(Rom) Die Italienische Bischofskonferenz reagiert mit außergewöhnlich harten Aussagen gegen den Premierminister Giuseppe Conte, nachdem dieser angekündigt hatte, daß Messen und andere religiöse Zeremonien noch „viele Wochen“ nicht stattfinden werden.
Italiens Bischöfe hatten vergangene Woche bekanntgegeben, daß ab kommendem Sonntag, dem 3. Mai, die Gläubigen wieder in die Kirchen zurückkehren und an den Messen teilnehmen dürfen. Darauf hatten sich die praktizierenden Katholiken nach acht Wochen der erzwungenen Auszeit bereits eingestellt. Doch dann folgte eine kalte Dusche.
Die Italienische Bischofskonferenz hatte in der Corona-Krise eng mit der Regierung aus Fünfsternebewegung (M5S) und Linksdemokraten (PD) zusammengearbeitet, an deren Zustandekommen im Sommer 2019 sie tatkräftig mitgewirkt hatte. Als die Regierung unter Führung des parteilosen Linkskatholiken Giuseppe Conte Anfang März restriktive Maßnahmen verabschiedete, ordneten die Bischöfe ab dem 8. März ein Verbot öffentlicher Messen an. Das Maßnahmenpaket der Regierung sah zu diesem Zeitpunkt eine solche Einschränkung der Kultusfreiheit gar nicht vor. Hinter den Kulissen hatte man sich jedoch darauf verständigt, um die Souveränität der Kirche nicht direkt zu beschneiden.
Papst Franziskus ging wenige Tage später noch weiter und ließ am 12. März in seinem Bistum Rom alle Kirchen und Kapellen auch für das persönliche Gebet schließen. Wegen des Aufschreis wurde diese Maßnahme bereits am nächsten Tag zumindest für die Pfarrkirchen zurückgenommen.
Je länger die Restriktionen andauerten, desto spürbarer machte sich Unruhe breit. Der Versuch von Polizisten, am 19. März die Meßzelebration in einer Kirche von Soncino zu unterbrechen, brachte ein Faß zum Überlaufen. Soncino steht für eine ganze Reihe von Zwischenfällen, wo Staatsorgane in Polizeistaatsmanier gegen Priester und Gläubige vorgingen. Kardinal Angelo Becciu, ehemaliger Substitut des Kardinalstaatssekretärs und nunmehriger Präfekt der römischen Heiligsprechungskongregation, reagierte mit deutlichen Worten:
„Keine Behörde darf die Messe unterbrechen.“
Wegen eines ähnlichen Zwischenfalls in Paris warnte Erzbischof Michel Aupetit die französische Regierung:
„Sonst werden wir laut, sehr laut“.
Dabei sah in Italien zunächst alles einvernehmlich aus. Am 23. April sagte die parteilose Innenministerin Luciana Lamorgese in einem Interview mit dem Avvenire, der Tageszeitung der italienischen Bischöfe:
„Die Regierung prüft derzeit neue Maßnahmen, um eine umfassendere Ausübung der Religionsfreiheit zu ermöglichen.“
Die Bischofskonferenz zeigte sich entgegenkommend, aber mit Zwischenton. Man habe „mit Leiden und Verantwortungsbewußtsein“ die staatlichen Beschränkungen zur Bewältigung des Gesundheitsnotstandes akzeptiert“. Gleichzeitig wurde daran erinnert, daß in den Gesprächen mit der Regierung wiederholt in Aussicht gestellt wurde, daß die Einschränkungen der pastoralen Tätigkeit bei Lockerung der Gesamtrestriktionen zurückgenommen werden.
Die Regierung kündigte für kommenden Montag, 4. Mai, diese Lockerungen an, weshalb die Bischöfe ihrerseits darauf drängten, bereits am 3. Mai die Gläubigen wieder an den Messen teilnehmen zu lassen. Bis einschließlich gestern zogen sich wochenlange, langwierige Verhandlungen hin, in denen die Bischofskonferenz Protokolle und Richtlinien akzeptierte, die bei einer Wiederöffnung der Kirchen für die Meßbesuche in einer Übergangsphase einzuhalten seien.
In der Nacht auf heute folgte der Paukenschlag. Ministerpräsident Conte erließ ein Dekret mit den neuen Corona-Bestimmungen für die „Phase 2“, in dem die Wiederaufnahme der öffentlichen Meßfeiern kategorisch ausgeschlossen wird.
Die Bischöfe sehen darin einen Bruch der Zusammenarbeit und verschärfen den Ton. In ihrer Stellungnahme heißt es:
„Die italienischen Bischöfe können es nicht akzeptieren, daß die Ausübung der Religionsfreiheit in Frage gestellt wird. Es sollte allen klar sein, daß das Engagement für den Dienst an den Armen, der in diesem Notstand so wichtig ist, aus einem Glauben erwächst, der sich von seinen Quellen, insbesondere dem sakramentalen Leben, nähren muß können.“
Hinter den Kulissen werden weit deutlichere Worte geäußert. Der Druck wird erhöht. Beobachter rechnen in wenigen Tagen mit einer Ergänzung des Dekrets. Solange es aber nicht vorliegt, zieht ein Sturm auf.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL