
(Rom) Während Papst Franziskus der Amerikanischen Bischofskonferenz am Montag untersagte, konkrete Schritte gegen den sexuellen Mißbrauchsskandal zu beschließen, konnte die Französische Bischofskonferenz faktisch zeitgleich solche Entscheidungen treffen – ohne vatikanische Intervention.
Die Bischöfe in den USA wollten bei ihrer Herbstvollversammlung, die in dieser Woche in Baltimore stattfand, Entscheidungen treffen, um auf den sexuellen Mißbrauchsskandal zu antworten, der die Kirche in den USA erschüttert. Entsprechende Ankündigungen waren bereits im Vorfeld an die Presse und die Gläubigen weitergereicht worden. Dann kam alles anders. Am Montag untersagte Papst Franziskus den Bischöfen Beschlüsse zu diesem Thema zu fassen. Er werde für Februar 2019 einen Gipfel einberufen. Bis dahin solle man sich gedulden.
Die Intervention legte den Bischöfen, von denen sich die Gläubigen und die Öffentlichkeit Antworten erwarteten, bleischwere Fesseln an. „Die Kirche in den USA steht im strömenden Regen, und der Papst untersagt ihr sogar, den Schirm zu öffnen“, so der Kommentar eines US-Beobachters. Die ohnehin gereizte Stimmung in den USA, erreichte in diesen Tagen einen neuen Höhepunkt.
Eine Woche früher, also fast zeitgleich, tagte in Lourdes die Französische Bischofskonferenz und konnte, vom Vatikan unbeanstandet, Entscheidungen zum sexuellen Mißbrauchsskandal treffen. Wie von der US-Bischofskonferenz beabsichtigt, aber von Papst Franziskus verhindert, beschlossen die französischen Bischöfe die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission. Am 7. November wurde die Entscheidung öffentlich bekanntgegeben.
Am 13. November, also wenige Stunden, nachdem der Vatikan die US-Bischofskonferenz knebelte, teilte die Französische Bischofskonferenz die Ernennung des Vorsitzenden der neuen Untersuchungskommission der Öffentlichkeit mit. Zum Vorsitzenden wurde Jean-Marc Sauvé berufen, der Ehren-Vizepräsident des französischen Staatsrates.
Was ist am sexuellen Mißbrauchsskandal in Frankreich anders als in den USA? Zur Beantwortung dieser Frage siehe:
- Kardinal O’Malley bekräftigt Nulltoleranz nach Knebelung durch Rom
- Der „Fall Viganò“ und die „Sackgasse“ von Papst Franziskus
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Französische Bischofskonferenz (Screenshot)