Buch belegt „die Anstrengungen“ von Pius XII. für die verfolgten Juden

Vatikanarchivar zieht Bilanz


Ein Jahr nach der Öffnung des vatikanischen Geheimarchivs widerlegt ein neues Buch die Schwarze Legende über Pius XII. und die Juden.
Ein Jahr nach der Öffnung des vatikanischen Geheimarchivs widerlegt ein neues Buch die Schwarze Legende über Pius XII. und die Juden.

(Rom) Ein neu­es Buch belegt „die Anstren­gun­gen“, die Papst Pius XII. wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges unter­nahm, um den vom Natio­nal­so­zia­lis­mus ver­folg­ten Juden zu hel­fen. Vor einem Jahr hat­te der Hei­li­ge Stuhl vor­zei­tig das Vati­ka­ni­sche Geheim­ar­chiv zu Pius XII. geöff­net und der Wis­sen­schaft zugäng­lich gemacht. Das neue Buch legt die Ergeb­nis­se vor.

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Das Buch „Pio XII e gli Ebrei“ („Pius XII. und die Juden“) ist seit ver­gan­ge­ner Woche im Buch­han­del erhält­lich. Es stammt aus der Feder eines wirk­li­chen Exper­ten und ech­ten Insi­ders. Autor ist Johan Ickx, der Direk­tor des Histo­ri­schen Archivs der Sek­ti­on für die Bezie­hun­gen zu den Staa­ten des vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­ats. Johan Ickx, ein Fla­me, stu­dier­te an der renom­mier­ten Katho­li­schen Uni­ver­si­tät Löwen Phi­lo­so­phie, Theo­lo­gie und Geschich­te. An der Päpst­li­chen Uni­ver­si­tät Gre­go­ria­na wur­de er zum Dok­tor der Geschich­te pro­mo­viert. Er trat dann in den Dienst des Hei­li­gen Stuhls und war an der Römi­schen Kurie unter ande­rem als wis­sen­schaft­li­cher Assi­stent des Archi­vi­um Histo­riae Pon­ti­fi­ci­ae, als Offi­zi­al der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on und Archi­var der Apo­sto­li­schen Pöni­ten­tia­rie tätig. Seit 2008 ist er zudem Con­sul­tor der Kon­gre­ga­ti­on für die Selig- und Hei­lig­spre­chungs­pro­zes­se. 2018 wur­de er mit dem Romu­lus-Preis aus­ge­zeich­net. Schwer­punkt sei­ner wis­sen­schaft­li­chen Arbeit ist die Kir­chen­ge­schich­te des 19. und 20. Jahr­hun­derts. Zu Pius XII. leg­te er bereits 2018 meh­re­re Auf­sät­ze vor, die sich mit der Flücht­lings­po­li­tik des Hei­li­gen Stuhls wäh­rend der NS-Zeit und mit der „Ost­po­li­tik“ von Pius XII. in den unmit­tel­ba­ren Nach­kriegs­jah­ren 1946–1947 befassen.

In sei­nem nun auf ita­lie­nisch vor­ge­leg­ten Buch „Pius XII. und die Juden“ belegt er die „Anstren­gun­gen“, die Euge­nio Pacel­li, der als Pius XII. von 1939 bis 1958 regier­te, unter­nahm, um den ver­folg­ten Juden zu hel­fen. Um die­se Anstren­gun­gen wuß­ten die Zeit­zeu­gen noch in der direk­ten Nach­kriegs­zeit und dank­ten es die­sem Papst, dar­un­ter die dama­li­gen Staats­füh­rung des neu­ge­grün­de­ten Staa­tes Isra­el. Der dama­li­ge Groß­rab­bi­ner von Rom, der Holo­caust­über­le­ben­de Italo Zol­li (eigent­lich Isra­el Anton Zol­ler), kon­ver­tier­te sogar zur katho­li­schen Kir­che und ließ sich aus Dank­bar­keit mit dem Namen Euge­nio Pio, dem Tauf­na­men und dem Papst­na­men von Pius XII., taufen.

Pius XII. und die Juden

Am 20. Febru­ar 1963, Pius XII. war bereits tot, auch ande­re füh­ren­de Zeit­zeu­gen wie Zol­li, wur­de von einer lin­ken Ber­li­ner Büh­ne das Thea­ter­stück „Der Stell­ver­tre­ter“ des Ver­lags­lek­tors Rolf Hoch­huth urauf­ge­führt. Mit die­sem Erst­lings­werk, das Aus­druck des poli­ti­schen Thea­ters war, setz­te Hoch­huth Papst Pius XII. auf die Ankla­ge­bank und sprach über ihn ein mora­li­sches Urteil. Der Papst habe sei­ne Pflich­ten ver­letzt und zum Holo­caust geschwie­gen. Bewei­se brauch­te Hoch­huth in sei­nem Thea­ter­stück kei­ne vor­zu­le­gen. Er spiel­te im Namen der Kunst Anklä­ger, Rich­ter und Hen­ker in einem. 

Dahin­ter stand, von Hoch­huth zeit­le­bens bestrit­ten, doch Anfang 2007 vom Ver­ant­wort­li­chen der Dis­kre­di­tie­rungs­kam­pa­gne ent­hüllt, eine Akti­on des KGB, um Druck auf die katho­li­sche Kir­che aus­zu­üben und Ein­fluß auf das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil zu neh­men, das acht Mona­te spä­ter eröff­net wer­den soll­te. Der Sowjet­uni­on und ihren Vasal­len ging es dar­um, eine befürch­te­te Ver­ur­tei­lung des Kom­mu­nis­mus durch das Kon­zil zu ver­hin­dern, was erfolg­reich gelang. Dabei nütz­te die KGB-Akti­on geschickt Gegen­sät­ze zwi­schen inner­kirch­li­chen Strö­mun­gen. Seit Kriegs­en­de gab es eine nicht unbe­deu­ten­de, wenn auch bis 1958 kaum sicht­bar auf­tre­ten­de Grup­pie­rung, die eine Alli­anz zwi­schen Sozia­lis­mus und Chri­sten­tum anstreb­te. Die­se und affi­ne Strö­mun­gen sahen sich nach dem Tod von Pius XII. und der Wahl von Johan­nes XXIII. im Auf­wind. Ins­ge­samt kam es zu einem Auf­bruch die­ser und ande­rer Strö­mun­gen in der Kir­che durch die Ein­be­ru­fung des Kon­zils. Es waren Strö­mun­gen, die sich bewußt von der Kir­che vor 1958, beson­ders von Pius XII., dem letz­ten Reprä­sen­tan­ten der soge­nann­ten „vor­kon­zi­lia­ren“ Kir­che, distan­zie­ren woll­ten. Ihnen kam die Denun­zia­ti­on von Pius XII., aus­ge­löst durch den Eklat um Hoch­huths ver­leum­de­ri­sches Thea­ter­stück, der von bestimm­ten Medi­en und lin­ken Grup­pen zum Kul­tur­kampf gegen die Kir­che auf­ge­bla­sen wur­de, kei­nes­wegs unge­le­gen. Durch „Der Stell­ver­tre­ter“ wur­de 1963 eine Schwar­ze Legen­de gegen die Kir­che in die Welt gesetzt, die bis heu­te nach­wirkt, obwohl die Sowjet­uni­on, von der die Akti­on aus­ging, längst unter­ge­gan­gen ist. Ihr Geist des Sozia­lis­mus ist aber nach wie vor lebendig.

Der Histo­ri­ker Johan Ickx beton­te gegen­über der argen­ti­ni­schen Pres­se­agen­tur Telam, daß Pius XII. mas­si­ve Anstren­gun­gen zur Unter­stüt­zung und Ret­tung ver­folg­ter Juden unter­nahm, die von der tie­fen Auf­fas­sung getra­gen waren, „jedes Men­schen­le­ben ohne Anse­hen von Haut­far­be oder Über­zeu­gung ret­ten“ zu wollen.

Durch die Sich­tung von Tau­sen­den von Doku­men­ten konn­te sich Ickx ver­ge­wis­sern, daß Pius XII. bereits vor sei­ner Wahl zum Papst, als Nun­ti­us und dann als Kar­di­nal­staats­se­kre­tär, eine Art „Dok­trin der Hil­fe für die Juden“ ent­wickel­te, die mehr als 50 Jah­re lang eine Art Hand­lungs­an­lei­tung der katho­li­schen Kir­che blei­ben soll­te. Als erstes Schlüs­sel­do­ku­ment dafür nennt der Histo­ri­ker eine vati­ka­ni­sche Erklä­rung zugun­sten der Juden aus dem Jahr 1916. Jüdi­sche Orga­ni­sa­tio­nen aus den USA hat­ten sich in die­sem Sin­ne an den Hei­li­gen Stuhl gewandt. Dort war es Euge­nio Pacel­li, der als dama­li­ger Lei­ter der Sek­ti­on für die Bezie­hun­gen zu den Staa­ten im Staats­se­kre­ta­ri­at die­se Bit­te unter­stütz­te und mit­ten im Ersten Welt­krieg die genann­te Stel­lung­nah­me errei­chen konn­te. Von Ickx wur­de sie in sei­nem Buch erst­mals in einem wis­sen­schaft­li­chen Werk der Öffent­lich­keit zugäng­lich gemacht.

Das war die erste Stel­lung­nah­me des Hei­li­gen Stuhls, in der die Juden „wie jedes ande­re Volk ange­spro­chen wur­den und jede Form ihrer Dis­kri­mi­nie­rung zurück­ge­wie­sen wur­de“, so Ickx.

Der Autor beklagt, daß in der Öffent­lich­keit die Wahr­heit über Pius XII. noch nicht durch­ge­drun­gen sei. In sei­nem Buch leg­te Ickx die Arbeit von mehr als zehn Jah­ren vor. Er kön­ne heu­te mit Sicher­heit sagen, daß im Vati­kan „im Auf­trag von Pius XII. kon­stant zugun­sten der ver­folg­ten Juden gear­bei­tet wur­de“, was die Anti­se­mi­tis­mus­vor­wür­fe gegen die­sen Papst nicht nur rela­ti­viert, son­dern widerlegt.

Eine wich­ti­ge Dreh­schei­be dabei, so der Histo­ri­ker, war die Sek­ti­on für die Bezie­hun­gen zu den Staa­ten des vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­ats, die sich in beson­de­rem Maße um die Tau­sen­den von Hilfs­ge­su­chen aus ver­schie­de­nen Tei­len Euro­pas küm­mer­te und für Rat, Unter­stüt­zung und Schutz sorg­te. Ickx zeich­net zur Ver­an­schau­li­chung den vati­ka­ni­schen Ein­satz anhand aus­ge­wähl­ter Fäl­le von ver­folg­ten Juden nach, die emble­ma­tisch für die Anstren­gun­gen, aber auch für die ein­ge­schränk­ten mensch­li­chen Mög­lich­kei­ten waren.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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3 Kommentare

  1. Die Unwahr­heit über Papst Pius XII. wur­de von nie­man­dem gerin­ge­ren ver­brei­tet als von Josef Stalin.
    Sei­ne nütz­li­chen Idio­ten in Ost und West plap­per­ten die­sen Blöd­sinn kri­tik­los nach und tun es bis heute.
    Und natür­lich auch die mar­xi­stisch durch­wirk­te Konzilskirche.
    Eine Schande.

  2. Wobei die Fra­ge nach wie vor unbe­ant­wor­tet ist war­um Pius XII nach 1945 die Shoa nicht ver­ur­teil­te das trei­ben von Mgr Hudal dul­de­te und Anti Israe­li­sche Doku­men­te ver­öf­fent­lich­te nämlich
    Opt­atis­si­ma pax Aus­pi­cia quaedam In mul­ti­pli­ci­bus curis
    Alle in den Jah­ren 1947/​48

  3. Dan­ke!
    Nach­dem ich mich viel mit Fati­ma und ande­ren Sehern beschäf­tigt habe, hat­te ich das Rät­sel um die Bil­dung der „schwar­zen Legen­de“ gelöst, doch hier habe ich es nun offi­zi­ell und wun­der­bar zusammengefasst!
    Das gib mir Hoff­nung, auch noch vie­le ande­re Unge­reimt­hei­ten lösen zu können!

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