
(Ankara) 2014 wurde im türkischen Iznik eine Basilika entdeckt, bei der es sich zugleich um Überreste des einstigen Sommerpalastes des Kaisers handeln könnte, in dem 325 nach Christus das berühmte Erste Konzil von Nicäa tagte.
Die Entdeckung erfolgte zufällig durch Luftaufnahmen. Auf den Bildern des Iznik-Sees wurden, rund zwei Meter unter der Wasseroberfläche und kaum 20 Meter vom Ufer entfernt, die Ruinen einer Basilika sichtbar. Iznik ist der türkische Namen für das einstige Nicäa. In der Spätantike fanden dort zwei ökumenische Kirchenversammlungen statt: 325 das Erste Konzil von Nicäa und 787 das Zweite Konzil von Nicäa. Beide Konzile werden von Ost- und Westkirche anerkannt.
Durch ein schweres Erdbeben zerstört
Während der Tagungsort des Zweiten Konzils von Nicäa, die Basilika Hagia Sophia, genau bekannt ist, herrscht über den Tagungsort des ersten Konzil keine Klarheit.

Iznik liegt in Kleinasien, genauer gesagt, in Bithynien, und zählt heute rund 45.000 Einwohner. Im Jahr 325 lag sie nicht nur nahe Konstantinopels, der Hauptstadt des Römischen Reiches, sondern auch nahe bei der Kaiserstadt Nikomedia. Da zu Wasser und zu Land gut erreichbar, war sie der ideale Austragungsort für eine allgemeine Kirchenversammlung.
1077 wurde Nicäa von den Rum-Seldschuken erobert, konnte von den Christen aber im Zuge des Ersten Kreuzzuges, bereits wenige Jahre später, wieder befreit werden. 1331, 23 Jahre vor Konstantinopel, fiel die Stadt endgültig an die Türken und wurde Teil des Osmanischen Reiches.
Seit der Entdeckung finden Ausgrabungs- und Sicherungsarbeiten an den Ruinen statt, deren Umrisse eine dreischiffige Basilika erkennen lassen. Die Ostung der Apsis weist sie eindeutig als Kirche aus.
Die Archäologen gehen davon aus, daß die Basilika bei einem schweren Erdbeben um das Jahr 740 zerstört und zugleich vom See überflutet wurde. Stimmt diese Annahme, wurden ihre Reste 1.300 Jahre lang vom See verborgen gehalten.
Willibald von Eichstätt in Nicäa
Ob sie tatsächlich bereits existierte, als 325 in der Stadt das erste ökumenische Konzil der Christenheit tagte, und ob die Konzilsväter sich vielleicht sogar in ihr versammelten, kann noch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Die Wissenschaftler erhoffen sich von der Erforschung der Ruinen und des Geländes nähere Erkenntnisse.
Tatsache ist, daß die Existenz einer Basilika in Nicäa bereits bisher bekannt war, über deren Standort man bis 2014 aber nichts wußte. Aufzeichnungen über die Basilika gibt es zum Beispiel von dem aus Wessex im heutigen England stammenden sächsischen Mönch und Missionar, dem heiligen Willibald von Eichstätt.
Willibald, der später Bischof im bayerischen Eichstätt wurde, unternahm vor bald 1.300 Jahren eine Pilgerfahrt nach Jerusalem. Auf dem Rückweg hielt er sich von 727–729 in Konstantinopel auf und besuchte auch das nahegelegene Nicäa und die dortige Basilika.
Diese glauben die Sachverständigen des türkischen Kultusministeriums, die Ausgrabungen leitet der Archäologe Mustafa Sahin von Uludag-Universität, im Iznik-See wiedergefunden zu haben. Sie soll, so die Wissenschaftler, dem heiligen Neophytos geweiht worden sein, der im 3. Jahrhundert nach Christus unter Kaiser Diokletian in Nicäa das Martyrium erlitt.
Kaiserpalast und Kirche?
Bisher ging man von dem kaiserlichen Palast als Tagungsort aus, dessen Standort aber bis heute unbekannt war. Seit 2014 gibt es die These, daß es sich bei der unter Wasser entdeckten Basilika zugleich um Überreste des einstigen Sommerpalast des Kaisers in der Stadt handeln könnte, der dann als Kirche adaptiert wurde. Basiliken waren im Römischen Reich ursprünglich öffentliche Prachtbauten, die mit der Christianisierung ab dem 4. Jahrhundert in die Sakralbaukunst übernommen wurden.
Die Umrisse der Basilika haben eine Gesamtlänge von 41,3 Metern und eine Breite von 18,6 Metern.
Nach den Vorstellungen Sahins soll die Basilika Teil eines Unterwasserparks werden und so für Interessierte zur Besichtigung zugänglich sein.
Das Erste Konzil von Nicäa reagierte auf die Häresie des Arianismus. Die Lehre des Arius, der die Wesensgleichheit zwischen Gott Vater und Gott Sohn und damit die Gottheit Jesu Christi bestritt, wurde vom Konzil verurteilt. Ihr setzten die Konzilsväter das Nicäische Glaubensbekenntnis entgegen.
„Die Entdeckung der Ruinen im Iznik-See ist vielleicht ein Wink der Vorsehung in einer Zeit, in der die arianische Häresie wieder fröhliche Urständ feiert“, so die traditionsverbundene Internetseite Chiesa e postconcilio.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Chiesa e postconcilio