„Der Geburtenrückgang ist heute ein echter Notfall. Und es ist wahrscheinlich der größte Notfall in Europa.“ Mit diesen aufrüttelnden Worten lenkte Kardinal Gualtiero Bassetti, der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz, die Aufmerksamkeit auf die jüngsten Zahlen zu Geburten und Geburtenrate in Italien und der EU. Die Lage ist dramatisch. Das italienische Volk schrumpft seit 1976, im deutschen Sprachraum setzte die Schrumpfung bereits Anfang der 70er Jahre ein. Grund ist der massive Einbruch bei den Geburten.
Es sei „keine politische Frage von rechts oder links“, auch nicht nur eine Frage „von Geld oder Steuererleichterungen, so „notwendig“ diese auch sein mögen:
„Es ist eine Frage der Zivilisation. Dieser Rückgang der Geburtenrate ist das Zeichen einer Kulturkrise, die tief in unserer jüngsten Vergangenheit verwurzelt ist.“
Der Kardinal, Erzbischof von Perugia und Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz Gualtiero Bassetti nahm zu den jüngst vom italienischen Statistikamt ISTAT veröffentlichten demographischen Zahlen Stellung. Zusammen mit den vor kurzem von der Europäischen Kommission vorgelegten Zahlen ergebe sich ein besorgniserregendes Bild:
„Es zeigt einen schnell alternden Kontinent, auf dem immer weniger Kinder geboren werden.“
Die Geburtenrate lag 2018 bei Italienerinnen bei nur 1,21 Kindern, bei Ausländerinnen in Italien bei 1,98, was einen Gesamtdurchschnitt von 1,29 Kindern ergibt. Liegt die Geburtenrate unter 2,1 Kindern, schrumpft ein Volk. Kein EU-Mitgliedsstaat erreicht den bestandsichernden Wert. Das italienische Volk ist sogar drauf und dran, sich zu halbieren. Es liegt zusammen mit Spanien und Malta am unteren Ende der Fahnenstange. Die längere Lebenserwartung dämpft statistisch und in absoluten Zahlen die Auswirkungen. Da aber für die Zukunft nur die Geburten zählen, täuschen die absoluten Zahlen. Sie spiegeln in Wirklichkeit vor allem den Alterungsprozeß wider. Das übrige Wachstum ergibt sich ausschließlich aus Zuwanderung, in Österreich waren das 98 Prozent. Ähnlich sieht es in den meisten EU-Staaten aus.
Nach dem Zweiten Weltkrieg „hatten Jung und Alt im Wiederaufbau unterschiedliche Aufgaben und Funktionen, ergänzten sich aber zweifellos. Jeder spielte eine Rolle im ‚gemeinsamen Haus‘, dem Oikos, wie Franziskus in Laudato Si schreibt. Das reflektiert eine Vision der Welt, eine Philosophie der Geschichte und vor allem ein altes historisch-kulturelles Erbe, das zu schnell an den Rand des europäischen Alltags gestellt wurde“.
Für den Kardinal „gibt es heute zweifellos ein Problem der politisch-ökonomischen Organisation der Gesellschaft, aber mehr noch gibt es eine große existentielle und kulturelle Frage. In ganz Europa – aber vielleicht sollten wir in der ganzen westlichen Welt sagen – werden Familie und Kinder nur als Belastung gesehen, als großes Hindernis für Selbstbestätigung und Selbstbestimmung des Einzelnen. als ein Hindernis für eine berufliche Karriere und sogar für die persönliche Bereicherung.“
Und weiter:
„Auf der Grundlage einer Zivilisationskrise änderte sich die kollektive Mentalität, die das Verständnis von Geburt bis zum völligen Umkippen umwandelte: Sie wird nicht länger als ein Reichtum für Familie und Gesellschaft gesehen, sondern im Gegenteil als Ursache des subjektiven Elends, ein Hindernis für Erfolg, Selbstverwirklichung und in manchen Fällen sogar zur Quelle der Angst.“
Der Kardinal formuliert daraus einen Appell:
„Heute ist es mehr denn je notwendig, dieses Paradigma zu ändern. Angesichts einer Gesellschaft, die pulverisiert wird, und einer politischen Macht, die zunehmend partikularistisch und feudal ist, muß man sich bewußt sein, daß die Geburt eines Kindes ein Reichtum für alle und keine Belastung für die Wenigen ist.“
Das Zeugen und die Geburt eines Kindes sei das sichtbarste Zeichen von Zukunft.
„Wir müssen wieder dazu zurückkehren, mit Einfachheit, Freude und ohne schädliche politische Instrumentalisierungen das Evangelium des Lebens zu verkünden: Das heißt, es ist notwendig, die lebensspendende und regenerierende Welle der Gnade, Wahrheit und des Friedens auf die Seelen zu lenken.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL
2,14 Kinder pro Frau sind zur Bestandserhaltung eines Volkes notwendig. Tatsächlich liegt die Zahl der Geborenen bei 1,4. Damit fehlt ein Drittel, das verhütet oder abgetrieben wird.
Nicht nur die Pille ist daran schuld. Mit dem Geist des Konzils bemächtigte sich eine große Verwirrung des Klerus. Als Paul VI. Humanae Vitae verkündete, war die Empörung darüber allgemein. Die DBK verabschiedete die Könisteiner Erklärung. Das ZdK nahm sofort den Kampf dagegen auf. Dazu kamen die 68er Moralzerstörer, gegen die es praktisch keinen Widerstand gab. Und schon 1976 konnte der katholische Sozialdemokrat Hans Jochen Vogel das Abtreibungsrecht einführen, dem bis jetzt um die 8 Millionen Kinder zum opfer gefallen sind.
Der österreichische Abtreiber Fiala geht von 400000 Abtreibungen in Deutschland aus. Ich würde diese Zahl nicht nennen, wenn nicht ein dt. Professor ähnliche Zahlen errechnet hätte.
Es ist schwer zu sagen, wo und bei wem die Schuld begann, heute jedenfalls stehen in der Schuld alle Männer und Frauen über mindestens drei bis vier Generationen.
Generation 1900 geboren: Männer mussten von früher Jugend an schwer arbeiten, zeugten unverantwortlich 8–13 Kinder mit mehreren Frauen, die oft im Kindbett verstarben. Frauen mussten mit schwerer Arbeit von früher Jugend an viele Kinder, nicht nur die eigenen, großziehen und hatten keine große Lebenserwartung aber mindestens 20 Jahre jeden Monat große Angst wieder schwanger zu sein. Sie lebten ein schweres Leben am Rande des Existenzminimums. In den Heiratsurkunden ist zu lesen: Die Magd .… und der Tagelöhner.…
Generation 1920 geboren: Männer fielen vielfach im Krieg oder blieben lange in der Kriegsgefangenschaft, Frauen mussten ihre 2–4 Kinder oft mit unzureichender Berufsausbildung ärmlich allein in den Kriegswirren voller Angst ohne Männer großziehen.
Generation 1945 geboren: Frauen hatten eine bessere Berufsausbildung, wer könnte ihnen verdenken, dass sie nicht so schwere Lebensumstände haben wollten wie die Generation ihrer Mütter und Großmütter. 2–3 Kinder, das war ihr Wunsch. Auch die Männer wollten nicht mehr für mehr Kinder arbeiten und aufkommen.
1961 kam die Anti-Baby-Pille, für viele Frauen die Lösung, allerdings eine Lösung ohne Beteiligung der Männer, eine technische Lösung und nicht eine menschliche, nämlich die der verantworteten Elternschaft durch Hingabe und Triebbeherrschung. Die technische Lösung beinhaltete bereits das In-Kauf-nehmen der Frühabtreibung, der Verhinderung der Einnistung der befruchteten Eizelle, des neuen Menschen. Viele Frauen und Männer wussten das nicht, niemand klärte sie auf, auch die Kirche nicht, sie sprach immer nur von der Verhinderung der Zeugung und den Abgang einer befruchteten Eizelle sah ja auch niemand.
Dann kamen die 68ér Jahre und die Familien verfielen. Die Männer wollten ihren Verdienst nur noch als ihr Taschengeld, die Frauen scheuten die schwere Arbeit für mehrere Kinder, alle verglichen sich mit Kinderlosen, denen es materiell so viel besser ging und das bequeme und finanziell bessere Ziel „Kinderlosigkeit“ war ja mit der Antibabypille zu erreichen. Mütter und Schwiegermütter wollten die Karriere ihrer Jungen und Mädchen und keine Enkelkinder. Die Politik brauchte die Frauen in der Industrie und redete ihnen ein, das „Heimchen am Herd sei ja dumm“ und auch die Männer glaubten, dass zwei Einkommen ja viel besser sind. Sie haben den politischen Hinterhalt nicht gesehen, dass von ihrem Lohn genommen wurde und den Frauen gegeben wurde, denn früher konnte ein Mann mit seinem Lohn eine Familie ernähren, heute können es Mann und Frau zwei Löhnen kaum.
Um die alltägliche Schwere des Lebens zu umgehen, bietet sich als Konsequenz der Anti-Baby-Pille (nämlich ganz sicher kein Kind großziehen zu müssen) falls diese versagt oder deren Einnahme vergessen wurde, Abtreibung (medizinisch sicher und kostenfrei) als die Lösung an.
Papst Paul de VI. versuchte Frauen und Männer mit Humanae vitae vor der ersten und zweiten angeblichen Lösung zu schützen.
Die Kinderfeindlichkeit unserer Gesellschaft ist groß geworden, niemand will mehr über lange Zeit Opfer bringen für Ehe und Familie, auch nicht die meisten Großeltern, die heute lieber Fernreisen machen und Onkel oder Tante wurden ja nicht geboren. Ohne Kinder können die Menschen aber ihr Menschsein nicht voll zur Entfaltung bringen, sie gleiten ab in den Egoismus, den Narzissmus. Egoismus und Narzissmus aber brauchen zwingend Abtreibung.
Nur wenn unsere Gesellschaft wieder christlicher, ja katholischer wird, werden die Abtreibungen weniger bis hoffentlich auf Null gehen.
Seit Jahren bin ich Mitglied in der Lebensschutzbewegung ALfA und wünschte mir, es wären noch weitaus mehr.
Wenn Erwachsene ‑weil sie nicht bereit sind, zugunsten ihrer potentiellen Kinder auf etwas zu verzichten, aus purem Egoismus also übereinkommen, keine Kinder haben zu wollen, ist das schockierend und sehr traurig.
Aber das andere sehe ich auch: Angst davor, ein Kind auf diese unsere so verkorkste Welt zu bringen.
In eine Welt, wo jeder nur noch an sich denkt, wo es politische Systeme gibt, die Angst machen, wo es kaum mehr eine echte Auseinandersetzung der verschiedenen Meinungen gibt, sondern wo nur noch politische Korrektheit zu zählen scheint, wo die totale Ausbeutung der Arbeitskraft zur Normalität gehört und wo Gott kaum noch eine Rolle spielt.
Kein Glaube an Gott, keine Kinder mehr! Mit dem Tod ist ja eh alles aus!
In diese kalte Welt hinein ein Kind zu gebären, erfordert heutzutage schon ziemlich viel Mut, Zivilcourage und Gottvertrauen.
Möge ER den Menschen helfen, sich wieder auf ein gesundes Fundament stützen zu können.