Timur Lenk ante portas?

Das Coronavirus ist die weiße Fahne, auf die rote und schwarze Fahnen folgen können


belagert Timur Lenk (Tamerlan), der „Schrecken der Welt“, mit dem Coronavirus die westliche Welt?
Belagert Timur Lenk (Tamerlan), der „Schrecken der Welt“, mit dem Coronavirus gerade die westliche Welt?

Von Rober­to de Mattei*

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Die viel­leicht schreck­lich­ste Gestalt des schreck­li­chen 14. Jahr­hun­derts war Timur Lenk (1336–1405), auch bekannt als Tame­r­lan. Er war ein wil­der und uner­bitt­li­cher Erobe­rer und wur­de der „Schrecken der Welt“ genannt, weil er Asi­en von Syri­en und der Tür­kei bis zu den Gren­zen Chi­nas und von Mos­kau bis Delhi ver­wü­ste­te. Er stamm­te aus einem tür­kisch-mon­go­li­schen Stamm in Usbe­ki­stan und erklär­te sich selbst zum Erben und Nach­fol­ger von Dschin­gis Khan (um 1160–1227). In Samar­kand an der Sei­den­stra­ße, der Haupt­stadt sei­nes Rei­ches, ist er begra­ben, jener alten Han­dels­rou­te, die Chi­na mit dem Mit­tel­meer verband.

Der Histo­ri­ker Pao­lo Gio­vio berich­tet in sei­nen mei­ster­haf­ten Illu­s­tri­um Elo­gia virorum bel­li­ca (Petri Per­nae Typho­gra­phi, 1575, S. 105–106), daß Tame­r­lan, nach­dem er eine Stadt unter Bela­ge­rung genom­men hat­te, in den ersten Tagen wei­ße Flag­gen aus­hän­gen ließ zum Zei­chen, allen zu ver­ge­ben, die sich frei­wil­lig erge­ben wür­den. Andern­falls wer­de sei­ne Armee in den fol­gen­den Tagen rote Fah­nen his­sen zum Zei­chen des Todes, nicht für alle Ein­woh­ner der Stadt, aber für die Kom­man­deu­re und die Sol­da­ten. Soll­te die Stadt die Kapi­tu­la­ti­on dann noch hart­näckig ableh­nen, wer­de er Befehl geben, schwar­ze Fah­nen zu his­sen zum Zei­chen der tota­len Aus­rot­tung. Dann wer­de nicht mehr zwi­schen Schul­di­gen und Unschul­di­gen unter­schie­den und die gan­ze Stadt in Brand gesetzt werden.

Die Coro­na­vi­rus-Epi­de­mie, die inner­halb weni­ger Wochen welt­weit aus­ge­bro­chen ist, erin­nert an die wei­ßen Flag­gen Tame­rlans. Es scheint die erste War­nung vor einer schreck­li­chen Bestra­fung der Mensch­heit zu sein, die aber ver­mie­den wer­den könn­te. Exper­ten stu­die­ren die Zah­len und stel­len die unter­schied­lich­sten Hypo­the­sen auf. Die Epi­de­mie­kur­ve kann nach unten oder oben gehen. Nach dem Som­mer wird sich das Virus nach Ansicht eini­ger in einer mil­de­ren Form zei­gen, oder nach Anga­ben ande­rer in einer aggres­si­ve­ren Form auf­tre­ten, wie es bei der Spa­ni­schen Grip­pe der Fall war. Nie­mand kann das vor­her­sa­gen, aber das näch­ste Sze­na­rio zeich­net sich bereits ab. Die Welt­wirt­schaft bricht zusam­men, wäh­rend Mas­si­mo Gian­ni­ni am 17. März in La Repubbli­ca schreibt: 

„Das Euro­pa der Auf­klä­rung und der Grün­der­vä­ter von Ven­to­te­ne, fair, frei und soli­da­risch, wird von einem unsicht­ba­ren und nicht greif­ba­ren Feind besiegt“. 

„Wir befin­den uns im Krieg“, wie­der­hol­te der fran­zö­si­sche Prä­si­dent Emma­nu­el Macron sechs­mal und for­der­te zur Geschlos­sen­heit auf gegen „einen unsicht­ba­ren und nicht faß­ba­ren Feind“, der uns angreift (Le Mon­de, 16. März 2020).

Das Deba­kel der glo­ba­li­sier­ten Welt­wirt­schaft wird von allen Beob­ach­tern mit Besorg­nis ein­ge­stan­den. Laut Feder­i­co Fubi­ni „sagen die tief­grei­fen­den Erd­rut­sche der Märk­te, daß Covid-19 eine glo­ba­le Rezes­si­on mit sich bringt“ (Cor­rie­re del­la Sera, 17. März), wäh­rend Feder­i­co Ram­pi­ni am sel­ben Tag in La Repubbli­ca schreibt: „Die mäch­tig­ste Zen­tral­bank der Welt ist hilf­los. Die ver­zwei­fel­ten Schrit­te der Fede­ral Reser­ve zur Ein­däm­mung der Panik auf den Märk­ten sind geschei­tert. Die Welt­wirt­schaft bricht zusam­men. Eine gewalt­sa­me Rezes­si­on rückt näher.“

Sind wir am Vor­abend eines wirt­schaft­li­chen Zusam­men­bruchs? Und wenn in man­chen euro­päi­schen Län­dern der Zusam­men­bruch des Gesund­heits­sy­stems mit dem Zusam­men­bruch der Euro­zo­ne zusam­men­fal­len soll­te: Was bedeu­tet das für Euro­pas Städ­te? Das Sze­na­rio für die kom­men­den Mona­te ist beun­ru­hi­gend. Es scheint jene Stun­de zu sein, die Ste­fan Zweig (1881–1942) „Stern­stun­den“ der Geschich­te nennt, „Stun­den vol­ler dra­ma­ti­scher Poten­tia­le und schick­sals­schwan­ger“, in denen „eine uner­meß­li­che Men­ge von Ereig­nis­sen in einer sehr kur­zen Zeit­span­ne kon­zen­triert ist wie die Elek­tri­zi­tät der gesam­ten Atmo­sphä­re an der Spit­ze des Blitz­ab­lei­ters“ (Fatal Moments, Adel­phi, Mai­land 2005, S. 12, dt. Aus­ga­be: Stern­stun­den der Mensch­heit, Leip­zig 1927).

Gott ist gedul­dig und warnt immer, bevor er sei­ne Stra­fen ver­hängt. Das Coro­na­vi­rus scheint eine War­nung der gött­li­chen Vor­se­hung zu sein, um die Mensch­heit auf ihre Feh­ler auf­merk­sam zu machen. Es ist die Stun­de der Buße  für die Sün­den der Welt, denn durch die kol­lek­ti­ve Sün­de haben wir öffent­li­che Stra­fen wie Epi­de­mien, Hun­ger und Krie­ge ver­dient, die in rascher Fol­ge auf­ein­an­der­fol­gen könn­ten. Gott ist unend­lich barm­her­zig, aber Barm­her­zig­keit setzt das Bewußt­sein der Sün­de und die Bit­te um Ver­ge­bung vor­aus. Wei­te­re schmerz­haf­te War­nun­gen wer­den fol­gen, dann wird die schwar­ze Flag­ge Tame­rlans wehen.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017 und Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, 2. erw. Aus­ga­be, Bobin­gen 2011.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

Bis­her ver­öf­fent­lich­te Bei­trä­ge von Prof. Rober­to de Mat­tei zum Coronavirus:

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2 Kommentare

  1. Die Far­ben erin­nern mich an die sel­ben Far­ben der 4 Pfer­de der apo­ka­lyp­ti­schen Rei­ter (Off 6). Aller­dings bedeu­ted dort die Far­be „schwarz“ eine Infla­ti­on und erst die 4. Far­be „fahl“ den Tod vie­ler Menschen.

  2. Es ist aber schon klar, dass in die­sem Arti­kel Tame­r­lan als Meta­pher für Gott gesetzt wird?

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