
(Oslo) Das norwegische Höchstgericht stärkte in einem Urteil die Gewissensfreiheit und gestand Ärzten zu, keine Behandlungen durchführen zu müssen, die ihrem Gewissen widersprechen.
Ein entsprechendes Recht auf Verweigerung aus Gewissensgründen ist in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert, doch das hindert in manchen Ländern Politiker nicht, manchmal nicht einmal Richter, dieses wirkliche Grundrecht zu leugnen.
Die polnische Ärztin Katarzyna Jachinowicz, Landärztin in Sauherad, weiß natürlich wie alle Ärzte, daß „das Leben mit der Zeugung beginnt“. Ihr Glaube verbietet ihr, aus utilitaristischer Erwägung darüber hinwegzusehen und diese Tatsache auszublenden, um Abtreibungen durchführen zu können. Sie weigerte sich daher an der Tötung ungeborener Kinder mitzuwirken und lehnte den Einsatz von intrauterinen Verhütungssystemen ab, weil diese Abtreibungen zur Folge haben können.
Im Dezember 2015 wurde sie deshalb entlassen, obwohl ihre fachliche Qualifikation und Integrität außer Zweifel stand und sie bereits auf eine 20jährige Erfahrung als Ärztin verweisen konnte. Es nützte aber nichts: Ihre Weigerung, abtreibende Verhütungsmittel einzusetzen, brachte ihr die Entlassung durch die zuständige Gesundheitsbehörde ein.
Dagegen wandte sie sich an die Gerichtsbarkeit und mußte einen langwierigen Rechtsstreit beginnen. Mit dem Urteil des Höchstgerichtes wurde ihr Gerechtigkeit geschaffen. Bereits zuvor hatte ihr ein Gericht recht gegeben. Die Gesundheitsbehörde, die ihre Entlassung veranlaßt hatte, legte jedoch Berufung ein.
„Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“
Norwegen leidet unter einem chronischen Ärztemangel, besonders in den ländlichen Gegenden. Aus diesem Grund sind Ärzte aus dem Ausland willkommen. So gelangte auch Katarzyna Jachinowicz nach Norwegen. Jachinowicz war aber nicht bereit, sich durch die Androhung der Entlassung in einer Frage erpressen zu lassen, die gegen ihr Gewissen verstößt.
Tatsache ist, daß die Ärzte von Berufs wegen dem Leben dienen und das Leben retten wollen. Abtreibung und Euthanasie sind ein offener Widerspruch gegen die ärztliche Ethik. Weil das die Ärzte spüren und sich dagegen wehren, wir nicht selten Druck auf sie ausgeübt, subtiler oder offener. Nicht selten geht es dabei um die berufliche Existenz.
Das norwegische Höchstgericht gab der Ärztin Jachinowicz nun recht. Nur im Fall der direkten Lebensgefahr für die Mutter sei sie verpflichtet, einzugreifen. Dem stimmt die Ärztin zu. In allen anderen Fällen könne sie nicht zu Handlungen gezwungen werden, die ihrem Gewissen zuwiderlaufen.
Hakon Bleken, der Verteidiger von Jachinowicz, spricht von einem „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“, um gläubige Menschen auch in ihrem Beruf zu schützen. „Das Urteil erkennt ein zentrales Grundrechte an“.
Hartes Ringen um Gewissensfreiheit: Irland, Großbritannien, Deutschland
Allerdings denkt man nicht überall so. Aus anderen Ländern kommen alarmierende Signale. In Irland sprach Gesundheitsminister Simon Harris eine Warnung aus: Er sei nicht gewillt, eine Verweigerung aus Gewissensgründen zu akzeptieren. Ärzte, die keine Abtreibungen durchführen wollen, denen werde er „die Tür weisen“. Harris sprach damit eine offene Drohung gegen die Religions- und Gewissensfreiheit aus. Irland setzte erst vor kurzem die Tötung ungeborener Kinder durch. Nun sollen auch auch gläubige Ärzte zum Töten gezwungen werden. Eine Perversion, wie Kritiker sagen.
In Großbritannien wird morgen, 23. Oktober, über eine Gesetzesänderung abgestimmt, die darauf abzielt, die Artikel 58 und 59 des Strafgesetzes über Verbrechen gegen Leib und Leben von 1861 abzuschaffen. Sie bestrafen, wer die Tötung ungeborener Kinder begünstigt. Kritiker warnen, daß die Abschaffung Ärzte und medizinisches Personal schutzlos machen könnte, die eine Mitwirkung an Abtreibungen aus Gewissensgründen ablehnen.
Der Kampf um die Gewissens- und Religionsfreiheit ist im vollen Gange, und das unter weitgehendem Ausschluß der Öffentlichkeit, denn die großen Mainstram-Medien interessiert die Freiheit der Andersdenkender nicht.
Im deutschen Sprachraum gibt es für Ärzte und medizinisches Personal, die sich in einer Gewissensnot befinden oder aus der Abtreibung aussteigen wollen, eine eigene Anlaufstelle: Abtreibungsausstieg.org
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana