
(Hong Kong/Washington) Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, der emeritierte Bischof von Hong Kong und graue Eminenz der chinesischen Untergrundkirche, wurde am vergangenen Montag in den USA mit der Truman-Reagan Medal of Freedom ausgezeichnet.
Die nach den beiden US-Präsidenten Harry Truman (1945–1953) und Ronald Reagan (1981–1989) benannte Freiheitsmedaille wird von der Victims of Communism Memorial Foundation verliehen. Die 1994 gegründete Stiftung mit Sitz in Washington wurde mit einem einstimmig beschlossenen Gesetz des US-Kongresses errichtet. Ihre Aufgabe ist es, die Amerikaner über die Ideologie, die Geschichte und die Verbrechen des Kommunismus aufzuklären. Die Stiftung war für den Bau des Denkmals für die Opfer des Kommunismus in Washington verantwortlich, mit dem an die rund 100 Millionen Opfer sozialistischer und kommunistischer Regime erinnert wird. In Europa ist die Stiftung faktisch unbekannt, da sie von den Medien gemieden wird.
Die Truman-Reagan-Freiheitsmedaille wird jährlich an Persönlichkeiten oder Institutionen verliehen, die sich durch die Verteidigung der Freiheit und der Demokratie im Widerstand gegen den Kommunismus oder andere Formen der Tyrannei auszeichnen.
Träger der Freiheitsmedaille sind u.a. Papst Johannes Paul II., der reformierte Bischof der ungarischen Minderheit in Rumänien, Laszlo Tökes, und der vietnamesische Priester Thaddäus Nguyen Van Ly, der 25 Jahre seines Lebens in Haft verbrachte.
Kardinal Zen erklärte in seiner Dankrede:
„Der Marxismus wollte die Arbeiter durch eine blutige Revolution, Klassenkampf genannt, von der Ausbeutung durch den Kapitalismus befreien. Die Medizin war schlimmer als die Krankheit. Gewalt kann nie eine Lösung sein, weil alle Probleme im Herzen entstehen: Egoismus, Gier… Ohne ein rücksichtsvolles Herz wird jedes System gleichgültig und unmenschlich.“
Und weiter:
„Die Kommunisten fördern die Gleichheit, aber die einzige, die sie wirklich erreichen, ist die allgemeine Armut des ganzen Volkes. Das einzige Exportgut, das sie hervorbringen, sind die Menschen, die aus dem ‚kommunistischen Paradies‘ flüchten.“
Kardinal Zen kam auch konkret auf die Situation in China zu sprechen:
„Meine Familie mußte unter der Kommunistischen Partei leiden, weil ich in Hong Kong war. Als es mir 1974, vor dem Ende der Kulturrevolution, zum ersten Mal nach 26 Jahren möglich war, nach Hause zu kommen und meine Familie wiedersehen konnte, habe ich unvorstellbare Dinge gesehen! Das ganze Land war zu einem Konzentrationslager geworden! Die Religionen waren verschwunden, die Kirchen geschlossen oder in Fabriken umgewandelt, die kleine Kirche meiner Heimatpfarrei war zu einem ‚Geschäft des Volkes‘ geworden, wo Lebensmittel und andere Produkte verkauft wurden.“
„Nach den Wirtschaftsreformen und der Öffnung des Landes konnte ich zwischen 1989 und 1996 in Seminaren in China unterrichten und habe gesehen, wie die Partei das katholische Volk und seine Bischöfe demütigt. Heute sind nur mehr wenige marxistische Ideen in diesem kommunistischen Land übriggeblieben: Es überleben nur Atheismus, Verfolgung und Diktatur. China zieht die Schlinge immer enger, um die Religionen zu kontrollieren. Auch Hong Kong verliert schrittweise seine Autonomie. Ich nehme heute diese Medaille mit Freuden an, nicht für mich, weil ich nie große Opfer bringen mußte. Ich bin aber hier in Vertretung all jener, die für die Freiheit Chinas und Hong Kongs gelitten haben. Gedenken wir der Helden, die ihr Leben für die Menschenwürde und den Glauben gegeben haben. Wir müssen sie nicht beweinen, denn als Märtyrer genießen die die ewige Glückseligkeit Gottes im Himmel.“
Nach dem Festakt wurde Kardinal Zen von Radio Free Asia interviewt und sagte, daß er von verschiedenen Quellen erfahren habe, daß die Kommunistische Partei Chinas „den neuen Bischof von Hong Kong bestimmen“ will, obwohl die ehemalige britische Kronkolonie formal noch bis 2049 autonom ist.
Im vergangenen September wurde vom Heiligen Stuhl und dem Regime in Peking ein Geheimabkommen über die Bischofsernennungen unterzeichnet. Bisher war davon ausgegangen worden, daß die Kommunisten Einfluß auf die Bischofsernennungen auf dem Festland suchen. Laut Kardinal Zen, dessen Nachfolger als Bischof von Hong Kong am vergangenen 3. Januar verstorben ist, versucht die kommunistische Partei auch in Hong Kong einen dem Regime genehmen Bischof zu installieren. Hong Kong spielt vor allem für die katholische Untergrundkirche eine wichtige Rolle.
Kardinal Zen gab in dem Radiointerview zudem bekannt, auf dem Weg in die USA in Rom gewesen zu sein:
„Im Vatikan habe ich eine halbe Stunde mit Papst Franziskus gesprochen, der mir aufmerksam zuhörte. Wir Katholiken beten für ihn. Ich hoffe, daß er mit der Hilfe Gottes keine Fehler macht.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi (Screenshot)
Die Demut dieses Kardinals hinterlässt bei mir immer wieder einen tiefen Eindruck. Er ist ein Beispiel auch für uns, die wir
die Entwicklungen der Zeit nicht verstehen und die wir die Sprache Christi aus dem Vatikan nicht mehr hören oder verstehen.
Zen ist uns Vorbild.