wach auf, der Du schläfst, steh auf von den Toten und Chri­stus wird dich erleuchten.“

Im Janu­ar wur­de mit dem Bau des Klo­sters begon­nen. Es soll, ein­mal fer­tig­ge­stellt, 30 Mön­chen Platz bieten. 

So soll das wie­der­auf­ge­bau­te Klo­ster ein­mal aus­se­hen und 30 Mön­chen Platz bieten

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL/​tuttoggi (Screen­shot)

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