Christenverfolgung, Glaubensabfall und doppelte Standards

Der „Salat“ von Ringparabel und Islamaussagen des Zweiten Vaticanum


Imam rezitiert den Koran in der römischen Kirche Santa Maria in Trastevere (Juli 2016) auf Einladung der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio.
Imam rezitiert den Koran in der römischen Kirche Santa Maria in Trastevere (Juli 2016) auf Einladung der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio.

Von Wolf­ram Schrems*

Anzei­ge

Mein nige­ria­ni­scher Nach­bar ist wegen der anhal­ten­den Mas­sen­mor­de an nige­ria­ni­schen Chri­sten durch Mus­li­me bestürzt. Die Bestür­zung wird durch das Ver­schwei­gen die­ser Greu­el in den hie­si­gen Medi­en noch erhöht. Die kras­se Dis­pro­por­tio­na­li­tät der Bericht­erstat­tung zwi­schen einem ein­zi­gen Anschlag gegen Mos­lems in Neu­see­land und unzäh­li­gen Anschlä­gen durch Mos­lems anders­wo kann er nicht ver­ste­hen. Ich ver­such­te ihm klar­zu­ma­chen, daß der Islam in der vom Glau­ben abge­fal­le­nen west­li­chen Welt eine Pri­vi­le­gie­rung in der ver­öf­fent­lich­ten Mei­nung genießt. 

Vor einer tie­fer­ge­hen­den Ana­ly­se zunächst eini­ge Fakten: 

Nigeria: Genozid an Christen 

Zwi­schen 9. Febru­ar und 14. März die­ses Jah­res wur­den nach Anga­ben von Chri­sti­an Soli­da­ri­ty World­wi­de allei­ne im Gebiet Adara im nige­ria­ni­schen Bun­des­staat Kaduna 120 Men­schen, unter ihnen Frau­en und Kin­der, von isla­mi­schen Fula­ni-Mili­zen ermor­det. Ken­ner der Lage spre­chen von Geno­zid. Denn die Mord­se­rie hält schon län­ger an. 

Die evan­ge­li­ka­le Sei­te Break Point berich­te­te bereits im ver­gan­ge­nen Jahr: 

Eine der noto­risch­sten isla­mi­sti­schen Ter­ror­grup­pen der Welt, Boko Haram, ist ver­ant­wort­lich für den Mord an Tau­sen­den Chri­sten und für die Ver­trei­bung unzäh­li­ger wei­te­rer im Nor­den Nige­ri­as. Aber Boko Haram ist nicht die ein­zi­ge Grup­pe, die Chri­sten angreift. 

In einer Stel­lung­nah­me von Ende Juni [2018] sag­ten christ­li­che Füh­rungs­per­sön­lich­kei­ten, daß „über 6000 Per­so­nen – meist Kin­der, Frau­en und betag­te Men­schen – von bewaff­ne­ten Fula­ni-Vieh­hir­ten in nächt­li­chen Über­fäl­len ver­stüm­melt und ermor­det wor­den sind. 

Die Fula­ni sind eine eth­ni­sche Grup­pe, die über­wie­gend isla­misch ist und ihre Über­fäl­le fin­den nicht immer in der Nacht statt. Im April [2018] grif­fen Fula­ni-Hir­ten eine Grup­pe von Chri­sten wäh­rend der Sonn­tags­mes­se an und ermor­de­ten zwei Prie­ster und sieb­zehn Gläu­bi­ge. Die­se sel­ben Angrei­fer zer­stör­ten dann fünf­zig Häu­ser, die Chri­sten gehör­ten. Schon frü­her im Jahr, näm­lich am Neu­jahrs­tag, star­ben zwei­und­sieb­zig Men­schen bei einem Angriff der Fulani. 

Der Bericht fährt dann fort, über die Ver­schlep­pung und Zwangs­is­la­mi­sie­rung christ­li­cher Mäd­chen zu berichten. 

Schweigen im Westen – Doppelstandards 

Das sind alles abscheu­li­che Ver­bre­chen. Aber in der Welt­öf­fent­lich­keit schei­nen sie nie­man­den ernst­haft zu beschäf­ti­gen. Das ist umso schlim­mer, als im isla­mi­schen Macht­be­reich die Chri­sten­ver­fol­gung mas­siv zunimmt. Das betrifft eben auch Afrika. 

Man hört, daß die nige­ria­ni­sche Füh­rungs­schicht von Fula­nis domi­niert wird, Staats­prä­si­dent Muham­ma­du Buha­ri ist nach Anga­ben von Wiki­pe­dia väter­li­cher­seits Fula­ni. Offen­bar ver­hält er sich wohl gegen­über den maß­geb­li­chen west­li­chen Kräf­ten (was für ein roh­stoff­rei­ches Land sehr wich­tig ist) und wird des­halb wegen ein paar Chri­sten­mor­den („Ein­zel­fäl­le“) nicht wei­ter behelligt. 

Ganz anders übri­gens die bir­ma­ni­sche Regie­rung, die gegen die isla­mi­sche und auch ter­ro­ri­stisch akti­ve Volks­grup­pe der Roh­in­gya vor­geht und des­we­gen inter­na­tio­nal am Pran­ger steht. Hier ist kein Platz für eine detail­rei­che Erör­te­rung der Situa­ti­on (die Vor­gangs­wei­se des bir­ma­ni­schen Mili­tärs wird wohl nicht immer zu recht­fer­ti­gen sein), klar ist aber eines: 

Offen­bar gibt es dop­pel­te Stan­dards, je nach­dem, wie die­je­ni­gen, die die öffent­li­che Mei­nung prä­gen kön­nen, sie brauchen. 

Und was ganz klar ist: Es gibt eine Hier­ar­chie der Opfer. Chri­sten sind der­zeit die am mei­sten ver­folg­te Reli­gi­ons­grup­pe, aber sie sind nicht wich­tig. Da und dort konn­te man auch in den Haupt­strom­me­di­en etwas lesen, aber die­ses Fak­tum ist nicht Teil des offi­zi­el­len Diskurses. 

Christ­church jedoch ist Teil des offi­zi­el­len Dis­kur­ses. Genau­er gesagt: Christ­church ist Teil eines offi­zi­el­len Kul­tes geworden. 

In Öster­reich erleb­ten wir neu­lich in die­ser Hin­sicht beson­ders skur­ri­le und auch erschrecken­de Konsequenzen: 

Groteske Disproportionalitäten

Der Spre­cher der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung Öster­reich, Mar­tin Sell­ner, hat­te im ver­gan­ge­nen Jahr eine Spen­de des nach­ma­li­gen Atten­tä­ters von Christ­church bekom­men. Seit­dem steht er unter „Ter­ror­ver­dacht“ und wird mit demü­ti­gen­den Haus­durch­su­chun­gen, Beschlag­nah­mun­gen und durch­ge­sto­che­nen Ver­öf­fent­li­chun­gen aus Poli­zei­be­rich­ten trak­tiert. Nicht, daß die öster­rei­chi­sche Poli­zei kei­ne effi­zi­en­te Auf­klä­rungs­ar­beit lei­sten und sich einen Über­blick über die nicht exi­stie­ren­de Ter­ror­ge­fahr durch die Iden­ti­tä­re Bewe­gung ver­schaf­fen könn­te, sicher nicht. Die Poli­zei ist min­de­stens seit Met­ter­nichs Zei­ten stark in der Auf­klä­rung (und wenn es tat­säch­lich „Ter­ror­ge­fahr“ gäbe, wären Sell­ner und sei­ne Ver­bün­de­ten längst in Unter­su­chungs­haft). Aber es besteht der staats­an­walt­lich-poli­ti­sche Wil­le, Patrio­ten und Islam­kri­ti­ker unwirk­sam zu machen. Gleich­zei­tig besteht offen­sicht­lich der Wil­le, den wach­sen­den isla­mi­schen Ein­fluß nicht nur nicht ein­zu­däm­men, son­dern zu befördern. 

Die Fra­ge stellt sich, wie es zu die­ser gro­tes­ken Dis­pro­por­tio­na­li­tät in der pro­pa­gan­di­sti­schen und häu­fig juris­dik­tio­nel­len Bevor­zu­gung des Islam und des­sen Anhän­ger kom­men konn­te. Dazu drei Erklärungsversuche. 

Wirklichkeitsverlust in der theoretischen Analyse … 

Von erheb­li­cher Aus­wir­kung auf das Bewußt­sein des deutsch­spra­chi­gen Bil­dungs­bür­ger­tums ist erstens die „Ring­pa­ra­bel“ in Gott­hold Ephra­im Les­sings Nathan der Wei­se. Die­ses läp­pi­sche Mach­werk hat es geschafft, gan­zen Gene­ra­tio­nen von Schü­lern und somit spä­te­ren Erwach­se­nen, das heißt auch, Ent­schei­dungs­trä­gern in Poli­tik, Gesell­schaft und Kir­che, den Blick auf die Wirk­lich­keit zu ver­stel­len. Denn es ist ja ein Unsinn, daß die drei „Reli­gio­nen“ Chri­sten­tum, Juden­tum und Islam wie drei iden­tisch ange­fer­tig­te Rin­ge bis zur Ver­wech­sel­bar­keit ähn­lich wären. Weder ist deren Dok­trin in irgend­ei­ner Wei­se ähn­lich. Im Gegen­teil ste­hen sie kon­tra­dik­to­risch zu ein­an­der, was schon Wesen und Bedeu­tung der Per­son Jesu Chri­sti in den jewei­li­gen Theo­lo­gien auf den ersten Blick deut­lich machen. Noch sind die kul­tu­rel­len und zivi­li­sa­to­ri­schen Aus­wir­kun­gen, die „Früch­te“, ähn­lich. Unab­hän­gig vom per­sön­li­chen Glau­ben ist das für jeden kri­ti­schen Ana­ly­sten ohne wei­te­res zu erkennen. 

Les­sing und sei­nen Nach­be­tern ist es jedoch gelun­gen, gegen alle Fak­ten das Bewußt­sein zu erwecken, daß die Adep­ten aller Reli­gio­nen und zwar unter Umset­zung derer jewei­li­gen Grund­sät­ze im Prin­zip gut, human, kul­tur­för­dernd, „auf­ge­klärt“, tole­rant, etc. han­deln könn­ten. Damit ist für unse­re Zeit ein wirk­lich­keits­frem­des roman­ti­sie­ren­des Bewußt­sein vom Islam all­ge­gen­wär­tig. Der Ter­ror wird damit wirk­lich­keits­wid­rig immer einer Fehl­form oder einem „Miß­brauch“ des Islam zugeschrieben. 

Zwei­tens tra­gen seit 1965 die Tex­te des II. Vati­can­ums (Nost­ra aet­a­te, Lumen gen­ti­um 16 und – beson­ders desa­strös – Dignita­tis hum­a­nae) zu einer fal­schen Sicht auf den Islam bei. Ohne hier ins Detail zu gehen (mit etwas Geschick könn­te man die Islam­aus­sa­gen in Nost­ra aet­a­te sogar „ret­ten“), muß man erfah­rungs­ge­mäß sagen, daß das Kon­zil die wirk­lich­keits­ge­mä­ße Ana­ly­se des Islam und des­sen kul­tu­rel­ler und poli­ti­scher Fol­gen inner­halb der Kir­chen­struk­tu­ren und bei den Gläu­bi­gen – zumin­dest in Westen – weit­ge­hend unter­bun­den hat. Damit wer­den seit gut fünf­zig Jah­ren auch kei­ne adäqua­ten geist­li­chen, gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen Gegen­maß­nah­men gesetzt. Da die Kir­che selbst in den Kon­zils­do­ku­men­ten nahe­legt, daß der Islam etwas mit Abra­ham zu tun haben soll­te und dar­über hin­aus Jesus Chri­stus irgend­wie „respek­tiert“, sind die Katho­li­ken – und dar­über hin­aus vie­le ande­re Zeit­ge­nos­sen – gleich­sam geblen­det wor­den. Kla­rer­wei­se wirkt sich die­se Ver­blen­dung in einer katho­lisch gepräg­ten Gesell­schaft auf Poli­ti­ker und Medi­en­schaf­fen­de, auf Par­la­men­ta­ri­er, Staats­an­wäl­te, Rich­ter und Ermitt­ler aus. 

Jetzt haben wir den Salat. 

Und drit­tens genießt der Islam eine Vor­rang­stel­lung unter all­fäl­li­gen Opfern wie in Christ­church, weil sich des­sen Adep­ten mit­tels Ter­ror­ak­ti­vi­tä­ten eine dis­pro­por­tio­na­le Medi­en­prä­senz erzwin­gen kön­nen. Die­ses Mit­tel erzwingt auch eine kon­tra­fak­tisch posi­ti­ve Medi­en­be­richt­erstat­tung und eine mil­de Judi­ka­tur, wenn es doch ein­mal etwas zu ver­ur­tei­len gibt. 

… führt zu schlimmen Folgen in der Praxis 

Daß also nige­ria­ni­sche Chri­sten als Mord­op­fer kei­ne Rol­le in west­li­chen Medi­en spie­len, ist hier­mit erklär­lich. Auch son­sti­ge Chri­sten im isla­mi­schen Macht­be­reich errei­chen das kol­lek­ti­ve Bewußt­sein des Westens nicht. Nicht ein­mal das Schick­sal der bekann­ten paki­sta­ni­schen Katho­li­kin Asia Bibi, die im Gegen­satz zu den nige­ria­ni­schen Katho­li­ken immer­hin aus der Anony­mi­tät tre­ten konn­te, beweg­te den Westen nennenswert. 

Übri­gens auch den Vati­kan nicht: All­zu schlecht ist uns in Erin­ne­rung, daß man den Ehe­mann und eine der Töch­ter von Asia Bibi am Peters­platz Papst Fran­zis­kus vor­ge­stellt hat. Asia Bibi schmach­te­te damals noch in einem paki­sta­ni­schen Gefäng­nis und war mit der Todes­stra­fe wegen „Belei­di­gung des Pro­phe­ten“ (o. ä.) bedroht. Der Papst ging nach einem kur­zen Gruß ein­fach wei­ter. Die­sen Papst inter­es­sie­ren sei­ne Schäf­chen offen­sicht­lich nicht ein­mal dann, wenn sie sich in äußer­ster Not befinden. 

Kei­ne Fra­ge: Die Ver­blen­dung hat auch die Spit­ze der Kir­che erreicht. Damit ist es schwie­rig gewor­den, mit einer wirk­lich­keits­ge­mä­ßen Ana­ly­se und mit Gegen­maß­nah­men aller Art durchzudringen. 

Resümee

Somit ist klar, daß mein nige­ria­ni­scher Nach­bar noch lan­ge war­ten kann, bis eine adäqua­te Stel­lung­nah­me der EU oder der UNO oder der Kir­chen­füh­rung oder euro­päi­scher Bischö­fe und ihrer Appa­ra­te von sonst wem auf die Chri­sten­mor­de in Nige­ria abge­ge­ben wird. Bis dahin wird es noch vie­le Tote geben, ver­mut­lich nicht nur in Afrika.

Auch das ist eine Fol­ge des Glau­bens­ab­falls, vor dem wir gewarnt wurden.

*Wolf­ram Schrems, Mag. theol., Mag. phil., Kate­chist, Lebens­schüt­zer, Grün­dungs­mit­glied der in Wien täti­gen Platt­form „Soli­da­ri­tät mit ver­folg­ten Christen“.

Bild: Comu­ni­tà San­t’E­gi­dio (Screen­shot)

Die­ser Arti­kel ist die über­ar­bei­te­te Ver­si­on eines am 5. Juli auf der Sei­te von Dr. Andre­as Unter­ber­ger ver­öf­fent­lich­ten Textes. 

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