Meßsimulation durch verheiratete Diakone eine Fake News?

Und über Nacht stellte die Welt mit Staunen fest, amazonisch geworden zu sein?


Don Giovanni Nicolini: Ich habe von keiner konkreten Tatsache gesprochen“.

(Rom) Ver­gan­ge­ne Woche sorg­te der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster mit einer Mel­dung für Auf­se­hen. Er ent­hüll­te, daß ein „Stra­ßen­prie­ster“, Don Gio­van­ni Nico­li­ni, bei der Som­mer­ver­an­stal­tung einer links­ka­tho­li­schen Ver­ei­ni­gung für poli­ti­sche Schu­lung das „Ende der Prie­ster­kir­che“ ver­kün­det hat­te. Zudem teil­te er mit, daß im Ama­zo­nas­becken ver­hei­ra­te­te Dia­ko­ne, soge­nann­te viri pro­ba­ti, bereits „die Mes­se lesen“. Dies gesche­he im Auf­trag der Bischö­fe und mit aus­drück­li­cher Bil­li­gung von Papst Fran­zis­kus. Stimmt sei­ne Behaup­tung aber?

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Don Nico­li­ni ist nicht irgend­wer. Er ist einer der bekann­te­sten Prie­ster Ita­li­ens und pro­mi­nent im links­ka­tho­li­schen Milieu ver­netzt. Vor allem steht er Papst Fran­zis­kus sehr nahe.

Daß die bevor­ste­hen­de Ama­zo­nas­syn­ode in ihrem Haupt­an­lie­gen, dem Prie­ster­man­gel für die die seel­sorg­li­che Betreu­ung der Urwald-Indi­os, nur ein Vor­wand für die pro­gres­si­ve 68er-Agen­da ist, war bekannt. Dahin­ter ste­hen vor allem die Bischö­fe des deut­schen Sprach­rau­mes, die über den exo­ti­schen Ama­zo­nas-Umweg ihren Prie­ster­man­gel durch die Zulas­sung ver­hei­ra­te­ter Prie­ster „struk­tu­rell lösen“ wollen. 

Kardinal Marx gereizt

Kar­di­nal Rein­hard Marx, ihr höch­ster Reprä­sen­tant, reagier­te jüngst gereizt auf Kri­tik von Kar­di­nal Marc Ouel­let, dem Prä­fek­ten der römi­schen Bischofs­kon­gre­ga­ti­on. Die Pole­mik über die „Syn­oda­li­tät“, ein Neo­lo­gis­mus von Papst Fran­zis­kus, steht in direk­tem Zusam­men­hang mit den Neue­run­gen, die übe den „syn­oda­len Weg“ ange­strebt werden. 

Kar­di­nal Kas­per warn­te 2013 eben­so gereizt den soeben zurück­ge­tre­te­nen Bene­dikt XVI., sich in die Wahl sei­nes Nach­fol­gers ein­zu­mi­schen. Anders aus­ge­drückt: So kurz vor dem Ziel woll­te sich die inner­kirch­li­che Geheim­grup­pe von Sankt Gal­len, „die Mafia“ genannt, den Sieg nicht mehr neh­men lassen. 

Ähn­lich ver­hält sich der­zeit Kar­di­nal Marx. In knapp mehr als zwei Wochen beginnt die Ama­zo­nas­syn­ode, die den Para­dig­men­wech­sel im Wei­he­sa­kra­ment brin­gen soll, sowohl was ver­hei­ra­te­te Prie­ster als auch „neue“ Ämter für Frau­en betrifft. 

Über dem Gan­zen lie­gen die Wor­te von Papst Fran­zis­kus, daß er Refor­men anstre­be, die „irrever­si­bel“ sein sol­len. Es war ein Hin­weis an sei­ne Kri­ti­ker in der Kir­che, sich nicht etwa ein­zu­bil­den, sie könn­ten sei­ne Ent­schei­dun­gen nach sei­nem abseh­ba­ren Abtritt wie­der rück­gän­gig machen.

Die Liste der Bischö­fe des deut­schen Sprach­rau­mes ist lang, die sich bereits offen oder ver­hüllt für ein fak­ti­sches Ende des prie­ster­li­chen Zöli­bats aus­ge­spro­chen haben. Der Prie­ster­man­gel lastet auf den Diö­ze­sen unse­rer Brei­ten in der Tat weit mehr als im Ama­zo­nas-Regen­wald. Die ange­streb­ten „struk­tu­rel­len Refor­men“ sind aber nicht die Lösung des Pro­blems, son­dern ein Teil des Problems.

Über die Grün­de für die Beru­fungs­kri­se spre­chen die Bischö­fe nicht, schon gar nicht über die kirch­li­che Mit­ver­ant­wor­tung an den lee­ren Prie­ster­se­mi­na­ren. Wer kei­ne Prie­ster­be­ru­fun­gen will, bekommt auch kei­ne. Es ist ein offe­nes Geheim­nis, daß nicht weni­gen, auch hohen Prä­la­ten die Abschaf­fung des Zöli­bats ein grö­ße­res Anlie­gen ist als die För­de­rung von Berufungen.

Kar­di­nal Marx, mäch­ti­ger Spre­cher der pro­gres­si­ven deut­schen Bischö­fe, will sich die seit Jah­ren vor­be­rei­te­te Ama­zo­nas­syn­ode, die weni­ger eine Kir­che mit „ama­zo­ni­schem“, son­dern viel­mehr „mit deut­schem Gesicht“ anstrebt, nicht „im letz­ten Augen­blick“ durch die „übli­chen Bekann­ten“ tor­pe­die­ren lassen.

Kas­per war 2013 mit sei­ner „War­nung“ erfolg­reich. Wird es auch Marx sein?

Don Nicolinis Aussagen nur „Fake News“?

Damit zu den auf­se­hen­er­re­gen­den Wor­ten von Don Gio­van­ni Nico­li­ni, die den Ver­dacht zu bestä­ti­gen schei­nen, daß die Ama­zo­nas­syn­ode nur äuße­res „Thea­ter“ ist, um abzu­seg­nen, was längst beschlos­sen oder sogar schon umge­setzt ist.

Weder der Vati­kan noch Erz­bi­schof Matteo Zup­pi von Bolo­gna, Nico­li­nis Bischof, reagier­ten und demen­tier­ten den skan­da­lö­sen Inhalt der Ent­hül­lung. Zup­pi, den Fran­zis­kus in weni­gen Tagen zum Kar­di­nal kre­iert, rief Nico­li­ni nicht zur Ord­nung. Die­ses Schwei­gen kann als Bestä­ti­gung gedeu­tet werden. 

Die katho­li­sche Inter­net­zei­tung Nuo­va Bus­so­la Quo­ti­dia­na woll­te Nico­li­nis Behaup­tun­gen auf den Grund gehen. Stimmt es, daß im Ama­zo­nas bereits ver­hei­ra­te­te Dia­ko­ne „die Mes­se lesen“? Stimmt es, daß Papst Fran­zis­kus die­se gegen alles Kir­chen­recht gebil­ligt hat? Um Klar­heit zu erlan­gen, wur­de direkt bei Don Nico­li­ni nach­ge­fragt. Sei­ne Ant­wort fiel erstaun­lich aus.

Vor­weg muß aber prä­zi­siert wer­den, daß Dia­ko­ne, auch nicht ver­hei­ra­te­te, kei­ne Mes­se zele­brie­ren kön­nen. Soll­te es sol­che Zele­bra­tio­nen im Ama­zo­nas-Regen­wald tat­säch­lich geben, wären sie rei­ne Meß­si­mu­la­tio­nen, also eine wir­kungs­lo­se Irre­füh­rung der Gläu­bi­gen und eine Belei­di­gung Gottes.

Was das Aus­hän­ge­schild der links­ka­tho­li­schen Pro­mi­nenz bei der erwähn­ten Som­mer­ver­an­stal­tung in Ter­zo­las (Erz­bis­tum Tri­ent) vor lau­fen­der Video­ka­me­ra mit Über­zeu­gung ver­kün­de­te, klingt auf Nach­fra­ge ganz anders.

Die fel­sen­fe­ste Gewiß­heit redu­ziert sich auf ein „man sagt“. 

Wört­lich schreibt NBQ:

„Nach­dem uns Don Nico­li­ni aus­gie­big – und im Namen des Kon­zils! – über die heu­ti­ge Not­wen­dig­keit einer revo­lu­tio­nä­ren Revi­si­on des prie­ster­li­chen Zöli­bats indok­tri­niert hat­te, ant­wor­te­te er uns: ‚Es han­delt sich um Hörensagen‘“.

Und wei­ter:

„Ich habe mich nicht auf eine kon­kre­te Tat­sa­che bezo­gen, nur auf Stim­men, die ich auf dem Weg höre, und die mir die Not­wen­dig­keit bestä­ti­gen, die­se Dis­zi­plin zu überdenken.“

NBQ spricht von einem „Rück­zie­her“ und bezeich­net die Ent­hül­lun­gen des Prie­sters als „Fake News“. Die auf­se­hen­er­re­gen­den Ent­hül­lun­gen als blo­ßen Gel­tungs­drang eines altern­den Prie­sters zu redu­zie­ren, dürf­te aber auch zu kurz greifen. 

Legere Haltung zu Schismen

NBQ kri­ti­siert Nico­li­ni als „Brun­nen­ver­gif­ter“, der lei­der in den „obe­ren Eta­gen“ Gehör fin­de, läßt aber außer acht, daß Don Nico­li­ni nicht woll­te, daß sei­ne Aus­sa­gen von Ter­zo­las auf­ge­deckt wer­den – wie aber durch den Vati­ka­ni­sten San­dro Magi­ster gesche­hen. Mehr noch aber scheint Druck auf Nico­li­ni aus­ge­übt wor­den zu sein, durch unbe­dach­te Eupho­rie die bevor­ste­hen­de „Revo­lu­ti­on“ des Prie­ster­tums nicht zu gefährden.

Ein ernst­zu­neh­men­de Hypo­the­se, da die kirch­li­chen Neue­rer unse­rer Tage, die ger­ne das Wort „Revo­lu­ti­on“ und „revo­lu­tio­när“ im Mund füh­ren, und des­halb als „Revo­lu­tio­nä­re“ bezeich­net wer­den könn­ten, die Trans­pa­renz scheu­en. Sie wir­ken ver­deckt und daher unehrlich. 

Die gereiz­te Stim­mung von Kar­di­nal Marx ist ein Signal. 

Papst Fran­zis­kus sprach auf dem Rück­flug von Mau­ri­ti­us Dra­ma­ti­sches aus. Der Jour­na­list der New York Times hat­te ihn auf eine Gärung unter den „Kon­ser­va­ti­ven“ in den USA ange­spro­chen und das Gespenst eines „Schis­mas“ in den Raum gestellt. Papst Fran­zis­kus gab sich bemüht unbe­ein­druckt. Schis­men habe es in der Kir­chen­ge­schich­te immer gege­ben. Unter den jüng­sten Bei­spie­len sei jenes von Erz­bi­schof Lefeb­v­re das „wohl bekann­te­ste“ Bei­spiel. Ihn beein­drucke ein Schis­ma aber nicht. Er wün­sche kei­nes, doch mache ihm ein Schis­ma auch kei­ne Angst. 

Lege­re Wor­te eines Pap­stes, egal ob sie auf die „Kon­ser­va­ti­ven“ in den USA oder die deut­schen Bischö­fe um Kar­di­nal Marx oder auf bei­de gemünzt waren.

Zwei Jah­re nach dem wenig frucht­brin­gen­den Refor­ma­ti­ons­ge­den­ken, kann im deut­schen Sprach­raum erahnt wer­den, wie es 1517 wohl zur Spal­tung kom­men konn­te. Es war ein Hin­ein­schlit­tern, vor­an­ge­trie­ben von einer ent­schlos­se­nen Min­der­heit, mög­lich gemacht aber vor allem durch Träg­heit und Gleich­gül­tig­keit. Und „über Nacht“ stell­te die Welt „mit Stau­nen fest, pro­te­stan­tisch gewor­den zu sein“, um ein Wort des hei­li­gen Hie­ro­ny­mus abzu­wan­deln, der es im Zusam­men­hang mit dem aria­ni­schen Streit des 4. Jahr­hun­derts gebrauchte. 

Wird es viel­leicht bald hei­ßen: Und „über Nacht“ stell­te die Welt „mit Stau­nen fest, ama­zo­nisch gewor­den zu sein“?

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: NBQ

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3 Kommentare

  1. Nach NBQ soll Don Nico­li­ni gesagt haben:(Zitat)„Ich habe mich nicht auf eine kon­kre­te Tat­sa­che bezo­gen, nur auf Stim­men, die ich auf dem Weg höre,..“
    Nun, wenn er „Stim­men hört“, dann soll­te er sich viel­leicht mal zuerst medi­zi­nisch (Ohren­arzt oder/​und Psych­ia­ter) durch­checken las­sen, bevor er das „von den Stim­men gehör­te“ ein­fach so laut­hals in die Welt hinausposaunt.
    Womög­lich fürch­ten sich die „pro­gres­si­ven Hin­ter­män­ner“, dass ihnen durch vor­zei­ti­ges Bekannt­wer­den ihrer tat­säch­li­chen Absichten
    doch noch etwas oder jemand in die Que­re kom­men könn­te. Und da schei­nen dann eben die (Zitat) „Stim­men, die ich auf dem Weg höre“ das klei­ne­re Übel zu sein…

  2. Die Mel­dung erin­nert an die Nie­der­rhei­ni­schen Bischö­fe, die mit der Aus­sa­ge „Unse­re Gläu­bi­gen machen das bereits“ Papst Paul VI. dazu brach­ten, den Indult für die Hand­kom­mu­ni­on zu erlassen.

  3. Habe mir gera­de das Video (you tube) von Don Gio­van­ni Nico­li­ni noch­mals ange­schaut (war ein ech­tes Opfer), dar­in sagt er „noi abbia­mo sapu­to“ (= wir haben erfah­ren). Haet­te es sich um „Hoe­ren­sa­gen“ gehan­delt, haet­te er „abbia­mo sen­ti­to“ (= wir haben gehoehrt) sagen mues­sen, denn „abbia­mo sapu­to“ hat im Ita­lie­ni­schen nicht den neu­tra­len Sinn wie „erfah­ren“ im Deut­schen. Das zu Grun­de lie­gen­de Verb bedeu­tet „wis­sen“.

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