
(Rom) Als „Dama“ von Kardinal Angelo Becciu wurde Cecilia Marogna bekannt, seit der vatikanische Finanzskandal an das Licht der Öffentlichkeit kam. Gestern wurde sie in Mailand festgenommen.
Im Zentrum der Ermittlungen der vatikanischen Staatsanwaltschaft im Finanzskandal steht Kardinal Becciu. Beleuchtet wird seine Rolle als Substitut des Staatssekretariats und der Kauf von Luxusimmobilien in London mit einem Investitionswert von über 350 Millionen Euro. Ins Visier nehmen die Ermittler aber auch andere Geldtransaktionen. Ermittelt wird unter anderem wegen des Verdachts auf Geldwäsche und Veruntreuung. Gegen einen Berater von Kardinal Becciu wird auch wegen Erpressung ermittelt. Aber auch der Rechtsanwalt von Kardinal George Pell äußerte gegen Becciu den Verdacht der Bestechung zur Begehung einer Straftat, nämlich der Falschanklage gegen den australischen Kardinal Pell wegen angeblichen sexuellen Mißbrauchs.
In den Ermittlungsakten taucht auch der Name von Cecilia Marogna auf. Die 39jährige betreibt seit Ende 2018 das Unternehmen Logsic mit Sitz in der slowenischen Hauptstadt Laibach. Es erhielt von Becciu Aufträge in der Höhe einer halben Million Euro. Die Firma sei im Sicherheitsbereich tätig und unter Ausschluß der Öffentlichkeit in heiklen Operationen als Vermittlerin aufgetreten, um die Freilassung von entführten Priestern und Ordensleuten in Afrika und Asien zu erreichen. Soweit Marognas Darstellung, die in mehreren Interviews die Zahlung von 500.000 Euro bestätigte. Die Ermittler hegen den Verdacht, daß es sich um eine Strohfirma handelt und die Gelder unter einem Vorwand gezahlt wurden. Das Geld sei in Luxusgüter geflossen. Wie sie ihr Geld ausgebe, sei ihre Sache, konterte Marogna.
Die italienischen Medien nennen sie die „Dame des Kardinals“, eine Anspielung, die von Kardinal Becciu selbst, aber auch von Marogna entschieden zurückgewiesen wurde. „Ich bin nicht die Geliebte des Kardinals“ empörte sich die Unternehmerin gegenüber dem Corriere della Sera. Gestern wurde die „Dama“ von der italienischen Finanzpolizei in Mailand festgenommen.
Gesucht wurde Cecilia Marogna mit internationalem Haftbefehl, der von Interpol auf Antrag der vatikanischen Staatsanwaltschaft erlassen wurde. Sie stammt aus demselben Ort auf Sardinien wie Kardinal Becciu. Beide beteuern, „keinen Euro gestohlen“ zu haben.
Marogna erklärte zudem, über eine von Kardinal Becciu ausgestellte Erlaubnis zu verfügen, „in schwierigen Gegenden“ für die Kirche auf diplomatischer Ebene tätig zu werden. In diesem Zusammenhang habe sie ein Netz von Beziehungen und Kontakten in Afrika und dem Nahen Osten aufgebaut, „um die Apostolischen Nuntiaturen und diplomatischen Missionen der Kirche zu schützen“. Dazu gehöre es, Kontakte zu den Geheimdiensten zu unterhalten, „natürlich auch den italienischen“.
Marogna bezeichnete sich vor ihrer Festnahme als Opfer einer „vatikaninternen Intrige“. Am 24. September war Kardinal Becciu von Papst Franziskus aller Ämter enthoben worden. Auch auf die mit der Kardinalswürde verbundenen Rechte mußte der Sarde verzichten.
Frauen, Geheimdienste, Spionage und gefährliche Weltgegenden ergeben eine Mischung, die die Phantasie der Journalisten und ihrer Leser beflügelt.
Zu Beccius Umgang mit vatikanischen Geldern gibt es zahlreiche offene Fragen. Sie betreffen das Strafrecht, aber auch die Moral. Derzeit wird alles hervorgekehrt, was im Detail erst von der Justiz überprüft und geklärt werden muß. In Italien gilt die Regel: „Wenn auch nur die Hälfte davon stimmt, ist das mehr als zuviel.“
Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Die Angelegenheit um die Verwaltung des Peterspfennigs wurde erst Ende September bekannt, doch die vatikanische Staatsanwaltschaft ermittelt im Fall Becciu bereits seit über einem Jahr.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL