(Rom) Das Wall Street Journal kürte Papst Franziskus zu Weihnachten 2016 zum neuen Anführer der globalen Linken. Vier Jahre später sind die Sympathien ungebrochen, dennoch wird eine kritische Bilanz gezogen. Die Coronavirus-Pandemie sei der jüngste „Rückschlag“ für das Pontifikat und seine „progressiven“ Anliegen.
Hintergrund 2016 war die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA und der damit verbundene Verlust des Weißen Hauses für die politische Linke. Inzwischen zeichnet dieselbe Tageszeitung ein düsteres Bild des derzeitigen Pontifikats und weist daraufhin, daß Franziskus „Schwierigkeiten“ habe, die „progressiven Hoffnungen aufrechtzuerhalten“, die bestimmte Kreise in ihn gesetzt hatten.
Anderthalb Monate nach der traumatischen Niederlage, die die politische Linke mit der Wahl von Donald Trump einstecken mußte, zeigte der Rom-Korrespondent des Wall Street Journal, Francis X. Rocca, auf Papst Franziskus und nannte ihn „The Leader of The Global Left“. Die nach dem Abgang ihres „Messias“ Barack Obama führungslos gewordene und durch den Rauswurf aus dem Weißen Haus orientierungslos gewordene Linke blickte auf Papst Franziskus. Der katholische Intellektuelle Roberto de Mattei hatte diese Entwicklung bereits wenige Tage nach dem Wahlsieg Trumps vorhergesehen: „Nach Trumps Wahlsieg: Wird Papst Franziskus nun Anführer der internationalen Linken?“.
Die derzeitige Amtszeit des US-Präsidenten geht ihrem Ende zu, im November wird neu gewählt. Auch Francis X. Rocca zieht bezüglich Papst Franziskus Bilanz und äußert sich kritisch. Franziskus habe „in den letzten Jahren“ die „progressiven Hoffnungen“ nicht erfüllt. Am „Beginn seiner Regierungszeit“ habe er solche „geweckt“, aber zunehmend „Schwierigkeiten“, sie umzusetzen.
Zuerst hätten die sexuellen Mißbrauchsskandale Sand ins Getriebe gebracht, nun habe die Coronavirus-Pandemie „die Fähigkeit von Papst Franziskus behindert, seine Lehren zu kommunizieren und seine Anliegen zu fördern“. Als solche nennt das Wall Street Journal:
„Von der Umwelt über die Rechte von Migranten bis hin zu seinen Bemühungen, die finanziellen Probleme des Vatikans anzugehen.“
Die restriktiven Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus hätten das Kirchenoberhaupt „isoliert“. Der „Mangel an öffentlichen Veranstaltungen und persönlicher Interaktion“ bremse das Pontifikat aus, so das Wall Street Journal. Rocca erwähnt nicht, daß die restriktiven Maßnahmen von Franziskus ohne Wenn und Aber mitgetragen wurden. Für den Vatikanstaat konnte allein er entscheiden. Auch in seinem Bistum Rom setzte er zunächst die weltweit radikalsten Maßnahmen um. Nicht nur alle Gottesdienste wurden abgesagt, sondern auch alle Kirchen und Kapellen verriegelt. Die Gläubigen standen ausgesperrt vor verschlossenen Türen.
Doch „schon vor der Pandemie“ habe der „progressive Trend“ dieses Pontifikats, „der durch Öffnungen gegenüber geschiedenen und schwulen Katholiken“ sichtbar wurde, „inmitten innerkirchlicher Spaltungen an Dynamik verloren“.
Als Grund dafür nennt das Wall Street Journal „eine Reihe von Skandalen“ von sexuellem Mißbrauch von Minderjährigen durch Kleriker in verschiedenen Ländern der Welt, aber auch „Angelegenheiten im Zusammenhang mit finanziellem Mißmanagement im Vatikan“.
Davon sei die progressive Agenda des amtierenden Papstes zunehmend in den Schatten gestellt worden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wall Street Journal (Screenshot)
Statements im Flugzeug (also sozusagen vom Himmel herab) sind jetzt dem Shutdown zum Opfer gefallen.