(Rom) Wieviel Geld wurde in den vergangenen sieben Jahren aus dem Vatikan nach Australien überwiesen? Diese Frage gibt immer neue Rätsel auf und sorgt für verblüffende Enthüllungen. Plötzlich sollen es nicht mehr 2.300 Millionen, sondern nur 9,5 Millionen Australische Dollar gewesen sein. Was ist los mit Australiens Behörden?
Zuerst wurde der ranghöchste australische Kirchenvertreter, Kardinal George Pell, unschuldig in einer beispiellosen antikirchlichen Hetzkampagne von den australischen Medien gejagt, von der Staatsanwaltschaft vor Gericht gestellt, von zwei Gerichten verurteilt und mußte ein Jahr im Gefängnis verbringen. Dann wurde er vom Obersten Gerichtshof freigesprochen und die untergeordneten Instanzen gerügt. Der Fall zog sich von 2017–2020 hin.
Im Zusammenhang mit dem Fall Pell tauchte im Herbst 2020 im Rahmen des Finanzskandals um Kardinal Angelo Becciu der Verdacht der Bestechung auf. Geäußert hatte ihn Pells Anwalt. Im Mittelpunkt stand eine Geldüberweisung in der Höhe von 700.000 Euro nach Australien, mit denen möglicherweise Personen bestochen wurden, um Kardinal Pell unschuldig des sexuellen Mißbrauchs zu beschuldigen mit dem Ziel, ihn öffentlich zu diskreditieren, vor Gericht zu bringen und jedenfalls zum Rücktritt von seinen hohen Ämtern im Vatikan zu zwingen, die er damals unter anderem als Präfekt des Wirtschaftssekretariats innehatte.
Befaßt wurde damit auch die australische Finanzaufsichtsbehörde AUSTRAC, die jedoch erklärte, keine verdächtigen Anhaltspunkte finden zu können.
Im Dezember 2020 behauptete die AUSTRAC aber plötzlich, es gebe im Zeitraum 2014–2020 verdächtige Finanztransaktionen aus dem Vatikan nach Australien in der Höhe von 1,4 Milliarden Euro. Über eine parlamentarische Anfrage der australischen Senatorin Concetta Fierravanti-Wells wurde die Sache publik. Im Vatikan fiel man aus allen Wolken. 47.000 Überweisungen hatte die AUSTRAC dem Vatikan zugeordnet. Als der Vatikan seiner Finanzaufsichtsbehörde ASIF den Auftrag erteilte, die Sache zu prüfen, löste sich alles in Luft auf.
Die AUSTRAC gab nun eine Erklärung ab, in der von einem „Fehler“ die Rede ist. Bei der Erhebung sei wohl ein Codifizierungsfehler im Computer aufgetreten. Transaktionen aus Italien seien fälschlich dem Vatikan zugeordnet worden. Das habe zur unrealistisch hohen Zahl von rund 47.000 Überweisungen und einer nicht minder unrealistisch hohen Geldsumme geführt.
In Wirklichkeit seien im genannten Zeitraum, der auffällig mit dem Pontifikat von Papst Franziskus zusammenfällt, nur 362 Überweisungen aus dem Vatikan in einer Gesamthöhe von 9,5 Millionen Australischen Dollar oder 6 Millionen Euro getätigt worden.
Der Vatikan, der zuvor nicht offiziell zu den Behauptungen Stellung genommen hatte, veröffentlichte gestern eine Presseerklärung. Darin wurden die korrigierten Zahlen bekanntgegeben. Zugleich bekräftigte der Heilige Stuhl seinen Respekt für die australischen Behörden und äußerte Zufriedenheit über die Zusammenarbeit zwischen den Finanzaufsichtsbehörden beider Länder.
In Wirklichkeit stellen beide Ereignisse, der Fall Pell und die falschen AUSTRAC-Zahlen, den australischen Behörden kein gutes Zeugnis aus. Bedenklich ist vor allem die reflexartige Kirchenfeindlichkeit unter australischen Meinungsmachern.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL