(Rom) Gestern erfolgte durch das vatikanische Presseamt eine besondere Ankündigung. Papst Franziskus hat die argentinische Diözese Santiago del Estero in den Rang einer Erzdiözese erhoben. Soweit ist die Nachricht nicht ungewöhnlich. Solche Rangerhöhungen finden immer wieder statt. Ungewöhnlich ist aber der zweite Teil der Neuerung.
Papst Franziskus erhob den bisherigen Bischof von Santiago del Estero, Msgr. Vicente Bokalic Iglic CM, zum Erzbischof, unterstellte ihn aber weiterhin als Suffragan dem Erzbischof-Metropoliten von Tucumán. Dem Metropoliten von Tucumán unterstehen damit nicht nur zwei Suffraganbischöfe, sondern auch ein Suffraganerzbischof. Soweit schon etwas nicht Alltägliches. Franziskus erhob den Lazaristen Msgr. Bokalic Iglic aber nicht nur zum Erzbischof, wenn auch Suffragan eines Metropoliten, sondern auch zum Primas von Argentinien.
Primas von Argentinien war bisher ohne Unterbrechung der Erzbischof von Buenos Aires, unter anderem Papst Franziskus als Jorge Mario Bergoglio selbst. Formal galt dies seit 1936, als Papst Pius XI. dem Erzbischof von Buenos Aires diesen Titel zuerkannte. Die Verleihung war erfolgt, weil Buenos Aires seit der Gründung Argentiniens im Jahr 1816 die Hauptstadt des Landes ist. Um genau zu sein, war Buenos Aires schon zuvor, seit 1776, Hauptstadt des spanischen Vizekönigreichs Rio de la Plata. Das Gebiet des heutigen Argentinien war bis dahin von dem Vizekönigreich Peru verwaltet worden.
Begründet wird der Transfer des Primatssitzes damit, daß Buenos Aires, von den Spaniern 1536 gegründet, zwar die älteste Stadt Argentiniens ist, aber das 1550 entstandene Santiago del Estero die älteste durchgehend bewohnte Stadt Argentiniens ist. Grund dafür ist, daß Buenos Aires 1541 von den Spaniern nach einer Mißernte aufgegeben werden mußte und erst 1580 erneut besiedelt wurde.
Die Besiedlung Argentiniens erfolgte von zwei Richtungen her. Einmal vom Atlantik über den Rio de la Plata, wo Buenos Aires gegründet wurde, zum anderen vom Pazifik her, bzw. aus den Anden, wo die Spanier über Peru nach Chile vordrangen.
Das Erzbistum Buenos Aires wurde 1620 errichtet und entstand aus dem 1547 gegründeten Bistum Paraguay, das seinerseits aus dem 1536 errichteten Bistum Cuzco in Peru hervorging. Mutterdiözese aller lateinamerikanischen Diözesen ist die spanische Erzdiözese Sevilla, die auf das 3. Jahrhundert zurückgeht.
Das nunmehrige Erzbistum Santiago del Estero hingegen wurde erst 1907 als Bistum errichtet, indem ihr Gebiet aus der 1897 neugegründeten Diözese Tucumán herausgelöst wurde. Diese wiederum war aus der 1806 errichteten Diözese Salta herausgelöst worden, die bis dahin Teil der von Papst Pius V. mit der Bulle Super specula militantis ecclesiae 1570 geschaffenen Diözese Cordoba war. Das Bistum Cordoba, die älteste im heutigen Argentinien errichtete Diözese, wurde aus dem Bistum Santiago de Chile herausgelöst, diese wiederum aus dem 1552 errichteten Bistum La Plata oder Charcas in Bolivien, die wiederum aus der Diözese Cuzco (Peru) und diese aus jener von Sevilla herausgelöst wurde.
Zum Zeitpunkt ihrer Errichtung, 1570, wurde die Diözese Cordoba offiziell Tucumán genannt, weil der spanische König Philipp II., ein Habsburger, kurz zuvor, wegen der Größe der Territorien, die Gobernación Tucumán gegründet und den Papst um die Errichtung einer Diözese für dieses Gebiet ersucht hatte.
Die plötzliche Übertragung des Primatssitzes von Buenos Aires nach Santiago del Estero ist offenbar einer Laune von Papst Franziskus entsprungen. Wahrscheinlich ist, wie man zumindest hören kann, Franziskus mit dem von ihm 2023 ernannten Nachnachfolger als Erzbischof von Buenos Aires, Msgr. Jorge Ignacio García Cuerva, nicht sehr zufrieden. Mehr noch stört Franziskus der seit Dezember 2023 amtierende argentinische Staats- und Regierungschef Javier Milei. Und so wird der Primatssitz aus der Bundeshauptstadt mit ihren drei Millionen Einwohnern in eine unbekannte Provinzhauptstadt mit 250.000 Einwohnern verschoben. Franziskus hat ein Faible für Exotisches. Santiago del Estero ist Hauptort der gleichnamigen Provinz im Nordwesten Argentiniens. Argentinische Provinzen entsprechen deutschen Bundesländern oder schweizerischen Kantonen, sind also Gliedstaaten.
Franziskus wäre nicht Franziskus, wenn er diese Verlegung des Primatssitz nicht auch politisch verbrämen würde, wie aus der gemeinsamen Erklärung der beiden betroffenen Erzbistümer hervorgeht, in der es heißt, daß damit „eine wichtige Wiedergutmachung in der Kirchengeschichte“ Argentiniens erfolge.
In Argentinien haz allerdings niemand auf einen solchen Schritt gewartet. Der Hinweis, daß die erste Kathedrale der Diözese Tucumán, eine Peter-und-Paul-Kirche, auf dem Gebiet der heutigen Diözese Santiago del Estero stand, wirkt etwas dünn, für einen Papst, der Traditionen nicht allzu viel Bedeutung beimißt. Als die 1573 gegründete Stadt Cordoba immer größere Bedeutung gewann, wurde der Bischofssitz 1700 dorthin verlegt.
Von einer „wichtigen Wiedergutmachung“ zu sprechen, erscheint etwas weit hergeholt. Eine Bestrafung für Buenos Aires zu vermuten liegt schon näher.
Laut päpstlicher Bulle wird die Rangerhöhung bzw. Rangübertragung in Buenos Aires am 25. August und in Santiago del Estero am 7. September vollzogen werden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons
Eine völlig wirre und überflüssige Entscheidung mehr. Man fragt sich hier schon, ob sich der Papst nicht doch allmählich seinem Freund Joe Biden anschließen sollte.…der Kirche würde es guttun.